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           Hochgeehrteste herren,

ich gehe in die Idee ein, die Sie mir unterm 24stn
Julius note mitgetheilt haben, und habe schon einen competenten
Rathgeber und Kenner (den Abbé Stadler) zu deren
Ausführung zu Hülfe gezogen. Von den ältern Werken,
die wir durchgegangen sind, haben wir schon 15 Arien
(ungefähr) zu Ihrem neuen Zwek brauchbar gefunden note,
und es ist nicht zu bestimmen, wie viel wir noch finden
werden, denn wir haben den größern Theil noch nachzusehen.
     Nun kömt es also nur auf die Bedingungen an, die
ich machen kann: Dieses sind folgende, von denen ich
schwerlich abgehe:
die Originalpartituren schikke ich nicht, – sonst müßte ich
Ihnen die ganzen Werke schikken, welches mir eines theils zwek-
wiedrig wäre, und Ihre Arbeit vermehrte. Stadler ist
ein ausgemachter Kenner: er hat Ambition und Talent.
Er kann nichts schlechtes wählen; er wird nichts schlechtes wählen
die Folgen davon sind
1., daß Sie annehmen, was ich schikke, und daß ich nicht die
                                                                        geringste
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Einwendung gegen die Wahl anzuhören brauche.
2., daß ich die einzelnen Arien auf Ihre Kosten hier copiren
lasse. Ich gebe Ihnen hiemit mein Ehrenwort, daß die
Copien nur aus den Originalien, die in meinen alleinigen
Händen sind, gemacht werden.
3. Ich verlange Ihr Ehrenwort, daß kein andrer Gebrauch
von den übrigen Stimmen gemacht wird, und daß Sie dafür
sorgen, daß kein andrer Gebrauch davon gemacht werden kann.
4. Ich verlange für jedes Stük, was ich Ihnen mittheile, zwey
Ducaten oder 9 fl., sogleich nach Empfang.
5. Sie werden die Güte haben mir zu melden, wie viele Lieder
Sie ungefähr brauchen, damit ich mich darnach richten kann.
     Einige von den schon ausgesuchten Sachen haben einiges
Gepräge des Alterthums Alters; mehrere sind ziemlich
neu; alle niedlich und von St., wie gesagt, gewählt. Er
hat Ihren Brief gelesen und weiß also ganz zu urtheilen.
     Ueberhaupt können Sie nicht glauben, was ich für
schöne Sachen in meinem Schaz gefunden habe. So ist
ein Werk da, was ich selbst gar nicht kannte, worin wir
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auch zu suchen anfiengen. Stadler fand aber alles so
vortreflich, daß er mir abrieth, einzelne Stükke, wovon wir
schon passende gefunden hatten, herzugeben. Es ist eine Oper
und Melodram
; beydes zugleich. Sogar der Text ist schön.
     haben Sie denn gar Niemand hier, auf den Sie Sich
gänzlich verlassen? Meine bedingung N. 1. ist unabweichlich;
ich liebe aber die offene behandlung, und beurtheilen Sie daraus
meine Gesinnungen. Freilich bin ich strenge mein Recht zu behaupten;
aber ich gebe auch gerne Andern Gelegenheit das ihrige zu sichern.
Also wollen Sie Jemand die ausgewählten Arien bey mir einsehen
lassen – wer es auch ist – so steht es Ihnen frey, nur melden Sie
mir den Namen – ich werde nicht die geringste Einwendung machen.
     Nächstens meine Antwort auf den übrigen Inhalt Ihres
Briefs.
                                    Ihre ergebenste.     Constance
     Wien 9. August                                         Mozart note
         1799.
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1799            Wien
9. August
  –              Const. Mozart.
19    

Wien
An
die herren Breitkopf und Härtel.
Leipzig.