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Wien 28 Mai 1799.
höchstgeehrte
Herren,
Ich fange an zu fürchten, daß mein Vortheil zugleich
mit dem Ihrigen nicht bestehen kann. Ungerechnet, daß Sie
Sich die Sachen, die Sie, wie Sie es wissen, von mir haben können,
von Andern verschaffen z. B. das große
Requiem, welches
mit den Ausdrükken Ihres Eifers für mich, wofür ich
Ihnen gedankt habe, mit meinen Bedingungen und Ihrem
Versprechen nicht übereinkömmt – und kann ich mich dabey
des Gedankens enthalten, daß Sie dasjenige, was Sie von mir
verlangen, Sich nirgends sonst zu verschaffen wissen, und daß
Sie es also allein aus dieser Ursache von mir verlangen? –
wollen Sie nun auch in einzelnen andern Stükken von Ihrem
Wort abgehen. In Ihrem Briefe vom 18 Mai
drükken Sie
Sich so vorsichtig aus, daß man glauben sollte, es wäre mein
Versehen, daß Sie das Concert
, welches Sie mir zurükschikken,
erhalten hatten. Und doch haben Sie erstlich den 11. März
mich gefragt, ob ich es hätte, und darauf den 18 April
es
ausdrüklich verlangt. Also zwey Male haben Sie es, so zu
sagen, verlangt; denn warum darnach fragen, wenn Sie
es nicht haben wollten? Und nun nachdem Sie es bekommen
haben, schikken Sie mir es wieder, und verlangen
dagegen
ein anders. Hierauf kann ich mich durchaus nicht einlassen,
und ich bin mir es schuldig, Ihnen gar nichts mehr zu schikken,
bis Sie mir melden, daß Sie Ihr Wort halten, das heist, erklären,
daß Sie für die unterm 8. Mai in Wechsel gesandten 101 fl. 27
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valuta bekommen, und nichts an mich zu fordern haben; und
bis Sie mir auf alle Gegenstände geantwortet haben
und ich gänzlich weiß, woran ich bin.
Als Sie mir in Ihrem briefe vom
18 April 5. ducaten für jede der angezeigten Concertpartituren
boten, so war ich wegen des übrigen Inhalts mit diesem Preise
zufrieden, und erklärte Ihnen dieses
den 1 Mai, und zugleich,
als eine Bedingung, mein volles Vertrauen auf Ihr Wort, daß
Sie sie anderswo hätten bekommen können. In diesem Briefe
vom 18 April sagen Sie gegen das Ende:
unter den Sachen, die
uns noch versprochen sind, befinden sich einige Concerte u. s. w.
Ungeachtet dieses
Noch war das ofterwähnte Concert, welches
Sie nach dieser Phrase verlangen, schon in Ihrem ersten thema-
tischen Verzeichniß vom 11. März gewesen (denn ich schikte Ihnen
zwar nach Ihrem zweymaligen Verlangen in
einem briefe
vom 11 März die Themas zurük; notirte aber den Inhalt,
so ferne ich die Sachen hatte.) Dieses Verzeichniß enthielt nach
Ihrem ersten Ausdruk Sachen, die schon gestochen oder doch in
vielen Händen wären. Und für dieses Concert namentlich
boten Sie mir den 18. April 5. ducaten für die Mittheilung.
Ich konnte also, da ich vor ein Paar Jahren noch von einem
Musikhändler für ein nicht ganz unbekanntes Concert 36. ducaten
bekam, wohl der Meinung seyn, daß Sie, in Bezug auf Ihre
Erklärung wegen der Mittheilung von Originalpartituren
bekannter (darunter haben Sie ja wohl
sehr bekannter verstanden)
Sachen, mir 5. ducaten für diese Mittheilung zustanden. hiemit
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steht in Verbindung, was ich Sie
den 1stn Mai gebeten habe mir
immer zu melden, ob und wo das, was Sie geliehen verlangen,
heraus ist, damit ich darnach Ihre Schäzung der Musicalien
beurtheilen kann, worauf Sie aber in Ihren zwey nachfol-
genden Briefen nichts geantwortet haben. Es versteht sich,
daß ich für jedes gestochene Werk, welches Sie
wegen des unrichtigen
Stichs oder aus andern Ursachen zur Leihe verlangen,
weniger fordern kann, als für solche, die nicht gestochen
aber doch bekannt sind, und für diese weniger als für
solche, die gar nicht oder so gut als gar nicht bekannt
sind. Die Preise müssen verhältnißmäßig seyn,
und daher erwarte ich immer zu erfahren, in welche
Classe jedes Werk, das Sie verlangen, gehört. Ich
appellire an Sie selbst – würden Sie nicht an meiner
Stelle wenigstens diese Einwendungen und Bedenklichkeiten
machen und haben? Ich bin überzeugt, daß Sie solche
in Ihrem Herzen nicht misbilligen können.
Und ferner – Sie nahmen mit Freuden meinen
Vorschlag, Ihnen alle Originalpartituren auf discretion
zu leihen an – Ich sandte Ihnen zu folge dessen den 1
stn
Mai ein Verzeichniß von Claviersachen; den 8. Mai ant-
worten Sie
mir, daß Sie nichts davon brauchen, weil
alles schon gestochen, und zum Theil in Ihrem 4
tn Heft
befindlich seyn würde. Was thut das, ob Sie gestochen
waren oder nicht? wenn Sie sie correct herausgeben wollen,
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wie können Sie dessen sicher seyn, wenn Sie nicht die
Originalpartitur gesehen haben? Und was würden Sie an
meiner Stelle denken, wenn ich, an Ihrer, nur einige Sachen,
der Correctheit wegen leihen wollte. Ueberlegen Sie dieses,
wenn ich bitten darf.
Gleichfals hätten Sie mir bey dieser Gelegenheit die-
jenigen Sachen zurükschikken können, welche ich den 25
stn
März sandte, und die Sie nicht haben bezahlen wollen und
nicht brauchen können. Ich bin überzeugt, daß so unternehmende
Männer, wie Sie, viel zu thun haben, und nicht gleich auf
alles antworten können; aber mit den Clavierconcerten
pressirt es ja auch nicht so stark, und Sie haben mir doch
davon geschrieben, auch Zeit gehabt, mir das eine Concert zu senden,
mit dem die Singsachen und Tänze so gemächlich hätten folgen können.
In meinem
Briefe vom 25 Mai habe ich Ihnen von einem
Clavierconcert Nachricht gegeben, was Sie verlangt
haben und ich besize. Die unterm 18 Mai verlangten
zwey habe ich gleichfals.
Ich habe die Ehre zu seyn
meiner höchstgeehrten Herrn
ergebenste Dienerinn
Constance Mozart
Sie waren mir schuldig 2 fl. 46
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Ihr Pakken vom 18 Mai — 1. 1 ausser den auf discretion
dieser Brief
12 überlassenen Sachen.
3 fl. 59
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