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Wien 27. März 1799.
höchstgeehrte
herren,
Indem ich Ihnen hiemit so gleich die übersandten Themas zurückschikke, habe ich
die Ehre zu melden, daß ich die darin angezeigten Clavierconcerte sämtlich in
Originalpartitur habe nebst vielen andern. Ferner habe ich die darin angezeigten
Singsachen N. 4. 5. 6. 7. gleichfals in Originalpartitur, aber N. 2. und 3. nur in
Stimmen, in Abschrift, welche aber leicht in Partitur zu sezen sind. Da Sie über
mehrere dieser Sachen, wie Sie melden, in Verhandlung stehen, so erwarte ich dies
Mal von Ihnen die Anträge wegen des honorärs, und ich bitte sogar darum. Lassen
Sie Sich darin von keiner Rüksicht abhalten, die Zeit geht verloren, bis ich wieder
antworte und bis Sie Sich entschließen. Sie wissen, wieviel Sie Andern dafür
geben müßten, nun brauchen Sie nur eine Vergütung für die Mittheilung im
Original hinzuzuthun, und ich zweifle keines weges, daß ich Ihren Vorschlag ja
werde annehmen können. Von Symphonien habe ich über 40. in Original-
partitur, und doch sind die 4. angemerkten noch nicht darunter. Indessen
die
Allegro spirituosa 
und das
Orgelstükchen für eine Uhr kann ich in guter
Abschrift schaffen. Die übrigen Sachen habe ich noch nicht gefunden, hoffe
aber Ihnen ehestens davon Nachricht zu geben. Was das
Requiem betrift,
so habe ich freylich das berühmte, was er kurz vor seinem Tode geschrieben hat.
Es ist ungefähr von dem Thema, welches Sie anmerken, aber nicht ganz
dasselbe Thema. Ich weiß nur von diesem einzigen
Requiem; alle übrigen
darf ich für unächt erklären. Wieweit es von ihm selbst ist – es ist so
bis nahe ans Ende – werde ich Ihnen sagen, wenn Sie es von mir erhalten.
Folgende Bewandniß hat es damit. Als er seinen Tod vorhersahe, sprach
er mit dh
ς. Süssmeyer, izigem K. K. Kapellmeister, bat ihn, wenn er wirklich
stürbe ohne es zu endigen, die erste Fuge, wie ohnehin gebräuchlich ist, im lezten
Stük zu repetiren, und sagte ihm ferner, wie er das Ende ausführen sollte,
wovon aber die hauptsache hie und da in Stimmen schon ausgeführt war. Und
dieses ist denn durch h
ς. S. wirklich geschehen.
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Ich habe Ihnen den 25
stn dieses mit der diligence die unterm 11
tn 
für 180 fl. verlangten
Singsachen

gesandt. Ein Verzeichniß mit Anmerkungen finden Sie unter den Tänzen, die die
lezte Numer machen. Sie sehen daraus, daß ich Ihr Verlangen nach Originalpartituren
befriedigt habe. Ich bewahre indeß fortwährend ein Verzeichnis aller Originalpartituren,
die ich Ihnen leihe. In Ansehung obiger Lieder muß ich Ihnen zu Ihrer und des Publicums
Nachricht sagen, daß die beyden:
Erzeugt von heisser Phantasie, und
Wo bist du, Bild p
hier, und also wahrscheinlich auch an andern Orten, für die Arbeit des hier
verstorbenen
Emil Gotfried Edlen v. Jacquin, eines genauen Freundes meines
Mannes, passiren. Die Originalpartituren aber zeigen Ihnen, daß sie von meinem
Manne selbst sind; auf der einen steht sogar, von seiner hand, daß sie in
Jacquins
Behausung auf der Landstrasse (einer hiesigen Vorstadt) gemacht ist. Es sind
mehrere andre lieder in demselben Fall, welches ich Ihnen anzeigen werde,
wenn ich sie überschikke. Die lieder:
das Veilchen,
wenn die Lieb aus deinen
blauen Augen;
Abend ists; und,
die Engel Gottes weinen, sind, so viel ich weiß,
heraus

: daher habe ich sie Ihnen nicht angetragen. In diesem Fall, welchen Sie
bestätigen können, stehen Ihnen die Originalpartituren von 2. oder 3. unter diesen
zu diensten; ich weiß nicht, ob ich sie alle 4. habe.
Freylich mögen die ersten
6. Sonaten, die Sie erhalten haben, aus der Jugend
seyn. Sie gehören aber in eine vollständige Sammlung. Ich kann Ihnen aber
davon keine Originalpartituren leihen, weil ich selbst keine habe.
Unsre Rechnung ist bis
dato folgende:
Nach Ihrem Brief vom 11 März gestehen Sie mir schuldig zu seyn 70 fl. 43
x
Dazu Porto für die
Sonaten 
58.
—
Capricci 
1.39
2 Briefe von Ihnen

– 24.
für den vom 11
ten März

– 50.
— die Absendung obiger Singsachen

– 49.
Der Preis dieser Singsachen
180.–
255. 23
[S. 3]


= 255 fl. 23
x.
Darauf haben Sie abgetragen
den 2
tn März durch eine Anweisung auf
Rieger
54.
201. 23
wenn nun
hς. Wapler zufolge seiner Acceptation

morgen die
unterm 11 März eingesandte Anweisung auf
75.
honorirt, so bleiben Sie mir schuldig

126. 23.,
wofür ich also eine Anweisung auf
hς. Traeg erwarte.
Heute biete ich Ihnen an
(zugleich mit den Anfangs oben erwähnten Clavierconcerten und Sing-
sachen, deren Schäzung ich von Ihnen entgegen sehe)
die Sonaten

, wovon ich Ihnen hierin die Themas schikke, für

30. ducaten,
ferner 14. Cadenzen von großen Concerten,
(beyde Posten in Originalpartitur zu leihen)
Leztere hat er nur für seine Scholaren gemacht, und ich hätte
sie oft einzeln wegbringen können. Da jedem daran gelegen seyn
muß sie zu haben, so glaube ich nicht, daß 2. ducaten für das Stük
zu viel sind
28.–
58 ducaten
Sie können
gleich Thema's von Clavierconcerten, mehreren Singsachen,
Arien und Liedern, (von Arien habe ich recht viele) Symphonien, Quartetten
für die Violine und Violinconcerte nach Ihrer Wahl und nach
beliebiger Ordnung bekommen. Die Verzeichnisse sind so gut als fertig.
Ich erbitte
mir noch Antwort wegen des von mir herausgegebenen
Concerts 
und wegen des
harmonica quartetts oder Quintetts.
Ich habe die Ehre mit vieler Achtung zu seyn
meiner höchstgeehrten herren
ergebenste dienerinn
Constance
Mozart
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1799
27 Mart Wien
– Madame Mozart
Apς