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Abschrift
meines, wahrscheinlich verloren gegangenen,
Briefes vom 26. Mai 1798. an die
herren
Breitkopf und
Härtel
zu
Leipzig.
Wertheste
herren,
Sie haben in Ihrem jüngst erhaltenen
Schrei-
ben richtig bemerkt, daß es mich sehr müsse
befremdet haben, in einer öffentlichen
Annonce
ein Unternehmen
zu lesen, das ohne meine
Mitwirkung kühn zu unternehmen und schwer
auszuführen ist. Wie viele Manuscripte
besize ich nicht noch, wovon Niemand eine
Abschrift (auf was immer für Art) zu besizen
sich schmeicheln darf? Wer würde mir, als
der Witwe
Mozarts, nicht vollen Glauben
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beymessen, wenn ich in einem öffentlichen
Blatt ankündigen würde, daß durch
Niemand als durch mich oder mit meinem
Zuthun eine vollständige herausgabe aller
Werke
Mozarts ausführbar sey? Wer würde
sich wohl anderswohin, als an mich, wenden,
wenn ich allenfals, (welche Idee ich auch noch nicht
aufgebe,) alle noch nicht bekannten Werke
Mozarts, die Niemand als ich in
originali
besize, herausgebe? Wie entbehrlich wäre
alsdann nicht eine neue Auflage der übrigen
schon bekannten werke? Indessen könnten wir
unser beyderseitiges Interesse vereinbaren, so
sollte es mir lieb seyn, von Ihnen einen annehm-
baren Plan zu vernehmen; nur muß ich
gestehen, daß ich mit Ihnen, meine herren, in
Connexion
zu treten, mich wohl mit Vorsichtig-
keit bewaffnen will, da mir noch in zu frischem
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Gedächtniß ist, wie wenig Sie in betref des bewußten
bandl=Terzetts Worten hielten
. Wünschen Sie
also von den noch erübrigten Schäzen meines
unvergeßlichen
Gemahls Gebrauch zu machen,
so erwarte ich von Ihnen solche Anträge, und
mit einer Sicherheit begleitet, die ganz
meinem billigen Mistrauen und dem Werthe
dieser werke entsprechend sind.
Einen Thema-
Catalog aller bekannten
und noch nicht bekannten Werke werde ich
zwar nächstens mit aller Genauigkeit
verfertigen lassen, allein dieser wird blos
zu meiner eignen Richtschnur bis zur
vollständigen herausgabe aller werke nur
in meinen Händen verbleiben. Ich geharre mit
hochachtung Ihre ergebenste Freundinn
Const. Mozart.
P. S. da Sie die Musikhandlung von
Schmidt et
Rau der Ihrigen einverleibt, und ich bis zur
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ostermesse zugewartet habe, so bitte mir
mit nächster Antwort die berechnung meiner
noch rükständigen Forderung nebst bezahlung
einzuschikken.
1798. Wien
22 Octbr Madame Mozart
9 Novbr