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Liebstes, bestes Weibchen!
Warum habe ich denn gestern Abends keinen Brief bekommen? damit ich
länger des Baades wegen in Aengsten leben muß? – dieses und noch etwas
verdarb mir den ganzen gestrigen Tag; – ich war Vormittag bei
N. N. und
er versprach mir
Parole d'honneur zwischen 12 und 1 Uhr zu mir zu kommen,
um alles in Ordnung zu bringen. Ich konnte also deßwegen nicht bey Puchberg
speisen, sondern mußte warten, – ich wartete – es schlug halb 3 Uhr, –
er kam nicht, ich schrieb also ein Billet und schickte das Mensch zu seinem
Vater, – ich gieng unterdessen zur ungarischen Krone, weil es überall zu spät
war – sogar da mußte ich
alleine essen, weil die Gäste alle schon fort
waren – in den Aengsten, die ich Deinetwegen hatte und dem Unwillen des
N. N. wegen, kannst Du Dir mein Mittagessen vorstellen, – hätte ich doch
nur eine Seele gehabt zu einem kleinen Trost. – Für mich ist es gar nicht gut
alleine zu seyn, wenn ich etwas im Kopf habe, – um halb 4 Uhr war ich schon
wieder zu Hause – das Mensch war noch nicht zurück – ich wartete – wartete –
um halb 7 Uhr kam sie mit einem Billet. – Warten ist gewiß allezeit unangenehm
– aber noch viel unangenehmer wenn die Folge davon der Erwartung
nicht entspricht – ich las lauter Entschuldigungen, daß er noch nichts bestimmtes
hätte erfahren können, und lauter Betheuerungen, daß er mich gewiß nicht
vergessen und ganz gewiß Wort halten würde, – ich gieng dann um mich
aufzuheitern zum Kasperl in die neue Oper der
Fagottist, die so viel Lärm
macht – aber gar nichts daran ist. – Im Vorbeigehen sah ich nach ob nicht
Löbel im Kaffeehause sey – aber auch nicht. – Zu Nacht esse ich (um nur
nicht alleine zu seyn) wieder bey der Krone, – da hatte ich doch wenigstens
Gelegenheit zu reden – gieng dann gleich zu Bette – um 5 Uhr früh war ich
wieder auf – zog mich gleich an – gieng zu
Montecuculi – diesen traf ich –
dann zu
N. N. der war aber schon ausgeflogen – mir ist nur leid daß ich
unverrichteter Sache wegen Dir nicht heute früh schreiben konnte – ich hätte
Dir gerne geschrieben! –
Nun gehe ich hinaus zu den Rehbergischen, zur großen
Freundschaftstafel –
hätte ich es nicht so feyerlich versprochen und wäre es nicht so äußerst unhöflich
auszubleiben, so würde ich auch da nicht hinausgehen – doch was
würde es mir auch nützen? – nun fahre ich auf Morgen weg von hier und
zu Dir hinaus! – wenn nur meine Sachen in Ordnung wären! – wer wird nun
anstatt meiner den
N. N. stupfen? – wird er nicht gestupft, so wird er kalt –
ich war nun alle Morgen bey ihm sonst würde er nicht einmal
das gethan
haben, – ich bitte Dich gehe heute nicht auf die Casino wenn auch die
Schwingenschu hinaus kommen sollte. – Spare es bis ich bey Dir bin. – Wenn
ich nur schon Nachricht von Dir hätte! – nun ist es halb 11 Uhr und um
12 Uhr wird schon gespeist! – nun schlägt es 11 Uhr! – nun kann ich nicht mehr
warten! –
Adieu liebes Weibchen, liebe mich wie ich Dich, ich küsse Dich 2000mal
in Gedanken.
Sonntag Ewig Dein
Mozart.