[S. 1]


Frankfurt am Main den 3ten October 1790.
Sonntag.
Liebstes, bestes Herzens=Weibchen! –
Nun bin ich getröstet und vergnügt. Erstens weil ich Nachricht von Dir meine
Liebe erhalten, wornach ich mich so sehnte; zweitens durch die beruhigende
Auskunft in Betreff meiner Affairen – ich habe mir so fest vorgenommen,
gleich das
Adagio für den Uhrmacher zu schreiben, dann meinem lieben
Weibchen etwelche Ducaten in die Hände zu spielen; that es auch – war aber,
weil es eine mir sehr verhaßte Arbeit ist, so unglücklich, es nicht zu Ende
bringen zu können – ich schreibe alle Tage daran – muß aber immer aussetzen,
weil es mich
ennuirt – und gewis, wenn es nicht einer so wichtigen
Ursache willen geschähe, würde ich es sicher ganz bleiben lassen – so hoffe
ich aber doch es so nach und nach zu erzwingen; – ja, wenn es eine große
Uhr wäre und das Ding wie eine Orgel lautete, da würde es mich freuen; so
aber besteht das Werk aus lauter kleinen Pfeifchen, welche hoch und mir zu
kindisch lauten. –
Ich lebe hier bis
dato noch ganz
retiré – gehe den ganzen Morgen nicht aus,
sondern bleibe in meinem Loch von einer Stube und schreibe; – meine ganze
Unterhaltung ist das Theater, wo ich dann Bekannte genug antreffe, von
Wien, München, Mannheim und sogar Salzburg – Franz Lange Waldhornist
und Gres der Schatzmeister ist hier – auch der alte Wendling mit seiner
Dorothé –
reck den Arsch in die Höh – so lebte ich am liebsten fort – aber –
ich fürchte es nimmt schon ein Ende, fängt ein unruhiges Leben an – man
will mich nun schon überall haben – und so ungelegen es mir ist, mich überall
so begucken zu lassen, so sehe ich doch die Nothwendigkeit davon ein – und
muß es halt in Gottes Namen geschehen lassen; – es ist nun zu vermuthen
daß mein Concert nicht schlecht ausfallen möchte – ich wollte es wäre schon
vorbey, nur um dem Zeitpunkt näher zu seyn Dich meine Liebe wieder zu
umarmen! – – Dienstag giebt die chur=mainzische Schauspielergesellschaft
mir
zu Ehren meinen
Don Juan – Lebe wohl meine Liebe – grüße mir die
wenigen Freunde die es mit mir gut meinen – sorge für Deine mir so werthe
Gesundheit und sey stets meine Constanze so wie ich ewig seyn werde Dein
Mozart.
NB. Schreibe mir fleißig, wenn es auch nur wenige Zeilen sind.
P. S. Gestern habe ich bei dem reichsten Kaufmann in ganz Frankfurt gespeist,
bei Herrn Schweitzer. – Die
Crux ist auch hier. – Das Mädel habe ich noch
nicht gesehen – die
Quellenberg aber sagte mir, sie sey so gros und dick
geworden, daß ich sie nicht mehr kennen werde. –
adjeu.
Morgen Montag ist der Einzug und über acht Tage die Krönung. –