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                                 Lyon 16. Aôut 1766.

     Monsieur!

     Erschröcken sie nicht, daß ich ihnen
aus Lyon schreibe: Beÿ dem Empfang
dieses wissen wir, mit der Hilfe Gottes,
schon lange wie Geneve und die genever=
Sackuhren aussehen; denn in 2. oder
3. Tägen gehen wir von hier dahin ab.
Wir sind von Paris nach Dyon in Burgund
gegangen, wo wir 14. Täge waren.
Es geschache solches wegen dem Prinzen von
Condè, der uns dahin engagiert wegen
der Versammlung der Staaten von Bur=
gund
, welches alle 3. Jahre nur geschiehet.
Ich wollte ihnen noch vor unserer Abreise
aus Paris schreiben: allein es war um=
möglich; wenn es vor einer Reise auf
die letzte hingehet, dann giebt es all=
zeit am meisten zu thun. Haben Sie die 2.
Coffre, und den mit wax-durch
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überzogenen Verschlag, den ich den Ban=
quiers Popelier
und Eberts in Paris behän=
diget, empfangen? ist es noch nicht in ihren
Händen, so muß es bald anlangen, denn
ich habe es den 9. Julij um 5. Uhr abends
übergeben, und gegen 8. Uhr haben wir
mit 6. Postpferd Paris verlassen. Ich
habe nicht unterlassen ihre und der ihrigen
Gesundheit aus einem – – – nein, aus
mehr Gläsern Burgunder zu drincken;
denn sie wissen, daß ich ein grimmiger
Sauffer bin. Ô wie oft wünschte ich den=
ienigen Wein, den man uns zum über=
fluße antrug, nach Salzburg in den Kel=
ler eines guten Freundes wünschen zu kön=
nen. Auf das wenigste habe ich nun
den Brunnen selbst in Augenschein ge=
nommen, woraus man den guten Bur=
gunder
Wein schöpfet, und kommt uns ein
Lust an einen zu drincken, so kostet es
nichts, als einen kleinen Brief, so ist er da!
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Ich hätte fast lust ein Vässel so 240. Bou=
tellien
hält zu bestellen. Und wenn
sie Lyoner-waaren wollen; so weis ich
nun auch, wo man sich hinwenden muß;
ich habe mir diese 3. Wochen Bekannt=
schaft und Freunde genug gemacht. Mei=
ner Frau, meiner Tochter und dem
Meister Wolfgang haben neue Kleider hier
machen lassen, und auf mich habe ich auch
nicht vergessen: die Seiden waaren
sind zwar dermahl etwas theuer; allein
man muß doch nicht umsonst in Lyon
gewesen seÿn. In geneve werden
wir wohl 14. Täge wenigst bleiben,
dann gehen wir über Lusane und Bern
durch die Schweitz hinaus. Ob wir aber
rechter Hand über Zürck, oder lincker=
hand über Basel hinausgehen, weis ich
nicht. Von da gehen wir geraden
weg über Ulm nach Dischingen zu S:r
Durchleucht Fürst Taxis, so, wie wir es
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mit Mr: Becke, den wir in Paris ange=
troffen, abgeredet, und der auch da seÿn
wird. Dann hoffe S:e Durchleucht den
Bischoff von Augsburg, oder in Dillingen
oder in Augsburg anzutreffen, und nach
einem kleinen Compliment, so wir S:r
Durchleucht dem Churfürsten in Baÿrn
und Herzog Clemens machen werden,
der Frau Hagenauerin zu ihrem Nah=
mens Tage Glück zu wünschen. Aber
alles mit der Hilfe Gottes! – – Nun
wissen sie; wenn wir beÿläufftig ein=
treffen wollen. Denn was hätte es auch
genützet, wenn wir um ein Monat, odς
auch 2. eher zu kommen von Paris nach
Strassburg geloffen, und unser Geld ver=
zehret hätten, ohne was einzunehmen, und
dan wären wir doch zu einer Zeit in
Salzburg eingetroffen, wo seine Hochfürstl:
Gnaden gemeiniglich Salzburg zu ver=
lassen, und einige Reisen zu machen
pflegen.                                 Man
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Man hat uns sehr zugesetzt uns zu be=
reden, ietzt nach den französischen See=
Häfen Marseille, Bourdeaux &c, zu
reisen; und halten sie es etwa nicht
für einen Heldenmüthigen und gross=
müthigen Entschluß sich zu überwünden,
den Weeg nach Turin, der uns vor der
Nase liegt, vorbeÿ zu gehen? hätte
uns nicht die natürliche Laage, unsere
Umstände, der allgemeine Zuruff aller
Menschen, und unser eigenes interesse,
und ReisBegierde verführen sollen, ge=
rade der Nasen nach, nach Italien zu
gehen, und im frühe Jahre nach gesehe=
ner Festivitet der Ascensa in Venedig
durch das Tyroll nach hause zu kehren?
ist nicht ietzt noch die Zeit, wo die Ju=
gend der Kinder alles in Verwunderung
setzet? Allein der Entschluss ist nun schon
gefasst, ich habe versprochen nach Hause
zu gehen, und ich werde auch mein Ver=
prechen halten. Ich bitte sie, lassen
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sie mir einen Gläserkasten machen,
so, daß er dort Platz hat, wo sonst
der grosse Lehnsessl, neben dem Ofen
stehet. Er darf folglich nicht gar
gross seÿn. Übrigens wird er etwa
wie der ihrige. Ferner bitte an das
kleine Comot Kästl gute Schlösser ma=
chen zu lassen, denn es ist kein Schloss
daran. Wollen sie mir auf gegen=
wärtiges antworten, so bitte es nur
nach geneve zu addressiren, wie folgt:
à Mr: Mozart chez Mr Huber à
Geneve
.
Meine Frau ersuchet sie
nebst ihrer empfehlung sie möchten ein
Bettstatt machen lassen,
so, wie dasie=
nige ist, welches in Cabinet stehet. al=
lein es darf nur ganz weis bleiben,
weil es für mein Mädl gehöret, und
wir alsdann erst Vorhäng oder Ver=
kleidung werden, darüber machen las=
sen. Wenn es nur ausgedrocknet gut
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Holz ist. Oder es mag auch braun an=
gestrichen seÿn; Es ist eins. Wir
empfehlen uns ihnen, ihrem ganzem
Hause, und allen unserm guten Freun=
den. ich muß schlüssen die Post gehet
ab. ich bin immer der alte.

Ich weis daß sie damit Verlieb neh=
men, daß wir an dero NahmensFest
ihnen in Gedancken gratulirt haben.
Es bleibt beÿ dem alten.
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[vacat]