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Der Leopoldl befindet sich, Gottlob,            Salzbς dς 9 Merz
Lustig u gesund, er hat nun erst einς                             1787
Zahn in dς Höhe bekomς, folgl: hat er itzt 3 Zähne, 2 untς
in der Mitte, u einς oben rechter hand.

Du hast dich sehr geirrt, da du glaubtest es werde dem Heinrich
verdrossς habς, daß ihm Vanschenz vorstehet: keinesweegs!
er kam höchst vergnügt von Hofe zurück, u sagte, er wäre
frohe, daß es so gegangς seÿe
, indem es sonst dem Erzbς:
hätte einfallς könς odς darauf antragς, daß er ihn dadurch noch
auf einige Zeit hier zu behaltς angebändelt hätte
. – da ebς
dieses seines Vatters sehnlichster Wunsch war, so könt ihr euch
leicht einbildς was für eine Freude sein Vatter wird gehabt habς,
diese Bubenrede u Kindische FrazenIdée zu lesen, da er ge=
wünscht hätte ihn noch ein paar Jahre hier zu wissς, u sondςheitl:
ein natürl: Vätterl: Vergnügς hatte, daß sein Sohn dirrigierte, er
auch sich dabeÿ durch sein Betragς erhaltς möchte. In einem Jahre
ist seine Zeit vorbeÿ. wohin dan? – – nach Hause zu seines Vatters
Tische, und zum faullenzς? – da wird er in einem Jahre nicht
nur nicht besser, sondern schlechter, da es noch allzeit so geschehς ist,
u nicht anders gehς kan, – die Gelegenheit zum Missigang ist zu
groß; u seine Faulheit ohnbeschreiblich. Ich bedaure die
liebς, ehrlichς, gutς Eltern, lasse ihn machς was er will, schreibs
dem Vatter, und will mir meine ohnehin schwache Gesundheit nicht
mehr verderbς u mich ganz zu Grunde richtς. Der Gretl ihre
Aufführung ist ganz etwas andςs, u ob sie gleich nur um 1 Jahr
älter ist, so hat sie doch um 10 Jahr mehr überlegung u Verstand.
wird aber auch überall gelobt u geschätzt, u macht durch ihre
moralische gute Aufführung ihrς Eltern Vergnügς u nicht den
mindestς Verdruß.

Da dς Steinmetz nebς uns tod ist, so ist alles so ausgestorbς, als
wen alle tod wärς; keine Thür wird eröffnet, keine Seele sieht
man; u da alle Freytag Brod ausgetheilt wurde, komς nun die
Bettlweiber in Prozession zur verschlossnς Thüre. – das es Gott
erbarme! – itzt könntς die armς Leute ihnς das Brod bringς!
kein Arbeit! – u kein Geld im Hause! – Man sahe es aber,
leider, lange vor. Nun komς die Pfaffς nicht mehr zum Coffée p:
und der Badergessel zum Frühestück p:

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Im letztς Cassino sang dς Bassist Sidra, u da dς Erzbς: schon
lange den Preyman hörς sollte, so sagte er, er soll im Cassino
spielς. Er spielte so gut, daß er nach iedem Stück einς
allgemeinς lermendς Beÿfahl erhielt, und alles, Noblesse u
andere mir darüber Complimentς machtς, weil sie kanntς, daß
Preÿman aus meiner Schule u Anweisung spielte p:
selbst Heinrich war betroffς, da er den Preyman seit seinem
Hierseÿn nur imer beÿ quartettς, die wir oft machtς, die
Secund u beÿ einer Finalmusik vorigς Somer ein kleines
Concert auf dς gasse spielς hörte. den Tag, vor dem Cassino,
kam Preyman noch zu mir abends unter dς Zeit, als Heinrich
beÿ Hofe ware, u spielte mir das Concert |: vom Giarnowik :|
wo ich ihm, sondςheitl: im Adagio, gewisse zärtliche Ausdrücke,
gestohlenes Tempo p: lehrte, u im allegro gewisse piano.
davon der brausende wilde Kopf des Heinrichs nichts hörς
will, da ers doch auch zum theil vom Vanschenz u Strina=
sachi
hört. Genug! er Thut sichs selbst!

Die Mad:me Schlaucka erkrankte verflossenς Samstag abends augenblicklich,
ohne Kentniss u ohne Sprache, – es war eine Art eines kopfschlags,
nach allen angewendetς Mitteln brachte man sie die Nacht durch wiedς, in
etwas zur Sprache und kentniß dς Umstehendς. Es muß besser gehς,
weil seit 2 Tägς, wo ich hörte, daß es sich bessere, nichts mehr gesprochς wird.

hς: Wallner auf der Landschaft wirds auch nicht mehr lange machς.
hς: Steiger wurde von den Kindς geruffς, u alles lief ihm weinend
u bittend entgegς, daß er hς: Wallner auf gute Art beredς möchte
ein Testament u Richtigkeit zu machς: allein er wollte es durch=
aus nicht verstehς, ob ihm gleich dς kurze Athem die Brust
bereits enge macht. – Landschaft Dienste sind herrliche gute Dienste,
sondςheitl: itzt, da ein artiger menschenfreundlicher Domdechant, ein
guter nichts bedeutendς Bischof in Chiemse, – und ein vernünftiger
Prelat zu St: Peter p: da ist p. da alles gut eingerichtet wordς,
u man mit dem Erzbς: nichts zu thun hat. – Genug! wen man
für seine Kinder denkt, – und das muß man vor Gott und der
Welt, – so könς solche wedς auf dem Land erzogς, noch zur Beferderung
ihres zeitlich u ewigς wohls komς: und endlich sind etliche 1000 f
erspartes Geld kaum genug solche in ein Spital einzukauffς.
hς: von Andretter weis auch schon lange fast wenig odς nichts mehr von sich,
da werden also zweÿ gute Stellen leer.

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hς: von Hafner hatte abermahls einς hitzigς Catharr, er ist noch nicht
ganz hergestellt, u die Medici sehς vor, daß am Ende eine Auszehrung
erfolget wen er das unordentliche Lebς nicht ändert, welches schwerlich
geschehς wird, solange er von Schmarotzern umgebς ist, die ihn
bestendig animierς, und, wie der Teufel eine Seele, in dς Mitte
haltς, u niemals verlassς.

Schon oft hatte man dem Juden Laudon gerathς, daß er sich von
hier weg begebς möchte; – allein, weil er wusste, daß er grosse
Protecktionς hatte, gieng er nicht. – Nun wurde ihm durch ein
Decretum proprium des Erzbς: vom StattSyndico angekündigt, daß
er als gestern Salzbς: verlassς solle. Vor 6 uhr abends, wo die
bestimte Stund kam, erschien ein Schreiber vom Rathhause in dessς
Wohnung beÿm Hofwürth. 2 Amtsdiener warς auf der Strasse
in einiger Entfernung. Um 6 uhr musste er fort fahrς, sonst
wäre er mit dς 2 Schergς hinausgeführt wordς. Deo Sint Laudes!
wenigst trägt er 6000 f Gewin, den er nach u nach verschickte,
von Salzbς: weg. wollt ihr alle seine Stücke wissen? Vieles wisst ihr!

Die Md:me Barisani ist dieser Täge hervorgegangς. Er lässt einς
schönς breitς gehweeg über den Grasbodς herüber machς, da beÿ
kotigem Wetter nicht herüber zu gehς ist.

Barisani Nanerl soll heyrathς. Sie konnte mir aber den Ort selbst
nicht nenen. Es ist ein Gut odς Güttel, das der Hochzeiter von
einem Cavalier in Münchς gekauft hat, u 4 Stund von Passau seÿn
soll, gegς Wald odς Böhmς zu; und da ich etwas von einer Glas=
fabric hörte u weis, daß ohnweit Passau eine Glashütte ist,
so wird hς: Glasmeister Schmaus vermutlich einigς Bericht da=
von gebς könς.

Die Gilowskische affaire wird imer schmuziger. Die Freul Braut
Josepha von Laudes ist beÿm Oberbereitter aus dem Hause
gejagt wordς. und wedς er noch sie lassς sich da mehr sehς.
durch diesen Zufahl wurde dringenst beÿm Vatter Zuflucht
gesucht, u da sie ohnehin oft da speisste, so wohnt sie nun
auch dort im bewusstς Zimerl. Das Heyrathς hat ihnς der
Erzbς: auf 2 Bittschriftς rund abgeschlagς, und da sonst
beÿm Aufwartς beÿ dς Tafel dς Erzbς: imer mit dem altς

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Gilowsky sich spasste, so spricht er nicht nur, seit dem
sie sich um Hayrathς gemeldet, nicht ein Wort mehr mit
ihm, sondern ließ ihm itzt sagς, daß ihn, wegς seinem
Alter, von allς Camer= u Tafeldienstς p: dispensiere.
das verdrüsst den altς. – wie lange mags anstehς, daß
die katherl mit der Braut in Uneinigkeit komς, da
sie imer beÿsam sind? – – sonderheitl wen die Mss:lle einmahl
zu ihr sagt, daß es sie gereuet herauf gereisst zu seÿn, da lässt sich dς
Katherl antwort leicht errathς, absondςlich, wen sie im Hause zu Coman=
d
ierς u Kritisierς anfängt, wie sie es beÿm Oberbereitter machte.
Es wird sich in kürze zeigς.

Die 2 f 40 Xr für Choccolate u Mandlkleibς habe erhaltς. Hier
schicke euch abermahl einς Choccolate. Ich musste von Herzς lachen,
daß in Betref dς Choccolate sonst weiter in deinem Brief
nichts enthaltς war, da ich euch nur 12 schickte, u beÿ dς Nacht in
Eÿle das andςe liegς ließ. das  vom theurς Choccolate ist
Münchner Gewicht, u nicht gewöhnliches Choccς: Gewicht: folgl:
schwerer, folgt also hier das zweyte halbe .

Der Wolfgangerl brachte, einς Bündl, den ich hinausschickς sollte, weil du ihm
geschriebς hättest, er solle, was zerrissen ist, hinausschickς; ich konnte also
nicht wissen u wartς ob, odς wen ihr jemand herschicket. Ich machte ihm
eine erstaunliche Predig wegς seiner Wäsche p: und auch wegς seinς Lügen
und unbesonenς Redς, die ich erfuhr, da er unter andςς sich rühmte, daß er
seine zwote Mama rechtschaffς cujoniert hatte u ganze Lügengeschichten
erzehlte. Er hatte dortmahl die Schachtl eigenmächtig aufgerissen, wo an
den Præceptor ein Brief mit geld war p: ich muß die Geschichte erst recht
hörς. noch habe mich nicht entschlüssen könς, die elendς hohς 3 Stiegς Staffeln
zum Magister hinauf zu kriechς; den die hohς Stiegς sind mir itzt be=
schwerlich.

Im nächstς Cassino wird eine Singmusik von 2 acten, u gar kein Concert
gemacht. Es ist von unserm Haydn. In der viertς spielt Heinrich ein
ViolinConcert; und in dς 5 spielt Strinasachi ein ViolinConcert, u
Heinrich auf dem neuς Fortepiano, das dς Orgelmacher bis dahin fertig
macht. Nun küsse euch von Herzen, grüsse die Kindς u bin, so lange
ich lebe, euer redlicher Vatter
                                                     Mozart mp

Heinrich empfehlt sich, – die Nandl u Tresel küssς die Hände, u ich grüsse
                                                                              die Lenerl.

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                                          Sontags um 10 uhr.
Da dς Kessler um 12 uhr schon wiedς abreiset, auch die Leute, die er hereinführte, hier
vieles einkauffς, so weis er nicht, ob, u was er mitnehmς kan. um halbe 12 füttert er beÿm
Breu am Stain, und da wird ihm die Tresel, nach seinem Verlangς, etwas in den Stall bringς.
[Sie] hat 8 Haarpudς und 6 Stärk in einem Sack unterbundς beysamς. kan ers nehmς, so ists gut:
[wenn] nicht, so wird sie die 8 ℔ Haarpudς in einς kleinern Sack steckς, u mitgebς. Es würde dan
                                  gut seÿn beÿ nächster bester Gelegenheit, das Sackl
                                  wieder herein zu schicken. – Pudς, Stärk sind ohnehin
                                  gestern schon eingekauft wordς, überal das 12 Xr.
                                  Hoffe ihr werdet den Brief vom Gräzerbothς erhaltς habς.
                                  das Geld erhielt im vorigς Briefe richtig, und alles das
                                  übrige, was ihr verlangt wird zwischς Heut u morgς ein=
                                  gekauft werdς. die 20 Reis glaube sind schon gekauft,
                                  wenigst hab der Tresel gestern dafür 2 f 52 x bezahlt das . à 8 [12 xr.]
[Der] neue Geiger heist Fanschentz, ist ein Thurnerssohn von Ens in Oberöstς: --
[w]ird etliche 20 Jahr alt seÿn. dieser dirrigiert itzt p: ist beÿm Gr: Starmberg im
Haus, der Brudς Majoratherr hat ihn erzogς p: u lernς lassς p: addio! ich küsse euch
von Herzς u bin euer redlicher Vatter      Mozart mp

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A Madame
Madame de Sonenbourg
à
St: Gilgen

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