Kritische Edition des Libretto-Erstdrucks Wien 1786 (Libretto)   Kritische Edition des deutschen Libretto-Drucks Wien 1786 (Deutsches Libretto)  
SCENA VII
Siebenter Auftritt
La Contessa sola.
Die Gräfin ganz allein.
La Contessa
Die Gräfin
E Susanna non vien! Sono ansiosa
Susanna kommt noch nicht? Ich bin begierig zu wissen, wie der Graf den Antrag aufgenommen; unser Vorschlag kömmt mir zwar etwas verwegen vor, und mit einem wackern, so eifersüchtigen Manne – – Doch! es ist doch nicht so übel, wenn ich die Kleider der Susanna, und sie die meinigen anleget – – Die Nacht begünstiget uns auch – O Gott! in welch einen niederträchtigen Zustand sehe ich mich durch meinen grausamen Mann versetzet, der, nachdem er mich unter einer immerwährenden Abwechslung von Untreue, Eifersucht und anderen Verdrüßlichkeiten zuerst geliebet, dann beleidiget und endlich gar verlassen, es dahin gebracht hat, dass ich einen meiner Dienstboten um Beistand ersuchen muss.
di saper come il Conte
accolse la proposta: alquanto ardito
il progetto mi par, e ad uno sposo
1270
sì vivace e geloso…
Ma che mal c'è?
Cangiando i miei vestiti
con quelli di Susanna e i suoi co' miei…
al favor de la notte… Oh cielo, a quale
umil stato fatale io son ridotta
1275
da un consorte crudel che, dopo avermi
con un misto inaudito
d'infedeltà, di gelosie, di sdegni
prima amata, indi offesa e alfin tradita,
fammi or cercar da una mia serva aita!
1280
    Dove sono i bei momenti

     O! wo seid ihr hin verschwunden, ihr lieblichen Augenblicke voll der Süßigkeit und des Vergnügens, und ihr, ihr feierlichen Eidschwüre, die jener treulose Mund abgelegt? Wenn sich für mich alles in Weinen und Klagen verkehret hat: O! so wäre doch auch das Andenken jener glücklichen Tage aus meinem Gedächtnisse verschwunden! Wollte Gott, dass mir doch wenigstens meine Standhaftigkeit, da ich mitten im Elende immerfort liebe, eine Hoffnung zubrächte, das undankbare Herz noch umändern zu können!
di dolcezza e di piacer,
dove andaro i giuramenti
di quel labbro menzogner?
    Perché mai se in pianti e in pene
1285
per me tutto si cangiò,
la memoria di quel bene
dal mio sen non trapassò?
    Ah se almen la mia costanza,
nel languire amando ognor,
1290
mi portasse una speranza
di cangiar l'ingrato cor!
(Parte.)
(gehet ab)
SCENA VIII
Achter Auftritt
Antonio con cappello in mano e il Conte.
Anton, der Graf.
Antonio
Anton
Io vi dico, signor, che Cherubino
Ja, ich versichere Sie, Cherubin ist noch im Schlosse; sehen Sie einen Beweis: Da ist sein Hut.
è ancora nel castello,
e vedete per prova il suo cappello.
Il Conte
Der Graf
1295
Ma come, se a quest'ora
Aber wie? Um diese Zeit müsste er ja schon in Sevilien sein.
esser giunto a Siviglia egli dovria?
Antonio
Anton
Scusate, oggi Siviglia è a casa mia.
Vergeben Sie, mein Haus ist heute Sevilien; in meinem Hause hat er Weiberkleider angezogen und alldort seine anderen Kleider gelassen.
Là vestissi da donna e là lasciati
ha gli altri abiti suoi.
Il Conte
Der Graf
1300
Perfidi!
O! ihr treulosen!
Antonio
Anton
Andiam, e li vedrete voi.
Nun gehen wir, Sie werden es mit eigenen Augen sehen.
(Partono.)
(gehen ab)
SCENA IX
Neunter Auftritt
Susanna, la Contessa.
Susanna, die Gräfin.
La Contessa
Die Gräfin
Cosa mi narri! E che ne disse il Conte?
Was du mir doch erzählest! Und was hat der Graf gesagt?
Susanna
Susanna
Gli si leggeva in fronte
Man erkannte in ihm Missgunst und Zorn.
il dispetto e la rabbia.
La Contessa
Die Gräfin
Piano, che meglio or lo porremo in gabbia.
Warte nur, wir wollen ihn noch besser fangen. Wo hast du ihn hinbestellet?
1305
Dov'è l'appuntamento
che tu gli proponesti?
Susanna
Susanna
Nel giardino.
In Garten.
La Contessa
Die Gräfin
Fissiamgli un loco. Scrivi.
Wir wollen ihm den Ort bestimmen. Schreibe.
Susanna
Susanna
Ch'io scriva… Ma signora…
Ich soll schreiben? – – Aber meine Frau!
La Contessa
Die Gräfin
Eh scrivi, dico;
Schreibe, sag ich; ich nehme die ganze Sache auf mich.
e tutto
1310
io prendo su me stessa.
(Susanna siede e scrive.)
(Susanna sitzt nieder und schreibt.)
Ein Lied im Tone.
– – – –
La Contessa
(Detta.)
(Die Gräfin diktiert.)
    "Che soave zeffiretto…"
"Welch angenehme Zephyre…"
"…verso sera spirerà…"
"…werden auf dem Abend wehen…"
Susanna
Susanna
(Ripete le parole della Contessa.)
(wiederholt die Worte der Gräfin mit hämischem Tone singend)
"…verso sera spirerà…"
"…auf dem Abend wehen…"
– – – –
La Contessa
Die Gräfin
"…sotto i pini del boschetto."
"…unter den Fichten im Busche."
Susanna
Susanna
1315
"…sotto i pini del boschetto."
"…unter den Fichten im Busche."
(Anfangs die Gräfin allein, alsdenn beide zusammen.)
La Contessa
Ei già il resto capirà.
Das Übrige wird er ohnehin verstehen.
Susanna
Susanna
Certo, certo, il capirà.
O ja! er wird's verstehen. – – –
Susanna
(Piega la lettera.)
(legt den Brief zusammen)
Piegato è il foglio… Or come si sigilla?…
Der Brief ist zusammengeleget – – – – Und wie werden wir ihn versiegeln?
La Contessa
Die Gräfin
(Si cava una spilla e gliela dà.)
Ecco… prendi una spilla:
Gib mir nur eine Nadel: Diese wird zum Siegel dienen. Warte – – – – Schreibe auswendig auf dem Briefe: "Schicken Sie mir das Insiegel wieder zurück."
1320
servirà di sigillo. Attendi… Scrivi
sul riverso del foglio:
"Rimandate il sigillo."
(Susanna nimmt eine Nadel und gibt sie ihr.)
Susanna
Susanna
È più bizzarro
Das ist noch wunderlicher als jenes des Patents.
di quel della patente.
La Contessa
Die Gräfin
Presto, nascondi: io sento venir gente.
Geschwind, verstecke ihn, es kömmt jemand.
(Susanna si mette il biglietto nel seno.)
(Susanne verstecket den Brief in dem Busen.)
SCENA X
Zehnter Auftritt
Cherubino vestito da contadinella, Barbarina e alcune altre contadinelle vestite nel medesimo modo, con mazzetti di fiori.
Cherubin gekleidet wie ein Bauernmädchen, Barberina, einige andere Landmädchen auf die nämliche Art angeleget, mit Blumenbüschen.
Coro
Der Chor
1325
    Ricevete, o padroncina,

     Nehmen Sie, liebe Frau, diese Rosen, diese Blumen hin, die wir heute gesammelt haben, um Ihnen unsere Liebe zu bezeugen.
queste rose e questi fior,
che abbiam colti stamattina
per mostrarvi il nostro amor.
    Siamo tante contadine

     Wir sind alle Bauernmädchen und sind alle arm. Es ist wenig, was wir Ihnen darbieten, doch wir geben es Ihnen mit gutem Herzen.
1330
e siam tutte poverine,
ma quel poco che rechiamo
ve lo diamo di bon cor.
Barbarina
Barberina
Queste sono, madama,
Meine Frau, diese Mädchen sind von diesem Orte; sie sind gekommen, Ihnen das Wenige, so sie haben, anzutragen: Vergeben Sie ihrer Kühnheit.
le ragazze del loco,
1335
che il poco ch'han vi vengono ad offrire
e vi chiedon perdon del loro ardire.
La Contessa
Die Gräfin
Oh brave! Vi ringrazio.
Das ist brav, ich dank' euch.
Susanna
Susanna
Come sono vezzose!
Wie voll Reize sind sie!
La Contessa
Die Gräfin
E chi è, narratemi,
Sagt mir, wer ist jenes liebenswürdige Mädchen dort, so ganz Eingezogenheit?
quell'amabil fanciulla
1340
ch'ha l'aria sì modesta?
Barbarina
Barberina
Ella è una mia cugina, e per le nozze
Sie ist meine Base, sie ist gestern abends der Hochzeit halber hieher gekommen.
è venuta ier sera.
La Contessa
Die Gräfin
Onoriamo la bella forestiera.
Lasst uns jene schöne Fremde beehren! Komm her… Gib mir deine Blumen. Sie errötet – – Susanna – – – sieht sie nicht jemandem gleich?
Venite qui…
Datemi i vostri fiori.
(Prende i fiori di Cherubino e lo bacia in fronte.)
1345
Come arrossì!… Susanna, e non ti pare…
che somigli ad alcuno?…
Susanna
Susanna
Al naturale.
Ganz gleich!
SCENA XI
Eilfter Auftritt
I sudetti, il Conte e Antonio.
Die Vorigen, der Graf, Anton.
(Antonio ha il cappello di Cherubino, entra in scena pian piano, gli cava la cuffia di donna e gli mette in testa il cappello stesso.)
(Anton hat den Hut des Cherubin, tritt ganz leise herein, nimmt ihm die Haube ab und setzet ihm seinen Hut auf.)
Antonio
Anton
Eh! Cospettaccio! È questi l'uffiziale.
Sehen Sie da zum Geier! Dieser ist der Offizier.
La Contessa
Die Gräfin
(Oh stelle!)
O Gott!
Susanna
Susanna
(Malandrino!)
(Der Schelm!)
Il Conte
Der Graf
Ebben, madama?…
Also Madame!
La Contessa
Die Gräfin
Io sono, o signor mio,
Was soll ich sagen? Ich erstaune nicht weniger als du selbst.
1350
irritata e sorpresa al par di voi.
Il Conte
Der Graf
Ma stamane?…
Aber – heute morgens?
La Contessa
Die Gräfin
Stamane…
Heute morgens – – – Wir wollten ihn für die heutige Feier ebenso kleiden, wie sie ihn itzt gekleidet haben.
per l'odierna festa
volevam travestirlo al modo stesso
che l'han vestito adesso.
Il Conte
Der Graf
(A Cherubino.)
1355
E perché non partiste?
Und du? Warum bist du nicht fortgereist?
Cherubino
Cherubin
(Cavandosi il cappello bruscamente.)
Signor…
Herr – – – –
Il Conte
Der Graf
Saprò punire
Ich will deinen Ungehorsam nach Verdienste strafen.
la sua disobbedienza.
Barbarina
Barberina
Eccellenza, eccellenza,
Aber Exzellenz, Sie sagen mir, so oft Sie mich umarmen und küssen: "Barberina, wenn du mich liebest, sollst du von mir alles haben, was du verlangest!"
voi mi dite sì spesso
1360
qualvolta m'abbracciate e mi baciate:
"Barbarina, se m'ami
ti darò quel che brami…"
Il Conte
Der Graf
Io dissi questo?…
Ich habe das gesagt?
Barbarina
Barberina
Voi.
Sie, ja, Sie: Nun lassen Sie mich den Cherubin heuraten; ich werde Sie lieben, wie ich mein Kätzchen liebe.
Or datemi, padrone,
1365
in sposo Cherubino,
e v'amerò com'amo il mio gattino.
La Contessa
(Al Conte.)
Adesso tocca a voi.
Antonio
Anton
Brava, figliuola!
Liebes Kleinod! du bist bei einem guten Meister in der Lehre.
Hai buon maestro che ti fa la scola.
Il Conte
Der Graf
(Non so qual uom, qual demone, qual dio
Ich weiß nicht, ist er ein Mensch, ein Teufel oder ein Gott, der so alles wider mich anordnet?
1370
rivolga tutto quanto a torto mio.)
SCENA XII
Zwölfter Auftritt
I sudetti, Figaro.
Die Vorigen, Figaro.
Figaro
Figaro
Signor… se trattenete
Mein Herr, wenn Sie alle diese Mädchen bei sich behalten, so wird es mit dem Tanze übel aussehen.
tutte queste ragazze,
addio festa… addio danza…
Il Conte
Der Graf
E che? Vorresti
Und du, mit dem verdreheten Fuße, wolltest tanzen?
ballar col piè stravolto?
Figaro
Figaro
(Finge di dirizzarsi la gamba e poi si pruova a ballare.)
1375
Eh non mi duol più molto.
Ich empfinde schon keine Schmerzen mehr: Gehen wir, meine Schönen.
Andiam, belle fanciulle…
(Chiama tutte le giovani, vuol partire, il Conte lo richiama.)
(ruft alle Mädchen, will abgehen, der Graf zieht ihn mit Gewalt in die Mitte)
La Contessa
Der Graf
(A Susanna.)
(zu Susanna)
Come si caverà da l'imbarazzo?
Wie wird er sich nun aus einer solchen Verlegenheit bringen?
Susanna
Susanna
(Alla Contessa.)
Lasciate fare a lui.
Es fehlet ihm nicht an Rat.
Il Conte
Die Gräfin
Per buona sorte
Zum guten Glücke waren die Stöcke von Gips!
i vasi eran di creta.
Figaro
Susanna
Senza fallo.
Jawohl.
Figaro
1380
Andiamo, dunque, andiamo.
Nun, so gehen wir.
(Come sopra: Antonio lo richiama.)
(Wie oben: Anton ruft ihn wieder.)
Antonio
Anton
Ed intanto a cavallo
Indessen ging der Page zu Pferd und in Galopp nach Sevilien.
di galoppo a Siviglia andava il paggio.
Figaro
Figaro
Di galoppo o di passo… buon viaggio.
In Galopp oder im Trotte – – – – Glückliche Reise. Kommt, schöne Mädchen.
Venite, o belle giovani.
(Come sopra.)
(Wie oben: Der Graf ruft ihn wieder.)
Il Conte
Der Graf
(Torna a ricondurlo in mezzo.)
(führet ihn wieder in die Mitte)
1385
E a te la sua patente
Und dir blieb sein Patent im Sacke!
era in tasca rimasta…
Figaro
Figaro
(erstaunend)
Certamente,
Freilich, was für Fragen!
che razza di domande!
Antonio
Anton
(A Susanna, che fa de' motti a Figaro.)
(zu Susanna, die dem Figaro winkt)
Via, non gli far più motti, ei non t'intende.
Winke ihm nur nicht mehr, er versteht dich nicht mehr. (nimmt den Cherubin bei der Hand und führt ihn vor den Figaro) Nun wer behauptet, dass mein Herr Vetter ein Lügner sei?
(Prende per mano Cherubino e lo presenta a Figaro.)
Ed ecco chi pretende
1390
che sia un bugiardo il mio signor nipote.
Figaro
Figaro
Cherubino?
Cherubin?
Antonio
Anton
Or ci sei.
Nun hab ich dich.
Figaro
Figaro
(Al Conte.)
(zum Grafen)
Che diamin canta?
Was Teufel blauscht er?
Il Conte
Der Graf
Non canta, no, ma dice
Er blauscht nicht, allein er sagt, dass er heute morgens hinausgesprungen ist auf die Nelkenstöcke – – –
ch'egli saltò stamane in sui garofani…
Figaro
Figaro
Ei lo dice!… Sarà… Se ho saltato io
Er sagt es – – – Kann sein – – – Ich bin gesprungen, er kann es ebenfalls getan haben.
1395
si può dare che anch'esso
abbia fatto lo stesso.
Il Conte
Der Graf
Anch'esso?
Auch er?
Figaro
Figaro
Perché no?
Warum nicht? Ich leugne nie das, wovon ich nicht weiß. Hören Sie nur den Marsch; gehen wir. Jede zu ihrem Platze, meine Schöne! Susanna, henk dich ein.
Io non impugno mai quel che non so.
(Si ode una marcia spagnuola da lontano.)
Figaro
Ecco la marcia… andiamo.
1400
A' vostri posti, o belle, a' vostri posti.
Susanna, dammi il braccio.
Susanna
Susanna
Eccolo.
Hier bin ich.
(Figaro prende per un braccio Antonio, per l'altro la Susanna, e partono tutti eccettuati il Conte e la Contessa.)
(Figaro nimmt den Anton bei einem Arm, beim andern die Susanna und gehen alle ab, ausgenommen der Graf und die Gräfin.)
Il Conte
Der Graf
Temerari!
Die Verwegenen!
La Contessa
Die Gräfin
Io son di ghiaccio!
Ich bin betäubt!
SCENA XIII
Dreizehnter Auftritt
Il Conte, la Contessa.
Der Graf, die Gräfin.
(La marcia aumenta a poco a poco.)
(Der Marsch nimmt nach und nach auf.)
Il Conte
Der Graf
Contessa…
Gräfin – –
La Contessa
Die Gräfin
Or non parliamo.
Lassen wir das beiseite – – Da sind sie die zwei Verlobnisse, wir müssen ihnen willfahren. Man handelt ja von einer, die unter deinem Schutze steht. Setzen wir uns nieder.
Ecco qui le due nozze,
1405
riceverle dobbiam: alfin si tratta
d'una vostra protetta.
Seggiam.
Il Conte
Der Graf
Seggiamo (e meditiam vendetta.)
Setzen wir uns, um über die Art der Sache sich zu besinnen.
(Siedono.)
SCENA XIV
Vierzehnter Auftritt
I sudetti. Cacciatori con fucile in spalla. Gente del foro. Contadini e contadine. Due giovinette che portano il cappello verginale con piume bianche, due altre un bianco velo, due altre i guanti e il mazzetto di fiori. Figaro con Marcellina. Due altre giovinette che portano un simile cappello per Susanna etc. Bartolo con Susanna. Due giovinette incominciano il coro che termina in ripieno. Bartolo conduce la Susanna al Conte e s'inginocchia per ricever da lui il cappello etc. Figaro conduce Marcellina alla Contessa e fa la stessa funzione.
Jäger mit Flinten auf der Schulter, viele Leute von der Gegend, Bauern; zwei Mädchen, welche jungfräuliche Hüte, zwei andere, welche einen weißen Schleier, und noch zwei, welche die Handschuh und den Blumenbuschen tragen. Figaro mit Marzellina. Zwei andere Mädchen, welche einen ähnlichen Hut für die Susanna tragen. Barhtolo mit der Susanna. Nun beginnt folgende Strophe, welche von zwei Mädchen angefangen und von allen geschlossen wird. Bartholo führet die Susanna zu dem Grafen, sie kniet vor ihm nieder und empfängt von ihm den Hut und den Blumenbuschen. Figaro führt die Marzellina zu der Gräfin, die das nämliche tut.
Coro
Due giovani
    Amanti costanti,

     Besinget, ihr Lieblinge! ihr standhafte Anhänger der Ehre, das Lob eines so vernünftigen Herrn, der sich seines alten Rechts entsetzet hat, welches so unbillig und schädlich war, um euch als reine Jungfrauen euren Liebhabern zukommen zu lassen.
seguaci d'onor,
1410
cantate, lodate
sì saggio signor.
    A un dritto cedendo
che oltraggia, che offende,
ei caste vi rende
1415
ai vostri amator.
Tutti
Alle
    Cantiamo, lodiamo

     Lasst uns besingen. Lasst uns loben einen so vernünftigen Herrn.
sì saggio signor.
(Susanna, essendo in ginocchio durante il duo, tira il Conte per l'abito, gli mostra il bigliettino, dopo passa la mano dal lato degli spettatori alla testa, dove pare che il Conte le aggiusti il cappello, e gli dà il biglietto. Il Conte se lo mette furtivamente in seno. Susanna s'alza, gli fa una riverenza. Figaro viene a riceverla, e si balla il fandango. Marcellina s'alza un po' più tardi. Bartolo viene a riceverla dalle mani della Contessa.)
Bei den letzten zween Versen der Strophe ziehet Susanna, die vor dem Grafen noch kniet, ihn bei dem Rock, zeiget ihm das Billett, dann fährt sie von der Seite der Zuseher mit der Hand zu dem Kopfe, allwo es scheinet, als wollte ihr der Graf an dem Hut etwas richten, sie gibt ihm das Billett. Der Graf verstecket es heimlicherweise in dem Busen. Susanna stehet auf und machet vor dem Grafen eine tiefe Verbeugung. Marzellina steht etwas später auf. Figaro kommt, um von der Hand des Grafen die Susanna zu empfangen, und ziehet sich zurück. Bartholo nähert sich der Gräfin, um die Marzellina von ihrer Hand zu erhalten.
(Il Conte va da un lato, cava il biglietto e fa l'atto d'un uom che rimase punto il dito: lo scuote, lo preme, lo succhia e, vedendo il biglietto sigillato colla spilla, dice gittando la spilla a terra e intanto che la orchestra suona pianissimo:)
Der Graf gehet auf die Seite, nimmt das Billett heraus und tut das, was ein Mensch tut, der sich an den Finger gestochen hat: beutlet ihn, drücket, sauget und, indem er sieht, dass das Billett mit einer Nadel versiegelt ist, sagt er, nachdem er die Nadel weggeworfen:
Il Conte
Der Graf
Eh già, solita usanza!
Es ist schon der Gebrauch, die Frauenzimmer bringen überall die Nadeln an.
Le donne ficcan gli aghi in ogni loco…
Figaro
(der alles gesehen hat)
1420
Ah ah, capisco il gioco.
No! No! Ich versteh das Gespiel. Ein Liebes–Billett: Eine Schöne hat ihm's im Vorbeigehen gegeben! Es war mit einer Nadel verschlossen, er hat sich in den Finger gestochen.
Figaro
(Vede tutto e dice a Susanna:)
Un biglietto amoroso
che gli diè nel passar qualche galante
ed era sigillato da una spilla,
ond'ei si punse il dito.
(Il Conte legge, bacia il biglietto, cerca la spilla, la trova e se la mette alla manica del saio.)
1425
Il narciso or la cerca: oh che stordito!
Jetzt suchet er sie, der schöne Ganimed, o welch ein Unsinniger!
Il Conte
Der Graf
Andate, amici, e sia per questa sera
Gehet nun, meine Freunde! Für heute abends soll alles zur Hochzeit angeordnet sein. Mit der reichesten Pracht soll dieser Tag gefeiert werden, mit Gesängen, mit Feuerwerke, ein herrliches Nachtmahl, ein prächtiger Ball. Es erfahre jedermann, wie gut ich jene Leute bewirte, die ich liebe. (Er wirft einen Blick auf Susanna.)
disposto l'apparato nuziale
con la più ricca pompa: io vo' che sia
magnifica la festa, e canti e fochi,
1430
e gran ballo e gran cena; e ognuno impari
com'io tratto color che a me son cari.
(Il coro e la marciaAbweichend vom Libretto-Erstdruck nimmt Mozart in der ursprünglichen Fassung des Finales mit dem Ballo (Fandango) nur den Chor, nicht aber die Marcia am Ende von Atto terzo wieder auf. Vgl. dazu Ulrich Leisinger, Kritischer Bericht (Neue Mozart Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/16), Kassel 2007, S. 262, Fußnote 18.)
Eine wohl von Mozart stammende Alternativfassung des Finales ohne Fandango und mit Wiederaufnahme der Marcia anstelle des Chors am Schluss hat Ulrich Leisinger anhand des originalen Aufführungsmaterials und der Direktionspartitur der k. k. Wiener Hoftheater im Notenanhang des Kritischen Berichts (D/6: S. 389ff.) rekonstruiert.
Zu weiteren Alternativfassungen des Finales von Atto terzo ohne Ballo vgl. ebenda, S. 14 (Punkt 5) und S. 261.
si ripete, e tutti partono.)

Man wiederholt von Neuem den Chor oder Marsch, und alle gehen ab.
Fine dell'atto terzo.
Ende des dritten Aufzuges.