Vierter Auftritt
 
 
Barberina allein.
 
 
"Zur Linken in dem Gezelte", so sagte er, und dieser… und dieser… und dann, wenn er nicht käme? Welche gute Leute! Mit harter Mühe geben sie mir eine Pomeranze, eine Birn, eine Brezel. "Für wen, Mademoiselle?" "Meine Herrn, für jemanden." "Das wissen wir schon: ganz gut." "Der Herr hasset ihn und ich hab ihn lieb." Doch es hat mir einen Kuss gekostet, und was demnach? Vielleicht gibt mir jemand wieder einen… Ich sterbe.
 
 
Ein dichter Garten mit zween gangbaren parallelen Nischen.
 
 
Fünfter Auftritt
 
 
Figaro allein, dann Bartholo, Basilio und ein Haufen Arbeiter.
 
 
Figaro
 
 
Ist die Barberina… Wer kömmt da?
 
 
Basilio
 
 
Es sind jene, die du eingeladen hast.
 
 
Bartholo
 
 
Welch eine garstige Schnauze! Du siehest einem Aufwiegler gleich: Was bedeutet denn diese traurige Zubereitung?
 
 
Figaro
 
 
Du wirst es bald sehen, in eben diesem Orte werden wir das Fest meiner ehrlichen Braut und des Lehnherrn feiern.
 
 
Basilio
 
 
Gut, gut, itzt verstehe ich, wie sich die Sache verhält. (Sie haben es untereinander ohne mich ausgemacht.)
 
 
Figaro
 
 
Indessen entfernet euch nicht von dieser Gegend; ich gehe, gewisse Befehle auszuteilen, gleich werde ich wieder da sein, auf einen Pfiff laufet alle herzu.
 
 
(Gehen alle ab. Bartholo, Basilio bleiben.)
 
 
Sechster Auftritt
 
 
Basilio und Bartholo.
 
 
Basilio
 
 
Er hat den Teufel im Leib.
 
 
Bartholo
 
 
Was ist denn geschehen?
 
 
Basilio
 
 
Nichts; die Susanna gefällt dem Grafen, sie hat ihn wohin bestellt, das gefällt dem Figaro nicht.
 
 
Bartholo
 
 
Wie? Sollt er's also ruhig ertragen?
 
 
Basilio
 
 
Warum sollt er's denn nicht, da es doch so viele andere ertragen? Und dann sage mir: Was kann er dadurch gewinnen? Freund! Mit den Großen zu trutzen ist's immer gefährlich; sie geben für hundert nur neunzig und siegen doch immer.
 
 

     In jenen Jahren, in welchen die Vernunft mit weniger Erfahrung begabet ist, glimmte auch in meinem Busen das nämliche Feuer, und beging Torheiten, die nun ferne von mir sind.
 
 

     Mit der Zeit und nach vielen Gefahren besuchte mich Madame Gelassenheit, und trieb mir allen Eigensinn aus dem Kopfe.
 
 

     Sie führte mich einst nahe an einer kleinen Hütte und, als sie von der Mauer dieses einsamen Aufentaltes eine Eselshaut herunternahm, "Nimm, lieber Sohn", sprach sie, dann verschwand sie und verließ mich.
 
 

     Als ich mit Aufmerksamkeit dieses Geschenk betrachtete, umnebelte sich der Himmel, es donnerte, brach ein häufiger Regen und krachender Schauer aus. Sieh, ich muss mir gelegen sein lassen, die Glieder mit der Eselshaut, die sie mir geschenkt hat, bedecken zu können.
 
 

     Das Ungewitter lässt nach, ich ging zween Schritte, als sich ein schreckliches wildes Tier mir näherete: Es ist schon bald mit dem gierigen Rachen neben mir, ich habe keine Hoffnung mehr, mich wehren zu können; allein, als es den schlechten Geruch meiner Kleidung bemerkte, verging ihm der Appetit solchermaßen, dass, nachdem es einen verächtlichen Blick auf mich warf, sich wieder in den Wald begab.
 
 

     Auf diese Weise hat mich das Schicksal gelehret, dass man den Unbilden, der Schande, den Gefahren und dem Tode selbst mit einer Eselshaut ausweichen kann.
 
 
Siebenter Auftritt
 
 
Figaro allein.
 
 
Alles ist bereit, die Stunde kann nicht weit sein; ich höre Leute… Sie ist es… Nein, es ist niemand… Die Nacht ist finster. Undankbare! Und in dem Augenblicke meiner Zerimonie. – Lesend lachte er, und, als ich ihn sah, lachte ich bei mir selbst, ohne es zu wissen. O Susanna! Susanna, wie viel Kummer verursachst du mir nicht! Mit jener aufrichtigen Miene… mit jenen eingezogenen Augen… wer hätte es jemals geglaubet! Ach, einem Frauenzimmer trauen, ist immer eine Torheit.
 
 

     Machet doch ein wenig die Augen auf, ihr unvorsichtige törichte Männer! Sehet die Weiber, sehet, was sie sind.
 
 

     Sie, die von den getäuschten Sinnen vergöttert werden, denen sich die schwache Vernunft solche anbetend unterwirft, sind Hexen, die uns verblenden, um uns zu quälen, Sirenen, welche singen, um uns in des Meeres Abgrund zu versenken, Nachteulen, die uns locken, um uns die Federn auszurupfen, Kometen, die da schimmern, um uns das Licht zu benehmen. Sie sind dörnichte Rosen, reizende Füchse, gutherzige Bären, arglistige Tauben, im Betrügen wohl erfahren, sie freuet das Schmachten anderer, sie verstellen sich, sie lügen; kurz sie fühlen keine Liebe und kein Mitleiden, das Übrige zu geschweigen, so jedermann ohnehin weiß.
 
 
Achter Auftritt
 
 
Susanna, die Gräfin, Marzellina, Figaro.
 
 
Susanna
 
 
Sie sagten, Madame, es würde auch Figaro hieherkommen.
 
 
Marzellina
 
 
Er ist wohl schon da; rede in einem niederen Tone.
 
 
Susanna
 
 
Einer höret uns also zu; und der andere muss kommen, um mich aufzusuchen; fangen wir an.
 
 
Marzellina
 
 
Ich will mich dahinten verstecken.
 
 
Neunter Auftritt
 
 
Die Vorigen, dann Figaro.
 
 
Susanna
 
 
Madame, Sie zittern; ist es Ihnen vielleicht kalt?
 
 
Die Gräfin
 
 
Die Nacht kömmt mir ganz feucht vor; ich gehe zurück.
 
 
Figaro
 
 
Nun sind wir an dem wichtigsten Entscheidungspunkt!
 
 
Susanna
 
 
Wenn Sie, Madame, erlauben, werde ich unter diesen Lauben eine halbe Stunde frische Luft schöpfen.
 
 
Figaro
 
 
Frische Luft! Frische Luft!
 
 
Die Gräfin
 
 
Bleibe meinetwegen.
 
 
Susanna
 
 
Der Schelm steht auf der Wache! Ich will mich ein wenig unterhalten und ihn für seine Zweifel belohnen.
 
 

     Endlich habe ich den Augenblick erreichet, in welchem ich sorglos in den Armen meines Abgottes die große Freude genießen werde. Entfernet euch von meinem Busen, ihr feige Sorgen! Lasset mich ungestöret in meinem Vergnügen! O wie begünstiget alles die Liebesflamme! Die Annehmlichkeit des Ortes, die Erde und der Himmel! Wie scheinet die Nacht meinem Vorhaben zu ensprechen!
 
 

     O! so komme doch, komme, verweile nicht, du schönstes Kleinod! Eile her, wo dich zu Süßigkeiten die Liebe entladet, so lang das nächtliche Gestirn nicht leuchtet, so lange die Luft mit Finsternis umgeben ist und Stille unter den Menschen herrschet. Hier murmelt der Bach; hier lispeln Zephyre, erquicken das Herz mit süßem Geräusche; hier lächeln uns die Blumen und die Kühle des Grases zu; hier reizet uns alles zu den Freuden der Liebe. Komm, mein Schatz, unter diesem verwickelten Gesträuche will ich mit einem Kranze von Blumen dein Haupt umwinden.
 
 
Zehnter Auftritt
 
 
Die Vorigen, dann Cherubin.
 
 
Figaro
 
 
Treulose! Auf diese Weise könntest du mir vorlügen? Ich weiß nicht, ob ich wache oder schlafe.
 
 
Cherubin
 
 
La, la, la, la, la, la, la, la, lera!
 
 

     Ihr Weiber, die ihr wisset, was die Liebe ist, sehet, ob sie nicht in meinem Herzen ist.
 
 
Die Gräfin
 
 
Der kleine Page!
 
 
Cherubin
 
 
Ich höre Leute: Ich will da hineingehen, wo die Barberina ist. O! das ist ja ein Frauenzimmer!
 
 
Die Gräfin
 
 
Ach! weh mir!
 
 
Cherubin
 
 
Wenn ich mich nicht trüge: Der Hut, den ich sehe, scheinet mir der Susanna zu sein.
 
 
Die Gräfin
 
 
Und wenn itzt der Graf kommt? Grausames Schicksal!
 
 
Eilfter Auftritt
 
 
Die Gräfin, Susanna, der Graf, Cherubin, Figaro.
 
 
Cherubin
 
 
Ganz leise will ich mich ihr nähern, die Zeit wird nicht verloren sein.
 
 
Die Gräfin
 
 
Ach, wenn nur der Graf kömmt! Es wird gewiss ein Gezänke abgeben.
 
 
Cherubin
 
 
Susannchen – – – Sie antwortet nicht – – – verdecket das Gesicht mit der Hand – – – Itzt will ich ihr einen Possen spielen.
 
 
(Er nimmt sie bei der Hand, sträuchelt sie; die Gräfin will sich von ihm losmachen.)
 
 
 
 
Die Gräfin
 
 
(verändert die Stimme)
 
 
Wie keck! du Ausgelassener, mache dich gleich von hier weg.
 
 
Cherubin
 
 
Wie verstellt! du Boshafte! ich weiß schon, was du da tuest!
 
 
 
 
Der Graf
 
 
(in der Stellung, wenn man von Weitem etwas bemerket)
 
 
Da ist sie, meine Susanna.
 
 
Figaro, Susanna
 
 
(die weit voneinander entfernt sind)
 
 
Da ist der Vogelfänger!
 
 
Cherubin
 
 
Sei mit mir nicht so grausam.
 
 
Susanna, Figaro, der Graf
 
 
Ach, mir pocht das Herz gewaltsam in meinem Busen! Ist jemand anderer mit ihr.
 
 
Die Gräfin
 
 
Gehe alsogleich, sonst lasse ich Leute kommen.
 
 
Cherubin
 
 
(hält sie fest bei der Hand)
 
 
Gib mir einen Kuss, sonst ist alles vergebens.
 
 
Figaro, Susanna, der Graf
 
 
Der Stimme nach ist es der Page.
 
 
Die Gräfin
 
 
Einen Kuss! was für eine Keckheit!
 
 
Cherubin
 
 
Und warum sollte ich das nicht tun dürfen, was nun bald der Graf tun wird?
 
 
Figaro, Susanna, iDer Graf, die Gräfin
 
 
(jeder für sich)
 
 
Verwegener!
 
 
Cherubin
 
 
O! was für Grimassen! Erinnerst du dich, wie ich hinter dem Sofa steckte?
 
 
Figaro, Susanna, der Graf, die Gräfin
 
 
(wie oben)
 
 
Wenn der Henker noch länger da bleibt, so wird er das ganze Werk verderben!
 
 
Cherubin
 
 
Da hast du indessen – – –
 
 
(Der Page will der Gräfin einen Kuss geben, der Graf kömmt dazwischen und bekömmt selbst den Kuss.)
 
 
Die Gräfin, Cherubin
 
 
O Gott! der Graf!
 
 
(Der Page gehet zu der Barberina hinein.)
 
 
Figaro
 
 
Ich will sehen, was sie da tun.
 
 
(Der Graf will dem Cherubin eine Ohrfeige geben, Figaro kömmt eben dazu und bekömmt sie selbst.)
 
 
Der Graf
 
 
Damit du es nicht wiederholest, so nimm diese da!
 
 
Figaro
 
 
O! welch einen schönen Vorteil habe ich mit meinem Vorwitze gemacht.
 
 
(Susanna, die es sieht, lacht.)
 
 
Susanna, die Gräfin, der Graf
 
 
Er hat einen schönen Nutzen mit seinem Vorwitze|mit seiner Verwegenheit davon getragen.
 
 
Zwölfter Auftritt
 
 
Der Graf, Susanna, Figaro, die Gräfin.
 
 
Der Graf
 
 
(zu der Gräfin)
 
 
Endlich ist er fort, der Bösewicht. Komm herbei, mein Schatz.
 
 
Die Gräfin
 
 
Weil es Ihnen so gefällig ist, hier bin ich.
 
 
Figaro
 
 
Welch ein nachgiebiges Frauenzimmer! Welch eine gutherzige Braut!
 
 
Der Graf
 
 
Reiche mir deine Hand.
 
 
Die Gräfin
 
 
Hier ist sie.
 
 
Der Graf, Figaro
 
 
Liebenswürdige!
 
 
 
 
Der Graf
 
 
O wie zart sind diese Finger! wie fein diese Fellhaut! Ich fühle einen Trieb, so die Liebesflammen in mir rege macht!
 
 
Susanna, die Gräfin, Figaro
 
 
Das blinde Vorurteil spottet der Vernunft, täuschet die Sinne!
 
 
 
 
Der Graf
 
 
(gibt ihr einen Ring)
 
 
Nebst dem Heuratgute nimm, o Schöne, diesen Ring, so dir ein Liebhaber zum Zeugen seiner Liebe gibt.
 
 
Die Gräfin
 
 
Susanna nimmt von ihrem Guttäter alles an.
 
 
Die Gräfin, Figaro, Susanna
 
 
Es gehet alles nach Wünschen! Doch es muss noch etwas Besseres folgen.
 
 
Die Gräfin
 
 
Mein Herr, ich sehe das Licht brennender Fackeln.
 
 
 
 
Der Graf
 
 
Gehen wir, meine schöne Göttin, wir wollen uns verstecken!
 
 
Figaro, Susanna
 
 
Kommt, ihr dumme Ehemänner, lernet.
 
 
 
 
Die Gräfin
 
 
Dort in das finstere Gebüsch, mein Herr?
 
 
Der Graf
 
 
Das will ich eben; du weißt ja, daß ich nicht zum Lesen hingehe.
 
 
 
 
Figaro
 
 
Die Treulose folget ihm auf dem Fuße. Alles Zweifeln ist vergebens!
 
 
Susanna
 
 
Die Arglistigen sind gefangen!
 
 
Die Gräfin
 
 
Die Sache geht nach Wunsch!
 
 
 
 
Der Graf
 
 
(Figaro geht vorbei, der Graf in einem gebieterischen Tone.)
 
 
Wer gehet da?
 
 
Figaro
 
 
(zornig)
 
 
Leute gehen.
 
 
 
 
Die Gräfin
 
 
Figaro ist da, ich gehe.
 
 
Der Graf
 
 
Gehe, ich komme nach.
 
 
(Der Graf verlieret sich durch das Gebüsch aus dem Angesichte der Zuschauer, die Gräfin gehet rechts hinein.)
 
 
 
 
Dreizehnter Auftritt
 
 
Figaro, Susanna.
 
 
Figaro
 
 
Alles ist ruhig und einsam: Die schöne Venus ist hineingegangen. Ich als ein anderer Vulkan dieses Jahrhunderts werde sie mit dem reizvollen Kriegesgotte überfallen können.
 
 
Susanna
 
 
(in einem erhabenen Tone)
 
 
Ei! Figaro, schweige.
 
 
Figaro
 
 
O! diese ist die Gräfin – – – Sie kommen zu Recht hieher; dort werden Sie es selbst sehen, der Graf und meine Braut – – – Mit eigener Hand sollen Sie die Sache betasten.
 
 
Susanna
 
 
(vergisst die Stimme zu verändern)
 
 
Rede in einem niederen Tone; ich gehe von dieser Stelle nicht weg, aber ich will mich rächen.
 
 
Figaro
 
 
(Susanna!) Rächen?
 
 
Susanna
 
 
Ja.
 
 
Figaro
 
 
Wie konnte dieses geschehen?
 
 
 
 
(Der Fuchs will mich überraschen!Ich will ihre Reden stützen.)
 
 
Susanna
 
 
(Ich will den Boshafen überfallen;dann weiß ich, was zu tun ist.)
 
 
 
 
Figaro
 
 
(komisch gezwungen)
 
 
Ach, wenn Madame es wollte!
 
 
Susanna
 
 
Ganz gut, geschwinde um!
 
 
Figaro
 
 
(wie oben)
 
 
Hier bin ich zu Ihren Füßen. Die Liebesflamme steiget in meinem Herzen empor! Überlegen Sie den Platz; denken Sie an den Verräter! Ich kann die Hand schon kaum zurückhalten.
 
 
 
 
Susanna
 
 
Ach, welchen Trieb fühl ich in meinen Händen, welche Unruhe, welchen Wut!
 
 
Figaro
 
 
Welche Wallung fühl ich in meinem Geblüte, welche Unruhe, welches Feuer!
 
 
 
 
Susanna
 
 
(verändert etwas die Stimme)
 
 
Und ohne der geringsten Neigung? – –
 
 
Figaro
 
 
Die Rache sei Ihnen ein genugsamer Antrieb; lassen wir die Gelegenheit nicht ungenutzt vorbeigehen; reichen Sie mir die Hand – – – –
 
 
Susanna
 
 
(gibt ihm eine Ohrfeige, indem sie in ihrer gewöhnlichen Stimme redet)
 
 
Bedienen Sie sich, mein Herr!
 
 
Figaro
 
 
Welch eine Ohrfeige!
 
 
Susanna
 
 
Und diese und noch eine und wieder eine.
 
 
Figaro
 
 
Höre doch einmal auf!
 
 
Susanna
 
 
Noch diese, mein listiger Herr, und diese noch.
 
 
 
 
Figaro
 
 
O! was für artige Ohrfeigen! O! wie glücklich ist meine Liebe!
 
 
Susanna
 
 
Lerne, o Treuloser, lerne, was Verführen ist.
 
 
 
 
Vierzehnter Auftritt
 
 
Die Vorigen, der Graf.
 
 
Figaro
 
 
(fällt auf die Knie)
 
 
Friede, Friede! mein zärtlicher Schatz! Ich erkannte die Stimme deren, die ich anbete und die mir stets vor Augen schwebet.
 
 
Susanna
 
 
(lachend mit Verwunderung)
 
 
Meine Stimme!
 
 
Figaro
 
 
Die Stimme, die ich anbete.
 
 
Figaro, Susanna
 
 
Friede, Friede, mein geliebter Schatz; Friede, meine zärtliche Liebe.
 
 
Der Graf
 
 
Ich finde sie nicht; ich bin den ganzen Wald durchgangen.
 
 
Susanna, Figaro
 
 
Dieser ist er Graf; ich kenne ihn an der Stimme.
 
 
Der Graf
 
 
(redet dem Gelager zu, wo Madame hineingegangen, der er selbst aufmacht)
 
 
Ehi! Susanna – – – bist du taub – – – bist du stumm?
 
 
Susanna
 
 
Hübsch! Hübsch! er hat sie nicht gekannt.
 
 
Figaro
 
 
Wen?
 
 
Susanna
 
 
Madame.
 
 
Figaro
 
 
Madame?
 
 
Susanna
 
 
Ja, Madame.
 
 
Figaro, Susanna
 
 
Enden wir, mein Herz! dieses Lustspiel! Trösten wir den sonderbaren Liebhaber.
 
 
Figaro
 
 
(fällt vor Susanna auf die Knie)
 
 
Ja, Madame, Sie sind meine einzige Freude.
 
 
Der Graf
 
 
Ach! meine Frau – – – itzt muss ich eben ohne Waffen sein!
 
 
Figaro
 
 
Gestatten Sie meinem Herzen eine Erholung.
 
 
Susanna
 
 
Hier bin ich; ich tue, was du willst.
 
 
Der Graf
 
 
Ach, ihr Gottlosen!
 
 
Susanna, Figaro
 
 
Eilen wir, mein Schatz, das Vergnügen soll unsere Pein ersetzen.
 
 
(Sie gehen dem Gelager zu, so links ist.)
 
 
Der Graf
 
 
Kommt, Leute, eilet – – – zu den Waffen, zu den Waffen!
 
 
(Susanna geht in das Gelager; Figaro stellt sich äußerst erschrocken.)
 
 
Figaro
 
 
Der Herr! Ach, wie wird es mir gehen?
 
 
Der Graf
 
 
Hilfe, Leute! Hilfe!
 
 
Fünfzehnter Auftritt
 
 
Die Vorigen, Anton, Basilio, Chor mit brennenden Fackeln.
 
 
Anton, Basilio, Chor
 
 
Was ist geschehen?
 
 
Der Graf
 
 
Der Lasterhafte! Er hat mich betrogen, er hat mich entehret, und mit wem, das werdet ihr sehen.
 
 
Anton
 
 
Der Arme! er ist völlig außer sich.
 
 
Basilio
 
 
Das scheinet mir nicht wahr zu sein.
 
 
Chor
 
 
Der Arme ist völlig außer sich.
 
 
Figaro
 
 
Welch ein unterhaltliches Ereignis!
 
 
Der Graf
 
 
(reißt den Cherubin bei dem Arme, der ihm widerstehen will und nur halb gesehen wird)
 
 
Vergebens widerstehest du; hervor, Madame, du sollst den Lohn für deine Ehrbarkeit empfangen.
 
 
Der Graf
 
 
Der Page!
 
 
(Nach dem Pagen kommen Barberina, Marzellina und Susanna in den Kleidern der Gräfin hervor, letztere verdecket sich mit dem Schnupftuche das Gesicht und fällt vor dem Grafen auf die Knie.)
 
 
Anton
 
 
Meine Tochter!
 
 
Figaro
 
 
Meine Mutter!
 
 
Alle
 
 
Madame!
 
 
Der Graf
 
 
Die Verwicklung ist aufgelöset: Hier ist die Treulose.
 
 
(Alle knien nieder, einer nach dem anderen.)
 
 
Susanna
 
 
Vergebung, Vergebung!
 
 
Der Graf
 
 
Nein, hoffe sie nicht.
 
 
Figaro
 
 
Vergebung, Vergebung!
 
 
Der Graf
 
 
Nein, nein, du sollst sie nicht erhalten.
 
 
Alle
 
 
Vergebung, Vergebung!
 
 
Der Graf
 
 
(mit Nachdruck)
 
 
Nein! Nein, gar nicht, nein!
 
 
Die Gräfin
 
 
(tritt aus dem Gelager heraus und will niederknien, der Graf lässt es nicht zu)
 
 
Vielleicht werde ich wenigstens Vergebung für sie erhalten.
 
 
Der Graf
 
 
O Himmel! was sehe ich! Ich werde unsinnig! ich verzweifle! Kaum kann ich es glauben. O Gräfin, verzeihe!
 
 
(bittweise)
 
 
Die Gräfin
 
 
Ich bin viel nachgiebiger und verzeihe dir gleich.
 
 
Alle
 
 
Ach, so werden wir alle vergnügt sein.
 
 

     Diesen Tag der Angst, des Eigensinnes und der Torheit kann die Liebe allein in ungestörter Freude endigen.
 
 

     Brautleute, Freunde, zum Tanze, zum Spiele; zündet die Feuerwerke an; eilen wir unter dem Schalle eines anmutigen Marsches, das Fest zu feuern.
 
 
Ende des Schauspiels.