Dritter Auftritt
 
 
Figaro, Susanna und gleich darauf der Graf.
 
 
Figaro
 
 
Wohin? Susanna, wohin?
 
 
Susanna
 
 
Still: Du hast ohne Advokaten den Prozess gewonnen.
 
 
(gehet ab)
 
 
Figaro
 
 
(folgt ihr nach)
 
 
Was ist geschehen?
 
 
Der Graf
 
 
Du hast den Prozess schon gewonnen! Was hör ich? In was für ein Netz wäre ich gefallen? Boshafte! ich will euch nach Verdienste strafen… Der Ausspruch soll nach meinem Gutdünken ausfallen… Aber wenn er die Alte bezahlete? Sie bezahlen? Und wie… Wenn auch, so will Anton ohnehin dem Figaro als einem Unbekannten seine Nichte zur Ehe nicht geben. Ich will dem Hochmute dieses Blödsinnigen willfahren, und… alles kann zu einem Aufschube beitragen… Die Anstalt ist getroffen.
 
 

     Ich sollte meinen Diener glücklich werden lassen, um selbst noch mehr zu seufzen? Er soll den Besitz eines Guts erlangen, wornach ich mich schon lange schmachtend sehne?

     Soll ich es ertragen, dass jene, die in mir die Liebesflammen rege machte, die sie dann für mich nicht hat, so einem Niederträchtigen von der Hand der Liebe selbst gegeben werde?
 
 

     Nein, du sollst dies Vergnügen in Ruhe nicht genießen; du bist nicht der, der mir eine Pein zu verursachen vermag und noch meines Unglücks spotten könnte.
 
 

     Schön tröstet die bloße Hoffnung der Rache meine bedrängte Seele und machet mich freudenvoll.
 
 
Vierter Auftritt
 
 
Der Graf, die Marzellina, Don Curzio, Figaro, Bartholo.
 
 
Don Curzio
 
 
Der Handel ist entschieden: Entweder bezahlen oder sie heuraten. Nun verstummet ihr.
 
 
Marzellina
 
 
Ich erhohle mich!
 
 
Figaro
 
 
Und ich sterbe.
 
 
Marzellina
 
 
(Endlich werde ich doch die Braut desjenigen sein, den ich anbete.)
 
 
Figaro
 
 
Euer Exzellenz, ich provoziere – – –
 
 
Der Graf
 
 
Der Ausspruch ist gerecht. Entweder zahlen oder sie heuraten; so ist recht, Don Curz!
 
 
Don Curzio
 
 
Bloße Güte, Euer Exzellenz.
 
 
Bartholo
 
 
Vortrefflicher Ausspruch!
 
 
Figaro
 
 
Warum vortrefflich?
 
 
Bartholo
 
 
Wir sind dadurch alle gerächet.
 
 
Figaro
 
 
Ich heirate sie nicht.
 
 
Bartholo
 
 
Du wirst sie gewiss heuraten!
 
 
Don Curzio
 
 
Entweder zahlen oder heuraten!
 
 
Marzellina
 
 
Ich habe dir 2000 Dukaten geliehen.
 
 
Figaro
 
 
Ich bin ein Edelmann, und ohne Einwilligung meiner adelichen Herren Ältern – – – –
 
 
Der Graf
 
 
(in einem hämischen Ton)
 
 
Wo sind sie? Wer sind sie?
 
 
Figaro
 
 
Erlauben Sie mir, selben nachzusuchen. In zehen Jahren hoffe ich sie zu finden.
 
 
Bartholo
 
 
(höhnisch)
 
 
Etwa ein Findelkind!
 
 
Figaro
 
 
Nein, Doktor, ein verlornes, wohl gar ein geraubtes!
 
 
Der Graf
 
 
Wie?
 
 
Marzellina
 
 
Was?
 
 
Bartholo
 
 
Ein Beweis?
 
 
Don Curzio
 
 
Ein Zeuge?
 
 
Figaro
 
 
Das Gold, die Edelgesteine, der reichgestickte Zeug, so die Seeräuber in meinen Kindesjahren an mir gefunden haben, beweisen genugsam, dass ich von adelicher Herkunft sei, vor allen anderen aber ein in meinen Arm eingeprägtes hieroglyphisches Zeichen…
 
 
Marzellina
 
 
Ein in den rechten Arm eingeprägter Apothekerspatel…
 
 
Figaro
 
 
Und wer hat es dir gesagt?
 
 
Marzellina
 
 
O Gott… er ist…
 
 
Figaro
 
 
Ja, ich bin's.
 
 
Don Curzio, der Graf, Bartholo
 
 
Wer?
 
 
Marzellina
 
 
Rafael.
 
 
Bartholo
 
 
Und die Diebe haben dich geraubet?…
 
 
Figaro
 
 
Nahe an einem Schlosse.
 
 
Bartholo
 
 
Sieh deine Mutter.
 
 
Figaro
 
 
Meine Säugamme!…
 
 
Bartholo
 
 
Nein, deine Mutter.
 
 
Don Curzio, der Graf
 
 
Seine Mutter.
 
 
Figaro
 
 
Was hör ich!
 
 
Marzellina
 
 
Sieh, dieser ist dein Vater.
 
 
Marzellina
 
 
(läuft zu Figaro und umarmet ihn)
 
 
Erkenne deine Mutter bei dieser Umarmung, geliebter Sohn.
 
 
Figaro
 
 
Lieber Vater, tu das nämliche, lass mich nicht erröten.
 
 
Bartholo
 
 
(umarmt Figaro und sie bleiben so bis zum Worte "Lass mich")
 
 
Das Gewissen kann deinem Verlangen nicht widerstehen.
 
 
 
 
Don Curzio
 
 
Er sein Vater, sie seine Mutter, die Heurat kann nicht erfolgen.
 
 
Der Graf
 
 
Ich bin verwirret, bin betrogen, besser ist es, von da wegzugehen.
 
 
 
 
Susanna
 
 
Halt! Halt! Herr Graf! hier sind die 2000 Dukaten; ich bezahle für den Figaro, damit er in Freiheit gestellt werde.
 
 
Der Graf, Don Curzio
 
 
Wir wissen nicht, wie es sich mit der Sache verhalte. Wende einen Blick ein wenig hin.
 
 
Susanna
 
 
Er hat schon eingewilliget, sie zu heuraten! Gerechter Himmel! welch eine Untreue! Lass mich gehen, Treuloser.
 
 
Figaro
 
 
O bleibe doch, höre, meine Liebe!
 
 
(Figaro will sie aufhalten: Susanna macht sich los und gibt ihm eine Ohrfeige.)
 
 
Susanna
 
 
Höre dieses.
 
 
 
 
Bartholo, Figaro, Marzellina
 
 
Es kömmt aus gutem Herzen: Was sie tut, das tut sie aus Liebe.
 
 
Der Graf, Don Curzio
 
 
Ich zittre|Er zittert, ich tobe|er tobet vor Wut, das Schicksal hat mich|ihn getroffen.
 
 
Susanna
 
 
Ich zittre, ich tobe vor Wut, eine Alte hat über mich gesieget.
 
 
 
 
Marzellina
 
 
Stille deinen Zorn, meine liebe Tochter; umarme seine Mutter, die bald die deine wird.
 
 
Susanna
 
 
Seine Mutter?
 
 
Alle
 
 
Seine Mutter.
 
 
Figaro
 
 
Und der ist mein Vater, der es dir sagen wird.
 
 
Susanna
 
 
Sein Vater?
 
 
Alle
 
 
Sein Vater.
 
 
Figaro
 
 
Und jene meine Mutter, die es dir sagen wird.
 
 
(Alle laufen zusammen und umarmen sich.)
 
 
 
 
Susanna, Figaro, Bartholo, Marzellina
 
 
Ach, welch eine süße Freude durchströmt itzt mein Herz.
 
 
Der Graf, Don Curzio
 
 
Dem Zorne, der Missgunst, so meinem Herze itzt brennet, kann meine Seele nicht mehr widerstehen.
 
 
 
 
(Der Graf und Don Curzio gehen ab.)
 
 
Fünfter Auftritt
 
 
Marzellina, Bartholo, Figaro, Susanna.
 
 
Marzellina
 
 
Sieh da, lieber Freund, die zärtliche Frucht unserer alten Liebe – – – –
 
 
Bartholo
 
 
Nun ist es nicht Zeit, von so entlegenen Begebenheiten zu reden; er ist mein Sohn und du meine Ehefrau; die Hochzeit soll geschehen, wann Ihr es wollt.
 
 
Marzellina
 
 
Heute, heute! Und es soll eine zweifache Hochzeit geschehen. Da hast du den Schuldschein des Geldes, so du mir schuldig bist: Das soll deine Mitgabe sein.
 
 
Susanna
 
 
(wirft ihm einen Beutel zu)
 
 
Nimm auch diesen Beutel.
 
 
Bartholo
 
 
(tut das nämliche)
 
 
Und auch diesen.
 
 
Figaro
 
 
Das ist wohl gut; noch mehr, ich nehme alles an.
 
 
Susanna
 
 
Nun gehen wir eilends, diesen Vorfall unserer Frau und unserem Vetter zu benachrichtigen. O! wer ist wohl vergnügter als ich! – –
 
 
Die übrigen
 
 
Ich.
 
 
Alle
 
 
Und der Graf soll zu meinem größten Vergnügen aufplatzen.
 
 
(gehen alle umarmt fort)
 
 
Sechster Auftritt
 
 
Barberina und Cherubin.
 
 
Barberina
 
 
Nun, so gehen wir, schöner Page; bei mir zu Hause wirst du alle die schönsten Mädchen des Schlosses antreffen; doch wirst du gewiss unter allen der Schönste sein.
 
 
Cherubin
 
 
Ach, wenn mich der Graf antrifft! O! weh mir; du weißt, er glaubte, ich sei schon nach Sevilien abgereiset.
 
 
Barberina
 
 
Und wenn er dich auch antrifft… was ist es demnach? Es ist ja nichts Neues… Höre mich… Wir wollen dir solche Kleider anlegen, wie die unsrigen sind: Dann wollen wir alle zusammen zu Madame gehen und ihr Blumen bringen. Verlasse dich nur auf mich, Cherubin.
 
 
Cherubin
 
 

     Weil du es so haben willst, so komme ich mit dir; ich weiß, du liebest mich; ich will mich auf dich verlassen.
 
 
(bei sich)
 
 

     Wenn ich nur meine Schöne wiedersehen kann, so fürchte ich keine Gefahr.
 
 
Siebenter Auftritt
 
 
Die Gräfin ganz allein.
 
 
Die Gräfin
 
 
Susanna kommt noch nicht? Ich bin begierig zu wissen, wie der Graf den Antrag aufgenommen; unser Vorschlag kömmt mir zwar etwas verwegen vor, und mit einem wackern, so eifersüchtigen Manne – – Doch! es ist doch nicht so übel, wenn ich die Kleider der Susanna, und sie die meinigen anleget – – Die Nacht begünstiget uns auch – O Gott! in welch einen niederträchtigen Zustand sehe ich mich durch meinen grausamen Mann versetzet, der, nachdem er mich unter einer immerwährenden Abwechslung von Untreue, Eifersucht und anderen Verdrüßlichkeiten zuerst geliebet, dann beleidiget und endlich gar verlassen, es dahin gebracht hat, dass ich einen meiner Dienstboten um Beistand ersuchen muss.
 
 

     O! wo seid ihr hin verschwunden, ihr lieblichen Augenblicke voll der Süßigkeit und des Vergnügens, und ihr, ihr feierlichen Eidschwüre, die jener treulose Mund abgelegt? Wenn sich für mich alles in Weinen und Klagen verkehret hat: O! so wäre doch auch das Andenken jener glücklichen Tage aus meinem Gedächtnisse verschwunden! Wollte Gott, dass mir doch wenigstens meine Standhaftigkeit, da ich mitten im Elende immerfort liebe, eine Hoffnung zubrächte, das undankbare Herz noch umändern zu können!
 
 
(gehet ab)
 
 
Achter Auftritt
 
 
Anton, der Graf.
 
 
Anton
 
 
Ja, ich versichere Sie, Cherubin ist noch im Schlosse; sehen Sie einen Beweis: Da ist sein Hut.
 
 
Der Graf
 
 
Aber wie? Um diese Zeit müsste er ja schon in Sevilien sein.
 
 
Anton
 
 
Vergeben Sie, mein Haus ist heute Sevilien; in meinem Hause hat er Weiberkleider angezogen und alldort seine anderen Kleider gelassen.
 
 
Der Graf
 
 
O! ihr treulosen!
 
 
Anton
 
 
Nun gehen wir, Sie werden es mit eigenen Augen sehen.
 
 
(gehen ab)
 
 
Neunter Auftritt
 
 
Susanna, die Gräfin.
 
 
Die Gräfin
 
 
Was du mir doch erzählest! Und was hat der Graf gesagt?
 
 
Susanna
 
 
Man erkannte in ihm Missgunst und Zorn.
 
 
Die Gräfin
 
 
Warte nur, wir wollen ihn noch besser fangen. Wo hast du ihn hinbestellet?
 
 
Susanna
 
 
In Garten.
 
 
Die Gräfin
 
 
Wir wollen ihm den Ort bestimmen. Schreibe.
 
 
Susanna
 
 
Ich soll schreiben? – – Aber meine Frau!
 
 
Die Gräfin
 
 
Schreibe, sag ich; ich nehme die ganze Sache auf mich.
 
 
(Susanna sitzt nieder und schreibt.)
 
 
Ein Lied im Tone.
 
 
– – – –
 
 
(Die Gräfin diktiert.)
 
 
"Welch angenehme Zephyre…"
 
 
"…werden auf dem Abend wehen…"
 
 
Susanna
 
 
(wiederholt die Worte der Gräfin mit hämischem Tone singend)
 
 
"…auf dem Abend wehen…"
 
 
– – – –
 
 
Die Gräfin
 
 
"…unter den Fichten im Busche."
 
 
Susanna
 
 
"…unter den Fichten im Busche."
 
 
(Anfangs die Gräfin allein, alsdenn beide zusammen.)
 
 
 
 
Das Übrige wird er ohnehin verstehen.
 
 
Susanna
 
 
O ja! er wird's verstehen. – – –
 
 
 
 
(legt den Brief zusammen)
 
 
Der Brief ist zusammengeleget – – – – Und wie werden wir ihn versiegeln?
 
 
Die Gräfin
 
 
Gib mir nur eine Nadel: Diese wird zum Siegel dienen. Warte – – – – Schreibe auswendig auf dem Briefe: "Schicken Sie mir das Insiegel wieder zurück."
 
 
(Susanna nimmt eine Nadel und gibt sie ihr.)
 
 
Susanna
 
 
Das ist noch wunderlicher als jenes des Patents.
 
 
Die Gräfin
 
 
Geschwind, verstecke ihn, es kömmt jemand.
 
 
(Susanne verstecket den Brief in dem Busen.)
 
 
Zehnter Auftritt
 
 
Cherubin gekleidet wie ein Bauernmädchen, Barberina, einige andere Landmädchen auf die nämliche Art angeleget, mit Blumenbüschen.
 
 
Der Chor
 
 

     Nehmen Sie, liebe Frau, diese Rosen, diese Blumen hin, die wir heute gesammelt haben, um Ihnen unsere Liebe zu bezeugen.
 
 

     Wir sind alle Bauernmädchen und sind alle arm. Es ist wenig, was wir Ihnen darbieten, doch wir geben es Ihnen mit gutem Herzen.
 
 
Barberina
 
 
Meine Frau, diese Mädchen sind von diesem Orte; sie sind gekommen, Ihnen das Wenige, so sie haben, anzutragen: Vergeben Sie ihrer Kühnheit.
 
 
Die Gräfin
 
 
Das ist brav, ich dank' euch.
 
 
Susanna
 
 
Wie voll Reize sind sie!
 
 
Die Gräfin
 
 
Sagt mir, wer ist jenes liebenswürdige Mädchen dort, so ganz Eingezogenheit?
 
 
Barberina
 
 
Sie ist meine Base, sie ist gestern abends der Hochzeit halber hieher gekommen.
 
 
Die Gräfin
 
 
Lasst uns jene schöne Fremde beehren! Komm her… Gib mir deine Blumen. Sie errötet – – Susanna – – – sieht sie nicht jemandem gleich?
 
 
Susanna
 
 
Ganz gleich!
 
 
Eilfter Auftritt
 
 
Die Vorigen, der Graf, Anton.
 
 
(Anton hat den Hut des Cherubin, tritt ganz leise herein, nimmt ihm die Haube ab und setzet ihm seinen Hut auf.)
 
 
Anton
 
 
Sehen Sie da zum Geier! Dieser ist der Offizier.
 
 
Die Gräfin
 
 
O Gott!
 
 
Susanna
 
 
(Der Schelm!)
 
 
Der Graf
 
 
Also Madame!
 
 
Die Gräfin
 
 
Was soll ich sagen? Ich erstaune nicht weniger als du selbst.
 
 
Der Graf
 
 
Aber – heute morgens?
 
 
Die Gräfin
 
 
Heute morgens – – – Wir wollten ihn für die heutige Feier ebenso kleiden, wie sie ihn itzt gekleidet haben.
 
 
Der Graf
 
 
Und du? Warum bist du nicht fortgereist?
 
 
Cherubin
 
 
Herr – – – –
 
 
Der Graf
 
 
Ich will deinen Ungehorsam nach Verdienste strafen.
 
 
Barberina
 
 
Aber Exzellenz, Sie sagen mir, so oft Sie mich umarmen und küssen: "Barberina, wenn du mich liebest, sollst du von mir alles haben, was du verlangest!"
 
 
Der Graf
 
 
Ich habe das gesagt?
 
 
Barberina
 
 
Sie, ja, Sie: Nun lassen Sie mich den Cherubin heuraten; ich werde Sie lieben, wie ich mein Kätzchen liebe.
 
 
Anton
 
 
Liebes Kleinod! du bist bei einem guten Meister in der Lehre.
 
 
Der Graf
 
 
Ich weiß nicht, ist er ein Mensch, ein Teufel oder ein Gott, der so alles wider mich anordnet?
 
 
Zwölfter Auftritt
 
 
Die Vorigen, Figaro.
 
 
Figaro
 
 
Mein Herr, wenn Sie alle diese Mädchen bei sich behalten, so wird es mit dem Tanze übel aussehen.
 
 
Der Graf
 
 
Und du, mit dem verdreheten Fuße, wolltest tanzen?
 
 
Figaro
 
 
Ich empfinde schon keine Schmerzen mehr: Gehen wir, meine Schönen.
 
 
(ruft alle Mädchen, will abgehen, der Graf zieht ihn mit Gewalt in die Mitte)
 
 
Der Graf
 
 
(zu Susanna)
 
 
Wie wird er sich nun aus einer solchen Verlegenheit bringen?
 
 
Susanna
 
 
Es fehlet ihm nicht an Rat.
 
 
Die Gräfin
 
 
Zum guten Glücke waren die Stöcke von Gips!
 
 
Susanna
 
 
Jawohl.
 
 
Figaro
 
 
Nun, so gehen wir.
 
 
(Wie oben: Anton ruft ihn wieder.)
 
 
Anton
 
 
Indessen ging der Page zu Pferd und in Galopp nach Sevilien.
 
 
Figaro
 
 
In Galopp oder im Trotte – – – – Glückliche Reise. Kommt, schöne Mädchen.
 
 
(Wie oben: Der Graf ruft ihn wieder.)
 
 
Der Graf
 
 
(führet ihn wieder in die Mitte)
 
 
Und dir blieb sein Patent im Sacke!
 
 
Figaro
 
 
(erstaunend)
 
 
Freilich, was für Fragen!
 
 
Anton
 
 
(zu Susanna, die dem Figaro winkt)
 
 
Winke ihm nur nicht mehr, er versteht dich nicht mehr. (nimmt den Cherubin bei der Hand und führt ihn vor den Figaro) Nun wer behauptet, dass mein Herr Vetter ein Lügner sei?
 
 
Figaro
 
 
Cherubin?
 
 
Anton
 
 
Nun hab ich dich.
 
 
Figaro
 
 
(zum Grafen)
 
 
Was Teufel blauscht er?
 
 
Der Graf
 
 
Er blauscht nicht, allein er sagt, dass er heute morgens hinausgesprungen ist auf die Nelkenstöcke – – –
 
 
Figaro
 
 
Er sagt es – – – Kann sein – – – Ich bin gesprungen, er kann es ebenfalls getan haben.
 
 
Der Graf
 
 
Auch er?
 
 
Figaro
 
 
Warum nicht? Ich leugne nie das, wovon ich nicht weiß. Hören Sie nur den Marsch; gehen wir. Jede zu ihrem Platze, meine Schöne! Susanna, henk dich ein.
 
 
Susanna
 
 
Hier bin ich.
 
 
(Figaro nimmt den Anton bei einem Arm, beim andern die Susanna und gehen alle ab, ausgenommen der Graf und die Gräfin.)
 
 
Der Graf
 
 
Die Verwegenen!
 
 
Die Gräfin
 
 
Ich bin betäubt!
 
 
Dreizehnter Auftritt
 
 
Der Graf, die Gräfin.
 
 
(Der Marsch nimmt nach und nach auf.)
 
 
Der Graf
 
 
Gräfin – –
 
 
Die Gräfin
 
 
Lassen wir das beiseite – – Da sind sie die zwei Verlobnisse, wir müssen ihnen willfahren. Man handelt ja von einer, die unter deinem Schutze steht. Setzen wir uns nieder.
 
 
Der Graf
 
 
Setzen wir uns, um über die Art der Sache sich zu besinnen.
 
 
Vierzehnter Auftritt
 
 
Jäger mit Flinten auf der Schulter, viele Leute von der Gegend, Bauern; zwei Mädchen, welche jungfräuliche Hüte, zwei andere, welche einen weißen Schleier, und noch zwei, welche die Handschuh und den Blumenbuschen tragen. Figaro mit Marzellina. Zwei andere Mädchen, welche einen ähnlichen Hut für die Susanna tragen. Barhtolo mit der Susanna. Nun beginnt folgende Strophe, welche von zwei Mädchen angefangen und von allen geschlossen wird. Bartholo führet die Susanna zu dem Grafen, sie kniet vor ihm nieder und empfängt von ihm den Hut und den Blumenbuschen. Figaro führt die Marzellina zu der Gräfin, die das nämliche tut.
 
 

     Besinget, ihr Lieblinge! ihr standhafte Anhänger der Ehre, das Lob eines so vernünftigen Herrn, der sich seines alten Rechts entsetzet hat, welches so unbillig und schädlich war, um euch als reine Jungfrauen euren Liebhabern zukommen zu lassen.
 
 
Alle
 
 

     Lasst uns besingen. Lasst uns loben einen so vernünftigen Herrn.
 
 
Bei den letzten zween Versen der Strophe ziehet Susanna, die vor dem Grafen noch kniet, ihn bei dem Rock, zeiget ihm das Billett, dann fährt sie von der Seite der Zuseher mit der Hand zu dem Kopfe, allwo es scheinet, als wollte ihr der Graf an dem Hut etwas richten, sie gibt ihm das Billett. Der Graf verstecket es heimlicherweise in dem Busen. Susanna stehet auf und machet vor dem Grafen eine tiefe Verbeugung. Marzellina steht etwas später auf. Figaro kommt, um von der Hand des Grafen die Susanna zu empfangen, und ziehet sich zurück. Bartholo nähert sich der Gräfin, um die Marzellina von ihrer Hand zu erhalten.
 
 
Der Graf gehet auf die Seite, nimmt das Billett heraus und tut das, was ein Mensch tut, der sich an den Finger gestochen hat: beutlet ihn, drücket, sauget und, indem er sieht, dass das Billett mit einer Nadel versiegelt ist, sagt er, nachdem er die Nadel weggeworfen:
 
 
Der Graf
 
 
Es ist schon der Gebrauch, die Frauenzimmer bringen überall die Nadeln an.
 
 
Figaro
 
 
(der alles gesehen hat)
 
 
No! No! Ich versteh das Gespiel. Ein Liebes–Billett: Eine Schöne hat ihm's im Vorbeigehen gegeben! Es war mit einer Nadel verschlossen, er hat sich in den Finger gestochen.
 
 
Jetzt suchet er sie, der schöne Ganimed, o welch ein Unsinniger!
 
 
Der Graf
 
 
Gehet nun, meine Freunde! Für heute abends soll alles zur Hochzeit angeordnet sein. Mit der reichesten Pracht soll dieser Tag gefeiert werden, mit Gesängen, mit Feuerwerke, ein herrliches Nachtmahl, ein prächtiger Ball. Es erfahre jedermann, wie gut ich jene Leute bewirte, die ich liebe. (Er wirft einen Blick auf Susanna.)
 
 

Man wiederholt von Neuem den Chor oder Marsch, und alle gehen ab.
 
 
Ende des dritten Aufzuges.