PROLOGUS
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König Oebalus erschreckt über einen Blitz, der den Altar zerstört, an dem er dem Apollo opfert, wird von den Seinen getröstet und nimmt Apollo, der verbannt ist, gastfreundlich auf.
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Intrada
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Oebalus, Melia, Hyacinthus, Apollo, Oberpriester Apollos.
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Recitativo
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Hyacinthus
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Mein Freund, bereit ist alles schon. Ich hoffe, bald
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stellt zu dem Opfer, das er angeordnet hat,
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der Vater sich mit der geliebten Schwester ein.
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Zephyrus
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Täusch ich mich nicht, so ist’s Apollo, den ihr ehrt.
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Hyacinthus
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Er ist’s.
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Zephyrus
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So große Opfer widmet Oebalus
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Apollo! Kennt er also andre Götter nicht?
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Und ist der Spross der Semele, ist Juno nicht,
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Vulcan, Diana, Venus, Mars und erst ihr Herr,
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der Göttervater - sind sie keines Weihrauchs wert?
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Hyacinthus
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Wir opfern allen Göttern gern, mein Zephyrus,
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ein jeder wird in unsern Tempeln wohl bedacht.
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Doch diesen Tempel sichert sich Apoll allein
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zu seiner Ehre. Diesen großen Gott verehrt
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mein Vater, und dem Vater folgend tu’s auch ich.
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Zephyrus
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Geliebter! Wie so gerne brächte ich mein Herz
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und Eingeweide dar, wärst du nur mein Apoll!
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Hyacinthus
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Mein lieber Zephyr, misch mich unter Götter nicht!
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Ich bin nicht solcher Ehre wert - doch weiß ich wohl:
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Es sprach aus dir die große Liebe nur zu mir.
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(Oebalus und Melia kommen.)
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Doch sieh, mit meiner Schwester kommt der Vater schon.
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Oebalus
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Sprich, Sohn, ist schon das Opfertier gerüstet und
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das Feuer?
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Hyacinthus
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Vater, sieh, nach deinem Wink ist längst
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das Opfer fertig, wartet auf dein Kommen nur.
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Oebalus
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Wohlan! Entzünde denn der Priester auf dem Herd
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die Flamme, schwer vom Weihrauch seufze der Altar
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und hoch in Wolken steige frommer Opferdampf!
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Melia
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Weh, Vater! Schwarze Wolken drohen schweren Sturm.
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Der ganze Himmel wirbelt dunkle Nacht auf uns.
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Oebalus
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Herbei! Apollo wünscht nicht längeren Verzug,
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verlangt nach Weihrauch und nach frischem Opferfleisch.
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Wenn fromm ihr betet, weicht gewiss der wilde Sturm
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und zeigt die Sonne diesem Lande wiederum
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ihr Antlitz. Auf und stimmet ein in mein Gebet.
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No 1 Chorus (mit Solo des Oebalus)
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Chor
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Großer Gott, Latonas Sohn,
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höre unsern Bittgesang!
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und so fromm wie
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wir dich ehren
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und dich rühmen immerdar,
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mögst du Huld und
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Schutz uns schenken,
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deiner dir ergebnen Schar.
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Oebalus (allein)
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O Apollo, dieses Reich
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hat sich ewig dir vertraut.
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Schütze du mit deinem Licht
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Oebalus’ Spartanerreich!
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||
Chor
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||
Großer Gott, Latonas Sohn,
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||
höre unsern Bittgesang!
|
||
und so fromm wie
|
||
wir dich ehren
|
||
und dich rühmen immerdar,
|
||
mögst du Huld und
|
||
Schutz uns schenken,
|
||
deiner dir ergebnen Schar.
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||
(Ein Blitz zerstört Feuer und Altar.)
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Recitativo
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Melia
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||
Weh mir! Wir sind verloren. Weh! Der Gott verschmäht
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die Bitten.
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Oebalus
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Hat denn einer unter euch etwa
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den Gott gekränkt?
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Melia
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Mein Vater, keine Schuld find ich
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an mir.
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Hyacinthus
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Ich habe immer diesen Gott verehrt.
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(O Zephyrus, die Rede, fürchte ich, die du
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zuvor gesagt hast, hat uns diesen Zorn entfacht.)
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Zephyrus
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(Wenn du mich lieb hast, Hyacinth, lass dies geheim
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sein vor dem Vater und verschweig, was wir gesagt.)
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Oebalus
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Erloschen und gestürzt ist der Altar, verschmäht
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das Opfer. All dies sagt uns böses Leid voraus.
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Weh mir, von diesem Blitz erschüttert bebe ich.
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Hyacinthus
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Ermuntre dich. mein Vater! Ohne Schuld ist doch
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dein Herz. Was fürchtest du von einem guten Gott
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dann Böses? Dieser Blitz tat dir ja doch kein Leid,
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und keinen von uns allen hat er hingestreckt.
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Wir leben, und es lebt in uns die alte Kraft.
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So wollte denn mit diesem Blitz der Gott die Welt
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nur schrecken zum Beweis der eignen Gottesmacht,
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damit nicht ohne Furcht bei uns der Glaube sei.
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No 2 Aria
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Götter schrecken oft die Welt,
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drohen uns mit Ängsten,
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Senden Kriege,
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die uns äffen,
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schießen Pfeile,
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die nicht treffen.
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Doch nach finsterem Gewölk
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lachen sie und scherzen.
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Bald uns liebend,
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bald uns schreckend
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unterwerfen sie die Welt.
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Erst mit Liebe,
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dann mit Staunen
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schafft sich Achtung ihre Macht.
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Recitativo
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Oebalus
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Mein Sohn, du sagst die Wahrheit, und ich fürchte doch,
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dass dieser Blitz Apollos Oebalus zerstört.
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(Apollo tritt hinzu.)
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Apollo
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Apollo hört auf eure Bitten, glaubt mir dies!,
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und er verspricht dem ganzen Lande seinen Schutz,
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wenn ihr nur Zuflucht mir gewährt; denn mich verbannt
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von sich der Blitz und Zorn des grimmen Jupiter.
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Oebalus
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Wie? Hat ein Gott sich in dies Hirtenkleid versteckt
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und bittet uns um Zutritt in dies Königreich?
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Hyacinthus
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Siehst du, mein Vater, wie die Gottheit gern uns foppt?
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Nach schweren Wunden bringt Apoll dir Balsam nun,
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beglückt mit seiner Gegenwart dein Königshaus.
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Melia
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O welch ein Glückstag, der nach düsterem Gewölk
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uns nun erquickt! Apollo, ein ersehnter Gast,
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tritt selber ein in unser Haus! – O wie so schön,
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o wie so lieblich – wie so herrlich – ist der Glanz
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auf allen Gliedern und des Gottes Majestät!
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Apollo
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Du siehst doch einen schlichten Hirten, Melia:
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Und was entzückt dich so?
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Melia
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Ich sehe …
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Apollo
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Was denn nur?
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Sag’s, Schöne.
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Melia
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Gott Apoll, den Schönen, sehe ich,
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dem ich mitsamt dem Vater längst mein Herz geschenkt.
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Apollo
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Nimm dies Geschenk des Herzens nie zurück: Es gibt
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auf Erden keine Gabe, die mich mehr erfreut.
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Zephyrus
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(Mich ängstigt, Hyacinth, des Gottes Gegenwart!)
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Hyacinthus
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(Auch mich erfüllt mit Schrecken seine Herrlichkeit.)
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Apollo
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Ich will dir, Hyacinth, ein treu ergebner Freund
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stets bleiben, wenn du mich, den Gott, nur lieben kannst.
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Hyacinthus
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Das wäre groß, wenn Hyacinth du lieben kannst!
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Zephyrus
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(O weh! Jetzt nimmt Apollo mir den Liebsten fort!)
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Oebalus
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O Glückstag! O du heilger Gott! Mein ganzes Haus,
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wenn du in ihm verweilen willst, nimmt gern dich auf.
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Tritt ein, ich bitte dich, und bleibe lang bei uns.
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Apollo
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Glaub mir, ein lieber Gott werd ich dir immer sein.
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No 3 Aria
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Bald hüt’ ich Apollo
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als Hirte die Herden,
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schütze die Tiere gestützt auf den Stab;
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Bald lass’ ich die Weiden,
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besuche die Höfe,
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bald geb’ als Arzt ich den Menschen Arznei.
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||
Trauer zu lindern,
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Krankheit zu mindern,
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liegt einzig Apollo, dem Gotte, im Sinn.
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Lass mich hier bleiben,
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euch zu begnaden.
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Dann war kein König je glücklich wie du.
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CHORUS I
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Wegen des an Hyacinthus verübten Mords wird Apollo aus dem Königspalast des Oebalus ausgewiesen.
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Oebalus, Melia, Apollo, Zephyrus.
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Recitativo
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Oebalus
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Ich zweifle, Tochter, keineswegs, dass du den Gott,
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der dreimal unsre Gunst verdient hat, lieben kannst.
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Melia
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Was sagst du, Vater? Hätte sich Apollo mich,
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die Sterbliche, zu ehelichem Bett erwählt?
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Oebalus
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Nein, zweifle nicht: Apollo möchte dich zur Braut.
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||
Entscheide, Tochter frei! Ich für mein Teil gab ihm,
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da er mich bat, das väterliche Jawort gern.
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Melia
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Wie könnt’ ich, Vater, mich zum Jawort nicht verstehn!
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Verwirrt und töricht wäre jedes Mädchen wohl,
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das einen Gott zum Ehemanne sich verschmäht
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und solchen Ehren, solchem Glück sich schnöd versagt.
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Oebalus
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Gar weise, Tochter, wählst du diese Ehe dir.
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||
So kommt durch dich ja auch zu göttergleichem Glück
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dein Bruder und dein Vater und die Enkelschar.
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Von eurer Fackel strahlt in Götterglanz das Haus.
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Melia
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Doch sag, wo weilt Apollo? Wie so liebend gern
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möcht’ ich alsbald mit ihm mich des Gesprächs erfreun!
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Oebalus
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Er übt mit deinem Bruder sich und Zephyrus
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im Diskuswurf. Doch bald, hoff ich, kehrt er zurück
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vom Wald und bittet um dein Jawort hier vor mir.
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Melia
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O ja! Und alles geb ich ihm, was er begehrt.
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No 4 Aria
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Scherzen
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von Herzen
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und göttlicher Ehren mich dankbar erfreun!
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Hymen im Fackelglanz
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windet den Blütenkranz,
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glücklich
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und selig
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das Band, das er knüpft zu erfreulichem Bund.
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||
Des Gottes Geliebte
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heiß selber ich Göttin,
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ich wandre durch Sterne
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und trete auf Wolken.
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Und Städte und Reiche ergeben sich mir;
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und Faune und Satyrn, sie huldigen mir.
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||
(Zephyrus tritt hinzu.)
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Recitativo
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Zephyrus
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König! Zu Ende ist das Leben deines Sohns,
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Hyacinthus.
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Oebalus
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Weh! welch schlimme Botschaft bringst du mir?
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Sag, welchen Todes?
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Zephyrus
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Tödlich traf ein Diskus ihn.
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Oebalus
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Und wer vergriff so keck sich an des Königs Sohn?
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Zephyrus
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||
Apollo.
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Oebalus
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||
Ich erzittre.
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Melia
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Götter, wie? Der Gott,
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Der mich beglücken wollte, hätte listig selbst
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des Bruders Mord geplant? Wer glaubt dir diese Mär?
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Zephyrus
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Wahr ist’s! Ich selber war der Zeuge seines Tods.
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Kaum stürzte Hyacinthus, floh ich rasch, damit
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nicht gleiches Unglück träfe auch mein eignes Haupt.
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Oebalus
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O Gott, so also strafst du schuldlos uns und lohnst
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des Gastfreunds Liebe mit dem Tod des einzgen Sohns?
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Verdient’ ich dies? Da plantest du wohl, falscher Gott,
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auch noch den Raub der Tochter, meiner Melia?
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Melia
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Mein Vater, das sei fern, dass ich zum Bräutigam
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den Gott erwähle, den des Bruders Blut befleckt!
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||
Nie reich’ ich ihm zum Hochzeitsbunde meine Hand.
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Zephyrus
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(Was hör’ ich? Selbst an Ehe gar denkt dieser Gott,
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dass auch die liebste Melia er mir entreißt!
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Einst stahl er mir die Liebe Hyazinths, jetzt stiehlt
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er mir auch deren Liebe.)
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Oebalus
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||
Sag mir, welcher Grund
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trieb diesen Bösewicht zur Tat?
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Zephyrus
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Ich weiß ihn nicht.
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Am schönen Ufer des Eurotas stand dein Sohn,
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sah, dass sein Diskus nächst der Marke war und rief:
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„Mein Diskus tat’s zuvor dem Euren, denn er traf
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direkt ins Ziel.“ Da wirft den Diskus Gott Apoll
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und trifft den Kopf des Knaben, der noch eben spricht,
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dass der verwundet vorwärts auf die Erde stürzt.
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Und ohne Zweifel hat die Wucht des Diskus ihn
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getötet.
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Oebalus
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So denn wütet ohne Scheu der Gott,
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nimmt seinem Gastfreund Oebalus auch noch das Kind.
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Mir und den Meinen ist verhasst er. Aus dem Reich
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verbann ich ihn. Du, Zephyrus, vertreib den Schuft,
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damit er nicht noch ärgern Schadens Ursach’ wird.
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Zephyrus
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Dein, König, ist das Königreich. Vertreib ihn du!
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Dich traf des Sohnes Tod. Mich ängstigt dieser Gott.
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Wie leicht träf’ er auch mich mit solcher Blitzgewalt.
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(Ja, soll er ihn vertreiben! So bleibt meine List
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verborgen. Denn ich selber ja beging den Mord.)
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Oebalus
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Ich gehe. Ihr bleibt hier! Und kommt der Gott zu euch,
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||
so jage, Tochter, du den Grausamen davon.
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||
Ich geh zum Ufer des Eurotas, meinen Sohn
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zu sehn, ob er noch lebt. Mag sein, dass mir Apoll,
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||
der Gott, begegnet, der verhasst ist meinem Reich.
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||
(Geht ab.)
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||
Zephyrus
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||
(Wie gut geht alles mir nach Wunsch, die List gelingt,
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||
Und Melia, die Liebste, wird nun bald mein Weib.)
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||
Melia
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||
Ich fass’ es nicht: Apollo wurde doch durch nichts
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||
gekränkt - und dennoch mordete er Hyacinth,
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den er zuvor so liebte. Und wie kann er mich,
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||
die Schwester lieben, blutig von des Bruders Mord?
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Zephyrus
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Geliebte! Staune nicht, dass solche Freveltat
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Apoll verübt. Du kennst ihn nicht, den Bösewicht:
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Gerissen ist er, grausam, leicht und launenhaft.
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Drum wurde er verbannt vom Himmel, dass er nicht
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der Götter Eintracht störe durch sein Ungestüm.
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Melia
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Vernunft gebietet, dass von einem solchen Gott
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ich nicht so Schlimmes glaube. (Doch ich bin verwirrt,
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und Furcht und Hoffnung wechseln ab in meiner Brust.)
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Zephyrus
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||
Was grübelst du noch, Melia? Dein Bräutigam
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hat heiße Hände noch vom Blut des Bruders - drum
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verstoß ihn und beglücke Zephyrus – du weißt,
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wie treulich er dir dient - mit deiner Liebe Huld.
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Melia
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||
Jetzt denk ich an des Bruders Tod, nicht Zephyrs Glut.
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||
Zephyrus
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Wie kannst du nur so grausam Zephyrus verschmähn?
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No 5 Aria
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||
Zwei Männer siehst du hier,
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den liebenden, den bösen,
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den rasenden, den guten.
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Wem reichst du deine Hand?
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Apollo wird dich töten,
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doch Zephyr wird dich lieben.
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Der Mörder des Bruders mit blutigen Händen
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wie wird er die zartere Schwester erst quälen!
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Mit Klugheit triff die Wahl!
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Recitativo
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Weh mir! Dort, sieh, mit raschem Schritte naht der Gott.
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Was tun wir, sags mir, Melia! Wo flieh ich hin?
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Ich fürchte den Verwegnen?
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Melia
|
||
Mich setzt du ihm aus?
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Bleib stehn! Sieht so die Treue aus, der du dich rühmst?
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||
Zephyrus
|
||
Ach, lass nicht zu, dass schuldlos mich der Gott betraft!
|
||
(Apollo tritt hinzu.)
|
||
Apollo
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||
Da bist du, Räuber, du verruchter Ränkeschmied!
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||
Wars nicht genug, dass Hyacinth du mir geraubt?
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||
Nun willst mit ihm zusammen du mir auch die Braut
|
||
noch stehlen? Willst du immer neue Frevel auf
|
||
den alten häufen. Bösewicht! Erfahre denn,
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||
was gegen dich der Gott in seinem Zorn vermag!
|
||
Er liebt, und er ist böse, und mit vollem Recht
|
||
ist er dir böse: Seine Rache spüre nun!
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||
Stürmt her ihr Winde! Den Verbrecher, Aeolus,
|
||
sperr ein in deiner Höhle!
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||
Zephyrus
|
||
Weh mir!
|
||
(Zephyrus in einen Wind verwandelt wird fortgerissen.)
|
||
Melia
|
||
Schlimmer Gott!
|
||
Füllst du mit Leichen meines Vaters Königreich!
|
||
Du tötetest den Bruder, tötest Zephyrus:
|
||
Tyrann, nun planst du Melias und des Königs Tod?
|
||
Apollo
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||
O Liebe!
|
||
Melia
|
||
„Liebe“ mich zu nennen wagst du noch!
|
||
Grausamer!
|
||
Apollo
|
||
Hör mich bitte an, wenn’s dir beliebt …
|
||
Melia
|
||
Schweig, nichts beliebt! Und, wie der Vater es befiehlt,
|
||
dass du nicht weitern Schaden tust, verlass dies Reich!
|
||
Apollo
|
||
(O Göttervater, endlich lass die Hand vom Blitz!
|
||
Wie lange setzt mir Armem deine Wut noch zu?)
|
||
No 6 Duetto
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||
Melia
|
||
Entweiche
|
||
du Böser!
|
||
Geht erst der Tyrann, o wie freue ich mich!
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||
Er tritt mit Füßen
|
||
Gesetze und Rechte!
|
||
Entweiche, entweiche! Wie fürchte ich dich!
|
||
Apollo
|
||
O glaub mir,
|
||
voll Treue,
|
||
voll Güte der Gott ist. Wie liebt dich Apoll!
|
||
Verstößt du grausam
|
||
den schuldlosen Ärmsten?
|
||
Du tötest den Freund: Verschmähe mich nicht!
|
||
(Melia geht.)
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||
Apollo (allein).
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||
So soll ich, den der Himmel jagt,
|
||
auf Erden auch Verbannter sein?
|
||
Ich bleibe -
|
||
bis dass sich das schreckliche Wüten
|
||
im zornigen Herzen gelegt hat -
|
||
verborgen!
|
||
|
||
|
||
CHORUS II
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||
Nachdem Oebalus erfahren hat, dass Apollo unschuldig ist, nimmt er ihn gütig auf und gibt ihm seine Tochter zur Frau.
|
||
Oebalus, Melia, Apollo, Hyacinthus.
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||
Recitativo
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||
Hyacinthus
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||
Nicht er …
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||
Oebalus
|
||
Wer also, sag’s, wenn du den Vater liebst:
|
||
Wer schlug dich?
|
||
Hyacinthus
|
||
Zephyrus … weh mir! … Wär nur … der Gott …
|
||
zur Stelle! …
|
||
Oebalus
|
||
Weh! schon stirbt er! …
|
||
Hyacinthus
|
||
Vater … Vater mein!
|
||
Der Tod … ist … bitter!
|
||
Oebalus
|
||
Sohn!
|
||
Hyacinthus
|
||
Mein Vater! … Ah! … Leb wohl!
|
||
(Er stirbt.)
|
||
Oebalus
|
||
Hyacinthus! … Sohn! … Sein Leben schwand … er liegt entseelt! –
|
||
„Unschuldig ist Apollo, Vater“, sagte er.
|
||
„Glaub mir, dass nicht Apoll, dass Zephyrus den Mord
|
||
beging.“ – Du Lügner, Zephyrus, was tust du mir!
|
||
Die Gottheit selbst bezichtigst du der Schreckenstat
|
||
und täuschest mich, den König, so mit Lug und Trug!
|
||
Das grausame Verbrechen büßt du mir, ich schwör’s.
|
||
mit deinem Blut. Nicht ungesühnt bleibt dieser Mord.
|
||
No 7 Aria
|
||
Gleich wie in den tobenden Wellen des Meeres
|
||
das Schiff über Berge und Täler gejagt wird,
|
||
und bald zur Nähe der Wolken sich hebt
|
||
und bald zur Tiefe des Tartarus sinkt,
|
||
so wütet aus brausender Brust mir die Galle
|
||
und tobt durch den Leib, durch die Adern und Glieder:
|
||
Die Wut erhebt mich hoch,
|
||
zur Tiefe drückt der Schmerz.
|
||
Rache und Zorn in vereinigter Kraft
|
||
schütteln das Herz mir und lassen nicht ab.
|
||
(Melia tritt auf.)
|
||
Recitativo
|
||
Melia
|
||
Wohin ich mich auch wende, muss ich dieses Gotts
|
||
furchtbare Spuren sehen. Erst erblickt’ ich, wie
|
||
Zephyr zu Tode kam, jetzt muss den Bruder ich
|
||
schuldlos getötet schwimmen sehn im eignen Blut.
|
||
Oebalus
|
||
Was kommst du unbegleitet hier an diesen Ort?
|
||
Entfloh er schon, der Räuber?
|
||
Melia
|
||
Ihm befahl ich selbst
|
||
aus unserm Reiche stracks zu fliehen, als der Gott
|
||
die alte Bluttat krönte mit dem neuen Mord.
|
||
Oebalus
|
||
Was sagst du, Tochter? Bluttat? Welcher neue Mord?
|
||
Melia
|
||
O König, meinen Freund entrafft’ er, Zephyrus:
|
||
Ich sah es selber, wie die Winde ihn zerfetzt.
|
||
Oebalus
|
||
O wie gerecht Apollo ist, dass er die Tat
|
||
bestraft, die Zephyrus, der Frevler, voller Trug
|
||
andichtete dem Gott! Denn er beging den Mord
|
||
und nicht Apollo. Zephyr lenkte ohne Scheu
|
||
den Diskus auf den Bruder.
|
||
Melia
|
||
Vater, wie? Woher
|
||
kannst du das wissen?
|
||
Oebalus
|
||
Selber sagte mir’s der Sohn,
|
||
als ich ihn immer noch am Leben fand. Er starb
|
||
ja erst in meinen Händen.
|
||
Melia
|
||
Weh mir, Vater, wie!
|
||
Was jagte dein Befehl dann aus dem Reich den Gott?
|
||
Oebalus
|
||
O Tochter, nur der Schmerz war’s und die böse List
|
||
des Zephyrus, die mich betrog, ich weiß. Wer nur
|
||
gewärtigte von Zephyrus sich solcher Tat?
|
||
Melia
|
||
O Vater, nunmehr sind wir allesamt dahin.
|
||
Der Gott verließ uns - weh, dass uns der Gott verließ!
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Glaub mir, er lässt die Schmach nicht ohne Strafe sein.
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Oebalus
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Wie, Tochter? Wäre denn der Gott bereits entflohn?
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Melia
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Gewiss. Ich selbst befahl Apollo ja, dass er
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dein Königreich verlasse und dies Königshaus.
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O könnt ich doch zurück ihn rufen, diesen Gott!
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Oebalus
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Weh! Welches finstere Geschick verfolgt uns heut!
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No 8 Duetto
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Tod des Sohnes,
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und des Gottes –
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nimmer wollt ich’s,
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nimmer wusst ich’s –
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bittre Kränkung.
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Dieses Reich geht bald zugrund,
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wenn der Gott ihm fern ist.
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Gott, o Gott, ich bitte dich,
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kehre doch zurück zu uns!
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Melia
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Tod des Bruders,
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mein Verlobter –
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du befahlst es,
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ich beklag es –
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ist entflohen.
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Ohne Bräutigam die Braut,
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wen nur soll sie lieben?
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Strafe nicht die arme Frau,
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Gott, ach kehr zurück zu uns!
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(Apollo tritt hinzu.)
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Recitativo
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Apollo
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Aus Liebe nur zu Hyacinth kehr ich zurück,
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mein König. Darum wage ich’s, verzeih, dein Reich
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zu segnen durch mein Kommen. Sieh des Gottes Macht:
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Erheb dich, Hyacinthus! Und den toten Leib
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bedecke mit der Blume, die dein Name schmückt.
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(Die Erde mit dem Leichnam sinkt nieder und lässt Blumen sprießen.)
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Oebalus
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Was seh ich? Blumen seh ich, die aus meinem Sohn
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zur Höhe wachsen?
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Melia
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O du übermächt’ger Gott!
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Voll Scham bekenne ich dir meine schwere Schuld.
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Es reut mich, was ich tat, doch tat ich alles nur,
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weil Zephyr trog, der Vater mir’s befahl.
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Oebalus
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O Gott,
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verschone mich! Ich wusste nicht, wer diesen Mord
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verübt hat, glaubte diesem Schurken Zephyrus,
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dass dich ich für des Sohnes Meuchelmörder hielt.
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Ach wie so großes Leiden brachte Zephyrus
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in unser Reich – wenn du uns nicht verschonen willst!
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Melia
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O Gott, nicht aus Verachtung gegen dich geschah’s.
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Unwissend war ich, als ich dich des Lands verwies,
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und unbesonnen gläubig; meines Bruders Tod
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riss mich im bittren Zorn zu solcher Schelte hin.
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Apollo
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Sei nur getrost. Apollo wird dein Reich nicht fliehn.
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Er bleibt und bleibt bei dir, mein König, wenn du nur,
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was einstmals du versprochen, treulich ihm erfüllst.
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Oebalus
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Ja, ich verstehe. Siehst du, Tochter, er geruht,
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zur Braut dich zu erwählen.
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Melia
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Glaub ich’s? Kann der Gott
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denn Melia auch lieben?
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Apollo
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Glaube mir, sogar
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Gott Jupiter freit öfter um ein Menschenweib.
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Zu lieben ist der Götter Werk, doch eures ist’s,
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die Liebe zu erwidern.
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Melia
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Gott, sieh deine Magd,
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die dir ihr Herz an Statt des Vaters willig schenkt.
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Oebalus
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Hier, diese Braut ist sterblich. Wenn sie dir gefällt,
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Apollo, nimm sie hin. Des Vaters Hand führt sie
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dir zu. Und bleibe immerdar in meinem Reich.
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Hyacinthus starb. Ein neuer Hyacinthus wirst
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du nun mir sein und durch mein Kind mein Schwiegersohn,
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wenn dir’s beliebt in unsern Grenzen.
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Apollo
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Oebalus,
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mit Freuden nehm ich Melias Hand, die sie mir reicht
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stets werd ich dir und deinem Reich gewogen sein.
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Melia
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So strahlt aus dir die göttliche Gerechtigkeit.
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Oebalus
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So wird die Unschuld nicht um ihren Lohn gebracht.
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Apollo
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Und deine Güte ist der Nachwelt noch ein Lied.
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No 9 Terzetto
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Apollo
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Endlich nach wütenden,
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wetternden,
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blitzenden
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Donnern des Jupiter
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grünt endlich der Friede und blüht und gedeiht.
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Melia
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Nach schmerzlichen Banden …
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Oebalus
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Nach rasendem Toben …
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Apollo
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Nach grässlichen Schrecken …
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Oebalus, Apollo, Melia
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Vereint euch|uns der Liebe entzückendes Pfand.
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Nun kam das …
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Apollo
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Erhoffte,
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Melia
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Ersehnte,
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Oebalus
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Erflehte.
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Oebalus
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Nun kränzt euch die Hochzeit und hebt mir den Mut.
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Apollo, Melia
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Nun kränz’ uns die Hochzeit und mache dich froh.
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Ende
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