Kritische Edition des Librettos       Diplomatische Übertragung des Librettos 
Erster Auftritt
 
FErster Auftritt.
Frank, gleich darauf Puf.
 
Frank, gleich darauf Puf.
Puf
 
Puf.
Lustig, Herr Direkteur, wir haben Permission.
 
Lustig, Herr Direkteur, wir haben Permißion.
Frank
 
Frank.
(munter)
 
(munter)
Wo, lieber Puf?
 
Wo lieber Puf?
Puf
 
Puf.
In Salzburg.
 
In Salzburg.
Frank
 
Frank.
(seufzend)
 
(seufzend)
In Salzburg! dem Vaterlande des Hanswursts!
 
In Salzburg! dem Vater=
lande des Hannswursts!
Puf
 
Puf.
O nur keine Grillen! Sein Sie froh, dass wir irgendwo unterkommen. Wenn die Kunst nach Brot geht, muss es ihr gleichviel sein, welche Türe ihr offen steht. Es sind überdies noch Bedingungen dabei. Lauter lustige Stücke, Ballette und Opern müssen Sie geben.
 
O nur keine Grillen! Seyn Sie froh,
daß wir irgendwo unterkommen. Wenn die Kunst
nach Brod geht, muß es ihr gleich viel seyn,
welche Thüre ihr offen steht. Es sind überdieß
noch Bedingungen dabey. Lauter lustige Stücke,
Ballette und Opern müssen Sie geben.
Frank
 
FFrank.
Und vom besten Gepräge, nicht wahr? Was kostet nicht schon eine gute Gesellschaft! dann erst Ballette! Opern! Und dafür am Ende eine geringe Einnahme?
 
Und vom besten Gepräge nicht wahr?
Was kostet nicht schon eine gute Gesellschaft! dann
erst Ballette! Opern! und dafür am Ende eine
geringe Einnahme?
Puf
 
Puf.
Ja, da müssen Sie sich zu helfen wissen. Sehn Sie mehr auf die Zahl als auf die Güte der Leute; die wohlfeilsten die besten. Ihr Erster Akteur muss Ihnen nicht mehr als wochentlich vier Taler und die Erste Aktrice zwei Taler kosten. Hernach schicken Sie eine Ankündigung voraus und sagen darin, sie brächten die stärkste und ausgesuchteste Gesellschaft mit, wie noch keine dort gewesen wäre.
 
Ja, da müssen Sie sich zu helfen wissen.
Sehn Sie mehr auf die Zahl als auf die Güte der
Leute, die wohlfeilsten die besten. Ihr erster Akteur
muß Ihnen nicht mehr als wochentlich 4 Thaler,
und die erste Aktrice 2 Thaler kosten. Hernach
schicken Sie eine Ankündigung voraus, und sa=
gen drainn: Sie brächten die stärkste und aus=
gesuchteste Gesellschaft mit, wie noch keine dort
gewesen wäre.
Frank
 
Frank.
Was kann ich aber mit solchen Leuten aufführen?
 
Was kann ich aber mit solchen Leu=
ten aufführen?
Puf
 
Puf.
Die besten Stücke; dreißig, vierzig Personen stark. Worin ein Akteur den andern vom Theater verjagt und der Zuschauer nicht Zeit hat, über irgendeine Szene nachzudenken.
 
Die besten Stücke; 30, 40 Perso=
nen stark. Worinn ein Akteur den andern vom
Theater verjagt, und der Zuschauer nicht Zeit hat,
über irgend eine Scene nachzudenken.
Frank
 
Frank.
Das nennen Sie die besten Stücke?
 
Das nennen Sie die besten Stücke?
Puf
 
Puf.
Und mit Recht, weil sie's meiste Geld eintragen. Ich weiß wohl, was Sie sagen können. – Aber – legen Sie die Hand aufs Herz, und reden Sie die Wahrheit: Haben wir nicht gerade mit den Stücken, worüber am meisten geschimpft wurde, das meiste Geld eingenommen? Und bei jenen, die alle Welt für Meisterstücke hält, leere Bänke gehabt? Mit Nathan dem Weisen werden Sie das zweite Mal nicht so viel einnehmen, als die Lichter betragen; den Graf Waltron aber können Sie zwanzigmal geben und werden immer das Haus voll haben. Ergo? Ein Direkteur muss auf die Kassa sehen – ergo: die schlechtesten Stücke die besten.
 
Und mit Recht, weil Sie's meiste Geld
eintragen. Ich weis wohl was Sie sagen kön=
nen. – Aber – legen Sie die Hand auf's Herz,
und reden Sie die Wahrheit: Haben wir
nicht gerade mit den Stücken, worüber am mei=
sten geschimpft wurde, das meiste Geld einge=
nommen? und bey jenen, die alle Welt für
FMeisterstücke hält, leere Bänke gehabt? Mit
Nathan dem Weisen werden Sie das zweyte=
mal nicht so viel einnehmen als die Lichter be=
tragen; den Graf Waltron aber können Sie
20mal geben, und werden immer das Haus voll
haben. Ergo? Ein Direkteur muß auf
die Kassa sehen – ergo: die schlechtesten Stü=
cke die Besten.
Frank
 
Frank.
Aber lieber Puf, der gute Geschmack geht ja auf die Art vollends zugrunde.
 
Aber lieber Puf, der gute Geschmack
geht ja auf die Art vollends zu Grunde
Puf
 
Puf.
Ich bitt Sie, bleiben Sie mit Ihrem guten Geschmack zu Haus, er hat Sie beinahe an Bettelstab gebracht. Es ist ein Hirngespinst, das den Kopf, aber nicht den Beutel füllt. Die Leute führen ihn deshalb so häufig auf der Zunge, um ihn bei jeder Gelegenheit von sich zu geben, weil sie ihn nicht verdauen können. Den zu gründen, gehört für große Herren, aber nicht für Privatleute.
 
Ich bitt' Sie, bleiben Sie mit ihrem
guten Geschmack zu Haus, er hat Sie beynahe
an Bettelstab gebracht. Es ist ein Hirnge=
spinnst, das den Kopf aber nicht den Beutel
füllt. Die Leute führen ihn deßhalb so häufig
auf der Zunge um ihn bey jeder Gelegenheit von
sich zu geben, weil sie ihn nicht verdauen kön=
nen. Den zu gründen gehört für grosse Herren,
aber nicht für Privatleute.
Frank
 
Frank
(seufzend)
 
(seufzend)
Das hab ich leider erfahren!
 
Das hab ich leider erfah=
ren!
Puf
 
Puf.
Und damit Sie's nicht wieder erfahren, so machen Sie's wie andre: Hängen Sie ein prächtig Schild aus, mit Torten und Pasteten bemalt, und setzen Sie Speckknödel und Sauerkraut auf.
 
Und damit Sie's nicht wieder erfahren,
so machen Sie's wie andre: hängen Sie ein
prächtig Schild aus, mit Torten und Pasteten
bemahlt, und setzen Sie Speckknödel und Sau=
erkraut auf.
Frank
 
Frank.
Das heißt: Betrügen Sie die Leute.
 
Das heißt: betrügen Sie die Leute.
Puf
 
FPuf.
Mundus vult decipi, ergo decipiatur.
 
Mundus vult decipi, ergo decipiatur.
Frank
 
Frank.
Nun gut. Aber wenn ich Ihnen auch in Ansehung der Stücke recht lassen muss, so ist's doch ganz was anders mit den Schauspielern. Die Gattung Leute, wie Sie mir raten anzunehmen – – –
 
Nun gut. Aber wenn ich Ihnen auch
in Ansehung der Stücke Recht lassen muß, so ist's
doch ganz was anders mit den Schauspielern.
Die Gattung Leute wie Sie mir rathen anzu=
nehmen – – –
Puf
 
Puf.
müssen überall für die Vortrefflichsten gelten, wenn Sie's nur anzustellen wissen. Ist ein Schauspieler, den die Leute nicht verstehen können und Ihnen deshalb Vorwürfe machen, so sagen Sie mit einer Weisheitsmiene: "Es ist ein größerer Denker als Redner, es steckt viel hinter dem Manne, daher gehört auch viel dazu, um ihn gehörig zu beurteilen." Von einem Sänger, der schlecht singt, sagen Sie: "Er ist mehr Akteur als Sänger"; und von einem Tänzer, der rechte Bocksprünge macht: "Das ist der wahre Tanz der Alten, der durch unsre heutige Künstelei völlig verloren gegangen, echte, reine Natur." Ehe die Leute sich für Dummköpfe halten lassen, glauben sie es Ihnen aufs Wort und finden's am Ende selbst vortrefflich.
 
Müßen überall für die Vortreflichsten
gelten, wenn Sie's nur anzustellen wissen. Ist
ein Schauspieler den die Leute nicht verstehen
können und Ihnen deßhalb Vorwürfe machen,
so sagen Sie mit einer Weisheitsmine: es ist
ein größerer Denker als Redner, es' steckt viel
hinter dem Manne, daher gehört auch viel
dazu um ihn gehörig zu beurtheilen. Von einem
Sänger, der schlecht singt, sagen Sie: er ist mehr
Akteur als Sänger; und von einem Tänzer, der
rechte Bocksprünge macht: das ist der wahre
Tanz der Alten, der durch unsre heutige Künste=
ley völlig verloren gegangen, ächte, reine Na=
tur. Ehe die Leute sich für Dummköpfe halten lassen,
glauben sie es Ihnen aufs Wort und finden's
am Ende selbst vortreflich.
Frank
 
Frank.
Das ist wohl leicht geraten, aber nicht so leicht auszuführen.
 
Das ist wohl leicht gerathen, aber
nicht so leicht auszuführen.
Puf
 
Puf.
Ebenso leicht. Ei! ei! Herr Frank, Sie sind so lange beim Theater und wissen noch nicht, dass der größte Teil der Zuschauer nicht selbst urteilt, sondern nur einigen Aristarchen ängstlich aufs Maul sieht, um ihnen nachzubeten! Sobald wir hinkommen, so geben Sie vier bis fünf Skriblern frei Entree, alle Tage ein gut Souper und bei der Ersten Aktrice Dejeuner; die werden Ihnen aus dem elendesten Schneidergesellen einen Roscius, aus dem unartigsten Limmel einen Garrick und aus dem ersten Kuchelmenschen eine Clairon machen. Der Haufe bet' das nach, und so haben Sie gewonnen Spiel.
 
Eben so leicht. Ey! ey! Herr Frank,
Sie sind so lange beym Theater, und wissen
noch nicht, daß der größte Theil der Zuschauer
Fnicht selbst urtheilt, sondern nur einigen Arist=
archen ängstlich aufs Maul sieht um ihnen nach=
zubeten! Sobald wir hinkommen, so geben
Sie 4 – 5 Skriblern frey Entre'e, alle Tage
ein gut Souppee, und bey der ersten Aktrice
Dejeunee; die werden Ihnen aus dem elendesten
Schneidergesellen einen Roscius, aus dem unar=
tigsten Limmel einen Garrik, und aus dem ersten
Kuchelmenschen eine Clairon machen. Der Haufe
beth das nach, und so haben Sie gewonnen
Spiel.
Frank
 
Frank.
Lieber Herr Puf, was raten Sie mir! Das heißt sich ja seinen Beifall erkaufen.
 
Lieber Herr Puf, was rathen Sie
mir! das heißt sich ja seinen Beifall erkau=
fen.
Puf
 
Puf.
Klimpern gehört zum Handwerk. Auf diese Art ist schon mancher elende Charlatan zum Kapitalisten geworden, und Sie sind nach allen Regeln der Kunst und Rechtschaffenheit –
 
Klimpern gehört zum Handwerk. Auf
diese Art ist schon mancher elende Charlatan
zum Kapitalisten geworden, und Sie sind nach
allen Regeln der Kunst und Rechtschaffenheit –
Frank
 
Frank.
auf den Sand gekommen. Es sei, ich will den guten Geschmack, die Chimaire, wie Sie es nennen, an Nagel hängen – –
 
Auf den Sand gekommen. Es sey,
ich will den guten Geschmack, die Chimaire
wie Sie es nennen, an Nagel hängen – –
Puf
 
Puf.
und die Rechtschaffenheit dazu.
 
Und die Rechtschaffenheit dazu.
Frank
 
Frank.
Aber wo bekomm ich Geld her, um anzufangen?
 
Aber wo bekomm' ich Geld her um
anzufangen?
Puf
 
Puf.
Hier haben Sie einmal die Permission. (gibt ihm einen großen Brief) Darauf nehmen Sie Geld auf und verschreiben die Einnahme.
 
Hier haben Sie einmal die Permißion.
(giebt ihm einen großen Brief) Darauf neh=
Fmen Sie Geld auf, und verschreiben die Ein=
nahme.
Frank
 
Frank.
Aber wenn ich nun mit allen Kunstgriffen nichts einnähme? Es ist doch möglich, dass ich ein klüger Publikum fände, als ich vermute.
 
Aber wenn ich nun mit allen Kunst=
griffen nichts einnähme? Es ist doch möglich,
daß ich ein klüger Publikum fände als ich ver=
muthe.
Puf
 
Puf.
Ah – Sie müssen aufs Glück mehr als auf die Möglichkeit rechnen. Das Glück ist eine Vormünderin der Dummheit, und wenn Sie meinem Rat folgen, opfern Sie der Dummheit mehr als dem Verstande, mithin haben Sie nichts zu fürchten.
 
Ah – Sie müssen aufs Glück mehr
als auf die Möglichkeit rechnen. Das Glück
ist eine Vormünderinn der Dummheit, und wenn
Sie meinem Rath folgen, opfern Sie der Dumm=
heit mehr, als dem Verstande, mithin haben
Sie nichts zu fürchten.
Zweiter Auftritt
 
Zweyter Auftritt.
Vorige, Eiler.
 
Vorige, Eiler.
Eiler
 
Eiler.
Ihr Diener, lieber Frank. Sie wundern sich, mich hier zu sehen? Ja, das glaub ich gern. Werden sich aber noch mehr wundern, wenn Sie hören werden, warum ich hier bin und Sie aufgesucht habe.
 
Ihr Diener lieber Frank. Sie wun=
dern sich mich hier zu sehen? Ja das glaub'
ich gern. Werden sich aber noch mehr wundern,
wenn Sie hören werden warum ich hier bin,
und Sie aufgesucht habe?
Frank
 
Frank.
Ich muss gestehn, Ihre Gegenwart macht mir so viel Neugierde als Freude.
 
Ich muß gestehn Ihre Gegenwart
macht mir so viel Neugierde als Freude.
Eiler
 
Eiler.
Sollen befriedigt werden. Sie wissen doch von meinem Engagement mit Madame Pfeil? – Ich weiß, was Sie sagen wollen, weiß auch, dass ich ein Narr bin; aber Herr, wie ich klug werden soll, weiß ich nicht. Die Liebe kann man nicht so abwerfen wie ein Paar übertragene Schuh; – und eine Theaterliebe hat vollends viel Ähnliches mit dem ungrischen Fieber, was nichts als Zeit und Klima kurieren kann. Kurz, Madame hat mit ihrem eigensinnigen Köpfchen den guten Leyermann ruiniert, dass er seine Gesellschaft musste auseinandergehen lassen. Ich hätte sie freilich gern ohne Engagement unterhalten, aber sie will nun durchaus spielen; – sie merkt wohl, dass ihre Macht über die Herzen nur vom Theater herabwirkt, mithin krieg ich seit der Zeit keine gute Miene, und um ihr nur die Hand küssen zu dürfen, muss ich zuvor erst eine Theaterszene mit ihr spielen. Ich habe mich schon halb dumm gelernt, kann schon aus jedem ihrer Stücke die Hauptszenen mit ihr spielen; und wenn sie nicht bald Engagement bekommt, kann ich das ganze Repertoire auswendig. Alle Direkteurs, an die ich geschrieben, haben mir abschlägige Antwort gegeben. Ich weiß mir also nicht mehr zu raten. Zum Glück erfuhr ich, dass Sie wieder eine Gesellschaft errichten wollen, ich bitte Sie also, nehmen Sie sie an, ich will Sie mit Geld unterstützen, so viel Sie brauchen.
 
Sollen befriedigt werden. Sie wis=
sen doch von meinem Engagement mit Madame
FPfeil? – Ich weis was Sie sagen
wollen, weis auch, daß ich ein Narr
bin; aber Herr, wie ich klug werden soll,
weis ich nicht. Die Liebe kann man nicht
so abwerfen wie ein Paar übertragene Schuh;
– und eine Theaterliebe hat vollends viel ähn=
liches mit dem ungrischen Fieber, was nichts
als Zeit und Klima kuriren kann. Kurz,
Madame hat mit ihrem eigensinnigen Köpfchen den
guten Leyermann ruinirt, daß er seine Gesell=
schaft mußte auseinander gehen lassen. Ich hät=
te sie freylich gern ohne Engagement unterhalten,
aber Sie will nun durchaus spielen; – sie merkt
wohl, daß ihre Macht über die Herzen nur vom
Theater herabwirkt, mithin krieg ich seit der Zeit
keine gute Miene, und um ihr nur die Hand
küssen zu dürfen muß ich zuvor erst eine Theater=
scene mit ihr spielen. Ich habe mich schon halb
dumm gelernt, kann schon aus jedem Ihrer Stü=
cke die Hauptscenen mit ihr spielen; und wenn
sie nicht bald Engagement bekommt, kann ich das
ganze Repertoir auswendig. Alle Direkteurs,
an die ich geschrieben, haben mir abschlägige Ant=
wort gegeben. Ich weiß mir also nicht mehr zu
rathen. Zum Glück erfuhr ich, daß Sie wie=
der eine Gesellschaft errichten wollen, ich bitte
FSie also, nehmen Sie sie an, ich will Sie mit
Geld unterstützen so viel Sie brauchen.
Puf
 
Puf.
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank.)
Eine treffliche Gelegenheit! Greifen Sie zu.
 
Eine trefliche
Gelegenheit! greifen Sie zu.
Frank
 
Frank.
Lieber Herr Eiler, ich errichte nur eine kleine Gesellschaft und dabei würde mir Madame Pfeil zu teuer sein.
 
Lieber Herr Eiler, ich errichte nur ei=
ne kleine Gesellschaft und dabei würde mir Ma=
dam Pfeil zu theuer seyn.
Eiler
 
Eiler.
Ich will Ihnen die Gage für sie zahlen und obendrein tausend Dukaten auf drei bis vier Jahre ohne Intressen leihen, nehmen Sie sie nur an, damit ich nicht mehr auswendig lernen darf und andre statt mir die Theaterszenen mit ihr spielen.
 
Ich will ihnen die Gage für sie zahlen,
und oben drein tausend Dukaten auf 3 – 4 Jah=
re ohne Intressen leihen, nehmen Sie sie nur an,
damit ich nicht mehr auswendig lernen darf, und
andre statt mir die Theaterscenen mit ihr spielen.
Puf
 
Puf.
(wie oben)
 
(wie oben)
Itzt besinnen Sie sich keinen Augenblick.
 
Itzt besinnen Sie sich kei=
nen Augenblick.
Frank
 
Frank.
Aber lieber Puf, es bleibt mir ja keine Aktrice neben ihr.
 
Aber lieber Puf; es bleibt mir ja keine
Actrice neben ihr.
Puf
 
Puf.
Unsre Zwei-Taler-Aktricen werden schon neben ihr bleiben.
 
Unsre 2 Thaler Aktricen werden schon
neben ihr bleiben.
Eiler
 
Eiler.
Nun, Herr Frank, Sie stehn noch an? Geschwind, entschlüssen Sie sich, ich höre sie schon kommen.
 
Nun Herr Frank, Sie stehn noch an? Ge=
schwind entschlüssen Sie sich, ich höre sie schon kommen.
Dritter Auftritt
 
Dritter Auftritt.
Die Vorigen, Madame Pfeil.
 
Die Vorigen, Madame Pfeil.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
Wie, Herr Frank? Sie hören, dass die große Madame Pfeil hier ist und kommen nicht zu mir? Suchen mich nicht auf?
 
Wie Herr Frank? Sie hören
daß die grosse Madame Pfeil hier ist und kom=
men nicht zu mir? suchen mich nicht auf?
Eiler
 
FEiler.
(verlegen)
 
(verlegen)
Eben war er im Begriff, zu Ihnen zu gehen.
 
Eben war er im Begrif
zu Ihnen zu gehen.
Puf
 
Puf.
(für sich)
 
(für sich)
Die steckt uns alle in Pantoffel.
 
Die steckt uns alle in Pan=
toffel.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(zu Eiler)
 
(zu Eiler)
Nun, haben Sie's ihm schon gesagt? – – (zu Frank) Sie sind in misslichen Umständen, Herr Frank? Ich will Sie herausreißen, will mich bei Ihnen engagieren. Aber alle Ersten Rollen, von der Soubrette bis zur Königin, muss ich bekommen. Was geben Sie mir Gage?
 
Nun haben Sie's
ihm schon gesagt? – – (zu Frank) Sie
sind in mißlichen Umständen, Herr Frank? ich
will Sie herausreißen, will mich bei Ihnen enga=
giren. Aber alle erste Rollen, von der Subrette
bis zur Königinn muß ich bekommen. Was ge=
ben Sie mir Gage?
Frank
 
Frank.
Madame – – –
 
Madame. – – –
Eiler
 
Eiler.
Zehn Taler die Woche.
 
Zehn Thaler die Woche.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
Was! der großen Pfeil nur zehn Taler! Herr, man sieht's, dass Sie Ihren Vorteil nicht verstehn, darum sind Sie auch zugrunde gegangen. Für meinen Namen allein sollten Sie zehn Taler geben.
 
Was! der großen Pfeil nur
zehn Thaler! Herr, man sieht's, daß Sie ihren
Vortheil nicht verstehn, darum sind Sie auch
zu Grunde gegangen. Für meinen Namen allein
sollten Sie 10 Thaler geben.
Frank
 
Frank.
Madame! ich habe alle Achtung für Ihre Verdienste, aber meine Umstände erlauben mir überhaupt nicht, Sie –
 
Madame! ich habe alle Achtung für
Ihre Verdienste, aber meine Umstände erlauben
mir überhaupt nicht, Sie –
Eiler
 
Eiler.
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank.)
Ich bitt Sie um alles in der Welt, nehmen Sie sie an!
 
Ich bitt' Sie
um alles in der Welt nehmen Sie sie an!
Puf
 
Puf.
Mehr als zwölf Taler kann er Ihnen wahrhaftig nicht geben.
 
Mehr als 12 Thaler kann er Ihnen
wahrhaftig nicht geben.
Frank
 
FFrank.
(heimlich zu Puf)
 
(heimlich zu Puf.)
Ich mag sie gar nicht.
 
Ich mag sie gar nicht.
Puf
 
Puf.
Sie müssen die Ehre, dass Sie die ganze Gesellschaft in Leben und Tätigkeit erhalten und berühmt machen werden, auch in Anschlag bringen.
 
Sie müssen die Ehre, daß Sie die ganze
Gesellschaft in Leben und Thätigkeit erhalten, und
berühmt machen werden, auch in Anschlag brin=
gen.
Frank
 
Frank.
(für sich)
 
(für sich)
Ja, wohl berühmt!
 
Ja wohl berühmt!
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
Nun gut, aus Barmherzigkeit sollen Sie mich für zwölf Taler haben. Von meinen Talenten werden Sie keinen Beweis fordern, das bin ich überzeugt; aber Sie sollen sehen, wie weit ich's im Unterrichten gebracht habe. Sie werden erstaunen, was Herr Eiler unter meinen Händen für ein Akteur geworden. (zu Eiler) Kommen Sie, wir wollen die Szene aus dem Aufgehetzten Ehemann spielen.
 
Nun gut, aus Barmherzigkeit
sollen Sie mich für 12 Thaler haben. Von meinen
Talenten werden Sie keinen Beweis fordern, das
bin ich überzeugt; aber Sie sollen sehen wie
weit ich's im Unterrichten gebracht habe. Sie
werden erstaunen, was Herr Eiler unter meinen
Händen für ein Akteur geworden. (zu Eiler)
Kommen Sie, wir wollen die Scene aus dem
aufgehetzten Ehemann spielen.
(geht etwas zurück)
 
(geht etwas zurük)
Eiler
 
Eiler
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank.)
Sehn Sie wohl, da muss ich schon wieder spielen.
 
Sehn Sie wohl,
da muß ich schon wieder spielen.
Puf
 
Puf.
Ich will soufflieren.
 
Ich will souflieren.
Eiler
 
Eiler.
O ich hab sie so oft spielen müssen, dass ich keinen Souffleur brauche.
 
O ich hab sie so oft spielen müssen,
daß ich keinen Soufleur brauche.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
Nun, wird's bald?
 
Nun, wird's bald?
Eiler
 
Eiler.
Gleich! gleich! (geht etwas auf und ab und setzt sich in den Charakter) "Nun will ich meines Freundes Lehren in Ausübung bringen. Wenn ich nur den Ton recht treffe – – – Ich will anfangs gar nicht tun, als ob ich sie sähe – Wenn sie aber itzt käme – wahrhaftig, das verrückte mir mein ganzes Konzept. – So wahr ich lebe, da ist sie."
 
Gleich! gleich! (geht etwas auf
und ab, und setzt sich in den Charakter.)

"Nun will ich meines Freundes Lehren
in Ausübung bringen. Wenn ich nur den
Ton recht treffe – – – Ich will anfangs
Fgar nicht thun, als ob ich sie sähe –
Wenn sie aber itzt käme – wahrhaftig, das
verrückte mir mein ganzes Konzept. – So wahr
ich lebe, da ist sie."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Nun? Wozu brauchen Sie mich, Sir Harry?"
 
"Nun? Wozu brauchen Sie
mich Sir Harry?"
Eiler
 
Eiler.
"Ich Sie brauchen? Ich wüsste nicht, wozu Sie in Ihrem Leben nutz gewesen wären?"
 
"Ich Sie brauchen? Ich wüßte
nicht wozu Sie in Ihrem Leben nutz gewesen
wären?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Sie ließen mir ja den Augenblick sagen, Sie hätten was Notwendiges mit mir zu sprechen? Sonst wär ich wahrhaftig nicht so bald gekommen."
 
"Sie ließen mir ja den Augen=
blick sagen, Sie hätten was nothwendiges mit
mir zu sprechen? sonst wär' ich wahrhaftig nicht
so bald gekommen."
Eiler
 
Eiler.
(beiseite)
 
(bei Seite)
"Ich glaube, mein Seel', ich fange das Ding unrecht an. Es hätte alles wie von ungefähr kommen sollen. Was Henker soll ich ihr nun sagen?" (laut) "Wie gefällt dir mein neues Kleid, Schatz? Macht's nicht rechten Staat?"
 
"Ich glaube mein Seel,
ich fange das Ding unrecht an. Es hätte alles
wie von ungefehr kommen sollen. Was Henker soll
ich ihr nun sagen?" (laut) "Wie gefällt dir
mein neues Kleid Schatz? Macht's nicht rech=
ten Staat?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Weiter hast du mir nichts zu sagen?"
 
"Weiter hast du mir nichts zu
sagen?"
(will fort)
 
(will fort)
Eiler
 
Eiler.
(vertritt ihr den Weg)
 
(vertritt ihr den Weg)
"Nicht von der Stelle, bis Sie meine Frage beantwortet haben. Höflich oder unhöflich, wie's Ihnen beliebt, ich bin auf beides gefasst."
 
"Nicht von
der Stelle bis Sie meine Frage beantwortet
haben. Höflich oder unhöflich, wie's Ihnen
beliebt, ich bin auf beides gefaßt."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Wollen Sie etwan mit diesen Grimassen Ihr Betragen von heute früh wiedergutmachen?"
 
"Wollen Sie etwann mit diesen
FGrimaßen Ihr Betragen von heute früh wie
der gut machen?"
Eiler
 
Eiler.
(auf und ab gehend)
 
(auf und abgehend)
    Ihr Götter schenktet mir ein Weib
 
Ihr Götter schenktet mir ein Weib,
aus großer Gunst zum Zeitvertreib.
 
aus großer Gunst zum Zeitvertreib.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Wissen Sie wohl, dass ich nicht Lust habe, eine solche Begegnung länger zu ertragen und mich wie einen Handschuh aus- und anziehen zu lassen?"
 
"Wissen Sie wohl, daß ich
nicht Lust habe eine solche Begegnung länger zu
ertragen, und mich wie einen Handschuh aus=
und anziehen zu laßen?"
Eiler
 
Eiler.
"Reden Sie mit mir, Madame?"
 
"Reden Sie mit mir Madame?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Mit wem sonst?"
 
"Mit wem sonst?"
Eiler
 
Eiler.
"Wahrhaftig, Kind, ich wusste nicht, dass du im Zimmer wärst."
 
"Wahrhaftig Kind, ich wußte nicht,
daß du im Zimmer wärst."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Wahrhaftig, Kind, das ist eine lächerliche Affektation."
 
"Wahrhaftig Kind, das ist eine
lächerliche Affektation."
Eiler
 
Eiler.
(beiseite)
 
(bey Seite)
"Nun fängt's an zu operieren, wenn ich nur kalt bleiben kann."
 
"Nun fängt's an zu operi=
ren, wenn ich nur kalt bleiben kann."
(laut)
 
(laut)
    "Doch wenn zu einem größern Glück
 
    "Doch wenn zu einem grössern Glück
sie Eure Gnade will erheben,
 
Sie eure Gnade will erheben,
gehorch ich gern. – Nehmt sie zurück.
 
Gehorch ich gern. – Nehmt sie zurück.
Ich hoffe, ohne sie zu leben."
 
Ich hoffe ohne sie zu leben."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Abgeschmackt!"
 
"Abgeschmackt!"
Eiler
 
Eiler.
(hart an ihr vorbeigehend)
 
(hart an ihr vorbeygehend)
"Ohne sie zu leben! ohne sie zu leben!"
 
"Ohne
sie zu leben! ohne sie zu leben!"
Madame Pfeil
 
FMad. Pfeil.
(stößt ihn von sich)
 
(stößt ihn von sich)
"Einfältig!"
 
"Einfäl=
tig!"
Eiler
 
Eiler.
"Ja, Madame!"
 
"Ja Madame!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Ja, mein Herr, ja!"
 
"Ja mein Herr, ja!"
Eiler
 
Eiler.
"In Ihr Zimmer! Sogleich! den Augenblick! Und lassen Sie sich das ein für alle Mal gesagt sein, nicht wieder in das Zimmer zu kommen, wo ich mich anziehe. Eines Mannes ernsthafte Stunden müssen nicht durch weibliche Unverschämtheiten gestört werden."
 
"In Ihr Zimmer! Sogleich! den
Augenblick! Und lassen Sie sich das ein für
allemal gesagt seyn, nicht wieder in das Zim=
mer zu kommen, wo ich mich anziehe. Eines
Mannes ernsthafte Stunden müssen nicht durch
weibliche Unverschämtheiten gestöhrt werden."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Eines Mannes? ha ha ha!"
 
"Eines Mannes? ha ha ha!"
Eiler
 
Eiler.
"Solche freche Mienen schicken sich gar nicht für Sie, Madame! – – Aber so ein albernes Ding ist meines männlichen Zorns unwert! – Gehn Sie mit Ihrem Spielwerk, ich will allein sein."
 
"Solche freche Mienen schicken sich
gar nicht für Sie Madame! – – Aber so
ein albernes Ding ist meines männlichen Zorns
unwerth! – Gehn Sie mit Ihrem Spielwerk,
ich will allein seyn."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Itzt bleib ich Ihnen zum Trotz da."
 
"Itzt bleib ich ihnen zum
Trotz da."
Eiler
 
Eiler.
"Soll ich Sie den Gehorsam lehren, den eine Frau den Befehlen Ihres Mannes schuldig ist?"
 
"Soll ich Sie den Gehorsam leh=
ren, den eine Frau den Befehlen Ihres Man=
nes schuldig ist?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Mannes? Der Himmel behüte jede Frau für so einem Manne! – – Ein Federball schickt sich besser für Sie als eine Frau."
 
"Mannes? Der Himmel be=
hüte jede Frau für so einem Manne! – – Ein
Federball schickt sich besser für Sie als eine Frau"
Eiler
 
Eiler.
"Und – erlauben mir, Ew.Euer Naseweisheit, Ihnen zu sagen: Eine Puppe schickt sich besser für Sie als ein Mann. – Da haben Sie's wieder."
 
"Und – Erlauben mir Ew. Naseweis=
heit Ihnen zu sagen: Eine Puppe schickt sich
Fbesser für Sie als ein Mann. – Da haben
Sie's wieder."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Sie bleiben doch zeitlebens ein Fratz!"
 
"Sie bleiben doch zeitlebens ein
Fratz!"
Eiler
 
Eiler.
"Und Sie zeitlebens eine Närrin, Frau Schnipps."
 
"Und Sie zeitlebens eine Närrinn Frau
Schnipps."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"So bin ich gerade die rechte Gesellschaft für Sie."
 
"So bin ich gerade die rechte Ge=
sellschaft für Sie."
Eiler
 
Eiler.
"Tschu! Tschu! Tschu!"
 
"Tschu! Tschu! Tschu!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Außerordentlich artig! Wo haben Sie gesehn, dass ein Mann seiner Frau so begegnet?"
 
"Auserordentlich artig! wo ha=
ben Sie gesehn, daß ein Mann seiner Frau so
begegnet?"
Eiler
 
Eiler.
"Wo haben Sie gesehen, dass eine Frau Ihrem Manne so begegnet? Der Henker hole mich, man täte besser, man würde ein Galeerensklave, als dass man sich so ein einfältig Ding an Hals hängt, das zu nichts nütze ist, als ein Schnupftuch zu säumen."
 
"Wo haben Sie gesehen, daß eine
Frau Ihrem Manne so begegnet? Der Henker
hohle mich, man thäte besser, man würde ein Ga=
lerensclave, als daß man sich so ein einfältig Ding
an Hals hängt, das zu nichts nütze ist als ein
Schnupftuch zu säumen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Und, wahrhaftig, eine Frau täte besser, sie würde eine Bänkelsängerin, als dass sie sich einen solchen Laffen auf den Hals ladet, der zeitlebens das Schulbuch auf dem Rücken tragen sollte."
 
"Und wahrhaftig eine Frau thäte
besser, sie würde eine Bänkelsängerinn, als daß sie
sich einen solchen Laffen auf den Hals ladet, der
Zeitlebens das Schulbuch auf dem Rücken tragen
sollte."
Eiler
 
Eiler.
"Es geschieht mir ganz recht."
 
"Es geschieht mir ganz recht."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Mir auch! Ich hätte bedenken sollen, dass man einen Mann so wenig nach dem Augenmaß beurteilen kann als einen Schuh; diesen muss man erst anprobieren, jenen kennenlernen."
 
"Mir auch! Ich hätte bedenken
sollen, daß man einen Mann so wenig nach dem
Augenmaaß beurtheilen kann als einen
FSchuh; diesen muß man erst anprobiren, jenen
kennen lernen."
Eiler
 
Eiler.
"Und ich hätte nicht so einen schlechten Geschmack haben und meine Frau in der Maske wählen sollen."
 
"Und ich hätte nicht so einen schlech=
ten Geschmack haben, und meine Frau in der
Maske wählen sollen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Wie? Sie haben mich in der Maske gewählt?"
 
"Wie? Sie haben mich in der
Maske gewählt?"
Eiler
 
Eiler.
"Ja, und noch dazu in der gefährlichsten von der Welt."
 
"Ja, und noch dazu in der gefährlich=
sten von der Welt."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Die ist?"
 
"Die ist?"
Eiler
 
Eiler.
"Das bloße Gesicht."
 
"Das bloße Gesicht."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Mein Gesicht wär eine Maske? Nein, so lass ich mich nicht schimpfen – Ich will's meinem Papa sagen –" (beiseite) "So hat er noch nie mit mir gesprochen! Er muss von jemand aufgehetzt sein."
 
"Mein Gesicht wär' eine Maske?
Nein, so laß ich mich nicht schimpfen –
Ich will's meinem Papa sagen –
"(bey Seite.) "So hat er noch nie mit mir ge=
sprochen! Er muß von jemand aufgehetzt seyn."
Eiler
 
Eiler.
"So recht. Weinen Sie sich hübsch die Augen rot, damit's Ihnen jedermann ansieht, dass Sie vor Ihrem Mann im Gericht gestanden, und Sie hübsch über ihn klagen können, wie ein kleines Kind."
 
"So recht. Weinen Sie sich hübsch die
Augen roth, damit's ihnen Jederman ansieht, daß
Sie vor Ihrem Mann im Gericht gestanden,
und Sie hübsch über ihn klagen können, wie ein
kleines Kind."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(weinend)
 
(weinend)
"Unartiger Mann! hab ich solch eine Begegnung verdient?"
 
"Unartiger Mann!
hab ich solch eine Begegnung verdient?"
Eiler
 
Eiler.
(beiseite)
 
(bey Seite)
"Itzt weiß ich mir nicht zu raten. Wenn doch itzt Lord Medway da wäre! Für Tränen hat er mir keine Lektion gegeben."
 
"Itzt weiß ich mir nicht zu
rathen. Wenn doch itzt Lord Medway da wä=
re! Für Thränen hat er mir keine Lection ge=
geben."
Madame Pfeil
 
FMad. Pfeil.
"Ich opferte ihm alle Männer auf, und noch! Das ist mein Dank!"
 
"Ich opferte ihm alle Männer
auf, und noch! das ist mein Dank!"
Eiler
 
Eiler.
(beiseite)
 
(bey. Seite.)
"Ein verdammter Pfeil! der greift ein! Das fällt mir so verteufelt angenehm aufs Herz, dass ich meine ganze Lektion vergesse."
 
"Ein verdammter Pfeil!
der greift ein! das fällt mir so verteufelt ange=
nehm aufs Herz, daß ich meine ganze Lection
vergesse."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Ich will ihn nun aber auch herausreißen aus meinem Herzen."
 
"Ich will ihn nun aber auch
herausreißen aus meinem Herzen."
Eiler
 
Eiler.
"Nein, nein, das will ich nicht. Das will auch Lord Medway nicht. Ich muss einlenken. Wenn ich nur wüsste wie?" (geht in komischer Unentschlossenheit auf sie zu) "Hilf Himmel, wie barbarisch ist dein Kopf aufgesetzt?"
 
"Nein, nein, das will ich nicht. Das
will auch Lord Medway nicht. Ich muß ein=
lenken. Wenn ich nur wüßte wie?" (geht in
komischer Unentschlossenheit auf sie zu)
"Hilf
Himmel, wie barbarisch ist dein Kopf aufgesetzt?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(für sich)
 
(für sich)
"Ich will nachgeben, vielleicht komm ich dahinter, wer ihn gegen mich verhetzt hat."
 
"Ich will nachgeben,
vielleicht komm ich dahinter, wer ihn gegen
mich verhetzt hat."
Eiler
 
Eiler.
"Du siehst wie zehn Furien aus, auf Ehre, eine wahre Meduse!"
 
"Du siehst wie zehn Furien aus, auf
Ehre eine wahre Meduse!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(ganz sanft)
 
(ganz sanft)
"Die Frisur gefällt dir also nicht? So will ich morgen meinen Friseur abdanken."
 
"Die Frisur ge=
fällt dir also nicht? so will ich morgen meinen
Frieseur abdanken."
Eiler
 
Eiler.
"So steht er dir gewiss selber nicht mehr an. Denn mein Urteil hat sonst eben nicht das Glück, dir sehr zu gefallen."
 
"So steht er dir gewiß selber nicht
mehr an. Denn mein Urtheil hat sonst eben
nicht das Glück dir sehr zu gefallen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Ich versichere dich, ich glaube, die Frisur steht sehr gut, wenn ich also den Friseur abschaffe, tu ich's bloß dir zu Gefallen."
 
"Ich versichere dich, ich glaube
die Frisur steht sehr gut, wenn ich also den
FFrieseur abschaffe, thu' ich's blos dir zu Ge=
fallen."
Eiler
 
Eiler.
(für sich)
 
(für sich)
"Ich glaube, ich werfe mit meinem Projekt um! – Standhaft!" (laut, spöttisch) "Ich kann mir's einbilden! Das ist dein einziges Dichten und Trachten."
 
"Ich glaube, ich werfe mit
meinem Projekt um! – Standthaft!"
(laut) (spöttisch) "Ich kann mirs einbilden!
Das ist dein einziges Dichten und Trachten."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Wahrhaftig, mein Schatz, das würd es sein, wenn du mir's nur erlauben wolltest."
 
"Wahrhaftig mein Schatz, das
würd' es seyn, wenn du mir's nur erlauben woll=
test."
Eiler
 
Eiler.
"Liebstes Weib! sag das noch einmal, es klingt gar zu gut, wenn's auch nicht wahr ist."
 
"Liebstes Weib! Sag das noch ein=
mal, es klingt gar zu gut, wenns auch nicht
wahr ist."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Auf Ehre, mein Schatz! Ich wünsche mit meinem Putz niemand lieber zu gefallen als dir."
 
"Auf Ehre, mein Schatz! Ich
wünsche mit meinem Putz niemand lieber zu ge=
fallen als dir."
Eiler
 
Eiler.
"Was für ein verhenkert angenehmes Geschöpf wären Sie, wenn Sie immer bei der Laune blieben."
 
"Was für ein verhenkert angenehmes Ge=
schöpf wären Sie, wenn Sie immer bey der
Laune blieben."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Das wird nur auf Sie ankommen. Mein unartiger Engel!"
 
"Das wird nur auf Sie an=
kommen. Mein unartiger Engel.!"
Eiler
 
Eiler.
"Nun, ich will wahrhaftig diese Freude so lange zu erhalten suchen, als sie sich nur will halten lassen."
 
"Nun ich will wahrhaftig diese Freu=
de so lange zu erhalten suchen, als Sie sich
nur will halten lassen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Ich will wenigstens nie wieder mit dir zanken."
 
"Ich will wenigstens nie wieder
mit dir zanken."
Eiler
 
Eiler.
"Gewiss?"
 
"Gewiß?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Auf Ehre!"
 
"Auf Ehre!"
Eiler
 
FEiler.
"Auch ich nicht mit dir, so wahr ich lebe! Wollen wir uns auch lieben?"
 
"Auch ich nicht mit dir, so war ich lebe!
Wollen wir uns auch lieben?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Unaussprechlich!"
 
"Unaussprechlich!"
Eiler
 
Eiler.
"Topp! Ich will an allem, was du tust, nichts aussetzen."
 
"Topp! Ich will an allem was du
thust, nichts aussetzen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Und ich nichts an allem, was du sagst."
 
"Und ich nichts an allem, was du
sagst."
Eiler
 
Eiler.
"Ich will dir in nichts widersprechen."
 
"Ich will dir in nichts widersprechen."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Und ich dir in allem recht geben."
 
"Und ich dir in allem Recht ge=
ben."
Eiler
 
Eiler.
"O du allerliebstes kleines Herz, du!"
 
"O du allerliebstes kleines Herz du!"
(Er küsst ihr die Hand.)
 
(er
küst ihr die Hand)
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"O du allerliebster kleiner Schelm, du!"
 
"O du allerliebster kleiner Schelm
du!"
(Sie klopft ihn auf die Backen.)
 
(sie klopft ihn auf die Backen.)
Eiler
 
Eiler.
"Warum haben wir uns denn gezankt, mein Engel?"
 
"Warum haben wir uns denn gezankt
mein Engel?"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Das musst du wissen, mein Schatz!"
 
"Das mußt du wissen, mein
Schatz!"
Eiler
 
Eiler.
"Ja, ich weiß wohl; Lord Medway bedauerte mich immer so – –"
 
"Ja ich weis wohl; Lord Medway be=
dauerte mich immer so – –"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Weswegen?"
 
"Weswegen?"
Eiler
 
Eiler.
"Dass ich dich geheuratet hätte."
 
"Daß ich dich geheurathet hätte."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Im Ernst?"
 
"Im Ernst?"
Eiler
 
Eiler.
"Auf mein Wort!"
 
"Auf mein Wort!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Der Verräter! Mir machte er's ebenso und sagte, du warst mich nicht wert."
 
"Der Verräther! Mir machte
ers eben so, und sagte: du warst mich nicht
werth."
Eiler
 
FEiler.
"Der Bösewicht!"
 
"Der Bösewicht!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Und trug mir seine Liebe an."
 
"Und trug mir seine Liebe an."
Eiler
 
Eiler.
"Der Treulose!"
 
"Der Treulose!"
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
"Hör, mein Kind, komm in mein Kabinett, wir wollen uns rächen und ihm ein Billet schreiben."
 
"Hör mein Kind, komm in mein
Kabinet, wir wollen uns rächen, und ihm ein
Billet schreiben."
Eiler
 
Eiler.
(nimmt sie um den Leib und führt sie zurück)
 
(nimmt sie um den Leib und führt sie
zurück)
"Ja, das wollen wir."
 
"Ja das wollen wir."
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(zu Frank)
 
(zu Frank.)
Nun, was sagen Sie?
 
Nun, was sa=
gen Sie?
Frank
 
Frank
Ihr Schüler macht Ihnen Ehre.
 
Ihr Schüler macht Ihnen Ehre.
Puf
 
Puf.
Gezankt haben Sie ganz unvergleichlich, Madame!
 
Gezankt haben Sie ganz unvergleichlich
Madame!
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(mit einem zornigen Blick)
 
(mit einem zornigen Blick)
Und die Liebhaberin?
 
Und die Liebhaberinn?
Frank
 
Frank.
(ironisch auf Eilern zeigend)
 
(ironisch auf Eilern zeigend)
Davon haben wir hier den besten Beweis.
 
Da=
von haben wir hier den besten Beweiß.
Vierter Auftritt
 
Vierter Auftritt.
Vorige, Madame Krone.
 
Vorige, Madame Krone.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
(mit einem verächtlichen Blick auf Madame Krone)
 
(mit einem verächtlichen Blick
auf Mad. Krone)
Kommt die Prinzessin auch?
 
Kommt die Prinzeßinn auch?
Eiler
 
Eiler.
(ängstlich)
 
(ängstlich)
Wir wollen gehen. Auf Wiedersehen, Herr Frank. (heimlich zu Frank) Öffnen Sie nur Ihr Theater bald, damit ich ja nicht mehr die Liebhaberrolle spielen darf.
 
Wir wollen gehen. Auf
Wiedersehen, Herr Frank. (heimlich zu Frank)
Oefnen Sie nur Ihr Theater bald, damit ich
Fja nicht mehr die Liebhaber Rolle spielen darf.
(Eiler und Madame Pfeil ab)
 
(Eiler und Mad. Pfeil. ab)
Frank
 
Frank.
Beste Madame Krone, was führt Sie zu mir?
 
Beste Madame Krone, was führt
Sie zu mir?
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Der Ruf, dass Sie eine neue Gesellschaft errichten wollen. Ich hoffe, Sie werden mir doch Engagement geben? Sie wissen, dass ich in der hohen Tragödie meinesgleichen suche.
 
Der Ruf, daß Sie eine neue
Gesellschaft errichten wollen. Ich hoffe, Sie
werden mir doch Engagement geben? Sie wissen,
daß ich in der hohen Tragödie meines Gleichen suche.
Puf
 
Puf.
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank)
Die ist nichts für uns.
 
Die ist nichts für uns.
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Zaire, Alzire, Kleopatra, Rodogüne und dergleichen sind Eigentumsrollen von mir.
 
Zayre, Alzire, Kleopatra, Rodogü=
ne und dergleichen sind Eigenthums=Rollen von mir.
Frank
 
Frank.
O beste Madame Krone, damit ist's vorbei. Corneille, Racine, Voltaire, diese Väter der echten Tragödie, sind hinter den Ofen geworfen und ihre Stücke, die wahren Probiersteine tragischer Schauspieler, für unbrauchbar erklärt. Der Shakesparismus hat uns ergriffen, und Helden- und Staatsaktionen sind die Produkte, womit wir jetzt paradieren. Ein Trauerspiel ohne Lustigmacher, ohne Tollhausnarren, Donnerwetter und Gespenster wird für fades Gewäsche erklärt, die Zuschauer gähnen, und die Kasse bleibt leer.
 
O beste Madame Krone, damit
ist's vorbey. Korneille, Racine, Voltä=
re, diese Väter der ächten Tragödie sind hinter
den Ofen geworfen, und ihre Stücke, die wah=
ren Probiersteine tragischer Schauspieler, für un=
brauchbar erklärt. Der Shakesparismus hat
uns ergriffen, und Helden= und Staatsaktionen
sind die Produkte, womit wir jetzt paradiren.
Ein Trauerspiel ohne Lustigmacher, ohne Toll=
hausnarren, Donnerwetter und Gespenster wird
für fades Gewäsche erklärt, die Zuschauer gäh=
nen, und die Kasse bleibt leer.
Puf
 
Puf.
Ja, ja, das haben wir alles erfahren. Ich als lustiger Bedienter habe eine Schellenkappe aufsetzen, mich als Pickelhering kleiden und die Tragödie aufrecht halten müssen. (heimlich zu Frank) Schicken Sie die tragische Prinzessin fort.
 
Ja, ja, das haben wir alles erfahren.
Ich als lustiger Bedienter, habe eine Schel=
lenkappe aufsetzen, mich als Pickelhäring kleiden,
und die Tragödie aufrecht halten müssen. (heim=
lich zu Frank)
F Schicken Sie die tragische Prin=
zeßinn fort.
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Das weiß ich leider alles! Aber, Sie hoffte ich nicht so sprechen zu hören, Herr Frank. Ich glaube, es kommt immer auf den Direkteur an, sein Publikum zu haben, wie er will. Gewöhnt er es an gute Sachen, wird es nichts Schlechtes verlangen. Nur muss er ihm nichts auftragen, woran es sich den Geschmack verderben kann; lieber eine Zeit lang lavieren –
 
Das weiß ich leider alles!
Aber, Sie hoffte ich nicht so sprechen zu hören,
Herr Frank. Ich glaube es kommt immer auf
den Direkteur an, sein Publikum zu haben wie
er will. Gewöhnt er es an gute Sachen, wird
es nichts schlechtes verlangen. Nur muß er ihm
nichts auftragen, woran es sich den Geschmack
verderben kann; Lieber eine Zeitlang laviren –
Puf
 
Puf.
und nichts geben, was ihm Geld bringt? So muss er desto geschwinder aufhören.
 
Und nichts geben was ihm Geld bringt?
so muß er desto geschwinder aufhören.
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Wie die Sache liegt, haben Sie dem Schein nach recht; aber wer ist schuld daran? Eben Sie und Ihre Kollegen. Denn wären die lustigen Bedienten aus dem Trauerspiel geblieben, so wäre es noch in seinem alten Wert. Doch ich will mich mit Ihnen in keinen Wortwechsel einlassen. Herr Frank, ich habe einen der besten tragischen Schauspieler bei mir, es ist Herr Herz. Wir wollen Ihnen eine Szene aus Bianka Capello spielen. Urteilen Sie dann, ob es nicht möglich wäre, die reine Empfindung auf dem Theater wieder geltend zu machen.
 
Wie die Sache liegt, haben
Sie dem Schein nach Recht; aber wer ist Schuld
daran? eben Sie und ihre Kollegen. Denn,
wären die lustigen Bedienten aus dem Trauerspiel
geblieben, so wäre es noch in seinem alten Werth.
Doch ich will mich mit Ihnen in keinen Wort=
wechsel einlassen. Herr Frank, ich habe einen
der besten tragischen Schauspieler bey mir, es
ist Herr Herz. Wir wollen Ihnen eine Sce=
ne aus Bianka Capello spielen. Urtheilen Sie
dann, ob es nicht möglich wäre die reine Em=
pfindung auf dem Theater wieder geltend zu ma=
chen.
(Sie geht an die Szene und führt Herrn Herz heraus.)
 
(Sie geht an die Scene und führt
Herren Herz heraus)
Fünfter Auftritt
 
FFünfter Auftritt.
Vorige, Herz.
 
Vorige, Herz.
Frank
 
Frank.
(zu Herz)
 
(zu Herz)
Mich freut es recht sehr, Sie kennen zu lernen, ich habe viel Rühmliches von Ihnen gehört.
 
Mich freut es recht sehr
Sie kennen zu lernen, ich habe viel rühmliches
von Ihnen gehört.
Herz
 
Herz.
Ich wünsche nur, dass Sie es auch finden.
 
Ich wünsche nur, daß Sie es auch
finden.
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Wir wollens versuchen. Ich bin Bianka Capello, Sie Bonaventuri!
 
Wir wollens versuchen. Ich bin
Bianka Capello, Sie Bonaventuri!
(Sie stellt oder setzt sich in eine schwermütige Lage.)
 
(sie stellt
oder sezt sich in eine schwermüthige Lage)
Herz
 
Herz.
"Warum so äußerst ernsthaft – wohl gar traurig, liebe Bianka?"
 
"Warum so äußerst ernsthaft – wohl
gar traurig, liebe Bianka?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Ich denke diesem Abend nach."
 
"Ich denke diesem Abend nach."
Herz
 
Herz.
(aufmerksam werdend)
 
(aufmerksam werdend)
"Diesem Abend?"
 
"Diesem
Abend?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(mit einem ernsthaften Kopfschütteln)
 
(mit einem ernsthaften
Kopfschütteln)
"O es ist eine feierliche Nacht, Bonaventuri, diese heutige Nacht! – Nicht sowohl ihrer selbst willen – sie müsst es denn noch werden – als vielmehr ihres Andenkens halber."
 
"O es ist eine feyerliche Nacht
Bonaventuri, diese heutige Nacht! – Nicht
sowohl ihrer selbst willen – Sie müst' es
denn noch werden – als vielmehr ihres An=
denkens halber."
Herz
 
Herz.
"Ich verstehe dich nicht, liebstes Weibchen."
 
"Ich verstehe dich nicht liebstes Weib=
chen."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Was mir wehe genug tut! Man vergisst seinen oder eines Freundes Geburtstag nicht leicht, und sie war einst die Geburtsnacht unser ehelichen Verbindung."
 
"Was mir wehe genug thut!
Man vergißt seinen oder eines Freundes Ge=
Fburtstag nicht leicht, und sie war einst die
Geburtsnacht unser ehelichen Verbindung."
Herz
 
Herz.
"So?"
 
"So?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Zwei Jahre nun, dass ich mit einem Schauder, der alle Gebeine durchbebte, bei der Rückkehr unsrer zärtlichen Unterredung die väterliche Haustüre verschlossen fand – umkehrte – und, du weißt's ja, in wessen Arme flog!"
 
"Zwey Jahre nun, daß ich
mit einem Schauder, der alle Gebeine durch=
bebte, bey der Rückkehr unsrer zärtlichen Un=
terredung, die väterliche Hausthüre verschlos=
sen fand – umkehrte – und, du weißt's ja
in wessen Arme flog!"
Herz
 
Herz.
(seinen Arm lächelnd um ihre Schultern schlingend)
 
(seinen Arm lächelnd um ihre Schul=
tern schlingend)
"Was dich doch hoffentlich jetzt nicht reut?"
 
"Was dich doch hoffentlich
jetzt nicht reut?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(mit einem starren Blick in sein Auge, den er kaum aushält)
 
(mit einem starren Blick in
sein Auge, den er kaum aushält)
"Und auch wohl nicht reuen darf! Nicht wahr, Bonaventuri, du liebst mich noch?"
 
"Und auch wohl nicht reuen darf! Nicht wahr
Bonaventuri, du liebst mich noch?"
(indem sie seine Hand ergreift)
 
(indem
sie seine Hand ergreift.)
Herz
 
Herz.
"Wie das Bianka fragen kann!"
 
"Wie das Bianka fragen kann!"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(immer seine Hand haltend, mit noch ernsterm, liebevollem Blick)
 
(immer seine Hand hal=
tend, mit noch ernsterm liebevollen Blick)
"Wenigstens kann sie fragen: ob noch so rein, so heiß wie damals?"
 
"Wenigstens kann sie fragen: ob noch so rein,
so heiß wie damals?"
Herz
 
Herz.
(mit dem Tone des sich mühsam zwingenden Gewissens)
 
(mit dem Tone des sich mühsam
zwingenden Gewißens)
"So rein und heiß!"
 
"So rein und heiß!"
Madame Krone
 
Mad. Krone
"Und so einzig? Nein, Bonaventuri, verbirg deine Verlegenheit nicht länger! Ein Fehlender ist mehr noch als ein Heuchler wert. – Einzig! Dies Wort also vermagst du nicht zu wiederholen; jene vorigen erzwangst du noch."
 
"Und so einzig? Nein Bona=
venturi, verbirg deine Verlegenheit nicht län=
ger! Ein Fehlender ist mehr noch als ein
FHeuchler werth. – Einzig! Dies Wort al=
so vermagst du nicht zu widerholen; jene vo=
rigen erzwangst du noch."
Herz
 
Herz.
(der seine Betretung unter Beleidigtsein verbergen will)
 
(der seine Betretung unter belei=
digt seyn verbergen will)
"Erzwang? Fehler? Gewiss, Bianka, ich weiß nicht, wie ich zu diesem Vorwurf komme."
 
"Erzwang? Feh=
ler? Gewiß Bianka, ich weiß nicht, wie ich
zu diesem Vorwurf komme."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Bonaventuri! unsere Liebe ist nicht mehr ganz, wie sie ehemals war, nicht mehr so wechselseitig."
 
"Bonaventuri! unsere Liebe
ist nicht mehr ganz wie sie ehemals war,
nicht mehr so wechselseitig."
Herz
 
Herz.
"Wenigstens auf meiner Seite."
 
"Wenigstens auf meiner Seite."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Lieber, sprich diese Unwahrheit nicht aus! Ich hasse jeden Mund, welcher lügt, und den deinigen möcht ich gern ewig lieben und achten zugleich. Sieh, schon wirst du bald rot, bald bleich, schon stammelst du und stockst, und doch hab ich das Wort noch nicht einmal ausgesprochen, was weit mehr deine Farbe wechseln und dich stammeln machen könnte."
 
"Lieber, sprich diese Un=
wahrheit nicht aus! ich haße jeden Mund,
welcher lügt, und den deinigen möcht ich gern
ewig lieben und achten zugleich. Sieh, schon
wirst du bald roth, bald bleich, schon stam=
melst du und stockst, und doch hab ich das
Wort noch nicht einmal ausgesprochen, was
weit mehr deine Farbe wechseln, und dich
stammeln machen könnte."
Herz
 
Herz.
(immer verlegner)
 
(immer verlegner)
"Welches Wort?"
 
"Welches Wort?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Kassandra Bongiani."
 
"Kassandra Bongiani."
Herz
 
Herz.
"Kassandra? Was soll das? Was meinst du mit ihr?"
 
"Kassandra? Was soll das? was
meinst du mit ihr.?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Du wolltest es, und meine Vorherverkündigung ist eingetroffen."
 
"Du wolltest es, und mei=
ne Vorherverkündigung ist eingetroffen."
Herz
 
FHerz.
(sich fassend)
 
(sich fassend.)
"Nein, Bianka, die Röte, die du mir vorwirfst und die ich selbst gar wohl fühle, ist nicht von Scham, sondern von dem Erstaunen erzeugt, dass meine sonst so billig denkende Gattin endlich auch ein Märchen glauben kann, das bloß müßige Pagen und Jagdjunker sich an irgendeinem Regentage ausgedacht haben; Leute, welche glauben, man sei verliebt in jede Dame, mit der man etwa zweimal an einem Balle tanzt oder übern andern Tag je zuweilen zwanzig Worte spricht."
 
"Nein Bianka, die Rö=
the, die du mir vorwirfst, und die ich selbst
gar wohl fühle, ist nicht von Scham, sondern
von dem Erstaunen erzeugt, daß meine sonst
so billig denkende Gattinn endlich auch
ein Mährchen glauben kann, das blos müßi=
ge Pagen und Jagdjunker sich an irgend einem
Regentage ausgedacht haben; Leute welche
glauben, man sey verliebt in jede Dame mit
der man etwa zweymal an einem Balle tanzt,
oder übern andern Tag je zuweilen zwanzig
Worte spricht."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Und du beharrst auf deinem Leugnen? Warnung auf Warnung erschüttert dich nicht? Damit bei längern Umschweifen nicht stärkere Schuld des Trugs über dein Haupt komme, so schau her! Wessen ist dies Siegel?"
 
"Und du beharrst auf dei=
nem Läugnen? Warnung auf Warnung er=
schüttert dich nicht? Damit bey längern Um=
schweifen nicht stärkere Schuld des Trugs
über dein Haupt komme, so schau her! Wes=
sen ist dies Siegel?"
(zeigt ihm einen Brief)
 
(zeigt ihm einen Brief)
Herz
 
Herz.
(erschrocken)
 
(erschrocken)
"Das meinige."
 
"Das meinige."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(ihn unwendend)
 
(ihn unwendend)
"Und die Hand dieser Aufschrift?"
 
"Und die
Hand dieser Aufschrift?"
Herz
 
Herz.
(für sich)
 
(für sich)
"Gott! wenn es der verloren gegangene Brief, die Ursache von schon mancher meiner Sorgen wäre?" (laut und zitternd) "Es scheint meine Hand zu sein."
 
"Gott! wenn es der verloren
gegangene Brief, die Ursache von schon man=
cher meiner Sorgen wäre?" (laut und zitternd)
"Es scheint meine Hand zu seyn."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Und ist es. Ist dein Brief an ein Weib, mit dem nur müßige Pagen und Jagdjunker dich ins Gerede bringen. Bonaventuri! bei dem Allwissenden! Nicht meine Mühe, nicht List der Eifersucht verschaffte mir diesen Brief! Bloß der Hass deiner Feinde bracht ihn in meine Hände, und ich geb ihn dir wieder, wie ich ihn empfing. Ich dürfte das Siegel nur erbrechen, und ich hätte dann sichre Beweise deiner Untreu tausendfältig; aber nein – –"
 
"Und ist es. Ist dein Brief
an ein Weib mit dem nur müssige Pagen und
FJagdjunker dich ins Gerede bringen. Bo=
naventuri! bey dem Allwissenden! nicht mei=
ne Mühe, nicht List der Eifersucht verschaffte
mir diesen Brief! Bloß der Haß deiner
Feinde bracht' ihn in meine Hände, und ich
geb ihn dir wieder, wie ich ihn empfieng.
Ich dürfte das Siegel nur erbrechen, und
ich hätte dann sichre Beweise deiner Untreu
tausendfältig; aber nein – –"
Herz
 
Herz.
(der gleichsam wie aus einem Traum auffährt und aufmerksam den Brief betrachtet)
 
(der gleichsam wie aus einem Traum
auffährt und aufmerksam den Brief
betrachtet)
"Wie! – Götter! – Bianka! – ist's möglich! – dies Siegel?"
 
"Wie! – Götter! –
Bianka! – ists möglich! – dies Siegel?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(mit schmerzhaftem Lächeln)
 
(mit schmerzhaftem Lächeln)
"Nun ja, ist ganz."
 
"Nun ja, ist ganz."
Herz
 
Herz.
(mit Feuer ihre Hand ergreifend und küssend)
 
(mit Feuer ihre Hand ergreifend
und küßend)
"Bianka, Weib ohnegleichen! Engel, der durch Scham mich niederwirft! O wüsstest du, was dieser Brief enthält!" (mit dem Ton der Reue) "Welche Vorschläge? welche Hirngespinste?"
 
"Bianka, Weib ohne Glei=
chen! Engel der durch Scham mich nieder=
wirft! O wüßtest du was dieser Brief enthält!"
(mit dem Ton der Reue) "Welche Vorschläge?
welche Hirngespinnste?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Mag ich sie doch nicht wissen! Besser freilich, dies Schreiben wäre nie geschrieben, aber da es dies einmal ist, so vergeh es so."
 
"Mag ich sie doch nicht wissen!
Besser freylich, dies Schreiben wäre nie ge=
schrieben, aber da es dies einmal ist, so vergeh'
es so"
(zerreißt den Brief)
 
(zerreißt den Brief)
Herz
 
FHerz.
"Edelstes Weib auf Gottes weiter Erde!" (Indem er sie umarmen will, bebt er zurück.) "Nein, ich bin es nicht wert, dich zu berühren!" (Er fällt aufs Knie.) "nicht wert, ach, nicht wert einmal den tiefsten Saum dieser Gewänder – –"
 
"Edelstes Weib auf Gottes weiter Erde!"
(indem er Sie umarmen will, bebt er zurück)
"Nein ich bin es nicht werth dich zu berühren!"
(er fällt aufs Knie) "nicht werth, ach nicht
werth einmal den tiefsten Saum dieser Ge=
wänder – –"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Bonaventuri! Mann! steh auf!" (Sie hebt ihn auf.) "Fliegst du nur anders mit inniger Reue, mit verjüngter Zartlichkeit in meine Arme; o so haben diese Arme nie dich zärtlicher umschlungen." (sieht ihn mit liebvollem Drohen an) "Böser, lieber böser Mann! wie viel opfert ich dir nicht auf?"
 
"Bonaventuri! Mann!
steh auf!" (sie hebt ihn auf) "Fliegst du nur
anders mit inniger Reue, mit verjüngter Zart=
lichkeit in meine Arme; O so haben diese
Arme nie dich zärtlicher umschlungen." (sieht
ihn mit liebvollem Drohen an)
"Böser, lie=
ber böser Mann! wie viel opfert' ich dir nicht
auf?"
Herz
 
Herz.
"Ja, wohl viel! Vaterland, Eltern, Wohlstand, Rang und Sicherheit gabst du hin, um Verbannung, Elend und Niedrigkeit mit mir zu teilen. Und ich – ich –"
 
"Ja wohl viel! Vaterland, Eltern,
Wohlstand, Rang und Sicherheit gabst du
hin, um Verbannung, Elend und Niedrig=
keit mit mir zu theilen. Und ich – ich –"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Guter Bonaventuri! alles, was du soeben nanntest, klingt freilich rau, ertrug sich freilich ehemals hart, aber doch war es mir nicht so schwer als mein jetziges Los."
 
"Guter Bonaventuri! alles was
du so eben nanntest, klingt freylich rauh; er=
trug sich freylich ehemals hart, aber doch war
es mir nicht so schwer, als mein jetziges Loos."
Herz
 
Herz.
(der sie falsch versteht)
 
(der sie falsch versteht.)
"Was von nun an dir keinen weitern Stoff zu Klag und Kummer geben soll."
 
"Was von nun
an dir keinen weitern Stof zu Klag' und
Kummer geben soll."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Nicht? Weißt du das so gewiss? Kennst du meine ganze Lage?"
 
"Nicht? weißt du das so gewiß?
kennst du meine ganze Lage?"
Herz
 
FHerz.
(dem dies etwas auffällt)
 
(dem dieß etwas auffällt)
"Wie? Sollt ich sie nicht kennen? Welch ein Geheimnis verschlüßt Bianka noch vor mir?"
 
"Wie? sollt
ich sie nicht kennen? Welch ein Geheimniß
verschlüßt Bianka noch vor mir?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Das peinlichste, was sie jemals hatte. Ja, Bonaventuri! es ist unumgänglich nötig, dass ich endlich einen Schleier dir vom Auge reiße, bei dem ich's kaum begreife, wie er nicht schon längst dir von selbst entsank." (mit schnell starr werdendem Blick) "Oder wär es vielleicht schon geschehen? Und du hättest nur aus Kaltsinn oder Staatsklugheit geschwiegen? Schande! unauslöschliche Schande über dir, wenn dem so wäre!"
 
"Das peinlichste, was sie jemals
hatte. Ja, Bonaventuri! es ist unumgänglich
nöthig, daß ich endlich einen Schleyer dir vom
Auge reiße; bey dem ichs kaum begreiffe, wie
er nicht schon längst dir von selbst entsank." (mit
schnell starrwerdendemBlick)
"Oder wär es
vielleicht schon geschehen? und du hättest nur aus
Kaltsinn oder Staatsklugheit geschwiegen?
Schande! unauslöschliche Schande über dir,
wenn dem so wäre!"
Herz
 
Herz.
"Bei Gott, ich verstehe dich nicht!"
 
"Bey Gott ich verstehe dich nicht!"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Das erste, das einzige Mal, dass eine Blindheit von dir mir lieb ist, wenigstens lieber als ein vorsätzliches Übersehen. – So wisse dann: Eben die geringfügigen Reize, die einst das Glück dich zu besiegen hatten, haben auch schon seit geraumer Zeit das Unglück gehabt, die Begierden unsers Herzogs zu reizen."
 
"Das erste, das einzigemal daß
eine Blindheit von dir mir lieb ist, wenigstens
lieber als ein vorsetzliches Uebersehen. – So
wiße dann: eben die geringfügigen Reize, die
einst das Glück dich zu besiegen hatten, haben
auch schon seit geraumer Zeit das Unglück ge=
habt, die Begierden unsers Herzogs zu reizen."
Herz
 
Herz.
(erstaunt)
 
(erstaunt)
"Wie? Der Herzog liebt dich?"
 
"Wie? der Herzog liebt dich?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Wenigstens spricht er so."
 
"Wenigstens spricht er so."
Herz
 
Herz.
"Zwar wer müsste dich nicht lieben, Engel in Weibsgestalt." (sein Haupt auf seine Hand stützend) "Er dich lieben! dich? Wie so natürlich, und doch wie so schrecklich für mich!" (sich vor die Stirne schlagend) "Ha! nun begreif ich alles! Nur das nicht, dass ich's nicht eher begriff! Aber woher weißt du es? Von ihm selbst?"
 
"Zwar wer müßte dich nicht lieben, En=
gel in Weibsgestalt." (sein Haupt auf seine
Hand stützend)
"Er dich lieben! dich? Wie so
natürlich, und doch wie so schrecklich für mich!"
F(sich vor die Stirne schlagend) "Ha! nun be=
begrief ich alles! nur das nicht, daß ichs nicht eher
greif! Aber woher weißt du es? vonhim selbst?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Von ihm selbst! Lies diesen Brief. In ihm, wie du siehst, beut er alles auf, was er für fähig hält, meine Tugend zu erschüttern; lässt mir von allem die Wahl, sobald ich ihn zu wählen mich entschlüße; Wahl, ob ich verstohlener Liebe frönen oder als erklärte Günstlingin mit meiner Schande prahlen wolle. Der Arme, er ahndet nicht das Blut einer venezianischen Edeltochter, nicht das Blut einer Capello in mir. – Auch stellt er's ganz auf meinen Ausspruch, ob er dich höher heben oder tiefer stürzen soll, als du jemals standest. – Ob ich die Buhlschaft mit Kassandern an dir bestrafen oder nur durch gleiche mit ihm vergelten wolle. – Dies sein Brief, den ich vorgestern erhielt! Begreifst du nun, warum ich gestern bei seinem Jagdmahle durchaus mich zu erscheinen weigerte? Warum er, deinem eigenen Ausdrucke nach, sich so zweideutig gegen dich betrug? Begreifst du's nun?"
 
"Von ihm selbst! Ließ diesen Brief.
In ihm, wie du siehst, beut er alles auf, was
er für fähig hält, meine Tugend zu erschüttern;
läßt mir von allem die Wahl sobald ich ihn zu
wählen mich entschlüße; Wahl, ob ich verstoh=
lener Liebe fröhnen, oder als erklärte Günst=
linginn mit meiner Schande prahlen wolle.
Der Arme, er ahndet nicht das Blut einer
venetianischen Edeltochter, nicht das Blut ei=
ner Kapello in mir. – Auch stellt ers ganz
auf meinen Ausspruch, ob er dich höher he=
ben, oder tiefer stürzen soll, als du jemals
standest. – Ob ich die Buhlschafft mit Kaß=
andern an dir bestrafen, oder nur durch gleiche
mit ihm vergelten wolle. – Dieß sein Brief,
den ich vorgestern erhielt! Begreifst du nun,
warum ich gestern bei seinem Jagdmahle durch=
aus mich zu erscheinen weigerte? Warum er,
deinem eigenen Ausdrucke nach, sich so zweydeu=
tig gegen dich betrug? Begreifst du's nun?"
Herz
 
Herz.
"Ach, ich begreife nur allzu viel, gleiche ganz dem Unglücklichen, den unbekannte Räuber mit verbundenen Augen in ihre Mörderhöhle geschleppt haben; und dem itzt eine mitleidige Hand den Verband wegnimmt. Er steht zwar nun wieder, aber was er sieht, sind Bilder des Schreckens."
 
"Ach ich begreife nur allzuviel, gleiche ganz
dem Unglücklichen, den unbekannte Räuber mit
verbundenen Augen in ihre Mörderhöhle ge=
schleppt haben; und dem itzt eine mitleidige
FHand den Verband wegnimmt. Er steht zwar
nun wieder, aber was er sieht, sind Bilder des
Schreckens"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"So will ich dir von einer andern Seite her die reizenden Aussichten einer sichern, sich gnügsamen Liebe zeigen. Bonaventuri! Mann meines Herzens, gedenk an jene Zeiten unsrer Armut. Waren sie trotz unsrer Armut nicht die Zeiten unsers Glücks? Spendete nicht eben damals das Schicksal gegen uns seine größten Schätze, da es mit uns zu kargen schien? O Lieber, wir, nur wir allein können reich und arm, beglückt und unbeglückt uns machen; machen, dass uns eine Hütte zur Welt, und eine Welt zur Hütte wird. Lass uns jenes tun, da es noch hoch am Tage ist."
 
"So will ich dir von einer an=
dern Seite her die reizenden Aussichten einer
sichern, sich gnügsamen Liebe zeigen. Bo=
naventuri! Mann meines Herzens, gedenk an
jene Zeiten unsrer Armuth. Waren sie,
trotz unsrer Armuth, nicht die Zeiten unsers
Glücks? Spendete nicht eben damals das Schick=
sal gegen uns seine größten Schätze, da es mit
uns zu kargen schien? O Lieber, wir, nur
wir allein können reich und arm, beglückt und
unbeglückt uns machen; machen daß uns eine Hütte
zur Welt, und eine Welt, zur Hütte wird. Laß
uns jenes thun, da es noch hoch am Tage ist."
Herz
 
Herz.
"Und wie dies anfangen?"
 
"Und wie dieß anfangen?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Kurzsichtiger! fragst du noch? Wir flohen aus Venedig über hohe Gebürge, ohne Geld und Schutz, als wir Verfolgung besorgten, müssen wir denn nun hierbleiben, wo sie wirklich schon da ist?"
 
"Kurzsichtiger! fragst du noch? Wir
flohen aus Venedig über hohe Gebürge, ohne
Geld und Schutz, als wir Verfolgung besorg=
ten, müßen wir denn Nun hier bleiben, wo sie
wirklich schon da ist?"
Herz
 
Herz.
(nach einer Pause)
 
(nach einer Pause)
"Meine Teure! weder die Furcht der Armut noch selbst des Todes soll mich von einer Flucht an deiner Seite abhalten. Aber nur eine Furcht, die Furcht der Schande, wünscht ich nicht mitzunehmen, und eben ihrentwegen glaub ich, dass wir nicht ganz so eilen können, wie wir wünschen."
 
"Meine Theure! we=
der die Furcht der Armuth noch selbst des To=
des soll mich von einer Flucht an deiner Seite
abhalten. Aber nur eine Furcht, die Furcht
der Schande wünscht' ich nicht mitzunehmen,
Fund eben ihrentwegen glaub' ich, daß wir nicht
ganz so eilen können, wie wir wünschen."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Welcher Schande?"
 
"Welcher Schande?"
Herz
 
Herz.
"Du weißt, dass des Herzogs anscheinende Großmut mir eine Menge Geschäfte von größter Wichtigkeit anvertrauet hat; itzt fliehn, eh sie vollendet worden, schiene treulos gehandelt, gäbe unsern Feinden ein zweischneidiges Schwert in die Hand."
 
"Du weißt, daß des Herzogs anscheinen=
de Großmuth mir eine Menge Geschäfte von
größter Wichtigkeit anvertrauet hat; itzt fliehn,
eh sie vollendet worden, schiene treulos gehan=
delt; gäbe unsern Feinden ein zweyschneidiges
Schwert in die Hand."
Madame Krone
 
Mad. Krone.
(den Kopf schüttelnd)
 
(den Kopf schüttelnd)
"Schiene treulos gehandelt! Und warten, bis sie geendet, scheint sehr unklug oder vielleicht sehr unmöglich. Ich bürge für meine Standhaftigkeit. Aber, Mann mit der wachsweichen Seele, wer bürgt dir für dich selbst?"
 
"Schie=
ne treulos gehandelt! und warten bis sie geen=
det, scheint sehr unklug oder vielleicht sehr unmög=
lich. Ich bürge für meine Standhaftigkeit.
Aber Mann mit der wachsweichen Seele, wer
bürgt dir für dich selbst?"
(will fort)
 
(will fort)
Herz
 
Herz.
(sie haltend)
 
(sie haltend)
"Liebstes, teurestes Weibchen, wohin?"
 
"Liebstes, theurestes Weib=
chen, wohin?"
Madame Krone
 
Mad. Krone.
"Lass mich auf einige Minuten allein; du kennst die Art meines Grams. Auch habe ich dir ja wohl Stoff genug zur Unterhaltung mit dir selbst gegeben."
 
"Laß mich auf einige Minuten al=
lein; du kennst die Art meines Grams. Auch
habe ich dir ja wohl Stof genug zur Unter=
haltung mit dir selbst gegeben."
(zeigt, dass die Szene vorbei sei)
 
(zeigt daß die
Scene vorbey sey.)
Frank
 
Frank.
Vortrefflich! Ja wohl, Madame, sind solche Schauspieler fähig, die reine Empfindung auf dem Theater wieder geltend zu machen. Wollen Sie bei mir bleiben? (zu Herz) Auch Sie? So schätz ich mich glücklich. Aber mehr als vierzehn Taler die Woche kann ich jedem von Ihnen nicht geben.
 
Vortreflich! Ja wohl Madame sind sol=
che Schauspieler fähig die reine Empfindung
auf dem Theater wieder geltend zu machen.
Wollen Sie bey mir bleiben? (zu Herz) Auch
Sie? so schätz ich mich glücklich. Aber mehr
Fals vierzehn Thaler die Woche kann ich jedem von
nen nicht geben.
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Vollkommen zufrieden. Die Art, mit der Sie solche anbieten, ist hinlänglicher Ersatz.
 
Vollkommen zufrieden. Die
Art, mit der Sie solche anbiethen, ist hinlängli=
cher Ersatz.
Puf
 
Puf.
(heimlich)
 
(heimlich)
Herr Frank, da haben Sie einen dummen Streich gemacht, die Leute wollen lachen, nicht ächzen.
 
Herr Frank, da haben Sie
einen dummen Streich gemacht, die Leute wol=
len lachen nicht ächtzen.
Frank
 
Frank.
Es gibt auch welche, die noch Herzen haben.
 
Es gibt auch welche, die noch Herzen
haben.
Sechster Auftritt
 
Sechster Auftritt.
Die Vorigen, Madame Vogelsang.
 
Die Vorigen, Madame Vogelsang.
Puf
 
Puf.
Ah! Madame Vogelsang! Willkommen, willkommen. Eben recht! Wollen Sie Engagement haben?
 
Ah! Madame Vogelsang! Willkommen,
willkommen. Eben recht! wollen Sie Engagement
haben?
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogels.
Deswegen komm ich her. Ich höre – –
 
Deswegen komm ich her. Ich
höre – –
Puf
 
Puf.
Herr Frank, da machen Sie eine Akquisition. (etwas heimlich auf Madame Krone deutend) Wenn Madame das Publikum mit lauter Empfindung eingewiegt hat, weckt die es wieder auf. Ich will Ihnen gleich eine Probe machen. (zu Madame Vogelsang) Madame! wissen Sie noch die Szene aus der Galanten Bäurin, die wir so oft zusammen gespielt haben?
 
Herr Frank, da machen Sie eine acqui-
sition
. (etwas heimlich auf Mad. Krone deu=
dent)
Wenn Madame das Publikum mit lauter
Empfindung eingewiegt hat, wekt die es wieder
auf. Ich will Ihnen gleich eine Probe machen.
(zu Mad. Vogelsang.) Madame! wißen Sie
Fnoch die Scene aus der galanten Bäurinn, die wir
so oft zusammen gespielt haben?
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogels.
Was sollt ich nicht! Es ist ja eine meiner Lieblingsszenen, meine Hauptszene; ist ja auf mich geschrieben worden.
 
Was sollt' ich nicht! Es ist ja ei=
ne meiner Lieblingsscenen, meine Hauptscene; ist
ja auf mich geschrieben worden.
Puf
 
Puf.
Nun, so bitten wir um Platz. (Madame Krone, Frank und Herz treten zurück.) "Guten Morgen, Röschen! wohin so früh?"
 
Nun so bitten wir um Platz. (Mad. Kro=
ne, Frank und Herz treten zurück)
"Guten
Morgen Röschen! Wohin so früh?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogels.
"In die Stadt."
 
"In die Stadt."
Puf
 
Puf.
"Und so geputzt?"
 
"Und so geputzt?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Es hat seine Ursachen."
 
"Es hat seine Ursachen."
Puf
 
Puf.
"Ei! was denn für welche?"
 
"Ey! was denn für welche?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Musst du's denn wissen?"
 
"Must du's denn wißen?"
Puf
 
Puf.
"Das versteht sich, als dein zukünftiger Mann."
 
"Das versteht sich, als dein zukünfti=
ger Mann."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
(seufzend)
 
(seufzend)
"Ja, da ist noch eine gute Weile hin."
 
"Ja, da ist noch
eine gute Weile hin."
Puf
 
Puf.
"Hm! so gar lange ist's doch eben nicht bis auf den Herbst."
 
"Hm! So gar lange ist's doch eben
nicht bis auf den Herbst."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Mein guter Michel, deine heurige Fechsung wirst du wohl noch ohne mich verzehren."
 
"Mein guter Michel dei=
ne heurige Fechsung wirst du wohl noch ohne
mich verzehren."
Puf
 
Puf.
(seufzend)
 
(seufzend)
"So? Ei! wie käm denn das?"
 
"So? Ey! wie käm' denn
das?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Ja, schau, mein lieber Michel, man muss weiter hinaus denken als auf heute und morgen. Ich habe nichts und du hast nicht viel, was kommt da heraus? Siebzehn Jahr bin ich auch erst alt, und wenn man gar so jung heuratet, wird man gar geschwind alt, hab ich gehört."
 
"Ja schau mein lieber
Michel, man muß weiter hinaus denken, als
auf heute und morgen. Ich habe nichts und
Fdu hast nicht viel, was kommt da heraus? Sieb=
zehn Jahr bin ich auch erst alt, und wenn man
gar so jung heurathet, wird man gar geschwind
alt, hab ich gehört."
Puf
 
Puf.
"So! so!"
 
"So! so!"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Es ist also besser, wir lassen's noch stehn."
 
"Es ist also besser, wir
lassens noch stehn."
Puf
 
Puf.
"Kurios! Wie kommt dir denn das auf einmal in Kopf?"
 
"Kurios! Wie kommt dir denn das auf
einmal in Kopf?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Ganz natürlich! Wenn man ein wenig weiter geguckt hat als in seine Schüssel, so sieht man ja, dass das Geld heutzutage das notwendigste Hausgeräte ist, und wenn man das nun nicht hat, so muss man sich doch erst darum umsehn."
 
"Ganz natürlich! Wenn
man ein wenig weiter gegukt hat als in seine
Schüßel, so sieht man ja, daß das Geld heut
zu Tage das nothwendigste Hausgeräthe ist, und
wenn man das nun nicht hat, so muß man
sich doch erst darum umsehn."
Puf
 
Puf.
"Meinst du? Gehst etwan deswegen in die Stadt?"
 
"Meinst du? Gehst etwan deswegen in
die Stadt?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Grade deswegen. Ich will mein Glück probieren."
 
"Grade deswegen. Ich
will mein Glück probiren."
Puf
 
Puf.
"Nun, und wie willst du denn das anstellen? Sag einem doch auch ein bisschen was, vielleicht lernt man noch ein und anders."
 
"Nun, und wie willst du denn das anstel=
len? Sag einem doch auch ein bischen was,
vielleicht lernt man noch ein und anders."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Du darfst weiter nicht spitzig tun, es hat alles seine gute Richtigkeit. Schau, da hab ich einen Korb Äpfel."
 
"Du darfst weiter nicht spi=
tzig thun, es hat alles seine gute Richtigkeit.
Schau, da hab ich einen Korb Aepfel?"
Puf
 
Puf.
"Das seh ich. Nun?"
 
"Das seh ich. Nun?"
Madame Vogelsang
 
FMad. Vogelsang.
"Der muss machen, dass ich noch einmal mit Kutsch und Pferden fahre."
 
"Der muß machen, daß ich
noch einmal mit Kutsch und Pferden fahre."
Puf
 
Puf.
(greift ihr an die Stirne)
 
(greift ihr an die Stirne)
"Bist gestern gewiss zu viel in der Sonne gestanden?"
 
"Bist ge=
stern gewiß zu viel in der Sonne gestanden?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Gar nicht, Herr Michel. Nu – die Äpfel trag ich zu der alten Anne Bruder, der ist fürstlicher Gärtner – –"
 
"Gar nicht Herr Michel.
Nu – die Aepfel trag ich zu der alten Anne
Bruder, der ist fürstlicher Gärtner – –"
Puf
 
Puf.
"Und der wird dir so viel dafür geben, dass du – –?"
 
"Und der wird dir so viel dafür geben,
daß du – –?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Plump mir nur nicht drein. Da hab ich auch ein Briefchen an ihn, wo sie mich ihm rekommandiert, damit er mich bei sich behält. Der hat nun das ganze Jahr hindurch eine Menge Pomeranzen und Pfirsichen. Er gibt mir also alle Tage ein Körbel voll zu verkaufen. Die trag ich in der Früh aus, in die Kanzeleien, auf die Reitschule und, was mir noch übrig bleibt, gegen Mittag zu den vornehmen Herren, wenn sie Ballen spielen. Nun, mit einem hübschen Mädel handeln solche Leute nicht: Jeder gibt mir, was ich fodre, mancher schenkt mir wohl gar noch was dazu. Da kann ich mir also leicht in einem Vormittage ein paar Gulden verdienen."
 
"Plump mir nur nicht drein.
Da hab ich auch ein Briefchen an ihn, wo
sie mich ihm recommandirt, damit er mich bey
sich behält. Der hat nun das ganze Jahr hin=
durch eine Menge Pomeranzen und Pfirschen.
Er giebt mir also alle Tage ein Körbel voll zu
verkaufen. Die trag ich in der Früh aus, in
die Kanzeleyen, auf die Reitschule, und was
mir noch übrig bleibt, gegen Mittag zu den vorneh=
men Herren, wenn sie Ballen spielen. Nun,
mit einem hübschen Mädel handeln solche Leu=
te nicht: jeder giebt mir was ich fodre, man=
cher schenkt mir wohl gar noch was dazu.
Da kann ich mir also leicht in einem Vormit=
tage ein paar Gulden verdienen."
Puf
 
Puf.
"Manchmal auch mehr, nachdem du eine Kundschaft triffst. Hm! hm!"
 
"Manchmal auch mehr, nachdem du eine
Kundschaft trifst. hm! hm!"
Madame Vogelsang
 
FMad. Vogelsang.
"Rümpf du nur die Nase, ich weiß schon, was ich zu tun habe. Wenn mir einer sagt, ich soll ihm Pomeranzen ins Haus bringen, so versprech ich ihm's wohl, weil er mir desto mehr zahlt, aber ich find's Haus nicht, und so behalt ich lange eine gute Kundschaft an ihm."
 
"Rümpf du nur die Na=
se, ich weiß schon, was ich zu thun habe.
Wenn mir einer sagt, ich soll ihm Pomeranzen
ins Haus bringen, so versprech ich ihms wohl,
weil er mir desto mehr zahlt, aber ich finds
Haus nicht, und so behalt' ich lange eine gute
Kundschafft an ihm."
Puf
 
Puf.
"Schau, schau! Freilich, bei Handel und Wandel kommt viel auf die Kundschaften an. Nu, weiter?"
 
"Schau, schau! Freylich, bey Handel und
Wandel kommt viel auf die Kundschaften an.
Nu, weiter?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Das geschieht nun alles Vormittag. Nachmittag lern ich Näh'n, Putzmachen und Frisieren. In einem Jahr bin ich fertig, da leg ich denn mein Bauerngewandel ab, kleid mich nach der Mode und komm zu einer Gräfin als Kammerjungfer."
 
"Das geschieht nun alles
Vormittag. Nachmittag lern ich Näh'n, Putz=
machen und Friesieren. In einem Jahr bin
ich fertig, da leg ich denn mein Bauerngewan=
del ab, kleid mich nach der Mode, und komm
zu einer Gräfinn als Kammerjungfer."
Puf
 
Puf.
"Potztausend, wie geschwind!"
 
"Potztausend, wie geschwind!"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Du darfst gar nicht zweifeln, ein hübsch Gesicht wird überall rekommandiert."
 
"Du darfst gar nicht
zweifeln, ein hübsch Gesicht wird überall recom=
mandirt
."
Puf
 
Puf.
"Und da fährst du also mit Kutsch und Pferden? Richtig, mit der Bagage, wenn die Herrschaft auf die Güter fährt."
 
"Und da fährst du also mit Kutsch und
Pferden? Richtig, mit der Bagage, wenn
die Herrschaft auf die Güter fährt."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Nein, Herr Michel, ich sitz bei der Gräfin in der Kutsche. Das ist aber alles noch nicht, was ich meine."
 
"Nein Herr Michel, ich
sitz bey der Gräfinn in der Kutsche. Das ist
aber alles noch nicht, was ich meyne."
Puf
 
Puf.
"Nicht? Hören wir also weiter!"
 
"Nicht? Hören wir also weiter!"
Madame Vogelsang
 
FMad. Vogelsang.
"Nun hat mich gleich alles im Haus zum Fressen lieb. Der junge Graf streicht mir erschrecklich nach; aber den lass ich ablaufen, damit ich's mit der alten Gräfin nicht verderbe."
 
"Nun hat mich gleich alles
im Hauß zum freßen lieb. Der junge Graf
streicht mir erschrecklich nach; aber den laß ich
ablaufen, damit ichs mit der alten Gräfinn nicht
verderbe."
Puf
 
Puf.
"Eine gute Ursache."
 
"Eine gute Ursache."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Aber mit dem Hofmeister von der jungen Herrschaft geb ich's ein bisschen gelinder. Der kann Musik und lernt mich singen; damit ich also seine Kundschaft nicht verliere, lass ich ihn hoffen, dass ich ihn heuraten werde."
 
"Aber mit dem Hofmei=
ster von der jungen Herrschaft geb ichs ein
bischen gelinder. Der kann Musik und lernt
mich singen, damit ich also seine Kundschaft
nicht verliere, laß ich ihn hoffen, daß ich ihn
heurathen werde."
Puf
 
Puf.
"Wieder nur wegen der Kundschaft."
 
"Wieder nur wegen der Kundschaft."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"In zwei Jahren kann ich singen wie eine Nachtigall, da komm ich auf die Komödie als Sängerin und krieg's Jahr tausend Dukaten."
 
"In zwey Jahren kann ich
singen wie eine Nachtigall, da komm ich auf
die Komödie als Sängerinn, und krieg's Jahr
tausend Dukaten."
Puf
 
Puf.
"Auf die Komödie! O liebes Röschen, was fängst du an? Weißt du nicht, dass die Leute nicht selig werden?"
 
"Auf die Komödie! O liebes Röschen,
was fängst du an? Weist du nicht, daß die
Leute nicht seelig werden?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Vor alters wohl; aber nach der neuen Einrichtung kommen sie so gut in Himmel als der Schulmeister."
 
"Vor Alters wohl; aber
nach der neuen Einrichtung kommen sie so gut
in Himmel als der Schulmeister."
Puf
 
Puf.
"Ich hab noch keinen dort gesehen."
 
"Ich hab noch keinen dort gesehen."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Das glaub ich, du bist auch noch nicht dort gewesen. Nun ist's gar aus; itzt verliebt sich die ganze Welt in mich; ich schick aber alle spazieren, ich weiß schon, auf wen ich warte."
 
"Das glaub ich, du bist
auch noch nicht dort gewesen. Nun ists gar
aus; itzt verliebt sich die ganze Welt in mich;
Fich schick' aber alle spatzieren, ich weiß schon
auf wen ich warte."
Puf
 
Puf.
"Auf wen denn?"
 
"Auf wen denn?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Auf einen alten Kavalier. Den lass ich mir an die linke Hand antrauen; in einem Monat stirbt er und vermacht mir eine Herrschaft, die mir des Jahrs hunderttausend Gulden einträgt."
 
"Auf einen alten Kavalier.
Den laß ich mir an die linke Hand antrau=
en; in einem Monath stirbt er, und vermacht
mir eine Herrschaft, die mir des Jahrs hun=
dert tausend Gulden einträgt."
Puf
 
Puf.
"Ach Röschen! Herzens-Röschen! mach mich doch hernach zum Verwalter!"
 
"Ach Röschen! Herzens=Röschen! mach
mich doch hernach zum Verwalter!"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogels.
(eine hohe Miene annehmend)
 
(eine hohe Miene anneh=
mend)
"Ihr könnt ja nicht schreiben, guter Freund."
 
"Ihr könnt ja nicht schreiben guter Freund."
Puf
 
Puf.
"Ach liebe gnädige Frau, ich werd's schon lernen, wenn ich nur einmal Verwalter bin. Und mit Ihrem Mann werden Sie's ja auch nicht so genau nehmen."
 
"Ach liebe gnädige Frau, ich werds
schon lernen, wenn ich nur einmal Verwalter
bin. Und mit ihrem Mann werden Sie's ja
auch nicht so genau nehmen."
(will sie umarmen)
 
(will sie umar=
men)
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
(stößt ihn von sich)
 
(stößt ihn von sich)
"Grober Knopf! Wisst Ihr, wen Ihr vor Euch habt?"
 
"Grober Knopf! Wißt ihr wen ihr vor euch
habt?"
Puf
 
Puf.
(zu sich kommend)
 
(zu sich kommend)
"Potztausend sapperment! tust du doch, als ob du schon eine Dame wärst."
 
"Potz tausend Sap=
perment! thust du doch als ob du schon eine
Dame wärst."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
(sich ebenfalls erholend)
 
(sich ebenfalls erholend)
"Ha, ha, ha! Gelt, ich weiß mich dreinzuschicken?"
 
"Ha, ha, ha! Gelt ich weiß mich drein zu schi=
cken?"
Puf
 
FPuf.
"Ja, ja. Wenn nur der Kabalier schon gestorben wäre!"
 
"Ja, ja. Wenn nur der Kabalier schon
gestorben wäre!"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang
"Das geht alles, wie ich gesagt habe. Nun, was sagst du? Ist das nicht klug ausgedacht?"
 
"Das geht alles wie ich ge=
sagt habe. Nun was sagst du? Ist das nicht
klug ausgedacht?"
Puf
 
Puf.
"I ja, wenn's nur alles so ginge! Aber sag mir nur, Röschen, (denn jetzt bist doch noch keine Dame) woher hast du denn das Zeug alles?"
 
"I ja, wenns nur alles so gienge! Aber
sag mir nur Röschen (denn jetzt bist doch noch
keine Dame) woher hast du denn das Zeug
alles?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Von der alten Anne. Du weißt, die hat viel gesehn, da hat sie mir denn immer so erzählt; und ich hab mir das so zusammenbuchstabiert."
 
"Von der alten Anne. Du
weist, die hat viel gesehn, da hat sie mir denn
immer so erzählt; und ich hab mir das so zu=
sammen buchstabirt."
Puf
 
Puf.
"Schau, Röse, ich hätte nichts dagegen. Aber, wenn nun alles so ginge, wie du sagst, wie käm denn ich hernach an dich?"
 
"Schau Röse, ich hätte nichts dagegen.
Aber, wenn nun alles so gienge, wie du
sagst, wie käm' denn ich hernach an dich?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Das will ich dir gleich sagen: Du gehst itzt mit mir in die Stadt. Annens Bruder muss dich in ein groß Haus als Kucheltrager bringen; tragen kannst du, das weiß ich; nun, da lernst du daneben schreiben und lesen. In ein paar Jahren wirst du Kuchelinspektor. Nun legst du dir was auf die Seite; hernach wirfst du irgendeinem Hofrat was ins Maul, der bringt dich zu einer rechten großen Herrschaft als Hofmeister. Itzt hast du schon gewonnen. Denn in der Zeit bin ich schon auf der Komödie; ich geb dir mein Erübrigtes, du legst deine Sporteln dazu und leihst aus. Zwanzig vom Hundert, sagt die alte Anne, wär immer noch christlich. Das häuft sich nun von Tag zu Tag. Endlich braucht dein Graf ein Funfzigtausend Gulden, die leihst du ihm, und er verschreibt dir seine Herrschaft. Du gibst ihm jährlich zehntausend Gulden, und wenn er stirbt, gehört alles dein. Itzt ist gerade mein Kavalier auch gestorben. Du wirst ein 'Herr von', und wir heuraten uns."
 
"Das will ich dir gleich
sagen: du gehst itzt mit mir in die Stadt.
Annens Bruder muß dich in ein groß Haus
als Kucheltrager bringen; tragen kannst du, das
weiß ich; nun da lernst du daneben schreiben und
lesen. In ein paar Jahren wirst du Kuchel=
inspektor. Nun legst du dir was auf die Sei=
te; hernach wirfst du irgend einemHofrath was
ins Maul, der bringt dich zu einer rechten gro=
ßen Herrschaft als Hofmeister. Itzt hast du
schon gewonnen. Denn in der Zeit bin ich
Fschon auf der Komödie; ich geb dir mein Er=
übrigtes, du legst deine Sporteln dazu und
leihst aus. Zwanzig vom hundert sagt die al=
te Anne wär' immer noch christlich. Das häuft
sich nun von Tag zu Tag. Endlich braucht
dein Graf ein funfzig tausend Gulden, die
leihst du ihm, und er verschreibt dir seine
Herrschaft. Du giebst ihm jährlich zehn tau=
send Gulden, und wenn er stirbt, gehört al=
les dein. Itzt ist gerade mein Kavalier auch
gestorben. Du wirst ein Herr Von, und wir
heurathen uns."
Puf
 
Puf.
"Ah! Rubenfikerment! Ich ein 'Herr von'! Nun, Röse, du sollst sehn, wie ich mich patzen will. Ich will dir gewiss meinen 'Herrn von' vorstellen, trotz einem. Da hast meine Hand drauf, ich geh mit dir, verkauf meine Wirtschaft und werd ein Kucheltrager."
 
"Ah! Rubenfikerment! Ich ein Herr Von!
Nun Röse, du sollst sehn, wie ich mich patzen
will. Ich will dir gewiß meinen Herrn Von
vorstellen trotz einem. Da hast meine Hand
drauf, ich geh mit dir, verkauf meine Wirth=
schaft, und werd ein Kucheltrager."
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Aber Michel, dass du nur gescheit bist. Das erste Jahr können wir noch zusammenkommen, aber hernach müssen wir tun, als ob wir uns nicht kennten."
 
"Aber Michel, daß du nur
gescheit bist. Das erste Jahr können wir noch zu=
sammen kommen, aber hernach müssen wir thun
als ob wir uns nicht kennten."
Puf
 
Puf.
"Was? Ich sollt dich nicht sehen?"
 
"Was? ich sollt' dich nicht sehen?"
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
"Nur heimlich; das werden wir schon ausmachen, bis du 'Herr von' bist und ich Witwe; hernach gehts schon."
 
"Nur heimlich; das werden
wir schon ausmachen, bis du Herr Von bist
und ich Wittwe; hernach gehts schon."
Puf
 
FPuf.
"Und was unterdessen vorfällt? – – Nun geht eins mit dem andern auf." (Er nimmt sie in Arm und kehrt sich gegen die Anwesenden.) Nun, Herr Frank?
 
"Und was unterdessen vorfällt? – –
Nun, geht eins mit dem andern auf." (er nimmt
sie in Arm und kehrt sich gegen die Anwe=
senden)
Nun Herr Frank?
Frank
 
Frank.
Mit außerordentlich viel Natur.
 
Mit auserordentlich viel Natur.
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
Also werden Sie mir doch Engagement geben?
 
Also werden Sie mir doch
Engagement geben?
Puf
 
Puf.
Können Sie noch fragen?
 
Können Sie noch fragen?
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
Nun, ich will billig sein, achtzehn Taler die Woche.
 
Nun, ich will billig seyn,
achzehn Thaler die Woche.
Frank
 
Frank.
(verlegen)
 
(verlegen)
Madame – recht gern –
 
Madame – recht gern –
Madame Krone
 
Mad. Krone
Was! und ich soll mit vierzehn Talern zufrieden sein?
 
Was! und ich soll mit Vierzehn
Thalern zufrieden seyn?
Puf
 
Puf.
(zu Madame Krone)
 
(zu Mad. Krone.)
Madame, Sie werden erlauben – es ist immer schwerer, das Publikum mit Anstand lachen zu machen als Tränen zu erregen. Über das ist auch eine komische Aktrice immer brauchbarer als eine bloß tragische.
 
Madame, Sie wer=
den erlauben – es ist immer schwerer das Publi=
kum mit Anstand lachen zu machen als Thränen zu
erregen. Ueber das ist auch eine komische Aktrice
immer brauchbarer als eine bloß tragische.
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
Ich habe noch einen Vorzug. Ich habe einen Mann, der singen kann.
 
Ich habe noch einen Vor=
zug. Ich habe einen Mann der singen kann.
Herz
 
Herz.
Und ich eine Frau, die singt.
 
Und ich eine Frau die singt.
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
Ich will meinen Mann gleich holen.
 
Ich will meinen Mann
gleich holen
(ab)
 
(ab)
Herz
 
Herz.
Und ich meine Frau.
 
Und ich meine Frau
(ab)
 
(ab)
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Nein, das heißt die Kunst zu weit herabsetzen.
 
Nein, das heißt die Kunst zu
weit herabsetzen
(ab)
 
(ab)
Frank
 
FFrank.
Warten Sie doch, Madame!
 
Warten Sie doch Madame!
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Nicht einen Augenblick.
 
Nicht einen Augenblick.
Frank
 
Frank.
Da haben wirs, die Gesellschaft ist noch nicht beisammen, und die Uneinigkeit herrscht schon in vollem Maß.
 
Da haben wirs, die Gesellschaft ist
noch nicht beysammen, und die Uneinigkeit herrscht
schon in vollem Maaß.
Puf
 
Puf.
Warum sind Sie mit der Gage gestiegen? Sie treiben sie noch auf zwanzig Taler hinauf, wenn Sie nicht festhalten.
 
Warum sind Sie mit der Gage gestiegen.
Sie treiben Sie noch auf zwanzig Thaler hinauf,
wenn Sie nicht fest halten.
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
Frank, Puf, Herr und Madame Herz.
 
Frank, Puf, Herr und Madame Herz.
Herz
 
Herz.
Hier hab ich das Vergnügen, Ihnen meine Frau vorzustellen. Sie ist bereit, Ihnen mit einer kleinen Arie eine Probe von ihrer Stimme zu geben.
 
Hier hab ich das Vergnügen Ihnen mei=
ne Frau vorzustellen. Sie ist bereit Ihnen mit einer
kleinen Arie eine Probe von Ihrer Stimme zu geben.
Frank
 
Frank.
Sie werden mir ein außerordentliches Vergnügen machen.
 
Sie werden mir ein auserordentliches Ver=
gnügen machen.
Madame Herz
 
Mad. Herz.
(singt)
 
(singt.)
    Da schlägt des Abschieds Stunde,
 
    Da schlägt des Abschieds Stunde
um grausam uns zu trennen;
 
Um grausam uns zu trennen;
wie werd ich leben können,
 
Wie werd ich leben können
o Damon! ohne dich!
 
O Damon! ohne dich!
    Ich will dich begleiten,
 
Ich will dich begleiten
im Geist dir zur Seiten
 
Im Geist dir zur Seiten
schweben um dich!
 
Schweben um dich!
Und du! – – vielleicht auf ewig
 
Und du! – – vielleicht auf ewig
vergisst dafür auf mich!
 
Vergißt dafür auf mich!
    Doch nein, wie fällt mir so was ein!
 
FDoch nein, wie fällt mir so was ein!
Du kannst gewiss nicht treulos sein.
 
Du kannst gewiß nicht treulos seyn.
Ein Herz, das so der Abschied kränket,
 
Ein Herz das so der Abschied kränket,
dem ist kein Wankelmut bekannt,
 
Dem ist kein Wankelmuth bekannt
wohin es auch das Schicksal lenket!
 
Wohin es auch das Schicksal lenket!
Nichts trennt das fest geknüpfte Band.
 
Nichts trennt das festgeknüpfte Band.
Frank
 
Frank.
Göttlich! unvergleichlich! Ich bin Ihnen für das Vergnügen unendlich verbunden, Madame!
 
Göttlich! unvergleichlich! ich bin Ih=
nen für das Vergnügen unendlich verbunden, Ma=
dame!
(Er küsst Madame Herz die Hand.)
 
(er küßt Madame Herz die Hand.)
Herz
 
Herz.
(der ihm seiner Frauen Hand wegnimmt)
 
(der ihm seiner Frauen Hand weg=
nimmt.)
Um Vergebung, Herr Frank, Sie bewundern zu lebhaft! Ich mag das nicht gern leiden. Sie sind also mit dem Talent meiner Frau zufrieden?
 
Um Vergebung Herr Frank, Sie be=
wundern zu lebhaft! Ich mag das nicht gern lei=
den. Sie sind also mit dem Talent meiner Frau
zufrieden?
Frank
 
Frank.
Wer würde das nicht sein?
 
Wer würde das nicht seyn?
Herz
 
Herz.
Nun denn, so werden Sie auch unsre Foderung nicht zu hoch finden. Sie geben meiner Frau sechzehn Taler die Woche und mir, weil ich's schon eingegangen bin, vierzehn.
 
Nun denn, so werden Sie auch unsre
Foderung nicht zu hoch finden. Sie geben meiner
Frau sechzehn Thaler die Woche, und mir, weil
ichs schon eingegangen bin, vierzehn.
Frank
 
Frank.
Recht gerne.
 
Recht gerne.
Puf
 
Puf.
Wir steigen.
 
Wir steigen.
Achter Auftritt
 
Achter Auftritt.
Die Vorigen, Mademoiselle Silberklang.
 
Die Vorigen, Mlle. Silberklang.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
Ihre Dienerin, Herr Frank. Sie errichten, wie ich höre, eine deutsche Oper? Ich will mich also bei Ihnen als Sängerin melden. Ich bin Mademoiselle Silberklang, Sie müssen mich ohne Zweifel per renommée kennen. – Weil der Ruf aber oft betrüglich ist, so will ich Ihnen ein kleines Rondeau singen, damit Sie selbst urteilen können.
 
Ihre Dienerinn HerrFrank. Sie
errichten, wie ich höre, eine deutsche Oper? Ich will
Fmich also bey Ihnen als Sängerinn melden. Ich
bin Mademoiselle Silberklang, Sie müssen mich
ohne Zweifel per renommée kennen – Weil der
Ruf aber oft betrüglich ist, so will ich Ihnen ein klei=
nes Rondeau singen, damit Sie selbst urtheilen kön=
nen.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silberkl.
    Bester Jüngling! mit Entzücken
 
    Bester Jüngling! mit Entzücken
nehm ich deine Liebe an,
 
Nehm' ich deine Liebe an;
da in deinen holden Blicken
 
Da in deinen holden Blicken
ich mein Glück entdecken kann.
 
Ich mein Glück entdecken kann.
    Nichts ist mir so wert und teuer
 
Nichts ist mir so werth und theuer
als dein Herz und deine Hand;
 
Als dein Herz und deine Hand;
voll vom reinsten Liebesfeuer
 
Voll vom reinsten Liebes=Feuer
geb ich dir mein Herz zum Pfand.
 
Geb' ich dir mein Herz zum Pfand.
    Aber ach! wenn düstres Leiden
 
Aber, ach! wenn düstres Leiden
unsrer Liebe folgen soll,
 
Unsrer Liebe folgen soll,
lohnen dies der Liebe Freuden?
 
Lohnen dieß der Liebe Freuden?
Jüngling, das bedenke wohl!
 
Jüngling das bedenke wohl!
Frank
 
Frank.
Bravo! Bravo! Zwei so vortreffliche Sängerinnen müssen meiner Gesellschaft einen besondern Wert geben. Wenn Sie um sechzehn Taler bei mir bleiben wollen – –
 
Bravo! Bravo! Zwey so vortrefliche
Sängerinnen müssen meiner Gesellschaft einen be=
sondern Werth geben. Wenn Sie um Sechzehn
Thaler bey mir bleiben wollen – –
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
Da haben Sie meine Hand – Ich mache nicht viel Umstände.
 
Da haben sie meine Hand –
Ich mache nicht viel Umstände.
Puf
 
Puf.
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank.)
Akkordieren Sie zugleich, wie oft sie in einer Woche den Katarrh haben will.
 
Accordiren Sie
zugleich, wie oft sie in einer Woche den Karthar
haben will.
Neunter Auftritt
 
FNeunter Auftritt.
Vorige, Madame und Herr Vogelsang.
 
Vorige, Madame und Herr Vogelsang.
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogelsang.
Hier, Herr Frank, hab ich die Ehre, Ihnen meinen Mann aufzuführen.
 
Hier Herr Frank hab ich die
Ehre Ihnen meinen Mann aufzuführen.
Frank
 
Frank.
Willkommen, willkommen. O nun hab ich ja schon eine Oper beisammen. Nur Einigkeit bitt ich, meine Kinder.
 
Willkommen, willkommen. O nun hab'
ich ja schon eine Oper beysammen. Nur Einigkeit bitt
ich, meine Kinder.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
Über mich werden Sie deshalb nicht klagen können, ich bin das beste Mädchen, ich tue alles, was man will. Sagen Sie mir, wie viel hat Madame (auf Madame Herz zeigend) Gage?
 
Ueber mich werden Sie deshalb
nicht klagen können, ich bin das beste Mädchen,
ich thue alles, was man will. Sagen Sie mir, wie
viel hat Madame (auf Mad. Herz zeigend)
Gage?
Frank
 
Frank.
So viel wie Sie.
 
So viel wie Sie.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
Das hätt ich wissen sollen.
 
Das hätt' ich wissen sollen.
Madame Herz
 
Mad. Herz.
Sie glauben doch wohl nicht, mehr zu verdienen als ich?
 
Sie glauben doch wohl nicht mehr
zu verdienen als ich?
Puf
 
Puf.
O Einigkeit!
 
O Einigkeit!
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
(zu Frank)
 
(zu Frank)
So müssen Sie wenigstens mich als Erste Sängerin annehmen.
 
So müssen Sie we=
nigstens mich als erste Sängerinn annehmen.
Madame Herz
 
M. Herz.
Dagegen protestier ich.
 
Dagegen protestir' ich.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
    Ich bin die Erste Sängerin.
 
Ich bin die erste Sängerin.
Madame Herz
 
M. Herz.
(spöttisch)
 
(spöttisch)
Das glaub ich, ja, nach Ihrem Sinn.
 
Das glaub ich, ja nach
Ihrem Sinn.
Mademoiselle Silberklang
 
M. Silb.
Das sollen Sie mir nicht bestreiten.
 
Das sollen Sie mir nicht bestreiten.
Madame Herz
 
FMad. Herz.
(spöttisch)
 
(spöttisch.)
Ich will es Ihnen nicht bestreiten.
 
Ich will es ihnen nicht
bestreiten.
Monsieur Vogelsang
 
Mons. Vogels.
Ei! lassen Sie sich doch bedeuten.
 
Ey! lassen Sie sich doch be=
deuten.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
    Ich bin von keiner zu erreichen,
 
Ich bin von keiner zu erreichen
das wird mir jeder eingestehn.
 
Das wird mir jeder eingestehn.
Madame Herz
 
Mad. Herz.
(spöttisch)
 
(spöttisch)
Gewiss, ich habe Ihresgleichen
 
Gewiß ich habe ihr=
es gleichen
noch nie gehört und nie gesehn.
 
Noch nie gehörtund nie gesehn.
Monsieur Vogelsang
 
Mons. Vogels.
    Was wollen Sie sich erst entrüsten,
 
Was wollen Sie sich erst ent=
rüsten,
mit einem leeren Vorzug brüsten,
 
Mit einem leeren Vorzug brüsten,
ein jedes hat besondern Wert.
 
Ein jedes hat besondern Werth
 
Madame Herz, Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb./Mad. Herz.
Mich lobt ein jeder, der mich hört.
 
Mich lobt ein jeder der mich hört.
 
Madame Herz
 
Mad. Herz
Adagio! adagio!
 
Adagio! adagio!
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silb.
Allegro! allegrissimo!
 
Allegro! allegrissimo;
Monsieur Vogelsang
 
Mons. Vogels.
Piano! pianissimo!
 
Piano! Pianissimo!
    Kein Künstler muss den andern tadeln,
 
Kein Künstler muß den andern tadeln
es setzt die Kunst zu sehr herab.
 
Es setzt die Kunst zu sehr herab.
Madame Herz
 
Mad. Herz.
Wohlan! nichts kann die Kunst mehr adeln,
 
Wohlan! nichts kann die Kunst
mehr adeln
ich steh von meiner Fodrung ab.
 
Ich steh von meiner Fodrung ab.
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silberkl.
Ganz recht! Nichts kann die Kunst mehr adeln,
 
Ganz recht! nichts kann
die Kunst mehr adeln
ich stehe ebenfalls nun ab.
 
Ich stehe ebenfalls nun ab.
Puf
 
Puf.
(ironisch)
 
(ironisch)
Es lebe die Einigkeit!
 
Es lebe die Einigkeit!
Letzter Auftritt
 
FLetzter Auftritt.
Die Vorigen, Eiler, Madame Pfeil und Madame Krone.
 
Die Vorigen, Eiler, Mad. Pfeil und
Mad. Krone.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
Was hab ich gehört, Herr Frank, Sie geben andern sechzehn Taler und mir nur zwölfe? Da wird nichts draus. Ich muss die höchste Gage haben; denn ich bin in allen Fächern zu brauchen.
 
Was hab ich gehört, Herr Frank,
Sie geben andern sechzehn Thaler, und mir nur zwöl=
fe? da wird nichts draus. Ich muß die höchste Ga.
gehaben; denn ich bin in allen Fächern zu brauchen=
Eiler
 
Eiler.
(heimlich zu Frank)
 
(heimlich zu Frank.)
Gestehn Sie ihr's nur ein. Ich zahle ja so alles.
 
Gestehn Sie
ihrs nur ein. Ich zahle ja so alles.
Frank
 
Frank.
(heimlich zu Madame Pfeil)
 
(heimlich zu Mad. Pfeil)
Beruhigen Sie sich nur; Sie sollen einen Separat-Kontrakt haben.
 
Beruhigen
Sie sich nur; Sie sollen einen Separat=Kontrakt
haben.
Madame Pfeil
 
Mad. Pfeil.
So lass ich's gelten.
 
So laß ichs gelten.
 
Madame Krone, Madame Vogelsang, Madame Herz, Mademoiselle Silberklang
 
Mad. Krone und Mad. Vogels./Mad. Herz. und Mlle. Silber.
Was ist das?
 
Was ist das?
 
Frank
 
Frank.
Dass ich gar keine Gesellschaft errichten will, wenn ich gleich anfangs so viel Hindernisse finde.
 
Daß ich gar keine Gesellschaft errich=
ten will; wenn ich gleich anfangs so viel Hinder=
dernisse finde.
(nach einer kleinen Pause)
 
(Nach einer kleinen Pause)
Madame Krone
 
Mad. Krone.
Herr Frank, ich will der Kunst mein Intresse aufopfern.
 
Herr Frank, ich will der Kunst
mein Intresse aufopfern.
Madame Vogelsang
 
Mad. Vogels.
Ich will mich am Beifall schadlos halten.
 
Ich will mich am Beyfall schad=
los halten.
Madame Herz
 
Mad. Herz.
Ich auch.
 
Ich auch.
Mademoiselle Silberklang
 
FMlle. Silb.
Daran wird mirs auch nicht fehlen.
 
Daran wird mirs auch nicht feh=
len.
Puf
 
Puf.
Nun, so wäre alles wieder in Ruhe. (beiseite) Bis es wieder ausbricht. Herr Frank, ich wünsche Ihnen Glück zu Ihrer Gesellschaft. Ich fürchte nichts – als dass Sie lauter Erste Aktricen und Erste Sängerinnen haben.
 
Nun so wäre alles wieder in Ruhe. (bey
Seite)
Bis es wieder ausbricht. Herr Frank,
ich wünsche Ihnen Glück zu ihrer Gesellschaft. Ich
fürchte nichts – als daß sie lauter erste Aktrisen
und erste Sängerinnen haben.
Schlussgesang
 
Schlußgesang
Mademoiselle Silberklang
 
Mlle. Silberkl.
    Jeder Künstler strebt nach Ehre,
 
    Jeder Künstler strebt
nach Ehre,
wünscht, der einzige zu sein;
 
Wünscht der einzige zu seyn;
und wenn dieser Trieb nicht wäre,
 
Und wenn dieser Trieb nicht wäre,
bliebe jede Kunst nur klein.
 
Bliebe jede Kunst nur klein.
Alle
 
Alle
    Künstler müssen freilich streben,
 
    Künstler müssen freylich streben
stets des Vorzugs wert zu sein;
 
Stets des Vorzugs werth zu seyn;
doch sich selbst den Vorzug geben,
 
Doch sich selbst den Vorzug geben,
über andre sich erheben,
 
Ueber andre sich erheben,
macht den größten Künstler klein.
 
Macht den größten Künstler klein.
Monsieur Vogelsang
 
Mons. Vogels.
    Einigkeit rühm ich vor allen
 
    Einigkeit rühm
ich vor allen
andern Tugenden uns an;
 
Andern Tugenden uns an;
denn das Ganze muss gefallen
 
Denn das Ganze muß gefallen
und nicht bloß ein einzler Mann.
 
Und nicht bloß ein einzler Mann.
Alle
 
Alle
    Künstler müssen freilich streben etc.
 
    Künstler müssen freylich streben &c.
Madame Herz
 
FMad. Herz.
    Jedes leiste, was ihm eigen,
 
    Jedes leiste was ihm eigen,
halte Kunst, Natur gleich wert;
 
Halte Kunst, Natur, gleich werth;
lasst das Publikum dann zeigen,
 
Laßt das Publikum dann zeigen
wem das größte Lob gehört.
 
Wem das größte Lob gehört.
Alle
 
Alle
    Künstler müssen freilich streben etc.
 
    Künstler müssen freylich streben &c.
Puf
 
Puf.
    Ich bin hier unter diesen Sängern
 
    Ich bin hier unter diesen Sängern
der Erste Buffo, das ist klar;
 
Der erste Buffo das ist klar;
ich heiße Puf – nur um ein O
 
Ich heiße Puf – nur um ein O
brauch ich den Namen zu verlängern,
 
Brauch ich den Namen zu verlängern,
so heiß ich ohne Streit: Buffo.
 
So heiß ich ohne Streit: Buffo.
Und dass wie ich keins singen kann,
 
Und daß, wie ich, keins singen kann,
sieht man den Herren doch wohl an?
 
Sieht man den Herren doch wohl an?
Alle
 
Alle
    Künstler müssen freilich streben etc.
 
    Künstler müssen freylich streben. &c.