Kritische Edition des vertonten Textes mit musikalischer Textteilung | Diplomatische Übertragung des Autographs | |||
---|---|---|---|---|
Erster Akt
|
FErster Act.
|
|||
Auftritt I
|
Auftritt I.
|
|||
Gomatz; einige Sklaven, welche diesen Chor singen.
|
(Gomatz, einige Sclaven, welche diesen Chor Singen)
|
|||
No 1 Coro
|
||||
Ein Vorsinger und drei andere
|
Ein Vorsinger und dreÿ andere
|
|||
Brüder, lasst uns lustig sein,
|
Brüder, lasst uns lustig seÿn
|
|||
trotzet wacker den Beschwerden;
|
trotzet wacker den Beschwerden;
|
|||
denkt, es ist der Fluch der Erden:
|
denkt, es ist der fluch der Erden:
|
|||
Jeder Mensch hat seine Pein.
|
Jeder Mensch hat seine Pein.
|
|||
Lasst uns singen, lasst uns lachen,
|
lasst uns singen, lasst uns lachen,
|
|||
kann man’s doch nicht anders machen:
|
kann mans doch nicht anders machen:
|
|||
Welt und Not ist einerlei,
|
Welt und Noth ist einerleÿ
|
|||
keiner bleibt von Plagen frei.
|
keiner bleibt von Plagen freÿ
|
|||
Auftritt II
|
FAuftritt II.
|
|||
Gomatz lässt langsam von der Arbeit ab, tritt hervor, ringet die Hände.
|
Gomatz, lässt langsam von der arbeit ab, tritt hervor, ringet die hände.
|
|||
No 2 Melologo
|
||||
Gomatz
|
||||
Unerforschliche Fügung!
|
Unerforschliche fügung!
|
|||
Du vermengest mich unter diese heillose Verbrecher, – –
|
du vermengest mich unter
diese heillose Verbrecher – – |
|||
unter sie,
|
unter sie,
|
|||
die durch verübte Missetaten sich selbst ihre verdiente Fessel geschmiedet haben. – – –
|
die durch verübte Missethaten sich selbst
ihre verdiente fessel geschmiedet haben – – – |
|||
Mich Schuldlosen unter sie! – –
|
mich schuldlosen unter sie! – –
|
|||
Ach! –
|
ach! –
|
|||
Warum gibst du mir wenigst nicht auch ein Herz wie das ihrige, –
|
warum giebst du mir wenigst nicht
auch ein herz, wie das ihrige – |
|||
hart wie der Stein, den sie mühesam zersplittern? – –
|
hart, wie der stein, den sie
mühesam zersplittern – – |
|||
Entsetzlich! –
|
Entsetzlich! –
|
|||
Fühllos bei der strengsten Arbeit jauchzen sie noch laut ihren Unsinn. – –
|
fühlolos beÿ der strengsten arbeit
Jauchzen sie noch laut ihren unsinn – – |
|||
Das erwartete Zeichen zur Erhohlungsstunde machet sie so munter, als wenn sie kein zweites zu fürchten hätten, das ihnen bald wieder das Gegenteil verkündigen wird. – –
|
das erwartete zeichen zur erhohlungsstunde machet sie so munter,
als wenn sie kein zweÿtes zu fürchten hätten, das ihnen bald wieder das das gegentheil verkündigen wird – – |
|||
Und mich, – – –
|
und mich – – –
|
|||
mich Armseligen, –
|
mich armseligen –
|
|||
mich fliehet alle Heiterkeit, –
|
mich fliehet alle heiterkeit –
|
|||
vom Morgen bis zum Abend, –
|
vom morgen bis zum abend –
|
|||
vom Abend bis zum Morgen. – –
|
vom abend bis zum morgen – –
|
|||
Jeder Balsam ist unwirksam für die Wunden meiner Seele. –
|
Jeder Balsam ist unwircksam
für die Wunden meiner Seele – |
|||
Ich erschröcke vielmehr vor diesem Zeichen: –
|
Ich erschröcke vielmehr vor diesem zeichen: –
|
|||
Der Stillstand der geschäftigen Anstrengung meiner Glieder verursachet mir erst die schröcklichste Aufruhr in diesem gekränkten Busen. Eben das ist die furchtbare Stunde, wo mein armer Verstand von der kurzen Betäubung zurückkömmt, mit welcher ihn die ungewohnte Bürde mechanischer Arbeit unterdrücket hat, – seine Geister erwachen, – und mit ihnen die grenzenlose Qual meiner Seele: – – erneuerte Erkenntnis meines vergangenen und künftigen Jammers! –
|
der stillstand der geschäftigen AnstrengungErstes "g" in "Anstrengung" von Wolfgang Amadé Mozart nachher eingefügt meiner glieder verursachet diemir erst die
schröcklichste Aufruhr in diesem gekränkten Busen. Eben das ist die furchtbare stunde, wo mein armer verstand von der kurzen betäubung zurückekömmt, mit welcher ihn die ungewohnte bürde mechanischer arbeit unterdrücket hat – seine Geister erwachen – und mit ihnen die gränzenlose Qual meiner Seele: – – erneüerte Erkenntniss meines vergangenen, und künftigen Jammers! – |
|||
O wehe! wie entkräftet fühle ich mich am ganzen Körper, – – – wie entkräftet am ganzen Gemüte! – –
|
Ò Wehe! wie entkräftet fühle ich mich am ganzem körper! – – –
wie entkräftet am ganzen gemüthe! – – |
|||
(setzet sich)
|
(sezet sich)
|
|||
O möchte mir doch nur ein kurzer Schlummer gelingen! – –
|
Ò, möchte mir doch nur ein kurzer schlummer
gelingen! – – |
|||
Nur ein kurzer, milde Schickung! – der Preis für alle meine Leiden. – –
|
Nur ein kurzer, milde schickung! –
der Preis für alle meine leiden. – – |
|||
Ich will es versuchen.
|
Ich will es versuchen.
|
|||
(legt sich nieder)
|
(legt sich nieder)
|
|||
Umsonst! Er kömmt nicht, der seltsame Gast der Unglücklichen, er kömmt nicht, der sanfte Schlaf. –
|
Umsonst! er kömmt nicht, der seltsame gast der
unglücklichen, er kömmt nicht, der seltsamsanfte schlaf. – |
|||
Jeden Odemzug begleitet ein schwer dringender Seufzer, so wie im empörten Ozean der brausende Sturm jede Welle begleitet.
|
Jeden odemzug begleitet ein schwer dringender Seüfzer,
so wie im empörten ocean der brausende Sturm jede Welle begleitet. |
|||
Und dennoch weiß ich keinanders Labsal für meine Qualen, wenn ich nicht vermögend bin, sie durch einen kurzen Schlummer auf einige Augenblicke zu zernichten.
|
und dennoch weis ich kein anders labsaal für meine Qualen,
wenn ich nicht vermögend bin sie durch einen kurzen schlummer auf einige augenblicke zu zernichten. |
|||
Ich will es nochmal versuchen. –
|
ich will es nochmal
versuchen – |
|||
O komm, du Tröster der Müden, naher Anverwandter des stillen Todes. –
|
Ò komm, du tröster der Müden,
naher anverwandter des stillen todes – |
|||
Komm, verdecke mir nur auf eine Stunde mit deinen wohltätigen Flügeln mein immer wachendes Elend. – – –
|
komm, verdecke mir nur auf eine stunde mit deinen wohlthätigen
flügeln mein immer wachendes Elend – – – |
|||
Wie wird mir? –
|
Wie wird mir? –
|
|||
So gähling verlässt mich alle Lebhaftigkeit. – –
|
so gähling verlässt mich alle lebhaftigkeit – –
|
|||
Ist das Schlummer oder anwandelnde Ohnmacht? –
|
ist das schlummer, oder anwandelnde ohnmacht? –
|
|||
Immer einerlei,
|
immer einerleÿ,
|
|||
Ohnmacht oder Schlummer,
|
ohnmacht oder schlummer
|
|||
beide – willkommen. –
|
beÿde – willkommen. –
|
|||
(sinkt und schläft)
|
(sinckt und schläft.)
|
|||
Auftritt III
|
FAuftritt III.
|
|||
[…] indessen zu erleichtern versuchen. |
indessen zu erleichtern versuchen. |
|||
No 3 Aria
|
||||
Zaide
|
Zaide.
|
|||
Ruhe sanft, mein holdes Leben, –
|
Ruhe sanft mein holdes Leben –,
|
|||
schlafe, bis dein Glück erwacht.Variante in den Wiederholungen:
schlafe – |
schlafe, bis dein glück erwacht,
|
|||
Da, mein Bild will ich dir geben,
|
da, mein Bild will ich dir geben
|
|||
schau, wie freundlich es dir lacht.
|
schau, wie freündlich es dir lacht.
|
|||
Ihr süßen Träume wiegt ihn ein
|
Ihr süssen Träüme wiegt ihn ein
|
|||
und lasset seinem Wunsch am Ende
|
und lasset seinem Wunsch am Ende
|
|||
die wollustreichen Gegenstände
|
die wollustreichen Gegenstände
|
|||
zu reifer Wirklichkeit gedeihn.
|
zu reifer wirklichkeit gedeihn
|
|||
(Gomatz wird im Schlafe beunruhiget.)
|
(Gomatz wird im schlafe beunruhiget)
|
|||
|
FAuftritt III.
|
|||
[…] alles kommende Unheil. |
alles kommende unheil. |
|||
No 4 Aria
|
// Aria //
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
Rase Schicksal, wüte immer,Variante in den Wiederholungen:
Wüte, rase, rase, Schicksal, wüte immer, |
Rase schicksaal, wüthe immer,
|
|||
dieser Schild trotzt deiner Wut;
|
dieser schild trotzt deiner Wuth;
|
|||
deine Schläge fürcht’ ich nimmer,Varianten in den Wiederholungen:
nein, fürcht’ ich nimmer, deine schläge fürcht’ ich nimmer, nein! deine schläge fürcht ich nimmer, nein, nein! |
deine schläge fürcht ich nimmer,
|
|||
dieses Bild macht alles gut.
|
dieses bild macht alles gut.
|
|||
Diese holden Augenlider,
|
diese holden Augenlieder
|
|||
dieses Mundes Purpurrot
|
dieses Mundes Purpurroth
|
|||
bringt mir alles zehnfach wieder,
|
bringt mir alles zehnfach wieder
|
|||
würgt mich auch dein Unsinn tot.
|
würgt mich auch dein unsinn todt
|
|||
|
FAuftritt
|
|||
[…] zu glücklicher Gomatz! |
zu glücklicher Gomatz! |
|||
No 5 Duetto
|
// Duetto //
|
|||
Zaide
|
Zaide
|
|||
Meine Seele hüpft vor Freuden,
|
Meine Seele hüpft vor freüden
|
|||
kaum mehr weiß ich, wo ich bin.
|
kaum mehr weis ich wo ich bin
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
Aller Unstern, alles Leiden
|
Aller unstern alles leiden
|
|||
ist bei mir auf einmal hin.
|
ist beÿ mir auf einmal hin
|
|||
Zaide
|
Zaide
|
|||
Trost – und Wonne, Ruh und Friede
|
trost, – und Wonne, ruh’ und friede
|
|||
tränkt wie Balsam meine Brust.
|
tränckt wie balsam meine brust
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
O Zaide, o Zaide!
|
Ò Zaide Ò Zaide!
|
|||
welch ein Labsal, welche Lust!
|
welch ein laabsaal, welche lust!
|
|||
Zaide, Gomatz
|
Zaide/Gomatz
|
|||
Möchte nun das Glücksrad stehen
|
möchte nun das glücksrad stehen
|
|||
und sich nimmer weiterdrehen.
|
und sich nimmer weiter drehen
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
O Zaide! welche Feud!Variante in den Wiederholungen:
O welche Freud! |
Ò Zaide! welche freüd! –
|
|||
Zaide
|
Zaide
|
|||
Gomatz, welche Seligkeit!
|
Gomatz welche seeligkeit!
|
|||
Auftritt IV
|
FAuftritt IV.
|
|||
[…] Ich will sie suchen und herführen. |
Ich will sie suchen und herführen. |
|||
No 6 Aria
|
||||
Gomatz
|
Gomaz.
|
|||
Herr und Freund! wie dank ich dir,Variante in den Wiederholungen:
Herr und Freund, wie dank ich dir, |
Herr, und freünd! wie dank ich dir
|
|||
lass mich deine Knie umfassen,
|
laß mich deine knie umfassen
|
|||
doch ich muss dich schnell verlassen,
|
doch ich muß dich schnell verlassen
|
|||
denn ich brenne vor Begier.
|
denn ich brenne vor begier
|
|||
Lass dich küssen, lass dich drücken,
|
laß dich küssen laß dich drücken,
|
|||
ach! im Taumel von EntzückenVariante in den Wiederholungen:
ach im Taumel von Entzücken |
Ach! im taumel von Entzücken
|
|||
weiß ich selbst nicht, was ich tu,
|
weis ich selbst nicht was ich thu
|
|||
denn die Triebe meiner Liebe
|
denn die triebe meiner liebe
|
|||
rauben mir der Sinnen Ruh.
|
rauben mir der sinnen ruh.
|
|||
(geht ab)
|
(geht ab)
|
|||
(kommt hervor)
|
(kommt hervor)
|
|||
Herr und Freund! wie dank ich dir.
|
Herr, und freünd! wie dank ich dir –
|
|||
Auftritt V
|
FAuftritt
|
|||
[…] will ich ihnen heute noch selber folgen. |
will ich ihnen heüte noch selber Folgen. |
|||
No 7 Aria
|
||||
Alazim
|
Alazim
|
|||
Nur mutig, mein Herze,
|
Nur Muthig mein Herze
|
|||
versuche dein Glück,
|
versuche dein glück,
|
|||
verschaffe dir selber
|
verschaffe dir selber
|
|||
ein bessers Geschick!
|
ein bessers geschick
|
|||
Man muss nicht verzagen,
|
Man muß nicht verzagen
|
|||
durch tapferes Wagen
|
durch tapferes wagen
|
|||
schlägt oftmals der Schwache
|
schlägt oftmals der schwache
|
|||
den Stärkern zurück.
|
den Stärkern zurück.
|
|||
Auftritt VI
|
FAuftritt VI.
|
|||
[…] wie können wir uns genug dankbar erzeigen! |
wie können wir uns genug dankbar erzeigen! |
|||
No 8 Terzetto
|
||||
Zaide
|
Zaide.
|
|||
O selige Wonne,
|
O seelige Wonne
|
|||
die glänzende Sonne
|
die glänzende Sonne
|
|||
steigt lieblich empor.
|
steigt lieblich empor
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
O Himmel, o Glücke!
|
O Himmel, ò glücke!
|
|||
das Trauergeschicke
|
das trauergeschicke
|
|||
verliert seinen Flor.
|
verliert seinen flor
|
|||
Alazim
|
Alazim
|
|||
Sehet dort in sanften Wogen,
|
Sehet dort in sanften Wogen
|
|||
wie der bunte Regenbogen
|
wie der Bunte Regenbogen
|
|||
euch als Friedensbote lacht.
|
Euch als friedensbothe lacht.
|
|||
Zaide
|
Zaide.
|
|||
Aber seht dort in der FerneUrsprüngliche gestrichene Fassung der folgenden vier Verse:
ZAIDE [Aber] ach! ich seh noch Schwärze, draus es donnert, blitzt und kracht. GOMATZ O befriedige dein Herze, das dir leeren Kummer macht. Vgl. dazu Friedrich-Heinrich Neumann, Kritischer Bericht (Neue Mozart-Ausgabe, Serie II: Bühnenwerke 5/10), Kassel 1963, S. 43–44. |
aber seht dort in der ferne
|
|||
blutige Kometensterne!
|
Blutige Cometensterne!
|
|||
Hört ihr wie der Donner kracht?
|
hört ihr wie der Donner kracht?
|
|||
Gomatz
|
Gomatz
|
|||
Nur der Kummer macht dir Schrecken.
|
Nur der kummer macht dir schrecken.Ursprüngliche gestrichene Fassung:
ZAIDE [aber] ach! ich seh noch schwärze draus es donnert, blitzt, und kracht. GOMATZ Ò Befriedige dein Herze, das dir leeren kummer macht. Vgl. dazu NMA, Kritischer Bericht, S. 43–44. |
|||
Gomatz, Alazim
|
Gomatz/Alazim
|
|||
Gottes Schirm wird uns bedecken,
|
Gottes schirm wird uns bedecken.
|
|||
trau nur fest auf seine Macht.
|
trau nur fest auf seine Macht.
|
|||
Zaide, Alazim
|
Zaide./Alazim
|
|||
O mein Gomatz!
|
Ò mein Gomatz!
|
|||
Gomatz, Alazim
|
Gomatz/Alazim
|
|||
O Zaide!
|
Ò Zaide
|
|||
Zaide, Gomatz
|
Zaide./Gomatz
|
|||
Möchten doch einst Ruh und Friede
|
Möchten doch einst Ruh, und friede,
|
|||
nach so vieler Qual und Pein
|
nach so vieller Qual und Pein,
|
|||
unsrer Treue Preise sein.
|
unsrer Treüe Preise seÿn.
|
|||
Alazim
|
Alazim
|
|||
Wonne, Ruh und steter Friede
|
Wonne, Ruh, und steter friede
|
|||
werden Euch nach Qual und PeinVariante in den Wiederholungen:
werden Euch nach Qual |
werden Eüch nach gqual und Pein
|
|||
einst der Preis der Treue sein.
|
Einst der Preis der treüe seÿn
|