Kritische Edition der Libretto-Vorlage Wien 1764       Diplomatische Übertragung der Libretto-Vorlage Wien 1764 
Erster Auftritt
 
FErster Auftritt.
Die Schaubühne ist ein Dorf mit der Aussicht ins Feld.
 
Die Schaubühne ist ein Dorf mit
der Aussicht ins Feld.
Bastienne (allein).
 
Bastienne. (allein)
    Mein liebster Freund hat mich verlassen,
 
    Mein liebster Freund hat mich verlassen,
mit ihm ist Schlaf und Ruh dahin;
 
Mit ihm ist Schlaf und Ruh dahin;
ich weiß vor Leid mich nicht zu fassen,
 
Ich weiß vor Leid mich nicht zu fassen;
der Kummer schwächt mir Aug und Sinn.
 
Der Kummer schwächt mir Aug und Sinn.
Vor Gram und Schmerz
 
FVor Gram und Schmerz
erstarrt das Herz
 
Erstarrt das Herz,
und diese Not
 
Und diese Noth
bringt mir den Tod.
 
Bringt mir den Tod.
Du fliehest von mir, Bastien? Du verlässest deine Geliebte? Oh, das ist keine Art. Deine Treue gehöret mir. Ich habe dein Wort; und du vergisst dein Versprechen? Mein Bastien verlässt mich? Ich rufe ihn ohne Unterlass, aber vergebens. So oft ich an ihn denke, muss ich weinen; und ich denke an nichts als an ihn. Der Treulose! Um eines hübschern Gesichtes willen kehrt er mir den Rücken? O Schmerz! Arme Liebe … gute Nacht!
 
Du fliehest von mir Bastien? Du verlässest
deine Geliebte? O, das ist keine Art. Deine
Treue gehöret mir. Ich habe dein Wort; Und
du vergißt dein Versprechen? Mein Bastien
verläßt mich? Ich ruffe ihn ohne Unterlaß;
aber vergebens. So oft ich an ihn denke, muß
ich weinen; und ich denke an nichts, als an
ihn. Der Treulose! um eines hübschern Ge=
sichtes willen kehrt er mir den Rücken? O
Schmerz! arme Liebe . . . gute Nacht!
(Air: Chaque jour dans la Prairie.)
 
(Air: Chaque jour dans la Prairie.)
    Ich geh jetzt auf die Weide,
 
    Ich geh jetzt auf die Weide
betäubt und ganz gedankenleer.
 
Betäubt, und ganz Gedanken leer.
Denn ich seh dort zur Freude
 
Denn ich seh dort, zur Freude
nichts als mein Lämmerheer.
 
Nichts, als mein Lämmerheer.
Ach! ganz allein
 
Ach! ganz allein
voller Pein
 
Voller Pein
stets zu sein,
 
Stäts zu seyn,
ist kein Spaß
 
Ist kein Spas
im grünen Gras.
 
Im grünen Gras.
    Kehr ich bei dunkeln Schatten
 
F    Kehr ich bey dunkeln Schatten
ins Dorf, so wird die Zeit mir lang,
 
Ins Dorf, so wird die Zeit mir lang,
denn ich find keinen Gatten
 
Denn ich find keinen Gatten
zum Tanz und zum Gesang.
 
Zum Tanz, und zum Gesang.
Ach! ganz allein
 
Ach! ganz allein
voller Pein
 
Voller Pein
stets zu sein,
 
Stäts zu seyn,
bringt der Brust
 
Bringt der Brust
sehr schlechte Lust.
 
Sehr schlechte Lust.
Zweiter Auftritt
 
Zweyter Auftritt.
Bastienne, Colas.
 
Bastienne, Colas.
(Colas kömmt von einem Hügel und spielet auf dem Dudelsacke.)
 
Colas kömmt von einem Hügel, und
spielet auf dem Dudelsacke.
(Air: Quand un tendron vient)
 
(Air: Quand un tendron vient)
Colas
 
    Befraget mich ein zartes Kind
 
    Befraget mich ein zartes Kind
um das zukünft'ge Glücke,
 
Um das zukünftge Glücke,
les ich das Schicksal ihm geschwind
 
Les ich das Schicksal ihm geschwind
aus dem verliebten Blicke.
 
Aus dem verliebten Blicke;
Ich seh, dass bloß des Liebsten Gunst
 
Ich seh, daß blos des Liebsten Gunst
kann zum Vergnügen taugen;
 
Kann zum Vergnügen taugen;
und so steckt meine Zauberkunst
 
Und so steckt meine Zauberkunst
in zwei entflammten Augen.
 
In zwey entflammten Augen.
    Lisett schaut Petern seufzend an
 
F    Lisett schaut Petern seufzend an,
und klagt, dass ihr was fehlet;
 
Und klagt, daß ihr was fehlet;
er lacht und schweigt, der Tumrian,
 
Er lacht und schweigt; der Tumrian
errät nicht, was sie quälet.
 
Erräth nicht, was sie quälet.
Ich sag ihm gleich: „Du kannst als Mann
 
Ich sag ihm gleich: Du kannst als Mann
vom Seufzen sie befreien."
 
Vom Seufzen sie befreyen;
Sie dankt; der Handel ist getan
 
Sie dankt, der Handel ist gethan
ohn alle Hexereien.
 
Ohn alle Hexereyen.
Bastienne
 
Bastienne.
Guten Morgen, Herr Colas! Wolltest du mir wohl einen Gefallen erweisen?
 
Guten Morgen, Herr Colas! Wolltest du
mir wohl einen Gefallen erweisen?
Colas
 
Colas.
Ja, mit Freuden, mein Herzchen. Lass hören, was verlangst du von mir?
 
Ja, mit Freuden, mein Herzchen. Laß
hören was verlangst du von mir?
Bastienne
 
Bastienne.
Ich wünsche ein Mittel wider den Verdruss, der mich naget. Du als ein Zauberer kannst mir dasselbe ohnfehlbar erteilen.
 
Ich wünsche ein Mittel wider den Verdruß,
der mich naget. Du, als ein Zauberer, kannst
mir dasselbe ohnfehlbar ertheilen.
Colas
 
Colas.
Ja, ganz gewiss. Du hättest dich an keinen Bessern wenden können. O potz Stern! Ich besitze wunderbare Geheimnisse, zwei schönen Augen gutes Glück zu prophezeien.
 
Ja, ganz gewiß. Du hättest dich an keinen
bessern wenden können. O potz Stern! ich be=
sitze wunderbare Geheimnisse, zwey schönen
Augen gutes Glück zu prophezeyen.
Bastienne
 
FBastienne.
Aber, Herr Colas, ich habe kein Geld. Du musst dich schon mit diesen Ohrbuckeln befriedigen, die ich dir schenke. Sie sind von klarem Golde.
 
Aber, Herr Colas, ich habe kein Geld.
Du mußt dich schon mit diesen Ohrbuckeln be=
friedigen, die ich dir schenke. Sie sind von kla=
rem Golde.
Colas
 
Colas.
Geh, meine Tochter, mit deinen Ohrbuckeln.
 
Geh, meine Tochter, mit deinen Ohrbu=
ckeln.
Bastienne
 
Bastienne.
Wie? du willst sie verschmähen?
 
Wie? du willst sie verschmähen?
Colas
 
Colas.
Bei einem so hübschen Kinde, wie du bist, nehme ich mit ein paar Busserln fürlieb.
 
Bey einem so hübschen Kinde, wie du bist,
nehme ich mit ein Paar Busserln für lieb.
(Er will sie umarmen.)
 
(er will sie umarmen.)
Bastienne
 
Bastienne.
Nicht, nicht, Herr Colas! Alle meine Busserl sind für den Bastien aufgehoben. Sei so gut und erlaube, dass ich von meiner Heurat mit dir rede. Was ratest du mir? Soll ich sterben?
 
Nicht, nicht, Herr Colas! Alle meine
Busserl sind für den Bastien aufgehoben. Sey
so gut, und erlaube, daß ich von meiner Heu=
rath mit dir rede. Was rathest du mir? Soll
ich sterben?
Colas
 
Colas.
Sterben, so jung? Ei beileibe nicht; das wäre ewig schade.
 
Sterben, so jung? Ey bey Leibe nicht; das
wäre ewig Schade.
Bastienne
 
FBastienne.
Aber alle Leute sagen, dass mich Bastien verlassen hat.
 
Aber alle Leute sagen, daß mich Bastien ver=
lassen hat.
Colas
 
Colas.
Ei, mach dir deswegen keinen Kummer.
 
Ey, mach dir deswegen keinen Kummer.
Bastienne
 
Bastienne.
Sollte es möglich sein? O Glück! So hält er mich noch für schön?
 
Sollte es möglich seyn? O Glück! So
hält er mich noch für schön?
Colas
 
Colas.
Er liebt dich vom Grunde der Seele.
 
Er liebt dich vom Grunde der Seele.
Bastienne
 
Bastienne.
Und doch ist er mir ungetreu?
 
Und doch ist er mir ungetreu?
Colas
 
Colas.
Dein Bastien ist nur ein wenig flatterhaft. Sei ohne Sorgen, mein liebes Kind! Deine Schönheit hält ihn fest.
 
Dein Bastien ist nur ein wenig flatterhaft.
Sey ohne Sorgen mein liebes Kind! deine
Schönheit hält ihn fest.
Bastienne
 
Bastienne.
Aber wenn er einmal mein Mann werden sollte? Oh, zum Geier, so will ich mit keiner andern teilen, weißt du das?
 
Aber, wenn er einmal mein Mann werden
sollte? o, zum Geyer, so will ich mit keiner
andern theilen; weißt du das?
Colas
 
Colas.
Sei ruhig! Dein geliebter Gegenstand ist gar nicht ungetreu. Er liebt nur den Aufputz.
 
Sey ruhig! Dein geliebter Gegenstand ist
gar nicht ungetreu. Er liebt nur den Aufputz.
Bastienne
 
FBastienne.
Den Aufputz? Hat ihn wohl jemand besser ausstaffieret als ich?
 
Den Aufputz? Hat ihn wohl jemand besser
ausstaffiret als ich?
(Air: Autrefois à sa Maitresse)
 
(Air: Autrefois à sa Maitresse)
    Wenn mein Bastien im Scherze
 
    Wenn mein Bastien im Scherze
mir ein Blümchen sonst entwand,
 
Mir ein Blümchen sonst entwandt,
drang mir selbst die Lust durchs Herze,
 
Drang mir selbst die Lust durchs Herze,
die er bei dem Raub empfand.
 
Die er bey dem Raub empfand.
Warum wird er von Geschenken
 
Warum wird er von Geschenken
einer andern jetzt geblendt?
 
Einer andern jetzt geblendt?
Alles, was nur zu erdenken,
 
Alles, was nur zu erdenken
ward ihm ja von mir gegönnt.
 
Ward ihm ja von mir gegönnt.
MeiereienHier "Landgüter". Der Meier war der oberste Verwalter einer Gutswirtschaft. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 12, Leipzig 1885, Sp. 1904f. (Art. "MEIEREI")., Feld und Herden
 
Mayereyen, Feld, und Heerden
bot ich ihm mit Freuden an;
 
Both ich ihm mit Freuden an;
jetzt soll ich verachtet werden,
 
Jetzt soll ich verachtet werden,
da ich ihm so viel getan?
 
Da ich ihm so viel gethan?
    Hat jemals am Kirchweihfeste
 
    Hat jemals am Kirchweihfeste
jemand so wie er gestutzt?
 
Jemand so, wie er gestutzt?
Sein Hut ward von mir aufs Beste
 
Sein Hut ward von mir aufs beste
mit viel Maschen aufgeputzt.
 
Mit viel Maschen aufgeputzt;
Nie wird mich die Mühe reuen,
 
Nie wird mich die Mühe reuen,
denn ich bin noch jetzt ihm hold.
 
Denn ich bin noch jetzt ihm hold.
Seine Flöten und Schalmeien
 
Seine Flöten und Schalmeyen
zierten Bänder voller Gold.
 
Zierten Bänder voller Gold;
Ja, den Falschen recht zu schmücken,
 
Ja, den Falschen recht zu schmücken,
ward mein Mieder nicht geschont;
 
Ward mein Mieder nicht geschont;
und jetzt darf er mich berücken,
 
Und jetzt darf er mich berücken,
da ich ihn so wohl belohnt?
 
Da ich ihn so wohl belohnt?
Colas
 
FColas.
Oh, die Edelfrau vom Schlosse weiß ihn noch besser zu verpflichten. Um ihn an sich zu ziehen, erwidert sie seine Höflichkeiten mit den köstlichsten Geschenken. Kann es uns wohl an Liebhabern fehlen, wenn man die Gewogenheiten bezahlt?
 
O, die Edelfrau vom Schlosse, weiß ihn
noch besser zu verpflichten. Um ihn an sich zu
ziehen, erwiedert sie seine Höflichkeiten mit den
köstlichsten Geschenken. Kann es uns wohl an
Liebhabern fehlen, wenn man die Gewogen=
heiten bezahlt?
Bastienne
 
Bastienne.
(Air: Si je voulois être un tantot coquette)
 
(Air: Si je voulois être un tantot coquette)
    Würd ich auch wie manche Buhlerinnen
 
    Würd ich auch, wie manche Buhlerinnen
fremder Schmeicheleien niemals satt,
 
Fremder Schmeicheleyen niemals satt,
wollt ich mir ganz leicht das Herz gewinnen
 
Wollt ich mir ganz leicht das Herz gewinnen
von den schönsten Herren aus der Stadt.
 
Von den schönsten Herren aus der Stadt;
Doch nur Bastien reizt meine Triebe
 
Doch, nur Bastien reitzt meine Triebe,
und mit Liebe
 
und mit Liebe
wird ein andrer nie belohnt.
 
Wird ein andrer nie belohnt;
„Geht!“, sag ich, „und lernt von meiner Jugend,
 
Geht! sag ich, und lernt von meiner Jugend:
dass die Tugend
 
Daß die Tugend
noch in Schäferhütten wohnt.“
 
Noch in Schäferhütten wohnt.
    Gegen Abend, nächst, ging bei dem Holze
 
    Gegen Abend, nächst, gieng bey dem Holze
ein vornehmer Junker auf mich los
 
Ein vornehmer Junker auf mich loß,
und verhieß, mit größtem PrachtNoch bis Ende des 18. Jhdts. finden sich Belege für maskulines "Pracht"; das feminine Genus war aber schon längst vorherrschend. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 13, Leipzig 1889, Sp. 2042f. (Art. "PRACHT"). und Stolze
 
Und verhieß: mit größtem Pracht und Stolze
mich sogleich zu führen in sein Schloss.
 
Mich sogleich zu führen in sein Schloß.
Er versprach mir Gold und viele Taler,
 
Er versprach mir Gold, und viele Thaler;
doch dem Prahler
 
Doch dem Prahler
ward sein Wünschen schlecht belohnt.
 
FWard sein Wünschen schlecht belohnt;
„Geht!“, sagt ich, „und lernt von meiner Jugend,
 
Geht! sagt ich, und lernt von meiner Jugend:
dass die Tugend
 
Daß die Tugend
noch in Schäferhütten wohnt.“
 
Noch in Schäferhütten wohnt
    „Schönstes Kind, Ihr seid recht zum Charmieren!“,
 
    Schönstes Kind, ihr seyd recht zum Charmiren!
schwur mir ein geschmückter Herzensdieb,
 
Schwur mir ein geschmückter Herzensdieb,
„Kommt mit mir! Ihr sollt mein Haus regieren,
 
Kommt mit mir! ihr sollt mein Haus regieren,
ich hab Euch mehr als mich selbstens lieb.“
 
Ich hab euch mehr als mich selbstens lieb.
Aber ich erkannte gleich den Schmeichler
 
Aber ich erkannte gleich den Schmeichler,
und dem Heuchler
 
Und dem Heuchler
ward sein Hoffen nicht belohnt.
 
Ward sein Hoffen nicht belohnt;
„Geht!“, sagt ich, „und lernt von meiner Jugend,
 
Geht! sagt ich, und lernt von meiner Jugend:
dass die Tugend
 
Daß die Tugend
noch in Schäferhütten wohnt.“
 
Noch in Schäferhütten wohnt.
Colas
 
Colas.
Gib dich zufrieden! Ich bin Bürge für deinen Wetterhahn. Er wird zurückekehren, ich stehe dir dafür. Aber du musst dir eine andre Art angewöhnen. Du musst ein wenig arglistig, spaßhaft und leichtsinnig werden. Ein Liebhaber wird zur Beständigkeit nicht leichter als durch Scherz und Fopperei gebracht.
 
Gieb dich zufrieden! Ich bin Bürge für deinen
Wetterhahn. Er wird zurückekehren, ich stehe
dir dafür. Aber du mußt dir eine andre Art an=
gewöhnen. Du mußt ein wenig arglistig, spaß=
haft, und leichtsinnig werden. Ein Liebhaber
wird zur Beständigkeit nicht leichter, als durch
Scherz und Fopperey gebracht.
Bastienne
 
FBastienne.
Das wird schwer halten. Wenn ich ihn sehe, verliere ich gleich Sprache und Stimme. Ich schau nur, ob meine Ärmel weiß sind, ob das Krösel recht in die Falten gelegt und das Mieder gerad eingeschnüret ist, ob mein Rock sich wohl ausbreitet und ob Schuh und Strümpfe sauber sind.
 
Das wird schwer halten. Wenn ich ihn se=
he, verliere ich gleich Sprache und Stimme.
Ich schau nur ob meine Aermel weiß sind, ob
das Krösel recht in die Falten gelegt, und das
Mieder gerad eingeschnüret ist, ob mein Rock
sich wohl ausbreitet, und ob Schuh und Strüm=
pfe sauber sind.
Colas
 
Colas.
Das taugt nichts, mein Kind. Einen Unbeständigen zurechte zu bringen, muss man selbst ein wenig flatterhaft scheinen. Man muss sich stellen, vor dem Liebsten zu fliehen, wenn man sich gleich herzlich nach ihm sehnt. Schau, das ist die rechte Art; so machen es die Damen in der Stadt.
 
Das taugt nichts, mein Kind. Einen Unbe=
ständigen zu rechte zu bringen, muß man selbst
ein wenig flatterhaft scheinen. Man muß sich
stellen vor dem Liebsten zu fliehen, wenn man
sich gleich herzlich nach ihm sehnt. Schau, das
ist die rechte Art; so machen es die Damen in
der Stadt.
    Auf den Rat, den ich gegeben,
 
    Auf den Rath, den ich gegeben,
sei, mein Kind, mit Fleiß bedacht.
 
Sey mein Kind mit Fleiß bedacht.
Bastienne
 
Bastienne.
Ja, ich werde mich bestreben,
 
Ja, ich werde mich bestreben,
dass man ihn zu Nutzen macht.
 
Daß man ihn zu Nutzen macht.
Colas
 
Colas.
Wirst du mir auch dankbar leben?
 
Wirst du mir auch dankbar leben?
Bastienne
 
FBastienne.
Ja, mein Herr, bei Tag und Nacht.
 
Ja, mein Herr, bey Tag und Nacht.
Colas
 
Colas.
(O die Unschuld!) Dir zum Glücke
 
(O die Unschuld!) Dir zum Glücke,
meide jetzt die finstern Blicke!
 
Meide jetzt die finstern Blicke!
Nimm ein muntres Wesen an!
 
Nimm ein muntres Wesen an!
Bastienne
 
Bastienne.
Gut, ich tu, so viel ich kann.
 
Gut, ich thu so viel ich kann.
Dritter Auftritt
 
Dritter Auftritt.
Colas (allein).
 
Colas (allein.)
Dieses Liebhaber-Paar ist wahrlich ein rechtes Wunderwerk. Dergleichen Unschuld wird man schwerlich anderswo als auf dem Lande finden. In der Stadt ist man schon im WeisbändelBand, an dem Kinder geführt wurden. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 28, Leipzig 1955, Sp. 1011 (Art. "WEISBAND"). witziger und die Tochter weiß oft mehr als die Mutter. Doch da kömmt unser Liebhaber, dieser angenehme Gegenstand, welchen man den Junkern vorziehet. Ihr eingebildeten Herzensbezwinger! Ihr gespreizten Jungfernknechte! das ist eine treffliche Lektion für euch. Eure Schönen laufen den Bauern nach, da man euch, gnädige Herren, kaum über die Achsel anschauet.
 
Dieses Liebhaberpaar ist wahrlich ein rech=
tes Wunderwerk. Dergleichen Unschuld wird
man schwerlich anderswo, als auf dem Lande
finden. In der Stadt ist man schon im Weis=
bändel witziger, und die Tochter weiß oft mehr
als die Mutter. Doch, da kömmt unser Lieb=
haber; dieser angenehme Gegenstand, welchen
man den Junkern vorziehet. Ihr eingebildeten
Herzensbezwinger! Ihr gespreitzten Jungfern=
knechte! das ist eine treffliche Lection für euch.
Eure Schönen laufen den Bauern nach, da man
euch, gnädige Herren, kaum über die Achsel an=
schauet.
Vierter Auftritt
 
FVierter Auftritt.
Colas, Bastien.
 
Colas, Bastien.
Bastien
 
Bastien.
(Air de m'avoir instruit de mon bien.)
 
(Air de m'avoir instruit de mon bien.)
    Großen Dank dir abzustatten,
 
    Großen Dank dir abzustatten,
Herr Colas, ist meine Pflicht;
 
Herr Colas, ist meine Pflicht;
du zerteilst des Zweifels Schatten
 
Du zertheilst des Zweifels Schatten
durch den weisen Unterricht.
 
Durch den weisen Unterricht;
Ja, ich wähle die zum Gatten,
 
Ja, ich wähle die zum Gatten,
die des Lebens Glück verspricht.
 
Die des Lebens Glück verspricht.
In den angebotnen Schätzen
 
In den angebothnen Schätzen
ist für mich kein wahr Ergetzen;
 
Ist für mich kein wahr Ergetzen;
Bastiennens Lieblichkeit
 
Bastiennens Lieblichkeit
macht mich mehr als Gold erfreut.
 
Macht mich mehr, als Gold, erfreut.
Colas
 
Colas.
Es freuet mich, dass du endlich zu dir selber kommst; dass du der leeren Schmeicheleien satt bist und mein Zureden einmal stattfinden lässest"stattfinden lassen" bedeutet hier "erhören". Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 17, Leipzig 1919, Sp. 986 (Art. "STATT").. Doch du folgest meinem Rate zu spät; das Weinlesen ist schon vorbei.
 
Es freuet mich, daß du endlich zu dir selber
kommst; daß du der leeren Schmeicheleyen satt
bist, und mein Zureden einmal statt finden läs=
sest. Doch du folgest meinem Rathe zu spät; das
Weinlesen ist schon vorbey.
Bastien
 
Bastien.
Wie? das Weinlesen ist vorbei? Was will das sagen?
 
Wie? Das Weinlesen ist vorbey? Was will
das sagen?
Colas
 
FColas.
Man hat dir den Abschied gegeben.
 
Man hat dir den Abschied gegeben.
Bastien
 
Bastien.
Geh! du hast Lust, mich zu foppen. Meine Bastienne sollte mir ihr kleines liebes Herz entziehen? Nein, dazu ist sie zu zärtlich. Sie gibt es gewiss keinem andern.
 
Geh! du hast Lust mich zu foppen. Meine Ba=
stienne sollte mir ihr kleines liebes Herz entzie=
hen? Nein, dazu ist sie zu zärtlich. Sie giebt
es gewiß keinem andern.
Colas
 
Colas.
Wenn sie es nicht gibt, so lässt sie sich's doch nehmen.
 
Wenn sie es nicht giebt, so läßt sie sichs doch
nehmen.
Bastien
 
Bastien.
(Air: bon, bon, vous me contes une fable.)
 
(Air: bon, bon, vous me contes une fable.)
    Geh! du sagst mir eine Fabel;
 
    Geh! du sagst mir eine Fabel;
Bastienne trieget nicht.
 
Bastienne trieget nicht.
Nein, sie ist kein falscher Schnabel,
 
Nein, sie ist kein falscher Schnabel,
welcher anders denkt als spricht.
 
Welcher anders denkt, als spricht.
Wenn mein Mund sie herzig nennet,
 
Wenn mein Mund sie herzig nennet,
hält sie mich gewiss für schön,
 
Hält sie mich gewiß für schön,
und wenn sie vor Liebe brennet,
 
Und wenn sie vor Liebe brennet,
muss die Glut von mir entstehn.
 
Muß die Glut von mir entstehn.
    Ihre Gunst mir zu entdecken,
 
    Ihre Gunst mir zu entdecken,
spart sie keine Neckerei,
 
Spart sie keine Näckerey;
schlieft bald hinter Zaun und Hecken,
 
FSchlieft bald hinter Zaun und Häcken;
schreckt mich dann durch ihr Geschrei;
 
Schreckt mich dann durch ihr Geschrey;
oder wirft mit kleinen Steinen
 
Oder wirft mit kleinen Steinen;
oder stößt mich in den Teich
 
Oder stößt mich in den Teich;
oder zwickt mich bei den Beinen.
 
Oder zwickt mich bey den Beinen.
Sag! ist das kein Liebesstreich?
 
Sag! Ist das kein Liebesstreich?
    Wenn wir manchmal Plumpsack spielen,
 
    Wenn wir manchmal Plumpsack spielen,
klopft sie keinen so wie mich.
 
Klopft sie keinen so, wie mich;
Bald muss ich Haarrüpfel fühlen,
 
Bald muß ich Haarrüpfel fühlen;
bald trifft mich ein Nadelstich;
 
Bald trifft mich ein Nadelstich;
bald stiehlt sie mir Kramp und Hacke,
 
Bald stielt sie mir Kramp und Hacke;
bald erwischt sie mich beim Ohr.
 
Bald erwischt sie mich beym Ohr;
Leucht aus so viel Schabernacke
 
Leucht aus so viel Schabernacke
nicht die helle Liebe vor?
 
Nicht die helle Liebe vor?
Colas
 
Colas.
Das kann sein; aber genug, dass deine Geliebte einen andern Anbeter hat. Er ist höflich, artig, reich und liebenswürdig.
 
Das kann seyn; aber genug, daß deine Ge=
liebte einen andern Anbether hat. Er ist höf=
lich, artig, reich, und liebenswürdig.
Bastien
 
Bastien.
Ei der Henker! Wie sollte das zugegangen sein? Und woher weißt du das?
 
Ey der Henker! Wie sollte das zugegangen
seyn? Und woher weißt du das?
Colas
 
Colas.
Aus meiner Kunst.
 
Aus meiner Kunst.
Bastien
 
FBastien.
Aus deiner Kunst?
 
Aus deiner Kunst?
Colas
 
Colas.
Freilich.
 
Freylich.
Bastien
 
Bastien.
Soll ich es glauben? Ist das wahr?
 
Soll ich es glauben? Ist das wahr?
Colas
 
Colas.
Leider! es ist nur allzu wahr. Armer Nachbar! du wirst es schon erfahren.
 
Leider! es ist nur allzuwahr. Armer Nach=
bar! du wirst es schon erfahren.
Bastien
 
Bastien.
O potztausend! wie bin ich so unglücklich!
 
O Potztausend! wie bin ich so unglücklich!
Colas
 
Colas.
Da siehest du, dass es nicht allezeit gut ist, ein schöner Knabe zu sein. Man will Liebsten und Reichtümer, alles im Überflusse haben; und ein einziger guter Tag ziehet oft hundert böse nach sich.
 
Da siehest du, daß es nicht allezeit gut ist,
ein schöner Knabe zu seyn. Man will Liebsten,
und Reichthümer, alles im Ueberflusse haben;
und ein einziger guter Tag, ziehet oft hundert
böse nach sich.
Bastien
 
Bastien.
Der Zufall ist schrecklich für mich. Ich bin darüber aus mir selbst – – Liebster Herr Colas! weißt du kein Geheimnis, meine geliebte Bastienne wiederzubekommen?
 
Der Zufall ist schrecklich für mich. Ich bin
darüber aus mir selbst = = Liebster Herr Colas!
weißt du kein Geheimnis, meine geliebte Ba=
stienne wieder zu bekommen?
Colas
 
FColas.
Arme Kinder! ihr dauert mich. Ich sehe nichts lieber, als wenn die Leute gut miteinander verstanden sind. Warte einen Augenblick! Ich will mich in meinem Zauberbuche nach deinem Schicksale erkundigen.
 
Arme Kinder! ihr dauert mich. Ich sehe
nichts lieber, als wenn die Leute gut miteinan=
der verstanden sind. Warte einen Augenblick!
Ich will mich in meinem Zauberbuche nach dei=
nem Schicksale erkundigen.
(Er ziehet aus seinem Schnappsacke ein Buch hervor und machet im währenden Lesen allerhand Gaukeleien, worüber Bastien in Furcht gerät.)
 
(Er ziehet aus seinem Schnappsacke ein Buch
hervor, und machet im währenden Lesen
allerhand Gaukeleyen, worüber Bastien in
Furcht geräth)
    Tätzel, Brätzel,
 
    Tätzel, Brätzel,
Schober, Kober,
 
Schober, Kober,
Indig, Windig,
 
Indig, Windig,
Kuffer, Puffer,
 
Kuffer, Puffer,
Firfar, Kirkar!
 
Firfar, Kirkar!
Hosper, Hiper, ho, hi, to!
 
Hosper, Hiper, ho, hi, to!
Mirlar Bistan li, la, lo!
 
Mirlar Bistan li, la, lo!
Darlar Bußlan quid pro quo.
 
Darlar Bußlan quid pro quo.
Bastien
 
Bastien
(furchtsam)
 
(furchtsam.)
Ist die Hexerei zu Ende?
 
Ist die Hexerey zu Ende?
Colas
 
FColas.
Ja, tritt nur näher! Tröste dich! Du wirst deine Schäferin wiedersehen.
 
Ja, tritt nur näher! Tröste dich! Du wirst
deine Schäferinn wieder sehen.
Bastien
 
Bastien.
Aber darf ich sie auch anrühren?
 
Aber darf ich sie auch anrühren?
Colas
 
Colas.
Ohne Zweifel, wenn du kein Hackstock bist. Geh! und nimm dein wahres Glück besser in Acht als bisher.
 
Ohne Zweifel, wenn du kein Hackstock bist.
Geh! und nimm dein wahres Glück besser in
Acht, als bisher.
Fünfter Auftritt
 
Fünfter Auftritt.
Bastien (allein).
 
Bastien (allein.)
(Air: Je vais donc, de ma Brunette.)
 
(Air: Je vais donc, de ma Brunette.)
    „Meiner Liebste schöne Wangen
 
    „Meiner Liebste schöne Wangen
„will ich froh aufs Neue sehn;
 
„Will ich froh aufs neue sehn;
„bloß ihr Reiz stillt mein Verlangen,
 
„Bloß ihr Reitz stillt mein Verlangen,
„Gold kann ich um sie verschmähn.
 
„Gold kann ich um sie verschmähn.
„Weg mit Hoheit! weg mit Schätzen!
 
„Weg mit Hoheit! weg mit Schätzen!
„Eure Pracht wirkt nichts bei mir;
 
„Eure Pracht wirkt nichts bey mir;
„nur mein Mädchen kann ergötzen,
 
„Nur mein Mädchen kann ergötzen
„hundertmal noch mehr als ihr.
 
„Hundertmal noch mehr als ihr.
    „Wuchrer, die bei stolzen Trieben
 
F    „Wuchrer, die, bey stolzen Trieben,
„bloß das Seltne sonst entzückt,
 
„Bloß das Seltne sonst entzückt,
„würden ihre Unschuld lieben,
 
„Würden ihre Unschuld lieben,
„schätzten sich durch sie beglückt.
 
„Schätzten sich durch sie beglückt;
„Doch umsonst! Hier sind die Grenzen,
 
„Doch umsonst! Hier sind die Gränzen,
„sie ist nur für mich gemacht;
 
„Sie ist nur für mich gemacht;
„und mit kalten Reverenzen
 
„Und mit kalten Reverenzen
„wird der Reichtum hier verlacht.
 
„Wird der Reichthum hier verlacht.
Sechster Auftritt
 
Sechster Auftritt.
Bastien, Bastienne.
 
Bastien, Bastienne.
Bastien
 
Bastien.
Da ist sie … Soll ich ihre Blicke fliehen? … Nein, wenn ich davonlaufe, verliere ich sie ganz und gar.
 
Da ist sie . . . Soll ich ihre Blicke fliehen?
. . . Nein, wenn ich davonlaufe, verliere
ich sie ganz und gar.
Bastienne
 
Bastienne.
Der Undankbare! Er hat mich gesehen. Ach! wie klopft mir das Herz.
 
Der Undankbare! Er hat mich gesehen. Ach!
wie klopft mir das Herz.
Bastien
 
Bastien.
Potztausend! ich weiß nicht, was ich tun oder lassen soll.
 
Potz tausend! Ich weiß nicht was ich thun
oder lassen soll.
Bastienne
 
Bastienne.
O weh! ohne dran zu denken, komme ich ihm auf den Hals."auf den Hals kommen" bedeutet hier "jemandem begegnen und den Angetroffenen(!) dabei negativ überaschen". Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 10, Leipzig 1877, Sp. 251 (Art. "HALS").
 
O weh! ohne dran zu denken, komme ich
ihm auf den Hals.
Bastien
 
FBastien.
Es sei gewagt. Ich will frei mit ihr reden … Sieh da, bist du zugegen? Schau, ich bin auch da … Aber wie? Warum so beduft? Was fehlt dir? Was machst du für Gesichter?
 
Es sey gewagt. Ich will frey mit ihr reden.
. . . Sieh da, bist du zugegen? Schau, ich
bin auch da . . . Aber wie? Warum so be=
duft? Was fehlt dir? Was machst du für Ge=
sichter?
Bastienne
 
Bastienne.
Wer bist du? Geh! ich kenne dich nicht.
 
Wer bist du? Geh! ich kenne dich nicht.
Bastien
 
Bastien.
Was sagst du! Ach, Bastienne, betrachte mich doch! Kennest du denn deinen Bastien nicht mehr?
 
Was sagst du! Ach, Bastienne, betrachte
mich doch! Kennest du denn deinen Bastien nicht
mehr?
Bastienne
 
Bastienne.
Du wärest mein Bastien? O nein, der bist du nimmer.
 
Du, wärest mein Bastien? O nein, der
bist du nimmer.
    „Er war mir sonst treu und ergeben,
 
    „Er war mir sonst treu und ergeben,
„mich liebte Bastien allein;
 
„Mich liebte Bastien allein,
„mein Herz war einzig sein Bestreben,
 
„Mein Herz war einzig sein Bestreben,
„nur ich, sonst nahm ihn niemand ein.
 
„Nur ich, sonst nahm ihn niemand ein.
„Das schönste Bild entzückt' ihn nicht,
 
„Das schönste Bild entzückt, ihn nicht,
„sein Blick war bloß auf mich gericht.
 
„Sein Blick war bloß auf mich gericht.
„Ich konnt vor andern allen
 
„Ich konnt vor andern allen
„ihn reizen, ihm gefallen.
 
„Ihn reitzen, ihm gefallen.
„Auch Damen wurden nicht geschätzt,
 
„Auch Damen wurden nicht geschätzt,
„die oft sein Blick in Glut gesetzt;
 
„Die oft sein Blick in Glut gesetzt;
„wenn sie Geschenke gaben,
 
F„Wenn sie Geschenke gaben,
„so musst ich solche haben.
 
„So mußt ich solche haben.
„Mich liebte Bastien allein,
 
„Mich liebte Bastien allein;
„doch nun will er sich andern weihn.
 
„Doch nun will er sich andern weihn.
„Vergebens ist jetzt meine Liebe;
 
„Vergebens ist jetzt meine Liebe;
„mein Liebster, der sich mir entreißt,
 
„Mein Liebster, der sich mir entreißt,
„verbittert die sonst süßen Triebe
 
„Verbittert die sonst süssen Triebe,
„und wird ein Flattergeist.
 
„Und wird ein Flattergeist.
Bastien
 
Bastien.
Oh, ich sehe schon, was dich verdrießt. Du glaubest, ich habe mich verändert; allein du irrest. Es war ein kleiner Hexenschuss von einem gewissen Poltergeiste; aber der wackere Colas hat ihn schon vertrieben.
 
O, ich sehe schon, was dich verdrießt. Du
glaubest, ich habe mich verändert; allein du
irrest. Es war ein kleiner Hexenschuß von ei=
nem gewissen Poltergeiste; aber der wackere
Colas hat ihn schon vertrieben.
Bastienne
 
Bastienne.
Leere Entschuldigung! Wenn du verhext warest, so bin ich verzaubert; und bei mir ist alle Kunst des guten Colas vergebens. Ja, Bastien, für ein Übel wie das meinige ist gar kein Mittel.
 
Leere Entschuldigung! Wenn du verhext wa=
rest, so bin ich verzaubert; und bey mir ist alle
Kunst des guten Colas vergebens. Ja, Ba=
stien, für ein Uebel wie das meinige, ist gar
kein Mittel.
Bastien
 
Bastien.
Heurate! Der Ehestand heilet alle Zaubereien. Das beste Mittel ist ein Mann.
 
Heurathe! Der Ehestand heilet alle Zaube=
reyen. Das beste Mittel ist ein Mann.
Bastienne
 
Bastienne.
Ein trefflicher Rat! Der Ehestand für sich selbst macht schon lauter Sorgen. Kömmt vollends ein treuloser Mann dazu, so werden Not und Kummer unerträglich. Und das sollte ein Heilungsmittel sein? O pfui!
 
Ein trefflicher Rath! Der Ehestand für sich
selbst macht schon lauter Sorgen. Kömmt
Fvollends ein treuloser Mann dazu, so werden
Noth und Kummer unerträglich. Und das
sollte ein Heilungsmittel seyn? O pfuy!
Bastien
 
Bastien.
Gut; weil du so eigensinnig bist, so tue, was du willst.
 
Gut; weil du so eigensinnig bist, so thue,
was du willst.
    „Geh hin!
 
    „Geh hin!
Dein Trotz soll mich nicht schrecken;
 
dein Trotz soll mich nicht schrecken;
„ich lauf aufs Schloss, das schwör ich dir,
 
„Ich lauf aufs Schloß, das schwör ich dir,
„und will der Edelfrau entdecken,
 
„Und will der Edelfrau entdecken:
„mein Herz gehöre gänzlich ihr.
 
„Mein Herz gehöre gänzlich ihr.
„Lässt sie wie sonst sich zärtlich finden,
 
„Läßt sie, wie sonst, sich zärtlich finden,
„will ich mich gleich mit ihr verbinden.
 
„Will ich mich gleich mit ihr verbinden.
Bastienne
 
Bastienne.
    „Ich will
 
    „Ich will
mich in die Stadt begeben,
 
mich in die Stadt begeben,
„Anbeter treff ich da leicht an;
 
„Anbether treff ich da leicht an;
„wie eine Dam will ich dort leben,
 
„Wie eine Dam will ich dort leben,
„die hundert Herren fesseln kann.
 
„Die hundert Herren fesseln kann;
„Und kann ich einen schönen finden,
 
„Und kann ich einen Schönen finden,
„will ich mich gleich mit ihm verbinden.
 
„Will ich mich gleich mit ihm verbinden.
Bastien
 
Bastien.
    Ich
 
    Ich
werd in Gold und Silber prahlen;
 
werd in Gold und Silber prahlen;
und eine Liebste voller Pracht
 
Und eine Liebste, voller Pracht,
wird die Gewogenheit bezahlen,
 
Wird die Gewogenheit bezahlen,
wodurch mein Blick sie glücklich macht.
 
Wodurch mein Blick sie glücklich macht.
Mir ihre Schätze zu verbinden,
 
Mir ihre Schätze zu verbinden,
soll sie mich gar nicht spröde finden.
 
Soll sie mich gar nicht spröde finden.
Bastienne
 
FBastienne.
    Den
 
    Den
Schönen sind die Kostbarkeiten
 
Schönen sind die Kostbarkeiten
in Städten zu erwerben leicht;
 
In Städten zu erwerben leicht;
es braucht, um selbe zu erbeuten,
 
Es braucht, um selbe zu erbeuten,
nichts als dass man sich freundlich neigt.
 
Nichts, als daß man sich freundlich neigt.
Mir reiche Herren zu verbinden,
 
Mir reiche Herren zu verbinden,
soll man mich stets sehr höflich finden.
 
Soll man mich stäts sehr höflich finden.
(Beide tun, als wollten sie fortgehen, kommen aber immer zurück.)
 
(Beyde thun, als wollten sie fortgehen, kom=
men aber immer zurück.)
Bastienne
 
Bastienne.
Siehe da! bist du noch hier? Ich dachte, du wärest schon über alle Berge.
 
Siehe da! bist du noch hier? Ich dachte du
wärest schon über alle Berge.
Bastien
 
Bastien.
Ich bin eben im Begriffe, meinen Abmarsch zu nehmen.
 
Ich bin eben im Begriffe, meinen Abmarsch
zu nehmen.
Bastienne
 
Bastienne.
Vermutlich kostet es dir wenig Mühe, mich zu fliehen, Treuloser!
 
Vermuthlich kostet es dir wenig Mühe, mich
zu fliehen, Treuloser!
Bastien
 
Bastien.
Vermutlich bist du sehr vergnügt, dass ich gefasst bin, fortzugehen?
 
Vermuthlich bist du sehr vergnügt, daß ich
gefaßt bin, fortzugehen?
Bastienne
 
Bastienne.
Allerdings, mein Herr! sie können nach ihrem Belieben handeln.
 
Allerdings, mein Herr! Sie können nach
ihrem Belieben handeln.
Bastien
 
FBastien.
Ist das dein Ernst? … Geh! sag! Soll ich ich bleiben?
 
Ist das dein Ernst? . . . Geh! sag! Soll
ich ich bleiben?
Bastienne
 
Bastienne.
Ja … Nein, nein.
 
Ja . . . Nein, nein.
Bastien
 
Bastien.
Dein Trotz vermehrt sich durch mein Leiden?
 
Dein Trotz, vermehrt sich durch mein Leiden?
Wohlan! den Augenblick
 
Wohlan! den Augenblick
hol ich, zu deinen Freuden,
 
Hol ich, zu deinen Freuden,
mir Messer, Dolch und Strick …
 
Mir Messer, Dolch und Strick . . .
Bastienne
 
Bastienne.
Viel Glück!
 
Viel Glück!
Bastien
 
Bastien.
Ich geh mich zu erhenken
 
Ich geh mich zu erhenken . . .
Bastienne
 
Bastienne.
Viel Glück.
 
Viel Glück.
Bastien
 
Bastien.
Ich lauf, ohn alle Gnad,
 
Ich lauf, ohn alle Gnad,
zum Bach mich zu ertränken …
 
Zum Bach mich zu ertränken . . .
Bastienne
 
Bastienne.
Viel Glück zum kalten Bad!
 
Viel Glück zum kalten Baad!
Bastien
 
Bastien.
(für sich)
 
(für sich.)
Und sollte ich wohl ein solcher Narr sein, mich ins Wasser zu sürzen?
 
Und sollte ich wohl ein solcher Narr seyn,
mich ins Wasser zu sürzen?
Bastienne
 
FBastienne.
Was ist's? Was hält dich denn auf?
 
Was ists? Was hält dich denn auf?
Bastien
 
Bastien.
Nichts. Ich überlege nur, dass ich ein schlechter Schwimmer bin; und dann, dass ich vor meinem Ende noch mit dir reden muss.
 
Nichts. Ich überlege nur, daß ich ein schlech=
ter Schwimmer bin; und dann, daß ich vor
meinem Ende noch mit dir reden muß.
Bastienne
 
Bastienne.
Mit mir reden? Nein, ich höre dich nicht mehr.
 
Mit mir reden? Nein, ich höre dich nicht mehr.
(Air: Non infidele, cours à ta belle.)
 
(Air: Non infidele, cours à ta belle.)
    Geh, Herz von FlandernHistorische Landschaft Belgiens. Reimt wie hier häufig mit "andern" und verweist auf Treulosigkeit und Flatterhaftigkeit. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1962, Sp. 1722 (Art. "FLANDERN").!
 
    Geh, Herz von Flandern!
Such nur bei andern
 
Such nur bey andern
zärtlich verliebt Gehör!
 
Zärtlich verliebt Gehör!
Denn dich lieb ich nicht mehr.
 
Denn dich lieb ich nicht mehr.
Bastien
 
Bastien.
Wohl, ich will sterben;
 
Wohl ich will sterben;
denn zum Verderben
 
Denn zum Verderben
zeigt mir dein Hass die Spur:
 
Zeigt mir dein Haß die Spur:
Drum lass ich Dorf und Flur.
 
Drum laß ich Dorf und Flur.
Bastienne
 
Bastienne.
Falscher! du fliehest?
 
Falscher! du fliehest?
Bastien
 
Bastien.
Ja, wie du siehest.
 
Ja, wie du siehest.
Weil dich ein andrer nimmt,
 
Weil dich ein andrer nimmt,
ist schon mein Tod bestimmt.
 
ist schon mein Tod bestimmt.
Ich bin mir selbst zur Qual,
 
FIch bin, mir selbst zur Quaal,
kein Knecht von dem Rival.
 
Kein Knecht von dem Rival.
Bastienne
 
Bastienne.
Bastien! Bastien!
 
Bastien! Bastien!
Bastien
 
Bastien.
Wie? rufst du mich?
 
Wie? rufst du mich?
Bastienne
 
Bastienne.
Du irrest dich.
 
Du irrest dich.
In deinem Blick
 
In deinem Blick
wird nun mein Glück
 
Wird nun mein Glück
nicht mehr gefunden.
 
Nicht mehr gefunden.
Bastien
 
Bastien.
Wo ist die süße Zeit,
 
Wo ist die süße Zeit,
da dich mein Scherz erfreut?
 
Da dich mein Scherz erfreut?
Beide
 
Beyde.
Sie ist anjetzt verschwunden.
 
Sie ist anjetzt verschwunden.
Geh! falsche Seele!
 
Geh! falsche Seele!
Fort! ich erwähle
 
Fort! ich erwähle
für meine zarte Hand
 
Für meine zarte Hand
ein andres Eheband.
 
Ein andres Eheband.
Wechsel im Lieben
 
Wechsel im Lieben
tilgt das Betrüben
 
Tilgt das Betrüben,
und reizet, wie man sieht,
 
Und reitzet, wie man sieht,
zur Lust den Appetit.
 
Zur Lust den Appetit.
Bastien
 
Bastien.
Doch wenn du wolltest …
 
Doch, wenn du wolltest . . .
Bastienne
 
FBastienne.
Doch wenn du solltest …
 
Doch wenn du solltest . . . .
Bastien.
 
Bastien..
Schatz mich noch nennen …
 
Schatz mich noch nennnen . . . .
Bastienne
 
Bastienne.
dies Herz erkennen …
 
Dies Herz erkennen . . . .
Beide
 
Beyde.
wär meine Zärtlichkeit
 
Wär meine Zärtlichkeit
aufs Neue dir geweiht.
 
Aufs neue dir geweiht.
Bastien
 
Bastien.
Ich bliebe dein allein.
 
Ich bliebe dein allein.
Bastienne
 
Bastienne.
Ich würde dein auf ewig sein.
 
Ich würde dein auf ewig seyn.
Bastien
 
Bastien.
Gib mir, zu meinem Glück,
 
Gieb mir, zu meinem Glück,
dein Herz zurück!
 
Dein Herz zurück!
Umarme mich!
 
Umarme mich!
Nur dich lieb ich.
 
Nur dich lieb ich.
Bastienne
 
Bastienne.
O Lust
 
O Lust
für die entflammte Brust!
 
Für die entflammte Brust!
Beide
 
Beyde.
Komm! nimm aufs Neue
 
Komm! nimm aufs neue
Neigung und Treue!
 
FNeigung und Treue!
Ich schwör dem Wechsel ab
 
Ich schwör dem Wechsel ab,
und lieb dich bis ins Grab.
 
Und lieb dich bis ins Grab.
Wir sind versöhnet.
 
Wir sind versöhnet.
Die Liebe krönet
 
Die Liebe krönet
uns nach dem bangen Streit
 
Uns, nach dem bangen Streit,
durch treue Zärtlichkeit.
 
Durch treue Zärtlichkeit.
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
Colas, Bastienne, Bastien, Schäfer und Schäferinnen.
 
Colas, Bastienne, Bastien.
Schäfer und Schäferinnen.
(Air: mes Enfans, apres la pluye)
 
(Air: mes Enfans, apres la pluye)
Colas
 
Colas.
    Kinder! seht, nach Sturm und Regen
 
    Kinder! seht nach Sturm und Regen
wird ein schöner Tag gebracht;
 
Wird ein schöner Tag gebracht;
euer Glück soll nichts bewegen,
 
Euer Glück soll nichts bewegen,
dankt dies meiner Zaubermacht!
 
Dankt dies meiner Zaubermacht!
Auf! auf! gebt euch die Hand!
 
Auf! auf! gebt euch die Hand!
Knüpft die Seelen und die Herzen!
 
Knüpft die Seelen und die Herzen!
Auf! auf! gebt euch die Hand!
 
Auf! auf! gebt euch die Hand!
Nichts von Schmerzen
 
Nichts von Schmerzen
werd euch je bekannt.
 
Werd euch je bekannt.
Ein Schäfer und eine Schäferin
 
Ein Schäfer, und eine Schäferinn.
    Nachbarn! kommt, das Fest zu feiern,
 
    Nachbarn! kommt, das Fest zu feyern,
wünscht dem Brautpaar Heil und Glück!
 
Wünscht dem Brautpaar Heil und Glück!
Bringt bei Dudelsack und Leiern
 
Bringt bey Dudelsack und Leyern
Händ und Füße ins Geschick!
 
FHänd und Füsse ins Geschick!
Auf! auf! holet den Kranz!
 
Auf! auf! holet den Kranz!
Lasst uns jauchzen, lasst uns springen!
 
Laßt uns jauchzen, laßt uns springen!
Auf! auf! holet den Kranz!
 
Auf! auf! holet den Kranz!
Nach dem Singen
 
Nach dem Singen
erfolget der Tanz.
 
Erfolget der Tanz.
Bastienne, Bastien
 
Bastienne, Bastien.
    Lustig! preist die Zaubereien
 
    Lustig! preist die Zaubereyen
von Colas, dem weisen Mann!
 
Von Colas, dem weisen Mann!
Uns vom Kummer zu befreien,
 
Uns vom Kummer zu befreyen
hat er Wunder heut getan.
 
Hat er Wunder heut gethan.
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
Er stift unsre Hochzeitfeier;
 
Er stift unsre Hochzeitfeyer;
auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
O zum Geier,
 
O zum Geyer,
welch trefflicher Mann!
 
Welch trefflicher Mann!
Bastienne, Bastien, Schäfer, Schäferinnen
 
Alle.
    Auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
    Auf! auf! stimmt sein Lob an.
Er stift diese Hochzeitfeier;
 
Er stift diese Hochzeitfeyer;
auf! auf! stimmt sein Lob an!
 
Auf! auf! stimmt sein Lob an!
O zum Geier,
 
O zum Geyer,
welch trefflicher Mann!
 
Welch trefflicher Mann.