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                                          Gotha, d. 25 Meÿ, 1792.
     Hochwürdiger, Hochwohlgebohrner,
     Hochgeehrtester Herr Canonious und Consistorialrath!

Es würde mir in der That sehr felpar fallen, wenn
ich einige Tage sollte verstreichen lassen, ohne Eier
Hochwürden meinen Danck für den vor einigen
Stunden erhaltenen Brief von Ihrer Hand und für
die Beÿlage abstatten zu können. Schon vor einigen
Wochen hatte ich mich an Hς. von Setzer in Wien
gewendet, um Nachrichten von dem seel. Mozart
zu haben, und bis jetzt warte ich noch auf Antwort.
Eier Hochwürden können sich daher vorstellen, wie
angenehm mich Ihr gütiger, unerbetener Beÿlag
                                                 Retzer
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überraschte, um so mehr da er sich über einen Zeitraum
aus des seel. M. Leben verbreitet, über den man
mir von Wien aus wahrscheinlich nicht so vieles
und so genau hätte sagen können.
Es gehört mit zu dem sehr belohnenden folgen,
die mein sonst so mühsames Unternehmen für
mich hat, daß es, außer der Beschäftigung
mit guten Todten, mich auch in schriftliche Verbindung
mit so manchen guten Lebenden setzt, an die
sich mein Herz durch gleiche denkungsart samft
angezogen fühlt. Einen Mann, der mir daß erste Mahl
so gütig entgegen gekomen ist, darf ich wohl
mit Zuversicht bitten, auch in der Zukunft sich des
Nekrologs zu erinnern, wenn Jemand seiner
Gegend sterben sollte, dessen seltne Schicksale oder
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dessen stille Tugenden dem Publioum und der
Nachwelt durch Aufstellung nützlich werden könnten.
Das beste Studium für dem Menschen bleibt doch
imer der Mensch, und dises wichtige und nützliche
Studium soll, meinen Wunsche nach, der Nekrolog
mit der Zeit befördern, wenn er durch manich
faltigen Beÿträge, besonders über stilles,
unbekanntes Verdienst und Tugend, die oft
in einem Winkel, oft in einer Klosterzelle wohnen
kann, beschenkt wird.
Darf ich sie noch bitten, der gütigen Verfasserin
des Aufsatzes ebenfalls unbekannter Weise
meinen herzlichen dank abzustatten?

     Mit ausgezeichneter Hochachtung bin ich
     Eir Hochwirden
                          gehorsamster
                          F. Schlichtegroll, Professr
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N. S. Ware es möglich, daß die gefällige
Verfasserin des Aufsatzs sich noch auf einige
charatterische Züge aus der Jugend des seel:
besinnen könnte, und wollte sie solche noch notiren,
so würde ich das mit großem danck annehmen.
Z. B. Welches warn in seinen Jugendjahren,
außer der Beschäftigung mit Musik, sein
Lieblingsspiele? Wie benahm er sich, als Kind)
gegen die Großen, und ihre bezeigte Bewunderung?
Wälche Wissenschaftliche Bescheftigung liebte er am
mehrsten? Was für Sprachen verstand er und
Welche sprach er und schrieb er am liebsten und
besten? Besondere Eigenheiten, Maxinen,
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Tagesordnung – Auch dem Umstand möchte ich
noch etwas näher erläutern; wie kam es daß
er das letzte Mahl seine schon alte Mutter
mit nach Paris nahm?
Was werden Sie von einen so importunen
Menschen dancken der, wenn man ihm einen
Finger reicht gleich die ganze Hand haben
will?
N S. Sollten es die Gesetze des Instituts nicht
ganz unmöglich machen, und Eier Hochwd. könnten
mir gelegentlich den Verf. Recens. des Nekrol.
in der Obd. Lz. anzeigen, so würde ich Ihnen
für diese Bekanntschaft mit einen Gönner
studierum meorum überaus verbunden seÿn.
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