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                                                                                  Wien den 12.ten october 1782
       Mon Trés cher Pére!

Wen ich hätte vorsehen könen, daß die copisten in Salzburg so viel zu thun haben,
so würde ich mich doch entschlossen haben die opera hier copiren zu lassen. – Nun muß
ich halt zum hς: Gesandten gehen, und ihm die wahre ursache entdecken; – doch
bitte ich sie ihr möglichstes zu thun daß ich sie bald erhalte. wie eher, Je lieber;
Sie glauben, ich würde von keinem Copisten in Wien sie in so kurzer zeit er=
halten; und ich wollte sie doch vom Theatral Copisten in zeit von 8 tägen
oder längstens 10 tägen bekomen. – daß gatti, der Esel, den Erzbischof
gebetten eine Serenade schreiben zu därfen – macht ihn schon würdig diesen
Namen tragen zu därfen; und mich vermuthen, daß er auch auf seine
gelehrsamkeit in der Musick anzuwenden wäre. –
Sie schreiben, daß 400 fl: Jährlich gewisses geld nicht zu verrachten seÿe; – wen
ich neben beÿ mich gut hinauf arbeiten kan, und folglich diese 400 fl: als eine
beÿhülfe ansehe, so ist es ganz gewis; doch ist hier leider dieser fall nicht.
hier ist mein bestes Einkomen – 400 fl: – alles was ich sonst verdienen kan,
muß ich als eine beÿhilfe ansehen, und zwar als eine sehr unsichere – und
folglich sehr geringe beÿhilfe; weil sie leicht vermuthen könen, daß man
mit einer solchen schüllerin wie eine Prinzessin ist nicht so verfahren kan,
wie mit einer andern Dame – wen es so einer Prinzessin eben nicht
gelegen ist – so hat man die Ehre zu warten. – sie logirt beÿ den
Selesianerinen auf der wieden. – will man nicht zu fusse gehen, so
hat man wenigstens die Ehre einen 20ger hin und her zu bezahlen.
da bleiben mir von meiner besoldung noch 304 fl: übrig. NB: wen ich
die woche nur 3mal lection gebe. – muß ich also warten – so ver=
saume ich unterdessen meine andern scolaren oder andere ge=
schäfte |: womit ich mir leicht mehr als 400 fl: verdienen kan. :|
will ich herein – so muß ich dopelt mein geld verfahren, weil ich wieder
hinaus muß. – bleib ich daraus – und ist es, wie ohne zweifel, vor=
Mittag, kömt die Mittags=zeit – so kan ich auch die Ehre haben

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
STIFTUNG:
„MOZARTEUM”
1881
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in einem Wirths=hause schlecht und theuer zu Essen. – kan durch das
versaumen anderer lectionen – sie gar verlieren – da Jeder sein geld
für so gut hällt, als der Prinzessin ihres. – und verliere auch dabeÿ
die zeit und die laune mir mit der Composition desto mehr zu ver=
dienen. – Einem grossen Herrn zu dienen |: das Amt mag seÿn
was es für eins wolle :| gehört eine bezahlung dazu – durch welche
man im Stande ist seinem herrn allein zu dienen – und nicht nöthig
hat sich vor mangel durch nebenverdienste zu sichern; – vor Mangel
muß schon gesorgt seÿn; – glauben sie nur nicht daß ich so dum seÿn
werde Jemanden das zu sagen, was ich ihnen schreibe; – aber glauben
                                   Kaiser
sie auch sicher daß der kmfolr seine schmutzigkeit selbst fühlt – und
nur aus dieser ursache mich umgangen hat; – hätte ich angehalten –
– ich wäre es gewis; aber nicht mit 400 fl: – aber auch nicht mit
so viel als es billig wäre. – Ich suche aber keine scolaren – ich
kan ihrer genug haben; – und ihrer zweÿ – ohne mir die geringste
ungelegenheit oder verhindernüss zu machen, geben mir so viel
als – die Prinzessin ihrem Meister, der dan keine andere aussicht
dabeÿ hat, als daß er sein lebtage nicht verhungern wird;
sie wissen wohl wie gemeiniglich dienste von grossen herrn belohnt
werden. – Nun muß ich schlüssen, den die Post geht ab.
wir küssen ihnen 1000mal die hände, und unsere liebe
schwester umarmen wir vom herzen und sind Ewig dero

Nächstens mehr.                                 gehorsamste kinder
                                                       W: Et C: Mozart mp

DOM=
MUSICK=VEREIN
U.
MOZARTEUM

INTERNATIONALE
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„MOZARTEUM”
1881