Kritische Edition des vertonten Textes (Partiturtext)   Kritische Edition des Librettos Prag 1773 (Libretto)  
Erster Auftritt
Erster Auftritt
Sais, Myris wie Sonnenjungfrauen gekleidet; nur dass in dem Schleier das Bildnis der Sonne nicht eingestickt ist.
Sais, Myris wie Sonnenjungfrauen gekleidet; nur dass in dem Schleier das Bildnis der Sonne nicht eingestickt ist.
Myris
Myris
Welche Veränderung! – Die muntere Sais, deren jugendliches Herz nur Lachen und Fröhlichkeit kannte, deren stets heiterer Blick auch um sie herum alles Gewölke zerstreute, ist seit drei Monden tiefsinnig, zurückhaltend gegen ihre beste Freundin, sucht die Einsamkeit!
Welche Veränderung! – Die muntere Sais, deren jugendliches Herz nur Lachen und Fröhlichkeit kannte, deren stets heiterer Blick auch um sie herum alles Gewölke zerstreute, ist seit drei Monden tiefsinnig, zurückhaltend gegen ihre beste Freundin, sucht die Einsamkeit!
Sais
Sais
Du tust mir Unrecht, Myris! Deine Sais ist noch die, die sie stets war. Was könnte mich traurig machen? Welches Geheimnis sollte ich dir verhehlen? – Und warum das alles seit drei Monden?
Du tust mir Unrecht, Myris! Deine Sais ist noch die, die sie stets war. Was könnte mich traurig machen? Welches Geheimnis sollte ich dir verhehlen? – Und warum das alles seit drei Monden?
Myris
Myris
Fragen, die du allein beantworten kannst. Die Sache selbst – willst du sie leugnen? (lächelnd) Darf ich erraten? – Thamos. …
Fragen, die du allein beantworten kannst. Die Sache selbst – willst du sie leugnen? (lächelnd) Darf ich erraten? – Thamos …
 
 
Sais
Sais
(betroffen)
(betroffen)
Thamos? – Glaubst du etwa? …
Thamos? – Glaubst du etwa? …
Myris
Myris
Ich glaube nichts. Doch dreimal wechselte der Mond, seitdem des Königs Besuche bei uns häufiger geworden sind: und eben so lange ist es, dass Sais ihre Munterkeit verloren hat.
Ich glaube nichts. Doch dreimal wechselte der Mond, seitdem des Königs Besuche bei uns häufiger geworden sind: und eben so lange ist es, dass Sais ihre Munterkeit verloren hat.
Sais
Sais
Genug, Myris! – Nicht deine Freundin, du – hast Geheimnisse. Sais will sie nicht erforschen; aber man spotte auch ihrer nicht! – Welcher Gegenstand zieht den Thamos hieher? Auf wen ist seine Aufmerksamkeit gerichtet? Mit wem sind die Gespräche?
Genug, Myris! – Nicht deine Freundin, du – hast Geheimnisse. Sais will sie nicht erforschen; aber man spotte auch ihrer nicht! – Welcher Gegenstand zieht den Thamos hieher? Auf wen ist seine Aufmerksamkeit gerichtet? Mit wem sind die Gespräche?
Myris
Myris
Und du leugnest noch, dass du liebest?
Und du leugnest noch, dass du liebest?
Sais
Sais
(schnell)
(schnell)
Ihn, der dich anbetet?
Ihn, der dich anbetet?
Myris
Myris
Zur Strafe sollte ich dich im Irrtume lassen. Doch nein, dein Zustand rührt mich. Wisse also: Thamos empfindet für dich, was du für ihn. – Du errötest. Keine Verstellung weiter, liebste Sais! Dein Herz schließe sich nur auf. Vom ersten Tage an bemerkte ich den Eindruck, den die Eigenschaften des jungen Helden bei dir machten. Ich sah den Fortgang deiner Neigung, ich sah deine Unruhe, als Thamos meinen Umgang zu suchen anfing. Leicht hätte ich sie stillen können, ich erwartete aber von dir den ersten Schritt.
Zur Strafe sollte ich dich im Irrtume lassen. Doch nein, dein Zustand rührt mich. Wisse also: Thamos empfindet für dich, was du für ihn. – Du errötest. Keine Verstellung weiter, liebste Sais! Dein Herz schließe sich nur auf. Vom ersten Tage an bemerkte ich den Eindruck, den die Eigenschaften des jungen Helden bei dir machten. Ich sah den Fortgang deiner Neigung, ich sah deine Unruhe, als Thamos meinen Umgang zu suchen anfing. Leicht hätte ich sie stillen können, ich erwartete aber von dir den ersten Schritt.
Sais
Sais
Was für ein Geständnis verlangst du? – Einer Schwachheit, die deine Freundin gern sich selbst verbärge.
Was für ein Geständnis verlangst du? – Einer Schwachheit, die deine Freundin gern sich selbst verbärge.
Myris
Myris
(umarmt die Sais)
(umarmt die Sais)
Schütte dein Herz in meinen Schoß aus. Es hat Erleichterung nötig.
Schütte dein Herz in meinen Schoß aus. Es hat Erleichterung nötig.
Sais
Sais
Hätte ich je geglaubt, dass Thamos, dass der Sohn desjenigen, gegen den mein Vater zur Verteidigung des Menes sein Leben aufopferte, mir andere Regungen als des Hasses und der Verabscheuung einflößen könnte? – O Mirza! Mirza! wie geschwind löschte seine Gegenwart deine schwarzen Abschilderungen aus!
Hätte ich je geglaubt, dass Thamos, dass der Sohn desjenigen, gegen den mein Vater zur Verteidigung des Menes sein Leben aufopferte, mir andere Regungen als des Hasses und der Verabscheuung einflößen könnte? – O Mirza! Mirza! wie geschwind löschte seine Gegenwart deine schwarzen Abschilderungen aus!
Myris
Myris
Dir allein entdeckt Mirza ihre Abneigung gegen das Haus des Ramesses! Was für Absichten mag sie haben?
Dir allein entdeckt Mirza ihre Abneigung gegen das Haus des Ramesses! Was für Absichten mag sie haben?
Sais
Sais
War es, um mir ihre Gesinnungen mitzuteilen: O wie sehr schlug die Hoffnung fehl! – Thamos erscheint. Ich finde in ihm nicht den Erben des Stolzes, der Herrschsucht, der Grausamkeit seines Vaters, das Gemälde der Mirza: nein! Güte, Leutseligkeit, sanftes Wesen mit Hoheit vereint; einen König, wie Ägypten ihn in dem Andenken des Menes verehret. – Ach, Freundin! Und dieser König, dessen jugendliche Stirne schon Lorbeer umkränzt, wirft auf die Sais seine Blicke! Sie glaubt darin mehr als Huld – Zärtlichkeit zu lesen. Noch andere Merkmale, unbedeutend für Gleichgültige und alles sagend, wenn das Herz der Ausleger ist, bestärken sie in ihrer Meinung. – Zu leicht, zu viel schmeichelte sie sich!
War es, um mir ihre Gesinnungen mitzuteilen: O wie sehr schlug die Hoffnung fehl! – Thamos erscheint. Ich finde in ihm nicht den Erben des Stolzes, der Herrschsucht, der Grausamkeit seines Vaters, das Gemälde der Mirza: nein! Güte, Leutseligkeit, sanftes Wesen mit Hoheit vereint; einen König, wie Ägypten ihn in dem Andenken des Menes verehret. – Ach, Freundin! Und dieser König, dessen jugendliche Stirne schon Lorbeer umkränzt, wirft auf die Sais seine Blicke! Sie glaubt darin mehr als Huld – Zärtlichkeit zu lesen. Noch andere Merkmale, unbedeutend für Gleichgültige und alles sagend, wenn das Herz der Ausleger ist, bestärken sie in ihrer Meinung. – Zu leicht, zu viel schmeichelte sie sich!
Myris
Myris
Dein Herz betrog dich nicht. Thamos war von dir gerührt, er ist es noch.
Dein Herz betrog dich nicht. Thamos war von dir gerührt, er ist es noch.
 
 
Sais
Sais
Du mir diese Versicherung?
Du mir diese Versicherung?
Myris
Myris
Ungerechte Freundin! Wüsstest du den Inhalt der Gespräche, die dich in Unruhe setzen! Du – bist der Gegenstand. Thamos kennt unsere Freundschaft. Diese allein zieht mir seine Aufmerksamkeit zu.
Ungerechte Freundin! Wüsstest du den Inhalt der Gespräche, die dich in Unruhe setzen! Du – bist der Gegenstand. Thamos kennt unsere Freundschaft. Diese allein zieht mir seine Aufmerksamkeit zu.
Sais
Sais
Eine Frage, Myris! Die Antwort entscheidet unsern Streit. – Hat dir Thamos seine Neigung zu mir entdeckt?
Eine Frage, Myris! Die Antwort entscheidet unsern Streit. – Hat dir Thamos seine Neigung zu mir entdeckt?
Myris
Myris
Nein! ob ich ihm schon Gelegenheit gab.
Nein! ob ich ihm schon Gelegenheit gab.
Sais
Sais
(schnell)
(schnell)
So empfand er nie eine oder sie ist schon erloschen. Ach Myris! meine Furcht betrog mich nicht. –
So empfand er nie eine oder sie ist schon erloschen. Ach Myris! meine Furcht betrog mich nicht. –
Myris
Myris
(unterbricht sie)
(unterbricht sie)
Mirza nähert sich uns.
Mirza nähert sich uns.
Zweiter Auftritt
Zweiter Auftritt
Die Vorigen. Mirza.
Die Vorigen. Mirza.
Mirza
Mirza
Ihr werdet diesen Abend bei der feierlichen Handlung mit den Jungfrauen der Sonne im Tempel erscheinen. (zu der Sais) Melde es deinen Gespielinnen. (zu der Myris) Du, Myris! verweile hier.
Ihr werdet diesen Abend bei der feierlichen Handlung mit den Jungfrauen der Sonne im Tempel erscheinen. (zu der Sais) Melde es deinen Gespielinnen. (zu der Myris) Du, Myris! verweile hier.
 
 
(Sais geht ab.)
(Sais geht ab.)
Dritter Auftritt
Dritter Auftritt
Mirza. Myris.
Mirza. Myris.
Mirza
Mirza
Schon lange nehme ich wahr, dass zwischen dir und Sais enge Freundschaft herrscht.
Schon lange nehme ich wahr, dass zwischen dir und Sais enge Freundschaft herrscht.
Myris
Myris
Umgang von Kindheit auf, gleiches Alter und gleiche Neigungen haben das Band geknüpft.
Umgang von Kindheit auf, gleiches Alter und gleiche Neigungen haben das Band geknüpft.
Mirza
Mirza
Was ich dir jetzt sagen werde, darf Sais noch nicht wissen. Schwöre, ihr davon nichts zu entdecken.
Was ich dir jetzt sagen werde, darf Sais noch nicht wissen. Schwöre, ihr davon nichts zu entdecken.
Myris
Myris
Wenn das Geheimnis meiner Freundin zu keinem Schaden gereicht.
Wenn das Geheimnis meiner Freundin zu keinem Schaden gereicht.
Mirza
Mirza
Zu keinem.
Zu keinem.
Myris
Myris
So schwöre ich.
So schwöre ich.
Mirza
Mirza
Kennst du die Gesinnungen der Sais gegen den Thamos?
Kennst du die Gesinnungen der Sais gegen den Thamos?
Myris
Myris
(betroffen)
(betroffen)
Gegen den König? – Was für andere Gesinnungen kann sie haben, als die uns allen gemein sind, der Ehrfurcht und des Gehorsams?
Gegen den König? – Was für andere Gesinnungen kann sie haben, als die uns allen gemein sind, der Ehrfurcht und des Gehorsams?
Mirza
Mirza
Weiche nicht meiner Frage aus. Thamos ist zugleich König und ein liebenswürdiger Jüngling. Hat er auf ihr Herz Eindruck gemacht?
Weiche nicht meiner Frage aus. Thamos ist zugleich König und ein liebenswürdiger Jüngling. Hat er auf ihr Herz Eindruck gemacht?
Myris
Myris
Du weißt, Mirza! dass dergleichen Empfindungen selbst Freundinnen einander nicht anvertrauen.
Du weißt, Mirza! dass dergleichen Empfindungen selbst Freundinnen einander nicht anvertrauen.
Mirza
Mirza
Ja! Ich weiß aber nicht weniger, dass der Gespielinnen Augen scharfsichtig sind. – Ohne Zurückhaltung, Myris! Du hast für deine Freundin nichts zu fürchten.
Ja! ich weiß aber nicht weniger, dass der Gespielinnen Augen scharfsichtig sind. – Ohne Zurückhaltung, Myris! Du hast für deine Freundin nichts zu fürchten.
Myris
Myris
Wenn nun Thamos der Sais nicht gleichgültig wäre?
Wenn nun Thamos der Sais nicht gleichgültig wäre?
Mirza
Mirza
(erschrickt, sucht es aber zu verbergen)
(erschrickt, sucht es aber zu verbergen)
Hast du Grund, es zu vermuten?
Hast du Grund, es zu vermuten?
Myris
Myris
Noch mehr, auch Thamos liebt sie.
Noch mehr, auch Thamos liebt sie.
Mirza
Mirza
Eine wechselweise Zuneigung? – Myris! entweder bist du selbst im Irrtume oder du willst mich hintergehen. – Thamos liebte die Sais? Er, den du gefesselt hast? – Ägyptens Könige wählten mehr als einmal, wenn keine Töchter der Fürsten vorhanden waren, ihre Gemahlinnen aus den edlen Ägyptierinnen. Dies Los kann auch dir zuteilwerden.
Eine wechselweise Zuneigung? – Myris! entweder bist du selbst im Irrtume oder du willst mich hintergehen. – Thamos liebte die Sais? Er, den du gefesselt hast? – Ägyptens Könige wählten mehr als einmal, wenn keine Töchter der Fürsten vorhanden waren, ihre Gemahlinnen aus den edlen Ägyptierinnen. Dies Los kann auch dir zuteilwerden.
Myris
Myris
(voller Verwunderung)
(voller Verwunderung)
Wie! hätte Sais recht gehabt? –
Wie! hätte Sais recht gehabt? –
Mirza
Mirza
Selbst der Sais Augen ist des Thamos Neigung zu dir nicht entgangen? Und du zweifelst noch?
Selbst der Sais Augen ist des Thamos Neigung zu dir nicht entgangen? Und du zweifelst noch?
Myris
Myris
Weil Thamos diese Gesinnungen gegen mich nie zu erkennen gab. Gleichgültige Dinge oder Fragen, welche die Sais betrafen, waren der Inhalt unserer Gespräche.
Weil Thamos diese Gesinnungen gegen mich nie zu erkennen gab. Gleichgültige Dinge oder Fragen, welche die Sais betrafen, waren der Inhalt unserer Gespräche.
Mirza
Mirza
Entdeckte er dir seine Liebe zu der Sais?
Entdeckte er dir seine Liebe zu der Sais?
Myris
Myris
Ebenso wenig. Ich versuchte zwar bisweilen, ihm das Geständnis zu entlocken, aber vergebens.
Ebenso wenig. Ich versuchte zwar bisweilen, ihm das Geständnis zu entlocken, aber vergebens.
Mirza
Mirza
Ein Beweis, dass Sais ihn nicht gerührt hat! Leidenschaft, die das Herz erfüllt, blickt durch alle Verstellung hervor. – Glaube mir, glaube deinen Gespielinnen! Wir alle sehen, was du allein nicht siehst. Dich liebt der König, deinen Umgang sucht er, wenn er mit dir von deiner Freundin spricht.
Ein Beweis, dass Sais ihn nicht gerührt hat! Leidenschaft, die das Herz erfüllt, blickt durch alle Verstellung hervor. – Glaube mir, glaube deinen Gespielinnen! Wir alle sehen, was du allein nicht siehst. Dich liebt der König, deinen Umgang sucht er, wenn er mit dir von deiner Freundin spricht.
Myris
Myris
Was kann ihn zurückhalten, mir seine Liebe zu erklären?
Was kann ihn zurückhalten, mir seine Liebe zu erklären?
Mirza
Mirza
Vielleicht geheime Ursachen. Ich will mich bemühen, sie zu erforschen. Myris soll, Myris wird unsere Königin werden.
Vielleicht geheime Ursachen. Ich will mich bemühen, sie zu erforschen. Myris soll, Myris wird unsere Königin werden.
Myris
Myris
Hüte dich, wenn er die Sais liebt, ihr sein Herz zu rauben. Mein Glück sei nicht auf die Qual meiner Freundin gebaut!
Hüte dich, wenn er die Sais liebt, ihr sein Herz zu rauben. Mein Glück sei nicht auf die Qual meiner Freundin gebaut!
Mirza
Mirza
Ist Sais wirklich für den Thamos eingenommen?
Ist Sais wirklich für den Thamos eingenommen?
Myris
Myris
Du entreißest mir das Geheimnis meiner Freundin. – Ja, Mirza! Sais liebt den Thamos. Sie schmeichelte sich, auch von ihm geliebt zu sein. Ich selbst glaubte es noch, als ich schon die Ursache ihres Kummers war. Sie verbarg mir ihn. Erst heut in dem Augenblicke, als du kamest, ergoss sich ihr gepresstes Herz in meinen Busen.
Du entreißest mir das Geheimnis meiner Freundin. – Ja, Mirza! Sais liebt den Thamos. Sie schmeichelte sich, auch von ihm geliebt zu sein. Ich selbst glaubte es noch, als ich schon die Ursache ihres Kummers war. Sie verbarg mir ihn. Erst heut in dem Augenblicke, als du kamest, ergoss sich ihr gepresstes Herz in meinen Busen.
Mirza
Mirza
Höre, Myris! Sais kann nie des Thamos Gattin werden. Die Hindernisse wirst du erfahren. Eben dies war das Geheimnis, das ich dir anvertrauen wollte. Schon lange besorgte ich, Sais möchte sich durch eitle Hoffnungen blenden lassen: Darum suchte ich ihr gegen das Haus des Ramesses Abneigung einzuflößen. – Ist dir deine Freundin wert, so hilf die in ihrer Brust auflodernde Flamme ersticken.
Höre, Myris! Sais kann nie des Thamos Gattin werden. Die Hindernisse wirst du erfahren. Eben dies war das Geheimnis, das ich dir anvertrauen wollte. Schon lange besorgte ich, Sais möchte sich durch eitle Hoffnungen blenden lassen: Darum suchte ich ihr gegen das Haus des Ramesses Abneigung einzuflößen. – Ist dir deine Freundin wert, so hilf die in ihrer Brust auflodernde Flamme ersticken.
Myris
Myris
Was wird Sais von mir denken? – Kaum habe ich sie der Gegenliebe des Thamos versichert, ihre Zweifel zu zerstreuen gesucht: nun soll ich mir widersprechen. Wird nicht eine so schnelle Änderung bei ihr Verdacht erwecken? Verlangt sie, die Ursache zu wissen, was soll ich ihr antworten?
Was wird Sais von mir denken? – Kaum habe ich sie der Gegenliebe des Thamos versichert, ihre Zweifel zu zerstreuen gesucht: nun soll ich mir widersprechen. Wird nicht eine so schnelle Änderung bei ihr Verdacht erwecken? Verlangt sie, die Ursache zu wissen, was soll ich ihr antworten?
Mirza
Mirza
Sag ihr, du hättest von mir gehört, der König liebe eine andere. Du redest die Wahrheit. Des Thamos Wahl ist getroffen. Auf dich ist sie gefallen. Mirza ist Bürge dafür. – Willst du nun noch deine Freundin im Argwohne lassen? Willst du nicht lieber sie zu einer Nachricht vorbereiten, die sie erfahren muss? Und wenn sie dann vernimmt, dass Myris Ägyptens Königin wird, hast du nicht Vorwürfe von ihr zu erwarten?
Sag ihr, du hättest von mir gehört, der König liebe eine andere. Du redest die Wahrheit. Des Thamos Wahl ist getroffen. Auf dich ist sie gefallen. Mirza ist Bürge dafür. – Willst du nun noch deine Freundin im Argwohne lassen? Willst du nicht lieber sie zu einer Nachricht vorbereiten, die sie erfahren muss? Und wenn sie dann vernimmt, dass Myris Ägyptens Königin wird, hast du nicht Vorwürfe von ihr zu erwarten?
Myris
Myris
Du stürzest mich in eine Verlegenheit. –
Du stürzest mich in eine Verlegenheit. –
Mirza
Mirza
Sais kömmt zurück. Erinnere dich deines Eides.
Sais kömmt zurück. Erinnere dich deines Eides.
(Mirza geht ab.)
(Mirza geht ab.)
Vierter Auftritt
Vierter Auftritt
Myris. Sais.
Myris. Sais.
Sais
Sais
(munter)
(munter)
Auf des Königs Befehl erscheinen wir im Tempel. – Myris! höre meine Mutmaßung. Thamos, indem er heut Ägyptens Diadem umwindet, stellet vielleicht zugleich dem Volke seine Königin dar.
Auf des Königs Befehl erscheinen wir im Tempel. – Myris! höre meine Mutmaßung. Thamos, indem er heut Ägyptens Diadem umwindet, stellet vielleicht zugleich dem Volke seine Königin dar.
Myris
Myris
sich zwingend
sich zwingend
Woraus diesen Schluss?
Woraus diesen Schluss?
Sais
Sais
Weil sonst nur die Sonnenjungfrauen dem Opfer beiwohnen. – Freundin! für dir hat Sais kein Geheimnis mehr. – Wie schlägt ihr das Herz! Wird Thamos sie, wird er eine andere wählen? – Wenig Stunden entscheiden ihr Schicksal.
Weil sonst nur die Sonnenjungfrauen dem Opfer beiwohnen. – Freundin! für dir hat Sais kein Geheimnis mehr. – Wie schlägt ihr das Herz! Wird Thamos sie, wird er eine andere wählen? – Wenig Stunden entscheiden ihr Schicksal.
Myris
Myris
Ja! noch dieser Abend.
Ja! noch dieser Abend.
Sais
Sais
Du warst es, die meine schon erloschene Hoffnung wieder anfachte. Je mehr ich nachdenke, je mehr belebt sie sich. Dem Thamos sind meine Empfindungen nicht verborgen geblieben. Er gab es zu erkennen. (über der Myris Stillschweigen betroffen, nach einer kurzen Pause Aber Myris! du schweigst! Du wendest deine Augen weg! Was soll ich urteilen? – Ihr Götter! wenn meine Freundin mich hinterginge!
Du warst es, die meine schon erloschene Hoffnung wieder anfachte. Je mehr ich nachdenke, je mehr belebt sie sich. Dem Thamos sind meine Empfindungen nicht verborgen geblieben. Er gab es zu erkennen. (über der Myris Stillschweigen betroffen, nach einer kurzen Pause Aber Myris! du schweigst! Du wendest deine Augen weg! Was soll ich urteilen? – Ihr Götter! wenn meine Freundin mich hinterginge!
 
 
 
Myris
Myris
Nein, Sais! Das sei ferne von mir. Gäben meine Wünsche Ägypten seine Königin, du würdest es in diesem Augenblicke. – Allein wo ist die Sicherheit, dass sie erfüllet werden? Schlagen nicht oft scheinbare Hoffnungen fehl?
Nein, Sais! Das sei ferne von mir. Gäben meine Wünsche Ägypten seine Königin, du würdest es in diesem Augenblicke. – Allein wo ist die Sicherheit, dass sie erfüllet werden? Schlagen nicht oft scheinbare Hoffnungen fehl?
Sais
Sais
(immer mehr betroffen)
(immer mehr betroffen)
Myris! Myris, die noch vor Kurzem ihrer Freundin Trost zusprach, jetzt selbst voller Zweifel! (mit Empfindung) Was hältst du lang zurück? Sag es frei heraus. Keine Hoffnung ist für die Sais übrig. – Aber, Grausame! was bewog dich, meiner zu spotten?
Myris! Myris, die noch vor Kurzem ihrer Freundin Trost zusprach, jetzt selbst voller Zweifel! (mit Empfindung) Was hältst du lang zurück? Sag es frei heraus. Keine Hoffnung ist für die Sais übrig. – Aber, Grausame! was bewog dich, meiner zu spotten?
 
 
 
Myris
Myris
Ungerechte Freundin! Findest du mich geändert, so höre zuvor die Ursache und dann verurteile mich. Sais! – Ich durchbohre dir das Herz, allein ich darf nicht schweigen. – Mirza behauptet, Thamos habe schon eine andere gewählet. – Sieh die Größe meiner Aufrichtigkeit! Ich – soll es sein.
Ungerechte Freundin! Findest du mich geändert, so höre zuvor die Ursache und dann verurteile mich. Sais! – Ich durchbohre dir das Herz, allein ich darf nicht schweigen. – Mirza behauptet, Thamos habe schon eine andere gewählet. – Sieh die Größe meiner Aufrichtigkeit! Ich – soll es sein.
Sais
Sais
(die ganze Rede mit Empfindung)
(die ganze Rede mit Empfindung)
Du, Myris? – Meine Freundin Ägyptens Königin? Ja! Sie, sie verdient es. Ihr opfert Sais ihre Wünsche auf. – Wünsche, (seufzend) nicht nach dem Throne! – Sich weihet sie dem Dienste der Sonne. Ein Vorsatz, den sie längst hatte und den erst – Nichts mehr! – Nur eine Bitte noch, Myris! Begrabe das Geheimnis deiner unglücklichen Freundin in deine Brust und – hasse mich nicht.
Du, Myris? – Meine Freundin Ägyptens Königin? Ja! sie, sie verdient es. Ihr opfert Sais ihre Wünsche auf. – Wünsche, (seufzend) nicht nach dem Throne! – Sich weihet sie dem Dienste der Sonne. Ein Vorsatz, den sie längst hatte und den erst – Nichts mehr! – Nur eine Bitte noch, Myris! Begrabe das Geheimnis deiner unglücklichen Freundin in deine Brust und – hasse mich nicht.
Myris
Myris
(umarmt sie)
(umarmt sie)
Ich dich hassen? – Keinen übereilten Schritt, Sais! Gelübde vor den Altären sind schnell ausgesprochen, aber nichts löst sie wieder auf. Vielleicht betrügt sich Mirza, vielleicht ist es eine Erdichtung von ihr.
Ich dich hassen? – Keinen übereilten Schritt, Sais! Gelübde vor den Altären sind schnell ausgesprochen, aber nichts löst sie wieder auf. Vielleicht betrügt sich Mirza, vielleicht ist es eine Erdichtung von ihr.
(Man sieht in der Entfernung den Thamos kommen.)
(Man sieht in der Entfernung den Thamos kommen.)
Sais
Sais
Ich sehe den Thamos. Lass mich fliehen.
Ich sehe den Thamos. Lass mich fliehen.
(geht auf der andern Seite ab)
(geht auf der andern Seite ab)
Fünfter Auftritt
Fünfter Auftritt
Thamos. Myris.
Thamos. Myris.
Thamos
Thamos
(zu der Myris, die ebenfalls abgehen will)
(zu der Myris, die ebenfalls abgehen will)
Wohin eilt Sais?
Wohin eilt Sais?
Myris
Myris
Zurück in ihre Wohnung. Wir alle haben uns auf große Feierlichkeit zuzubereiten.
Zurück in ihre Wohnung. Wir alle haben uns auf große Feierlichkeit zuzubereiten.
Thamos
Thamos
Hat euch nicht der Befehl befremdet?
Hat euch nicht der Befehl befremdet?
Myris
Myris
Mit Freuden bringen auch wir der Gottheit für dein Wohl unsere Gelübde.
Mit Freuden bringen auch wir der Gottheit für dein Wohl unsere Gelübde.
Thamos
Thamos
Erratet ihr die Absicht?
Erratet ihr die Absicht?
Myris
Myris
Uns geziemt nicht, in die Geheimnisse unsers Königs einzudringen.
Uns geziemt nicht, in die Geheimnisse unsers Königs einzudringen.
Thamos
Thamos
Er ist jung und unvermählt. Die Gesetze gebieten ihm, Ägypten eine Königin zu geben. Wenn seine Wahl auf eine aus euch gefallen wäre!
Er ist jung und unvermählt. Die Gesetze gebieten ihm, Ägypten eine Königin zu geben. Wenn seine Wahl auf eine aus euch gefallen wäre!
 
 
Myris
Myris
Glücklich diejenige, die ein so herrliches Los trifft!
Glücklich diejenige, die ein so herrliches Los trifft!
Thamos
Thamos
Habt ihr nichts gemutmaßet?
Habt ihr nichts gemutmaßet?
Myris
Myris
Ich bekenne dir, Herr! dass, als du kamst, Sais und ich eben davon sprachen.
Ich bekenne dir, Herr! dass, als du kamst, Sais und ich eben davon sprachen.
Thamos
Thamos
Entdecktet ihr vielleicht einander eure Gedanken, auf wen meine Wahl sich lenken würde?
Entdecktet ihr vielleicht einander eure Gedanken, auf wen meine Wahl sich lenken würde?
Myris
Myris
Wie können wir erraten, was du in deinem Herzen verbirgst?
Wie können wir erraten, was du in deinem Herzen verbirgst?
Thamos
Thamos
Thamos wird keine andere wählen, als die ihn liebt.
Thamos wird keine andere wählen, als die ihn liebt.
Myris
Myris
(schnell)
(schnell)
So hat er schon gewählt.
So hat er schon gewählt.
Thamos
Thamos
(lebhaft)
(lebhaft)
Von wem redest du?
Von wem redest du?
Myris
Myris
Herr! ich sagte zu viel. (die Mirza kommen sehend) Erlaube, dass ich der Sais folge.
Herr! ich sagte zu viel. (die Mirza kommen sehend) Erlaube, dass ich der Sais folge.
Sechster Auftritt
Sechster Auftritt
Thamos. Mirza.
Thamos. Mirza.
Mirza
Mirza
Diesen Augenblick höre ich, dass du hier seiest. – Aber wie! Thamos ohne den Pheron?
Diesen Augenblick höre ich, dass du hier seiest. – Aber wie! Thamos ohne den Pheron?
Thamos
Thamos
Weil ich dir etwas zu eröffnen habe, wovon dein Neffe noch nichts weiß.
Weil ich dir etwas zu eröffnen habe, wovon dein Neffe noch nichts weiß.
Mirza
Mirza
Mirza erwartet ihres Königs Befehle.
Mirza erwartet ihres Königs Befehle.
Thamos
Thamos
Du hast wahrgenommen, dass unter den edlen Jungfrauen, die deiner Aufsicht anvertrauet sind, Myris und Sais von mir ihren Gespielinnen vorgezogen werden.
Du hast wahrgenommen, dass unter den edlen Jungfrauen, die deiner Aufsicht anvertrauet sind, Myris und Sais von mir ihren Gespielinnen vorgezogen werden.
Mirza
Mirza
Ja, Herr! und wenn Mirza Mutmaßungen wagen darf, so wird eine aus beiden Ägyptens Königin.
Ja, Herr! und wenn Mirza Mutmaßungen wagen darf, so wird eine aus beiden Ägyptens Königin.
Thamos
Thamos
Und die andere die Gemahlin des Pherons.
Und die andere die Gemahlin des Pherons.
Mirza
Mirza
(lebhaft)
(lebhaft)
Welche? – Herr! verzeihe der Kühnheit.
Welche? – Herr! verzeihe der Kühnheit.
Thamos
Thamos
Erteile mir deinen Rat.
Erteile mir deinen Rat.
Mirza
Mirza
Wenn du vielleicht schon beschlossen hast?
Wenn du vielleicht schon beschlossen hast?
Thamos
Thamos
Setze voraus, es sei noch nicht geschehen. Niemand kennt beide genauer als du.
Setze voraus, es sei noch nicht geschehen. Niemand kennt beide genauer als du.
Mirza
Mirza
Sais wurde mir von deinem Vater im zweiten Jahre ihres Alters übergeben. Der ihrige, ein eifriger Anhänger des Menes, war in dem Treffen geblieben, das den Ramesses auf Ägyptens Thron befestigte.
Sais wurde mir von deinem Vater im zweiten Jahre ihres Alters übergeben. Der ihrige, ein eifriger Anhänger des Menes, war in dem Treffen geblieben, das den Ramesses auf Ägyptens Thron befestigte.
Thamos
Thamos
Ein Glück, dass sie die Abneigung gegen mein Haus nicht erbte!
Ein Glück, dass sie die Abneigung gegen mein Haus nicht erbte!
Mirza
Mirza
Ich habe mir alle Mühe gegeben, das Vorurteil bei ihr auszurotten. Ob es mir ganz glückte –
Ich habe mir alle Mühe gegeben, das Vorurteil bei ihr auszurotten. Ob es mir ganz glückte –
Thamos
Thamos
Wie! Sais hasste mich?
Wie! Sais hasste mich?
Mirza
Mirza
Nein, dessen beschuldige ich sie nicht. Begnügt sich aber Thamos damit, dass man ihn nicht hasst? Verlangt er nicht auch Gegenliebe?
Nein, dessen beschuldige ich sie nicht. Begnügt sich aber Thamos damit, dass man ihn nicht hasst? Verlangt er nicht auch Gegenliebe?
Thamos
Thamos
Ja, Mirza! Diejenige, die an meiner Seite auf dem Throne sitzt, soll ihre Blicke nicht hinab, sondern neben sich, nicht auf den König, sondern auf den Thamos wenden; ebenso freudig mit ihm den Thron wieder verlassen, als sie dessen Staffeln besteigt.
Ja, Mirza! Diejenige, die an meiner Seite auf dem Throne sitzt, soll ihre Blicke nicht hinab, sondern neben sich, nicht auf den König, sondern auf den Thamos wenden; ebenso freudig mit ihm den Thron wieder verlassen, als sie dessen Staffeln besteigt.
Mirza
Mirza
Bei der Myris findest du diese Gesinnungen.
Bei der Myris findest du diese Gesinnungen.
Thamos
Thamos
(schnell)
(schnell)
Nicht auch bei der Sais?
Nicht auch bei der Sais?
Mirza
Mirza
Herr! ich hätte schweigen sollen. –
Herr! ich hätte schweigen sollen. –
Thamos
Thamos
Wäre Sais für einen andern eingenommen! – Pheron allein begleitet mich hieher.
Wäre Sais für einen andern eingenommen! – Pheron allein begleitet mich hieher.
Mirza
Mirza
Ich habe ihr Geheimnis noch nicht erforscht. Wenn aber mein Urteil mich nicht betrügt, so hat Pheron auf ihr junges Herz Eindruck gemacht. Sie und wir alle hielten Myris für die Glückliche, der Thamos seine Hand bestimme.
Ich habe ihr Geheimnis noch nicht erforscht. Wenn aber mein Urteil mich nicht betrügt, so hat Pheron auf ihr junges Herz Eindruck gemacht. Sie und wir alle hielten Myris für die Glückliche, der Thamos seine Hand bestimme.
Thamos
Thamos
Liebt Pheron die Sais?
Liebt Pheron die Sais?
Mirza
Mirza
Er sprach nie mit mir davon. Wenn aber auch schon seine Augen scharfsichtig gewesen wären, wenn ihn selbst der Sais Reizungen gerühret hätten, so weiß er doch, was er seinem Könige schuldig ist.
Er sprach nie mit mir davon. Wenn aber auch schon seine Augen scharfsichtig gewesen wären, wenn ihn selbst der Sais Reizungen gerühret hätten, so weiß er doch, was er seinem Könige schuldig ist.
Thamos
Thamos
Noch glaube ich, Mirza! dass du irrest; so, wie du wegen meiner Neigung zu der Myris dich betrogen hast. – Sais war es, die beim ersten Anblick mich fesselte. Ihre edle Gestalt, ihr hoher Geist, der aus ihrem ganzen Wesen hervorstrahlt, schienen sie für den Thron zu bestimmen. Von jener Stunde an war meine Wahl entschieden; ich wollte aber vorher der Sais Gesinnungen versichert sein. – Ich gestehe dir es, Mirza! Ich glaubte, in ihren Augen Gegenliebe zu lesen. So oft ich mit ihrer Gespielin sprach, nahm ich eine Unruhe bei ihr wahr. Um sie noch mehr auf die Probe zu stellen, verdoppelte ich meine Unterredungen mit der Myris. Ihr alle glaubtet, meine Wahl wäre auf diese gefallen. Heut wollte ich meine Neigung entdecken, und eben heut höre ich von dir, dass Sais den Pheron liebt. – Ist es so, liebt auch Pheron die Sais, so opfere ich meine Neigung auf, so knüpfe ich selbst das Band.
Noch glaube ich, Mirza! dass du irrest; so, wie du wegen meiner Neigung zu der Myris dich betrogen hast. – Sais war es, die beim ersten Anblick mich fesselte. Ihre edle Gestalt, ihr hoher Geist, der aus ihrem ganzen Wesen hervorstrahlt, schienen sie für den Thron zu bestimmen. Von jener Stunde an war meine Wahl entschieden; ich wollte aber vorher der Sais Gesinnungen versichert sein. – Ich gestehe dir es, Mirza! Ich glaubte, in ihren Augen Gegenliebe zu lesen. So oft ich mit ihrer Gespielin sprach, nahm ich eine Unruhe bei ihr wahr. Um sie noch mehr auf die Probe zu stellen, verdoppelte ich meine Unterredungen mit der Myris. Ihr alle glaubtet, meine Wahl wäre auf diese gefallen. Heut wollte ich meine Neigung entdecken, und eben heut höre ich von dir, dass Sais den Pheron liebt. – Ist es so, liebt auch Pheron die Sais, so opfere ich meine Neigung auf, so knüpfe ich selbst das Band.
Mirza
Mirza
Wie edel, Herr! wie deiner würdig!
Wie edel, Herr! wie deiner würdig!
Thamos
Thamos
Rede du mit der Sais. Verschweige aber, dass es auf mein Geheiß geschiehet. Ist ihr Herz für einen andern eingenommen, so soll sie aus meinem Munde nie das Wort „Liebe“ hören. Wählet es den Thamos – als Thamos, nicht als König –, so wird dieser selbst ihr Hand und Thron anbieten.
Rede du mit der Sais. Verschweige aber, dass es auf mein Geheiß geschiehet. Ist ihr Herz für einen andern eingenommen, so soll sie aus meinem Munde nie das Wort „Liebe“ hören. Wählet es den Thamos – als Thamos, nicht als König –, so wird dieser selbst ihr Hand und Thron anbieten.
Siebenter Auftritt
Siebenter Auftritt
Die Vorigen. Phanes.
Die Vorigen. Phanes.
Phanes
Phanes
Du erlaubtest mir, dir hieher zu folgen.
Du erlaubtest mir, dir hieher zu folgen.
Thamos
Thamos
Geh, Mirza! und richte meinen Auftrag aus.
Geh, Mirza! und richte meinen Auftrag aus.
(Mirza geht ab.)
(Mirza geht ab.)
Achter Auftritt
Achter Auftritt
Thamos. Phanes.
Thamos. Phanes.
Phanes
Phanes
(nachdem Mirza sich entfernet hat)
(nachdem Mirza sich entfernet hat)
In der Mirza Gegenwart durfte ich nicht reden. Die Sache betrifft ihren Neffen. – Herr! dieser Pheron, dem du heute die Stadt und deine Person anvertrauest, ist vielleicht selbst der Aufrührer oder weiß um den Verrat.
In der Mirza Gegenwart durfte ich nicht reden. Die Sache betrifft ihren Neffen. – Herr! dieser Pheron, dem du heute die Stadt und deine Person anvertrauest, ist vielleicht selbst der Aufrührer oder weiß um den Verrat.
Thamos
Thamos
Was sagst du? – Pheron, der mit mir aufwuchs! mein Freund! mein Vertrauter!
Was sagst du? – Pheron, der mit mir aufwuchs! mein Freund! mein Vertrauter!
Phanes
Phanes
Noch will ich ihn nicht für schuldig erklären; aber verdächtig machen ihn seine Schritte.
Noch will ich ihn nicht für schuldig erklären; aber verdächtig machen ihn seine Schritte.
Thamos
Thamos
Wie, Phanes! ein bloßer Schein ist dir genug, um die Ruhe deines Königs, das Vertrauen, das er in einen Freund setzt, zu stören? – Wenn ich nun durch deine Übereilung mich hinreißen ließe, wenn ich zu schnell gegen den Pheron etwas beschlösse; und Pheron zeigte dann seine Unschuld: was hättest du getan! Wie könnte ich das Unrecht ersetzen!
Wie, Phanes! ein bloßer Schein ist dir genug, um die Ruhe deines Königs, das Vertrauen, das er in einen Freund setzt, zu stören? – Wenn ich nun durch deine Übereilung mich hinreißen ließe, wenn ich zu schnell gegen den Pheron etwas beschlösse; und Pheron zeigte dann seine Unschuld: was hättest du getan! Wie könnte ich das Unrecht ersetzen!
Phanes
Phanes
Höre meine Gründe und tue alsdann, was du willst. Man hat Briefe des Pheron nach Memphis aufgefangen, mit unbekannten Charaktern geschrieben und an Missvergnügte gerichtet.
Höre meine Gründe und tue alsdann, was du willst. Man hat Briefe des Pheron nach Memphis aufgefangen, mit unbekannten Charaktern geschrieben und an Missvergnügte gerichtet.
Thamos
Thamos
Weiß man gewiss, dass sie von ihm kamen? Können nicht Boshafte sich seines Zeichens bedient haben?
Weiß man gewiss, dass sie von ihm kamen? Können nicht Boshafte sich seines Zeichens bedient haben?
Phanes
Phanes
Diese Nacht ist bei ihm eine geheime Versammlung gehalten worden.
Diese Nacht ist bei ihm eine geheime Versammlung gehalten worden.
Thamos
Thamos
Wer war dabei?
Wer war dabei?
Phanes
Phanes
Man hat nach Mitternacht vermummte Leute aus seinem Palaste herausgehen sehen.
Man hat nach Mitternacht vermummte Leute aus seinem Palaste herausgehen sehen.
Thamos
Thamos
Man kennet also die Personen nicht? Pheron ist jung und liebt jugendliche Ergötzungen. – Willst du allen Handlungen deiner Mitbürger nachspähen? Da Verbrechen suchen, wo vielleicht nur unschuldige Freuden sind?
Man kennet also die Personen nicht? Pheron ist jung und liebt jugendliche Ergötzungen. – Willst du allen Handlungen deiner Mitbürger nachspähen? Da Verbrechen suchen, wo vielleicht nur unschuldige Freuden sind?
 
 
Phanes
Phanes
Herr! dein Zutrauen führt dich zu weit. Weil dein edles Herz auch nicht den Schatten der Arglist kennt, urteilst du nach dir von allen andern. Auch Phanes dachte einst so, aber schmerzliche Erfahrungen haben ihn argwöhnisch gemacht. Nur zu oft fand er Menschen, die gütigen Dämonen glichen und Herzen nubischer Tiger im Busen verbargen.
Herr! dein Zutrauen führt dich zu weit. Weil dein edles Herz auch nicht den Schatten der Arglist kennt, urteilst du nach dir von allen andern. Auch Phanes dachte einst so, aber schmerzliche Erfahrungen haben ihn argwöhnisch gemacht. Nur zu oft fand er Menschen, die gütigen Dämonen glichen und Herzen nubischer Tiger im Busen verbargen.
Thamos
Thamos
Möchten die Götter des Thamos Tage verkürzen, ehe seine Augen dergleichen Ungeheuer erblicken!
Möchten die Götter des Thamos Tage verkürzen, ehe seine Augen dergleichen Ungeheuer erblicken!
Phanes
Phanes
Glaube mir, Herr! Pheron geht mit großen Absichten schwanger. Man hat aus seinem Munde gehört, dein Thron wanke. Die Worte entfuhren ihm. Er erschrak darüber, er suchte, ihnen eine unschuldige Auslegung zu geben, und eben dadurch machte er sich verdächtig.
Glaube mir, Herr! Pheron geht mit großen Absichten schwanger. Man hat aus seinem Munde gehört, dein Thron wanke. Die Worte entfuhren ihm. Er erschrak darüber, er suchte, ihnen eine unschuldige Auslegung zu geben, und eben dadurch machte er sich verdächtig.
Thamos
Thamos
Können sie nicht auch einen unschuldigen Verstand gehabt haben? Der Same des Aufruhrs keimt an vielen Orten des Reichs.
Können sie nicht auch einen unschuldigen Verstand gehabt haben? Der Same des Aufruhrs keimt an vielen Orten des Reichs.
Phanes
Phanes
Achtest du deine eigene Sicherheit wenig, so denke daran, was du Ägypten schuldig bist. Soll ein neuer Bürgerkrieg entstehen? – Herr! einen Thamos darf man frei an Zeiten erinnern, die bei andern Fürsten der Schmeichler in Dunkelheit verhüllen würde. Hätte Menes dem Ramesses weniger getrauet, so wäre er auf dem Throne geblieben.
Achtest du deine eigene Sicherheit wenig, so denke daran, was du Ägypten schuldig bist. Soll ein neuer Bürgerkrieg entstehen? – Herr! einen Thamos darf man frei an Zeiten erinnern, die bei andern Fürsten der Schmeichler in Dunkelheit verhüllen würde. Hätte Menes dem Ramesses weniger getrauet, so wäre er auf dem Throne geblieben.
 
 
Thamos
Thamos
Was soll ich also tun?
Was soll ich also tun?
Phanes
Phanes
Wenn du dich der Person des Pherons nicht gleich jetzt versichern willst – dies wäre mein Rat –, ihn unvermerkt von Personen umgeben zu lassen, die seine Tritte beobachten.
Wenn du dich der Person des Pherons nicht gleich jetzt versichern willst – dies wäre mein Rat –, ihn unvermerkt von Personen umgeben zu lassen, die seine Tritte beobachten.
Thamos
Thamos
Werden nicht diese Personen allem, was sie sehen, eine schwarze Ausdeutung geben und eben dadurch ihre Pflicht zu erfüllen glauben? – Nein! ich selbst will dem Pheron die Anzeige eröffnen. Ich will ihm dabei sagen, dass ich keinen Argwohn schöpfe; ich will von ihm weder Rechtfertigung fordern, noch annehmen. – Ist Pheron, wie ich hoffe, unschuldig, so wird ihn mein Zutrauen rühren. Hegt er in seiner Brust, ihr Götter verhütet es! treulose Anschläge, so wird ihn die Nachricht, dass er entdeckt ist, schrecken, von der Ausführung abhalten.
Werden nicht diese Personen allem, was sie sehen, eine schwarze Ausdeutung geben und eben dadurch ihre Pflicht zu erfüllen glauben? – Nein! ich selbst will dem Pheron die Anzeige eröffnen. Ich will ihm dabei sagen, dass ich keinen Argwohn schöpfe; ich will von ihm weder Rechtfertigung fordern, noch annehmen. – Ist Pheron, wie ich hoffe, unschuldig, so wird ihn mein Zutrauen rühren. Hegt er in seiner Brust, ihr Götter verhütet es! treulose Anschläge, so wird ihn die Nachricht, dass er entdeckt ist, schrecken, von der Ausführung abhalten.
Phanes
Phanes
Herr! dein Plan ist gefährlich.
Herr! dein Plan ist gefährlich.
Thamos
Thamos
Sei er es! Um einen Freund zu retten, wagt Thamos alles.
Sei er es! Um einen Freund zu retten, wagt Thamos alles.
(geht mit dem Phanes ab)
(geht mit dem Phanes ab)
Ende des zweiten Aufzugs
Ende des zweiten Aufzugs
 
Nr. 3Eintrag von der Hand Leopold Mozarts zu Beginn der Nummer in der autographen Partitur:
Thamos guter Charakter zeigt sich am Ende des zweiten Aufzugs. Der dritte Aufzug fängt sich mit Thamos und dem Verräter Pheron an.

Weitere Einträge von der Hand Leopold Mozarts im Laufe der Nummer:
Pherons falcher Charakter (T. 8)
Thamos Ehrlichkeit (T. 11)