Kritische Edition des Librettos (Libretto)   Kritische Edition des Libretto-Entwurfs (Libretto-Entwurf)  
Fünfter Auftritt
Bastien allein.
Schön Dank! es bleibt dabei,
Ich danke dir für deine Gunst,
das Ding will ich mir merken.
vernimm, o Freund! die Wirkung deiner Kunst:
Arie
    Meiner Liebsten schöne Wangen
    Was ich immer seh und finde
will ich froh aufs Neue sehn,
bringt mir Ekel, Qual und Pein;
bloß ihr Reiz stillt mein Verlangen,
außer diesem guten Kinde
Gold kann ich um sie verschmähn.
kann mich nimmer was erfreun.
Weg mit Hoheit, weg mit Schätzen,
Sie hab ich erkoren,
eure Pracht wirkt nichts bei mir;
ich mach es dir kund:
nur mein Mädchen kann ergetzen,
Sie steckt mir in Augen, sie steckt mir in Ohren,
hundertmal noch mehr als ihr.
in Füßen und Händen, im Herz und im Mund.
    Wuchrer, die bei stolzen Trieben
bloß der Glanz des Golds entzückt,
würden ihre Unschuld lieben,
schätzten sich durch sie beglückt.
Doch umsonst! Hier sind die Grenzen,
nur für mich ist sie gemacht,
und mit kalten Reverenzen
wird Reichtum hier verlacht.
Sechster Auftritt
Bastien, Bastienne.
Bastien
Hier ist sie wirklich schon,
was soll ich ihr nun sagen?
Kann ich ihr zornigs Aug ertragen?
Ich laufe lieber gar davon – – –
Doch nein! ich könnt mein ganzes Glück verscherzen;
vielleicht verlör ich sie und säh' sie nachmals nicht.
Bastienne
Er hat mich schon entdeckt, der schlaue Bösewicht.
Was fühl ich nicht für ihn in meinem Herzen!
Bastien
Beim Schlapperment"Verhüllende Entstellung von Sakament in Verwünschungen". Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 15, Leipzig 1899, Sp. 488 (Art. "SCHLAPPERMENT").! sie ist schon vollig da!
Bastienne
Jedoch! wie unvermut' komm ich ihm gar so nah!
Bastien
Wie wird sie sich itzt rächen! – – –
Wohlan, es sei gewagt;
was sie auch immer sagt,
ich muss mit ihr doch sprechen.
Willkommen, liebes Kind! der Zufall fügt sich schön,
dass wir so ungefähr uns da einander sehn,
doch wie! Was ist geschehen,
du lässt ein trübes Aug und finstre Mienen sehen?
Wer hat dir was zuleid getan?
Bastienne
Wer bist du? Fort! dich geht's nicht an.
Bastien
Wie! dieses höre ich von Bastiennen?
Mich? deinen Bastien? mich sollst du nicht kennen?
Bastienne
Du wärst mein Bastien? Gewesen, ja, kann sein;
itzt bist du's nimmer, nein.
    Er war mir sonst treu und ergeben,
mich liebte Bastien allein;
mein Herze war nur sein Bestreben,
nur ich, sonst niemand, nahm ihn ein.
Das schönste Bild gefiel ihm nicht,
auf mich nur ward sein Blick gericht.
Ich konnt vor andern allen
ihn reizen, ihm gefallen.
Auch Damen wurden nicht geschätzt,
die oft sein Blick in Glut gesetzt.
Wenn sie Geschenke gaben,
musst ich dieselben haben.
Mich liebte er, nur mich allein,
doch nun will er sich andern weihn.
Vergebens ist itzt meine Liebe:
Mein Liebster, der sich mir entreißt,
verbittert die sonst süßen Triebe
und wird ein Flattergeist.
Bastien
Mein Kind! was kömmt dir in den Sinn?
Du glaubest, dass ich untreu bin?
Du hast dich weit geirret
und machst dir ohne Grund Verdruss.
Es hat mich zwar ein kleiner Hexenschuss
von einem Poltergeist verführet,
doch hat mir Herr Colas schon wieder Heil verschafft.
Bastienne
O diese Ausflucht hat dir schlecht gelungen:
Wie du zuvor von Hexerei,
so bin itzt ich von Zauberei
zu fremder Lieb gezwungen.
Allein Colas, der gute Herr,
verändert mich durch seine Kunst nicht mehr:
Ich kann mich nicht einmal bequemen,
von ihm ein Mittel anzunehmen.
Bastien
So heurate! Durch einen Mann
wird aller Zauberei die Wirkung abgetan.
Bastienne
Das eben wär noch schlimmer:
Der Ehstand ist für sich in steten Sorgen immer;
es fehlte mir nur noch ein ungetreuer Mann,
so müsste ich für Not und Plagen
verzweifeln und verzagen.
Bastien
Schon gut! so bleib"bleiben" bedeutet hier "beharren". Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 2, Leipzig 1860, Sp. 94 (Art. "BLEIBEN"). auf deinen Eigensinn,
ich weiß schon auch, was ich gesonnen bin.
    Geh hin!
Dein Trotz soll mich nicht schrecken;
ich lauf aufs Schloss, das schwör ich dir,
und will der Edelfrau entdecken,
mein Herz gehöre gänzlich ihr.
Lässt sie wie sonst sich zärtlich finden,
will ich mich gleich mit ihr verbinden.
Bastienne
    Ich will
mich in die Stadt begeben,
da treff ich g'nug Anbeter an;
wie eine Dam will ich dort leben,
die hundert Herrn fesseln kann.
Und kann ich einen schönen finden,
will ich mich gleich mit ihm verbinden.
Bastien
    Ich
werd in Gold und Silber prahlen
und eine Liebste voller Pracht
wird die Gewogenheit bezahlen,
wodurch mein Blick sie glücklich macht.
Mir ihre Schätze zu verbinden,
soll sie mich gar nicht spröde finden.
Bastienne
    Die
Kostbarkeiten von den Städten
sind, wenn sich unsre Schönheit zeigt,
samt ihren Herrn in unsern Ketten,
wenn man sich drum nur freundlich neigt.
Drum diese Herrn mir zu verbinden,
soll man mich stets recht höflich finden.
(Beide tun, als wollten sie fortgehen, kommen aber wieder zurück und begegnen sich.)
Bastienne
Sieh da! bist du noch hier?
Ich dacht, es wären Berg und Täler
schon zwischen mir und dir.
Bastien
Je nun, verzeih mir diesen Fehler,
ich werde dir gleich aus den Augen sein;
ich bin schon im Begriff, von dir zu gehen.
Bastienne
Treuloser! lass dich nur recht unempfindlich sehen!
Jaja! geh fort und fliehe!
Man sieht es klärlich ein,
dies Scheiden kostet dich gar wenig Mühe.
Bastien
Und dich erfreut's vermutlich sehr,
dass du aus Falschheit mich vertrieben.
Bastienne
Ja, allerdings, mein Herr!
sie tun mir nach Belieben.
Bastien
So ist's dein ernster Schluss,
ach Bastienne! dass ich scheiden muss?
Komm! geh vielmehr den Frieden wieder ein.
Bastienne
Ja, morgen, aber heut nicht, nein!
Bastien
    Dein Trotz vermehrt sich durch mein Leiden;
wohlan, den Augenblick
hol ich zu deinen Freuden
mir Messer, Dolch und Strick.
Bastienne
Viel Glück!
Bastien
Ich geh mich zu erhenken.
Bastienne
Viel Glück!
Bastien
Ich lauf ohn alle Gnad
mich zu ertränken.
Bastienne
Viel Glück zum kalten Bad!
Bastien
(für sich)
Soll ich auch wirklich mich ins Wasser stürzen?
Der wär ein Narr, sein Leben selbst zu kürzen.
Bastienne
Nur fort! was hält dich an?
Bastien
Ach! ich bedenke nur, wie schlecht ich schwimmen kann;
zudem ist eine alte Mode,
dass man sich noch vor seinem Tode
mit seinem Feind versöhnen muss:
Ich muss mit dir noch sprechen.
Bastienne
Die Mode werd ich unterbrechen,
ich höre dich nun nimmer an,
du hast mir gar zu weh getan.
    Geh! Herz von FlandernHistorische Landschaft Belgiens. Reimt wie hier häufig mit "andern" und verweist auf Treulosigkeit und Flatterhaftigkeit. Vgl. Jacob und Wilhelm Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 3, Leipzig 1962, Sp. 1722 (Art. "FLANDERN").,
such nur bei andern
zärtlich verliebt Gehör:
Dich lieb ich nimmermehr.
Bastien
Wohl! ich will sterben,
denn zum Verderben
zeigt mir dein Hass die Spur;
drum lass ich Dorf und Flur.
Bastienne
Falscher, du fliehest?
Bastien
Ja, wie du siehest.
Weil dich ein andrer nimmt,
ist schon mein Tod bestimmt;
ich bin mir selbst zur Pein:
Drum mag ich nimmer sein.
(will gehen)
Bastienne
Bastien! Bastien!
Bastien
Du rufest mich?
Bastienne
Du irrest dich.
In deinem Blick
wird nun mein Glück
nicht mehr gefunden.
Bastien
Wo ist die Zeit,
da dich mein Herz erfreut?
Beide
Sie ist anitzt verschwunden.
Geh, falsche Seele!
Fort, ich erwähle
für meine zarte Hand
ein anders Eheband.
Wechsel im Lieben
tilgt das Betrüben
und reizet, wie man sieht,
zur Lust den Appetit.
Bastien
Doch wenn du wolltest – – –
Bastienne
Doch wenn du solltest – – –
Bastien
Schatz mich noch nennen – –
Bastienne
dies Herz erkennen – –
Beide
wär meine Zärtlichkeit
aufs Neue dir geweiht.
Bastien
Ich bliebe dein allein.
Bastienne
Ich würde dein auf ewig sein.
Bastien
Gib mir zu meinem Glück
dein Herz zurück.
Umarme mich,
nur dich lieb ich.
Bastienne
O Lust
für die entflammte Brust!
Beide
    Komm, nimm aufs Neue
Neigung und Treue;
ich schwör dem Wechsel ab
und lieb dich bis ins Grab.
Wir sind versöhnet,
die Liebe krönet
uns nach dem bangen Streit
durch treue Zärtlichkeit.
Siebenter Auftritt
Colas, Bastienne, Bastien, Schäfer und Schäferinnen.
Colas
Glück zu! vergnügtes Paar,
zu dem geschlossnen Frieden.
Nun werde euch auch offenbar,
wer euch dies Glück beschieden:
Nicht meine Zauberkunst,
nein! eure Liebesbrunst.
Nie hab ich Zauberei,
nie hab ich Hexerei
verstanden und gepflogen,
nur war ich euch und eurer Lieb gewogen
und ließ mich drum als Zaubrer nennen,
damit ich euch zu Weib und Mann,
wie ich nunmehr getan,
hab zaubern und verhexen können.
    Kinder! seht, nach Sturm und Regen
wird ein schöner Tag gebracht;
nichts soll euer Glück bewegen,
dankt dies meiner Zaubermacht.
Auf! auf! gebt euch die Hand!
Knüpft die Seelen und die Herzen;
auf! auf! gebt euch die Hand!
Nichts von Schmerzen
werd euch je bekannt.
Schäfer und Schäferinnen
    Nachbarn! kommt das Fest zu feiern,
wünscht dem Brautpaar Heil und Glück!
bringt bei Dudelsack und Leiern
Händ und Füße ins Geschick!
Auf! auf! und holt den Kranz!
Lasst uns jauchzen, lasst uns springen!
Auf! auf! und holt den Kranz!
Nach dem Singen
erfolget der Tanz.
Bastienne, Bastien
    Lustig! preist die Zaubereien
von Colas, dem weisen Mann!
Uns von Kummer zu befreien,
hat er Wunderwerk getan.
Auf! auf! stimmt Lieder an!
Singet mit vereinten Tönen,
wer immer singen kann,
ihm zu Ehren,
dem trefflichen Mann.
Bastienne, Bastien, Schäfer, Schäferinnen
    Singet mit vereinten Tönen,
wer nur immer singen kann,
ihm zu Ehren,
dem trefflichen Mann.