Dritter Auftritt
 
 
Belfior, hernach Serpetta.
 
 
Belfiore
 
 
Nein, das ist kein Frauenzimmer, das ist eine Furie, ein Teufel! Hätte ich nicht Vernunft gebraucht –
 
 
Serpetta
 
 
(Sie schreit etwas von fern.)
 
 
Herr Graf –
 
 
Belfiore
 
 
(Er erschrickt.)
 
 
Weh mir!
 
 
Serpetta
 
 
Was ist Ihnen?
 
 
Belfiore
 
 
Nichts, nichts! ich dachte es wäre meine Braut.
 
 
Serpetta
 
 
Eben bin ich ihr begegnet. Was haben Sie denn wohl getan? Sie schäumte vor Wut, fluchte auf Sie, und schwur bei allem, was heilig ist, sich an Ihnen zu rächen.
 
 
Belfiore
 
 
Ach ihr Zorn wird sich schon wieder legen.
 
 
Serpetta
 
 
Hoffen Sie das nicht, Herr Graf! Sie wissen nicht was der Zorn bei einem Frauenzimmer vermag; wenn ich Ihnen raten dürfte, meine Meinung wäre, sie unverzüglich um Vergebung zu bitten.
 
 
Belfiore
 
 
Warum das?
 
 
Serpetta
 
 
Weil die Ehrfurcht, die Hochachtung, die Sie dem schönen Geschlecht schuldig sind – die Pflicht – die Mode –
 
 
Belfiore
 
 
Geh du, die Pflicht, die Hochachtung, die Mode, und die Braut, alle zum Teufel.
 
 
(Er geht ab.)
 
 
Vierter Auftritt
 
 
Serpetta, hernach Nardo.
 
 
Serpetta
 
 
In der Tat ich bedaure ihn, dass er einer so bösartigen Kreatur in die Hände gefallen ist.
 
 
Nardo
 
 
Meine Prinzessin, verzeih! wenn ich dir schon wieder überlästig bin. Schöne Mädchen haben sonst gemeiniglich gute Herzen.
 
 
Serpetta
 
 
Schön oder häßlich – gut oder nicht! Genug, ich mag dich nicht.
 
 
Nardo
 
 
Du willst also meinen Tod? Wenn ich sterbe – –
 
 
Serpetta
 
 
so werde ich nicht um dich weinen.
 
 
Nardo
 
 
Barbarin! jetzt eile ich, mir das Leben zu rauben.
 
 
Serpetta
 
 
Glückliche Reise!
 
 
Nardo
 
 
O du marmorsteinernes Herz! (Er zieht ein Messer aus der Tasche.) Jetzt will ich meinem Elende ein Ende machen – Wie, du reißt mir nicht den Dolch aus der Hand?
 
 
Serpetta
 
 
Stoß nur zu!
 
 
Nardo
 
 
In deiner Gegenwart? Nein, ich fürchte, du kannst kein Blut sehen. Du würdest zu sehr erschrecken.
 
 
Serpetta
 
 
Ganz und gar nicht, ich sehe so was gern.
 
 
Nardo
 
 
Stelle dich so grausam als du willst, du wirst mich doch nicht abschrecken, dich zu lieben. Deine Gleichgültigkeit reizt mich nur desto mehr.
 
 
Serpetta
 
 
 
 
(Ich muss ihn nur vollends närrisch machen.) (zu Nardo) Nach und nach fängst du an, mir zu gefallen.
 
 
Nardo
 
 
Was sagst du? Ernst oder Spaß? O mein Schäzchen! ich weiß nicht, wo ich vor Freuden bin! Potz Stern und Glücke! so ein Wort macht mich wie neu geboren.
 
 
Serpetta
 
 
Nun so höre! Ich will mich deiner erbarmen. Aber du musst mir immer mit einer schmachtenden Miene begegnen, die rechte Hand ehrerbietig aufs Herze legen, wenn du mich siehst.
 
 
 
 
Nardo
 
 
Alles, was du willst.
 
 
Serpetta
 
 
Nu lustig! lass sehen! mache die Miene! – Gut! Den Reverenz – Nicht so steif! schön gerade, hurtig und flink!
 
 
Nardo
 
 
(Der kleine Teufel macht aus mir, was sie will.)
 
 
 
     
 
    Nach der welschen Art und Weise
 
 
spricht man so: Ah! quel visetto
 
 
m'ha infiammato il cuor in petto,
 
 
che languire ognor mi fa.
 
 
(Serpetta deutet, dass ihr dies nicht gefalle.)
 
     
 
    Bist du nicht damit zufrieden?
 
 
Nun so hör ein Kompliment auf gut Französisch:
 
 
 
 
Ah madame, votre serviteur
 
 
de tout mon coeur!
 
 
(Serpetta wie oben)
 
     
 
    Und auch dies gefällt dir nicht?
 
 
Nun laßt uns auf Englisch sehen:
 
 
Ah my life, pray you, say yes!
 
 
(Serpetta wie vor)
 
     
 
    Ei das ist ja zum Krepieren!
 
 
Ich muss die Geduld verlieren:
 
 
Weder Englisch noch Französisch,
 
 
weder Teutsch noch Italienisch,
 
 
gar nichts, gar nichts steht ihr an!
 
 
O des eigensinnigen Mädchens!
 
 
Gar nichts ist ihr recht getan.
 
 
(geht ab)
 
 
Serpetta
 
 
Der Spaß gefällt mir! Aber wie! wenn es bei mir Ernst würde? – Doch nein! Das wird nimmer mehr geschehen. Es ist schon genug, dass er Sandrinchens Vetter ist.
 
 
(geht ab)
 
 


Garten.
 
 
Fünfter Auftritt
 
 
Sandrina, hernach Belfior und der Amtshauptmann.
 
 
Sandrina
 
 
Welch ein betrübter Zufall! Ich finde meinen Geliebten, den ich suche, und finde ihn nur, um ihn durch Arminden auf immer zu verlieren. – Ich will ihn fliehen, den Undankbaren, den Grausamen, der mir schon einmal fast das Leben raubte. Musst' ich ihn denn auch noch untreu finden? Doch nein, das ist er nicht. Er hält mich ja für tot. Ach ich fühle, dass ich ihn noch zu heftig liebe. Was soll ich tun, seine Heirat zu hintertreiben? Mich ihm entdecken? Noch ist es nicht Zeit. Er kömmt! O wie heftig schlägt mir mein Herz bei seinem Anblicke.
 
 
Belfiore
 
 
Violante! unglückliche Geliebte, die ich so misshandelte, können Sie mir vergeben?
 
 
Sandrina
 
 
Was sagen Sie, mein Herr?
 
 
Belfiore
 
 
Ja, du bist das himmlische Bild meiner Geliebten. Diese Reize, diese Blicke! Mein eignes Herz sagt mir, dass ich dich gefunden habe, dich nun wieder sehe – –
 
 
Sandrina
 
 
Und dein Blick, Grausamer! Verräter! dass ich denjenigen gefunden habe, denjenigen – –
 
 
Belfiore
 
 
So irrte ich mich denn nicht? So bist du es?
 
 
Sandrina
 
 
Erinnerst du dich nicht mehr meiner Tränen – meines Flehens? Unmenschlicher Verräter! wie oft schwurst du mir Liebe mit tränendem Auge und seufzendem Herzen?
 
 
Belfiore
 
 
Ach! es ist die Wahrheit, aber jener verfluchte –
 
 
Sandrina
 
 
Sprich, Barbar! Ungeheuer! was hatte ich verbrochen? Ohne Ursach, ohne mich zu hören, stößest du mir den Dolch in die Brust, tötest mich unschuldigerweise und lässt mich ohne Hülfe in meinem Blut liegen.
 
 
 
 
Belfiore
 
 
Mir zittern alle Glieder. Weh mir! – Doch ein großes Glücke, dass du noch lebest, liebvoller Engel! Aber sage mir: Wie kömmst du in diese Kleidung?
 
 
Sandrina
 
 
So sprach Violante, als sie mit dem Tot rang. Das waren ihre letzten Worte, als sie starb.
 
 
 
 
Belfiore
 
 
Was sagst du, sie wäre also doch tot?
 
 
Sandrina
 
 
Das werden Sie am besten wissen.
 
 
Belfiore
 
 
 
 
(Diese Gestalt, diese Gebärden, diese ganze Bildung zeigt mir Violanten, und ich wollte mein Leben wetten, dass sie es wäre.)
 
 
Sandrina
 
 
Was verweilen Sie noch hier! Arminda –
 
 
Belfiore
 
 
(erschrocken)
 
 
Wo ist sie?
 
 
Sandrina
 
 
Wenn sie uns hier trifft, so sind wir verloren.
 
 
Belfiore
 
 
 
 
Ich gehe schon – Doch ich kann nicht, eine geheime Macht hält mich zurücke. Vergönne mir doch nur einen deiner reizenden Blicke.
 
 
Sandrina
 
 
Sprechen Sie mit mir?
 
 
Belfiore
 
 
Mit dir, du Wonne meines Lebens! Deine Verstellung betrügt mich nicht! Du bist Violante, meine zweite Seele.
 
     
 
    Lass mich die Reize sehen,
 
 
die mir dein Aug entzieht!
 
 
Ach lass mich nicht vergehen,
 
 
dein Blick nur kann mich trösten.
 
 
 
 
Ich geh, doch nur nicht zörne;
 
 
wie hart ist dein Gebot!
 
     
 
    Doch, eh ich mich entferne,
 
 
lass mich das Glück genießen,
 
 
die schöne Hand zu küssen,
 
 
dann geh ich in den Tod.
 
     
 
    Ach welche Lust empfinde ich!
 
 
Englische Hand! ich küsse dich,
 
 
der Venus wahres Ebenbild.
 
 
(zum Amtshauptmann)
 
 
Mein Herr, mich freut, Sie hier zu sehn,
 
 
befinden Sie sich wohl?
 
 
 
 
(So muss mir dieser Streich geschehn!
 
 
Dass ihn der Teufel hol!)
 
 
(geht ab)
 
 
Der Amtshauptmann kömmt schon zu Anfang von Belfiorens Arie; er beobachtet beide eine Weil. Sandrina, die den Amtshauptmann erblickt, deutet dem Belfiore, sich zu entfernen. Der Amtshauptmann tritt näher, befiehlt der Sandrina, sich zu entfernen, und tritt an ihre Stelle! Und da Belfior Sandrinen die Hand küssen will, erwischt er die des Amtshauptmanns und läuft zum Schluss der Arie davon.
 
 
Sechster Auftritt
 
 
Amtshauptmann, Sandrina.
 
 
Amtshauptmann
 
 
 
 
Warte nur, heilloser Graf! Du sollst mir – (zu Sandrina) Und du, Unverschämte! meinst du, das soll dir hingehen?
 
 
Sandrina
 
 
Ach mein Herr! ich verdiene Ihren Zorn nicht. Sie haben Unrecht, mir Vorwürfe zu machen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Unrecht? Hab ich nicht mit eignen Augen gesehen –
 
 
Sandrina
 
 
Sie haben Unrecht gesehen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Zum Teufel! wollte er mir nicht die Hand küssen?
 
 
Sandrina
 
 
Ach!
 
 
Amtshauptmann
 
 
Nun! warum seufzest du?
 
 
Sandrina
 
 
 
 
Bester Herr! wenn Sie wüssten, wie unglücklich ich bin! Sie würden Mitleid mit mir haben.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Nu, mein klein Kätzchen! das habe ich auch. Komm – (Ich kann es nicht länger aushalten.) Du bist das centrum aller meiner verliebten Seufzer! mein Herz – meine Flamme – Kurz, ich kann dir nicht beschreiben, was in mir vorgeht. Komm, ich will dich so glücklich machen, als du es verdienst.
 
 
Sandrina
 
 
Verzeihen Sie: Ich kann und darf nicht.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Wieso? Warum?
 
 
Sandrina
 
 
 
 
Weil für mich kein Glücke mehr grünt, und – weil ich – endlich –
 
 
Amtshauptmann
 
 
Endlich und endlich – und endlich bist du ein armes Mädchen, das ich zur gnädigen Frau machen will.
 
 
Sandrina
 
 
Ich bin dieser Ehre nicht wert! Und – ich verlange sie auch nicht.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Unverschämte! du verlangst sie nicht? Ich weiß besser, was dich zurückhält. Der Graf – Aber du machst die Rechnung ohne Wirth.
 
 
Sandrina
 
 
 
 
Was für Rechte haben Sie denn, mir Vorwürfe zu machen? Sie schelten mich, Sie drohen mir, und Sie sollten doch mit einer Unglücklichen Mitleid haben, die keinen Beschützer sonst als Sie auf dieser Welt hat.
 
     
 
    Es ertönt und spricht ganz leise,
 
 
hier im Herzen eine Stimme:
 
 
(zärtlich)
 
 
"Dein Geliebter, wirst du finden,
 
 
ist ganz Großmut, Lieb und Huld."
 
     
 
    Scheint auch schon sein Blick voll Grimme,
 
 
o so hegt er doch Beweise
 
 
sanften Mitleids und Geduld.
 
     
 
    Ach! er flieht, will mich nicht hören.
 
 
Holde Mädchen, habt Erbarmen!
 
 
Und wenn euch mein Unglück rühret,
 
 
und ihr reges Mitleid spüret,
 
 
so gewähret doch mir Armen
 
 
euren Trost, mich zu erfreuen.
 
 
(geht ab)
 
 
Siebenter Auftritt
 
 
Der Amtshauptmann, hernach Arminda und dann Ramiro.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Heus bardum! – ich Dummkopf! Das gute Kind ist die Ehrbarkeit selbst, und ich glaubte, wenn ich nicht Amtshauptmann wäre, ich hätte mit ihr geweint. Das arme Täubchen! Ich muss ihr nach und sie wieder zu besänftigen suchen.
 
 
Arminda
 
 
Herr Oheim! der Graf hat sein Verbrechen bereuet. Wir sind wieder versöhnt! Nun lassen Sie uns unsre Vermählung nicht länger verschieben. Ich will ihm noch diese Stunde meine Hand reichen.
 
 
Ramiro
 
 
(ganz eilend)
 
 
Herr Amtshauptmann, eben erhalte ich aus Mailand eine Depesche von meinem Vetter, in welchem dieser Verhaftsbefehl eingeschlossen war. Die Regierung befiehlt Ihnen, denselben als Amtshauptmann zu befolgen und den Grafen Belfior wegen einer Mordtat in Verhaft zu nehmen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Proh superi! den Grafen Belfiore?
 
 
Ramiro
 
 
(gibt ihm das Blatt)
 
 
Hier lesen Sie selbst.
 
 
Arminda
 
 
Ritter! sie träumen!
 
 
Ramiro
 
 
Es ist nur allzuwahr, mein schönes Fräulein, ich bedaure Sie. (Die schönste Gelegenheit, mich zu rächen.)
 
 
Amtshauptmann
 
 
Die Instanz behauptet, dass der Graf der Mörder einer gewissen Gräfin Onesti –
 
 
Arminda
 
 
Glauben Sie doch das nicht.
 
 
Amtshauptmann
 
 
(zu Arminda)
 
 
Silentium! wenn die Obrigkeit spricht. (zu Ramiro) Aber mein Herr, wo sind die Beweise, wenn man den Grafen einer Mordtat beschuldigen will? (Hic Rhodus, hic salta – mein Kopf soll ihm schon heraushelfen.)
 
 
Ramiro
 
 
Herr Amtshauptmann! Sie wissen Ihre Pflicht. Ich hoffe nicht, dass Sie der Gerechtigkeit einen Sprung erlauben werden. Sie befolgen den Befehl der Instanz.
 
 
(will fort)
 
 
Amtshauptmann
 
 
Patientia! man muss –
 
 
Arminda
 
 
Ei halten Sie doch den Ritter nicht auf, er mag gehen.
 
 
Ramiro
 
 
Das werde ich auch. Aber vergessen Sie nicht, dass die Regierung die strengste Rechenschaft von Ihnen fodren wird.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Gut! ich werde den Grafen vernehmen. Die Vermählung bleibt bis Austrag der Sache verschoben. Ich will der Gerechtigkeit keinen Sprung erlauben, und ist der Graf der Mordtat schuldig, proh superi! so kann ich nicht zugeben, dass ein Verbrecher, ein Mörder der Gemahl meiner Nichte werde.
 
 
 
 
(Er geht ab.)
 
 
Achter Auftritt
 
 
Arminda, Ramiro.
 
 
Ramiro
 
 
Liebste Arminda! hören Sie mich!
 
 
Arminda
 
 
Schweigen Sie, schändlicher Lügner.
 
 
Ramiro
 
 
Ich habe die Sache nicht erdichtet. Ich bin –
 
 
Arminda
 
 
Sie sind mir verhasst.
 
 
Ramiro
 
 
Ist denn alles Mitleid, alle Liebe aus dem Herzen verschwunden?
 
 
Arminda
 
 
Sie verdienen weder Mitleid noch Liebe.
 
 
Ramiro
 
 
Bedenken Sie –
 
 
Arminda
 
 
Nichts.
 
 
Ramiro
 
 
Hören Sie nur ein Wort!
 
 
Arminda
 
 
Ich bin vor Wut außer mir!
 
 
(geht ab)
 
 
Neunter Auftritt
 
 
Ramiro.
 
 
Welch ein unerbittliches Herz! Und doch gibt mir der Zufall wieder einige Hoffnung. Süße Hoffnung! hintergehe mich nicht! Von dir allein hängt itzt meine Ruhe und meine Glückseligkeit ab.
 
     
 
    Ach! schmeichelhafte Hoffnung!
 
 
Gefährtin treuer Liebe!
 
 
Du stärkest meine Triebe
 
 
und tröstest mich allein.
 
     
 
    Dir bin ich ganz ergeben,
 
 
dir danke ich mein Leben,
 
 
nur du kannst die Belohnung
 
 
itzt meiner Treue sein.
 
 
(geht ab)
 
 


Saal.
 
 
Zehnter Auftritt
 
 
Der Amtshauptmann, Arminda, Serpetta, hernach Belfiore.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Liebe Nichte! ich bin ganz außer mir! Was ist anzufangen, wenn der Graf der Mordtat schuldig ist?
 
 
Arminda
 
 
O lieber Herr Oheim! Sie werden ihm schon herauszuhelfen wissen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Ganz wohl! Wenn aber der Ritter – Es ist ein homicidium – ein delictum enorme. (Er setzt sich zum Schreiben.) Ich richte mich zum Verhör. Sie meine Nichte und du Serpetta müsst indessen abtreten, denn das Verhör muss absque testibus geschehen.
 
 
Arminda
 
 
O liebster Oheim, ich bitte, ich beschwöre Sie, erlauben Sie uns zu bleiben. – Ich fürchte, der Graf – Ich möchte ihn gern unterstützen.
 
 
Serpetta
 
 
Ja, ich will ihm einreden, trotz einem Advokaten. Damit er sich in seinen Reden nicht verfange.
 
 
Amtshauptmann
 
 
So? Verstehst du denn quid iuris? Ha, der Graf kömmt!
 
 
 
 
Belfiore
 
 
 
 
 
 
Unvergleichliche Arminda –
 
 
Amtshauptmann
 
 
 
 
Geduld, Herr Graf! Enthalten Sie sich jetzt dieser verliebten Ausdrücke in Gegenwart eines strengen Richters, vor dem Sie jetzt stehen, und Red und Antwort geben sollen.
 
 
(Er schreibt.)
 
 
Belfiore
 
 
(erstaunt)
 
 
Was soll das?
 
 
Amtshauptmann
 
 
Silentium!
 
 
Belfiore
 
 
Herr Amtshauptmann! –
 
 
Amtshauptmann
 
 
Silentium!
 
 
Belfiore
 
 
(zu Arminda)
 
 
Arminda –
 
 
Arminda
 
 
So schweigen Sie doch. –
 
 
Belfiore
 
 
Serpetta –
 
 
Serpetta
 
 
Silentium!
 
 
Amtshauptmann
 
 
(der indessen geschrieben)
 
 
Herr Graf, Sie werden eines grausamen Verbrechens beschuldiget! (Belfiore zittert.) Eine hochweise und hochgebietende Regierung trägt mir auf und befiehlt mir, Sie einzuziehen und darüber zu vernehmen. Ich wollte Ihnen aber vorläufig allen öffentlichen Schimpf ersparen, sonst hätte ich Sie mit bewaffneter Hand müssen hieher bringen lassen, um das forum deprehensionis formaliter zu befolgen. Belieben Sie mir also diejenige Punkten, so ich Ihnen vorlegen und secundum ius civile et criminale eidlich vernehmen muss, sine mora et absque ambagibus zu beantworten. Um in forma legali zu prozedieren, hab ich hier die erforderlichen Fragpunkten: Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando? eingeteilt und aufgesetzt. Also zur ersten Frage. Quis! Wer sind Sie? Wie heißen Sie?
 
 
Belfiore
 
 
Das wissen Sie ja ohnehin.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Ich muss es aus Ihrem Mund hören.
 
 
Belfiore
 
 
 
 
Ich bin Graf Belfiore, welcher – die Ehre haben –
 
 
Amtshauptmann
 
 
Sufficit!(schreibt)Quid! Sie sollen an einer gewissen Gräfin Onesti – Ubi! – zu Mailand eine Mordtat sive homicidium voluntarium atque violentum ausgeübt haben. Reden Sie! haben Sie diese Gräfin gekannt?
 
 
Belfiore
 
 
O Himmel! was soll ich sagen?
 
 
Arminda
 
 
(leise zu Belfiore)
 
 
Sagen Sie nein.
 
 
Belfiore
 
 
Nein! ich habe sie nicht gekannt.
 
 
Amtshauptmann
 
 
(schreibt)
 
 
Negatur. – Lebt sie noch?
 
 
Belfiore
 
 
Nein, mein Herr!
 
 
Serpetta
 
 
(leise zu Belfiore)
 
 
Was reden Sie denn? sagen Sie ja!
 
 
Amtshauptmann
 
 
Sie ist also tot?
 
 
Belfiore
 
 
Ja, ja!
 
 
Arminda
 
 
(leise zu Belfiore)
 
 
Leugnen Sie alles.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Man behauptet, dass sie ermordet worden! Sollte das wahr sein?
 
 
Belfiore
 
 
Ja! – Nein!
 
 
Serpetta
 
 
(leise zu Belfiore)
 
 
Verfangen Sie sich nur nicht!
 
 
Arminda
 
 
(leise zu Belfiore)
 
 
Geben Sie acht, was Sie reden.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Trepidat! (zu Belfiore) Sollten Sie, Herr Graf, nicht notitiam davon haben? ihren Mörder nicht kennen?
 
 
Belfiore
 
 
O ja, sehr gut!
 
 
Amtshauptmann
 
 
(schreibt)
 
 
Cur! Warum ist Sie ermordet worden?
 
 
Belfiore
 
 
Die Liebe – die Eifersucht – ein Zufall.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Turbatur! Seine Verwirrung verrät ihn. Reus est!
 
 
Arminda
 
 
(Der Dummkopf.)
 
 
Amtshauptmann
 
 
(zu Belfiore)
 
 
Ich sehe, Graf – denken Sie auf Ihre Sicherheit! Memento tui! Man legt Ihnen dies Verbrechen zur Last, und es wäre ein leichtes, Sie zu überweisen. Ich wünschte, Sie wären unschuldig und könnten sich verteidigen.
 
 
Eilfter Auftritt
 
 
Vorige, Sandrina, die schon lange im Grund gelauret hat.
 
 
Sandrina
 
 
Er ist es – Ich kann und will ihn verteidigen.
 
 
Belfiore
 
 
O Glücke!
 
 
Amtshauptmann
 
 
O schön!
 
 
Serpetta
 
 
Allerliebst! mir war schon Angst um sein junges Leben.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Vermutlich kann dies Mädchen –
 
 
Serpetta
 
 
einige Nachricht geben –
 
 
Amtshauptmann
 
 
und ihn retten. (Er schreibt.)Pendente lite, intervenit etc. (zu Sandrina) Was kannst du zu seiner Verteidigung sagen?
 
 
Arminda
 
 
Rede, liebes Mädchen!
 
 
Serpetta
 
 
Sprich, gutes Sandrinchen!
 
 
Sandrina
 
 
Was bürdet man dem Grafen für ein Verbrechen auf?
 
 
Amtshauptmann
 
 
Eine Mordtat, die er an der Gräfin Onesti zu Mailand ausgeübt.
 
 
Sandrina
 
 
Das ist Verleumdung. Verwundet ward die Gräfin von ihm, aber nicht getötet. Sie lebt und steht hier! Ich bin die Gräfin Violante Onesti – und vergebe ihm.
 
 
 
 
Amtshauptmann
 
 
Du Violante Onesti?
 
 
Belfiore
 
 
(außer sich)
 
 
O meine Geliebte! – mein Herz sagte mir es wohl.
 
 
Arminda
 
 
(höhnisch)
 
 
Die schöne Gräfin!
 
 
Serpetta
 
 
(höhnisch)
 
 
Die vortreffliche Dame.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Glaubst du vielleicht, dass du mit dieser Erdichtung –
 
 
 
 
Sandrina
 
 
Sagen Sie, was Sie wollen: Sie sollen in kurzem unwiderlegliche Beweise haben, dass ich Gräfin Violante Onesti bin.
 
 
Belfiore
 
 
Glauben Sie ihr! Sie spricht wahr! Mein Herz bekräftiget ihre Worte.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Casus suspensivus! Es bedarf Bedacht und Untersuchung – (Beim Teufel! Wenn ich Sandrinen verliere, so hole euch alle der Guguck.)
 
 
(geht ab)
 
 
Arminda
 
 
Mir scheint die Sache sehr zweideutig. (Aber es mag nun Sandrina oder Violante Onesti sein, so will ich meine Maßreglen nehmen.)
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
Serpetta
 
 
Ich gehe ebenfalls! (Aber es mag nun kommen wie es will, so werde ich dazu lachen.)
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
Belfiore
 
 
(zu Sandrina)
 
 
Liebstes Leben! angebetete Seele! ich bin vor Freuden außer mir. Erlaube, dass ich diese schöne Hand –
 
 
 
 
Sandrina
 
 
(stößt ihn zurück)
 
 
Zurücke! Ich habe mich nur für die Gräfin ausgegeben, um Ihnen das Leben zu retten. Meine Ähnlichkeit, die ich, wie Sie sagen, mit ihr habe, soll Sie auch künftig vor allem Unglücke schützen.
 
 
(Sie geht ab.)
 
 
Belfiore
 
 
Wie war das? – – Mir steht der Angstschweiß am ganzen Leibe. Ich verliere den Verstand.
 
 
 
 
(geht ab)
 
 
Zwölfter Auftritt
 
 
Nardo, hernach Ramiro und der Amtshauptmann, zuletzt Serpetta.
 
 
Nardo
 
 
O ich armer Tropf! was soll ich anfangen? Ich kann meine Gebieterin nirgends finden. Mir wird angst und bange – – Wer weiß! – Doch vielleicht hat sie sich dem Grafen entdeckt – Aber nein! das kann auch nicht sein! Weil sie mir ausdrücklich verboten hat, mich ihm zu erkennen zu geben. Still! ich sehe Leute kommen – Ich will sie behorchen, vielleicht bekomme ich leicht –
 
 
(Er verbirgt sich im Grund.)
 
 
Ramiro
 
 
Sie muss authentisch beweisen, dass sie Violante sei –
 
 
Amtshauptmann
 
 
 
 
Das versteht sich! aber sie sprach so zuverlässig, dass ich fast wetten wollte –
 
 
Ramiro
 
 
Nur die Beweise! und ich bin zufrieden.
 
 
Serpetta
 
 
(mit verstellter Angst)
 
 
O Himmel, welch ein Unglück! Sandrina hat die Flucht genommen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Proh dolor! weh mir! was sagst du?
 
 
Nardo
 
 
(versteckt)
 
 
Die Flucht?
 
 
Ramiro
 
 
Das begreife ich nicht.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Haud mora! ihr nachgeeilt!
 
 
Serpetta
 
 
Aber es fängt schon an, Nacht zu werden.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Quid ad rem! Nacht hin, Nacht her! nehmt Licht, nehmt Facklen. Man muss ihr auf allen Straßen nachschicken. Kommen Sie, Ritter! wir wollen selbst mit. Sequere me!
 
 
(Beide gehen ab.)
 
 
Dreizehnter Auftritt
 
 
Serpetta, Nardo versteckt.
 
 
Serpetta
 
 
Lauft nur, lauft nur! diesmal seid ihr gefoppt! – Das dumme Gartnermensch! sich für eine Gräfin auszugeben! Arminda hat sie aber für diese Verwegenheit, für ihren Stolz schon gezüchtigt. Sie hat sie mit Gewalt in den nächsten Wald stecken lassen – Dort kann sie unter den Wölfen die Dame spielen.
 
 
Nardo
 
 
(Himmel! was hab ich gehört! Geschwind zum Grafen.)
 
 
(Er läuft geschwind ab.)
 
 
Serpetta
 
 
Ich möchte den Amtshauptmann zerreißen, dass er mir das alberne Frazeng'sicht vorzieht, und vor Galle bersten; und doch darf ich mich nichts merken lassen, ich muss meinen Zorn in mich beißen, sonst würde man mich nur auslachen und mit meiner Liebe gegen ihn aufziehen. Geduld! Ein Mädchen muss zurückhaltend, fein und schlau sein, und wenn sie auch Cupido bis auf das Blut getroffen hat, so muss sie es doch nicht gestehn.
 
     
 
    Wer will die Welt genießen,
 
 
der schweig zu allem still.
 
 
Er lass sich nichts vedrießen,
 
 
es komme, wie es will.
 
     
 
    Die Mädchen sollten redlich
 
 
und gute Herzen haben,
 
 
aufrichtig sein und ehrlich.
 
 
Doch nützen diese Gaben
 
 
bei Männern nun nicht mehr.
 
     
 
    Itzt muss man sein verschlagen,
 
 
gleichgültig alles tragen,
 
 
sich dumm und sittsam stellen,
 
 
die Narren wacker prellen,
 
 
sie foppen hin und her.
 
     
 
    Von allen diesen Pflichten
 
 
muss man sich unterrichten
 
 
und nützen jede Lehr.
 
 
(geht ab)
 
 


Es ist Nacht. Ein finsterer Wald mit Felsen und Höhlen.
 
 
Vierzehnter Auftritt
 
 
Sandrina. Man sieht etliche Baurenkerl von ihr laufen.
 
 
Wo führt ihr mich hin? Wollt ihr mich töten? O Himmel, sie entfliehen! Gott! muss ich denn so äußerst unglücklich sein? Ach! sie sind fort! und ich hier in der finstern Nacht, in dieser schrecklichen Wildnis allein. Vielleicht ein Raub der wilden Tieren – Weh mir! wer wird mir helfen und mich retten?
 
     
 
    Ach vor Tränen, Schluchzen, Seufzen,
 
 
kann ich kaum mehr Atem faßen.
 
 
Sprach und Stimme mich verlassen!
 
 
und es schwindet alle Kraft.
 
 
Doch es hört mich hier keine Seele.
 
 
Ich bebe, es wird mir bange.
 
 
Die Kräften schwinden. O Himmel,
 
 
welch ein Geräusch!
 
 
Es ist, als
 
 
säh ich im Gebüsche
 
 
die abscheulichste Schlange,
 
 
die mit ihrem Gezische – O Gott! wo verberg ich mich?
 
 
Wohin fliehe ich? Was soll ich tun? Hier! nein, dort!
 
 
Ach ich betrüg mich nicht! – eine Höhle:
 
 
Dies sei der Schutzort
 
 
meiner elenden Tage;
 
 
dahinein will ich mich begeben.
 
 
Und du, gütiger Himmel, schütze mein armes Leben.
 
 
(geht in die Höhle)
 
 
Fünfzehnter Auftritt
 
 
Belfior, Nardo, nach und nach kommen Sandrina, Arminda, der Amtshauptmann, Serpetta und letztlich Ramiro mit Leuten, welche Facklen tragen.
 
 
Belfiore
 
     
 
    Hier in diesen Finsternissen,
 
 
in den Felsen, ach, ich bitte,
 
 
Nardo, leite meine Schritte,
 
 
ich weiß nicht wo aus, wo an.
 
 
Nardo
 
     
 
    O wie schrecklich ist die Wildnis!
 
 
Nun so lasst uns sachte gehen:
 
 
Hier ist wohl der Ort zu sehen,
 
 
wo man sie noch finden kann.
 
 
Sandrina
 
     
 
    In der Näh dünkt mich, zu hören
 
 
ein Geräusch, das mich erschrecket,
 
 
das mir Angst und Furcht erwecket.
 
 
Himmel, ach, erhör mein Flehen!
 
 
Arminda
 
     
 
    Hier in diesen finstern Walde
 
 
ist gewiss mein Graf gekommen,
 
 
von Verzweiflung eingenommen,
 
 
seiner Göttin nachzugehen.
 
 
 
 
Belfiore
 
     
 
    Welch Geräusch will mich betören?
 
 
Sandrina
 
 
Nein, ich will von hier nicht weichen.
 
 
Arminda
 
 
Mich gedünkt, hier Leut zu hören.
 
 
Nardo
 
 
Ich will näher hin mich schleichen.
 
 
Alle vier
 
 
Lasst uns sehen, was hier geschieht.
 
 
Amtshauptmann
 
     
 
    Hier in diesen Finsternissen
 
 
muss ich Schritt vor Schritte gehen
 
 
und die Straße nicht versehen,
 
 
sonst brech ich mir Hals und Bein.
 
 
Serpetta
 
     
 
    Heimlich hab ich mich beflissen,
 
 
in der Stille herzuschleichen,
 
 
meine Absicht zu erreichen
 
 
und auf meiner Hut zu sein.
 
 
Belfiore
 
     
 
    Wer ist da?
 
 
Sandrina
 
 
O welch ein Unglück!
 
 
Amtshauptmann
 
 
Geht hier jemand?
 
 
Serpetta
 
 
Verdammter Zufall!
 
 
Nardo
 
 
Geht nicht weiter!
 
 
Arminda
 
 
O welcher Schrecken!
 
 
 
 
Welch Getöse, welcher Lärmen,
 
 
wär ich doch nur weit von hier.
 
 
Amtshauptmann
 
 
(zu Arminda)
 
     
 
    Bist es du, mein liebes Sandrinchen?
 
 
Arminda
 
 
(zum Amtshauptmann)
 
 
Ja, die bin ich. (Das ist der Graf.)
 
 
Belfiore
 
 
(zu Serpetta)
 
 
Mein englische Sandrina?
 
 
Serpetta
 
 
(zu Belfiore)
 
 
Ja, die bin ich. (Das ist der Amtmann.)
 
 
Nardo
 
 
(zu Sandrina)
 
     
 
    Sind Sie nicht meine gnädige Gräfin?
 
 
Sandrina
 
 
 
 
(Dies ist Nardo, ich bin ruhig.)
 
 
 
 
Welche Freude, welch Entzücken!
 
 
Was ich suchte, ist nun mein.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Ramiro
 
 
(zu allen)
 
     
 
    Holla, Freunde, lasst euch sehen,
 
 
kommt geschwind und hurtig her.
 
 
Ich erfreu mich des Vergnügens,
 
 
so das Glücke euch hat beschert.
 
 
 
 
Belfiore
 
     
 
    Du, Serpetta?
 
 
Serpetta
 
 
Sie, der Graf?
 
 
Amtshauptmann
 
 
Meine Nichte?
 
 
Arminda
 
 
Sie sind der Amtmann?
 
 
Alle
 
 
O verwünschtes Überraschen!
 
 
Alle stehen wir hier beschämt.
 
 
Arminda
 
 
(zum Amtshauptmann)
 
     
 
    Hier ist ein Irrtum, dort ist die Schöne.
 
 
Sandrina
 
 
(zu Nardo)
 
 
Ach wie Sie scherzen, ich bin nicht jene.
 
 
Serpetta
 
 
(zu Belfiore)
 
 
Ha, wie Sie irren! dort ist die Närrin.
 
 
Belfiore, Amtshauptmann, Nardo
 
 
Da sind wir alle schön angeloffen!
 
 
Was ist zu machen? 's ist einmal so!
 
 
Arminda
 
 
(zu Belfiore
 
     
 
    Falscher Verräter! mich zu betrügen!
 
 
Giftige Rache sollst du fühlen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
(zu Sandrina)
 
 
Warte, Nichtswürdige! ich will dich kriegen:
 
 
Ja, du sollst meinen Zorn empfinden.
 
 
Sandrina
 
 
O weh, ich wanke, der Kopf mir schwindelt,
 
 
unter den Füßen die Erde weicht.
 
 
Nardo
 
 
(zu Serpetta)
 
     
 
    Alles dein Schmeichlen ist nun vergebens.
 
 
Serpetta
 
 
(zu Nardo)
 
 
Das soll dich Esel wenig besorgen.
 
 
Ramiro
 
 
(zu Arminda)
 
 
Ach deine Strenge kann ich nicht fassen.
 
 
Arminda
 
 
(zu Ramiro)
 
 
Dich werd ich fliehen und ewig hassen.
 
 
Sandrina, Belfiore
 
     
 
    Wie stürmt der Himmel, welch schwarze Wolken,
 
 
mich schaudert, ich zittere erstarre und bebe.
 
 
Jetzt schon ergreift mich ein toller Wahn.
 
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
 
Ach der Verdruss macht mich fast rasend,
 
 
mein Herz fängt zu schwellen an.
 
 
Sandrina
 
     
 
    Hörst du nicht, mein Thirsis, von ferne ertönen
 
 
die Zaubergesänge der holden Sirenen?
 
 
Sie laden uns ein zu erquickender Ruh.
 
 
Belfiore
 
     
 
    Hör, Chloris! die Leier des Orpheus erklingen,
 
 
die Felsen beweget und Bestien bezwinget.
 
 
Der Schiffer im Weltmeer hält still und hört zu.
 
 
Beide
 
 
O sanftes Entzücken! O himmlische Lust!
 
 
Amtshauptmann
 
 
(zu Belfiore)
 
     
 
    Herr, mit Ihnen hab ich zu sprechen:
 
 
Ich muss diese Unbild rächen,
 
 
auf Pistolen lad ich Sie.
 
 
Ramiro
 
 
(zu Belfiore)
 
     
 
    Nur geschwind, mein Herr, wir gehen,
 
 
warum bleiben Sie noch stehen?
 
 
Unsre Klingen messen wir.
 
 
Arminda
 
     
 
    Wo wollt ihr hin? Verbleibt doch hier!
 
 
 
 
Nardo, Serpetta
 
 
Was soll denn dieser Lärmen noch?
 
 
Ramiro, Amtshauptmann
 
 
Kaum kann ich mich enthalten
 
 
vor Wut und Raserei.
 
 
Sandrina
 
 
 
     
 
    Ich bin Medusa, kennt ihr mich?
 
 
Belfiore
 
 
 
 
Ich bin Alzides, packe dich!
 
 
Beide
 
 
Herzige Nymphen, kommet doch
 
 
und flieht die Tyrannei.
 
 
Arminda
 
     
 
    Ich glaube gar, sie schwärmen.
 
 
Amtshauptmann
 
 
Ja, ja, mich dünkt, sie schwärmen.
 
 
Ramiro, Nardo
 
 
Sagt doch, was dies bedeute.
 
 
Sandrina
 
 
Nur nicht so nah, ihr Leute!
 
 
Belfiore
 
 
Holla, kein solches Lärmen,
 
 
Beide
 
 
wollt ihr uns sehen weinen?
 
 
Seid doch so grausam nicht!
 
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
     
 
    Für wahr, sie sind von Sinnen,
 
 
wahnsüchtig und ganz toll.
 
 
Ramiro
 
 
(zu Arminda)
 
 
Zu so großem Unglücke
 
 
hast du den Grund gelegt.
 
 
Sandrina, Belfiore
 
 
Ach ist denn niemand, den meine Pein bewegt?
 
 
O Gott! ist niemand?
 
 
 
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Serpetta
 
     
 
    Welch seltner Zufall!
 
 
Welch trauriges Schicksal!
 
 
Der Wahnwitz, die Tollheit,
 
 
ergreifen sie ganz.
 
 
Sandrina, Belfiore
 
 
 
     
 
    O lachende Freuden!
 
 
man wird uns beneiden,
 
 
die lustigste Musik
 
 
uns locket zum Tanz.
 
 
 
 
Ende des zweiten Aufzugs.