CHORUS II
 
 
Nachdem Oebalus erfahren hat, dass Apollo unschuldig ist, nimmt er ihn gütig auf und gibt ihm seine Tochter zur Frau.
 
 
Oebalus, Melia, Apollo, Hyacinthus.
 
 
Hyacinthus
 
 
Nicht er …
 
 
Oebalus
 
 
Wer also, sag’s, wenn du den Vater liebst:
 
 
Wer schlug dich?
 
 
Hyacinthus
 
 
Zephyrus … weh mir! … Wär nur … der Gott …
 
 
zur Stelle! …
 
 
Oebalus
 
 
Weh! schon stirbt er! …
 
 
Hyacinthus
 
 
Vater … Vater mein!
 
 
Der Tod … ist … bitter!
 
 
Oebalus
 
 
Sohn!
 
 
Hyacinthus
 
 
Mein Vater! … Ah! … Leb wohl!
 
 
(Er stirbt.)
 
 
Oebalus
 
 
Hyacinthus! … Sohn! … Sein Leben schwand … er liegt entseelt! –
 
 
„Unschuldig ist Apollo, Vater“, sagte er.
 
 
„Glaub mir, dass nicht Apoll, dass Zephyrus den Mord
 
 
beging.“ – Du Lügner, Zephyrus, was tust du mir!
 
 
Die Gottheit selbst bezichtigst du der Schreckenstat
 
 
und täuschest mich, den König, so mit Lug und Trug!
 
 
Das grausame Verbrechen büßt du mir, ich schwör’s.
 
 
mit deinem Blut. Nicht ungesühnt bleibt dieser Mord.
 
 
Gleich wie in den tobenden Wellen des Meeres
 
 
das Schiff über Berge und Täler gejagt wird,
 
 
und bald zur Nähe der Wolken sich hebt
 
 
und bald zur Tiefe des Tartarus sinkt,
 
 
so wütet aus brausender Brust mir die Galle
 
 
und tobt durch den Leib, durch die Adern und Glieder:
 
 
Die Wut erhebt mich hoch,
 
 
zur Tiefe drückt der Schmerz.
 
 
Rache und Zorn in vereinigter Kraft
 
 
schütteln das Herz mir und lassen nicht ab.
 
 
(Melia tritt auf.)
 
 
Melia
 
 
Wohin ich mich auch wende, muss ich dieses Gotts
 
 
furchtbare Spuren sehen. Erst erblickt’ ich, wie
 
 
Zephyr zu Tode kam, jetzt muss den Bruder ich
 
 
schuldlos getötet schwimmen sehn im eignen Blut.
 
 
Oebalus
 
 
Was kommst du unbegleitet hier an diesen Ort?
 
 
Entfloh er schon, der Räuber?
 
 
Melia
 
 
Ihm befahl ich selbst
 
 
aus unserm Reiche stracks zu fliehen, als der Gott
 
 
die alte Bluttat krönte mit dem neuen Mord.
 
 
Oebalus
 
 
Was sagst du, Tochter? Bluttat? Welcher neue Mord?
 
 
Melia
 
 
O König, meinen Freund entrafft’ er, Zephyrus:
 
 
Ich sah es selber, wie die Winde ihn zerfetzt.
 
 
Oebalus
 
 
O wie gerecht Apollo ist, dass er die Tat
 
 
bestraft, die Zephyrus, der Frevler, voller Trug
 
 
andichtete dem Gott! Denn er beging den Mord
 
 
und nicht Apollo. Zephyr lenkte ohne Scheu
 
 
den Diskus auf den Bruder.
 
 
Melia
 
 
Vater, wie? Woher
 
 
kannst du das wissen?
 
 
Oebalus
 
 
Selber sagte mir’s der Sohn,
 
 
als ich ihn immer noch am Leben fand. Er starb
 
 
ja erst in meinen Händen.
 
 
Melia
 
 
Weh mir, Vater, wie!
 
 
Was jagte dein Befehl dann aus dem Reich den Gott?
 
 
Oebalus
 
 
O Tochter, nur der Schmerz war’s und die böse List
 
 
des Zephyrus, die mich betrog, ich weiß. Wer nur
 
 
gewärtigte von Zephyrus sich solcher Tat?
 
 
Melia
 
 
O Vater, nunmehr sind wir allesamt dahin.
 
 
Der Gott verließ uns - weh, dass uns der Gott verließ!
 
 
Glaub mir, er lässt die Schmach nicht ohne Strafe sein.
 
 
Oebalus
 
 
Wie, Tochter? Wäre denn der Gott bereits entflohn?
 
 
Melia
 
 
Gewiss. Ich selbst befahl Apollo ja, dass er
 
 
dein Königreich verlasse und dies Königshaus.
 
 
O könnt ich doch zurück ihn rufen, diesen Gott!
 
 
Oebalus
 
 
Weh! Welches finstere Geschick verfolgt uns heut!
 
 
Tod des Sohnes,
 
 
und des Gottes –
 
 
nimmer wollt ich’s,
 
 
nimmer wusst ich’s –
 
 
bittre Kränkung.
 
 
Dieses Reich geht bald zugrund,
 
 
wenn der Gott ihm fern ist.
 
 
Gott, o Gott, ich bitte dich,
 
 
kehre doch zurück zu uns!
 
 
Melia
 
 
Tod des Bruders,
 
 
mein Verlobter –
 
 
du befahlst es,
 
 
ich beklag es –
 
 
ist entflohen.
 
 
Ohne Bräutigam die Braut,
 
 
wen nur soll sie lieben?
 
 
Strafe nicht die arme Frau,
 
 
Gott, ach kehr zurück zu uns!
 
 
(Apollo tritt hinzu.)
 
 
Apollo
 
 
Aus Liebe nur zu Hyacinth kehr ich zurück,
 
 
mein König. Darum wage ich’s, verzeih, dein Reich
 
 
zu segnen durch mein Kommen. Sieh des Gottes Macht:
 
 
Erheb dich, Hyacinthus! Und den toten Leib
 
 
bedecke mit der Blume, die dein Name schmückt.
 
 
(Die Erde mit dem Leichnam sinkt nieder und lässt Blumen sprießen.)
 
 
Oebalus
 
 
Was seh ich? Blumen seh ich, die aus meinem Sohn
 
 
zur Höhe wachsen?
 
 
Melia
 
 
O du übermächt’ger Gott!
 
 
Voll Scham bekenne ich dir meine schwere Schuld.
 
 
Es reut mich, was ich tat, doch tat ich alles nur,
 
 
weil Zephyr trog, der Vater mir’s befahl.
 
 
Oebalus
 
 
O Gott,
 
 
verschone mich! Ich wusste nicht, wer diesen Mord
 
 
verübt hat, glaubte diesem Schurken Zephyrus,
 
 
dass dich ich für des Sohnes Meuchelmörder hielt.
 
 
Ach wie so großes Leiden brachte Zephyrus
 
 
in unser Reich – wenn du uns nicht verschonen willst!
 
 
Melia
 
 
O Gott, nicht aus Verachtung gegen dich geschah’s.
 
 
Unwissend war ich, als ich dich des Lands verwies,
 
 
und unbesonnen gläubig; meines Bruders Tod
 
 
riss mich im bittren Zorn zu solcher Schelte hin.
 
 
Apollo
 
 
Sei nur getrost. Apollo wird dein Reich nicht fliehn.
 
 
Er bleibt und bleibt bei dir, mein König, wenn du nur,
 
 
was einstmals du versprochen, treulich ihm erfüllst.
 
 
Oebalus
 
 
Ja, ich verstehe. Siehst du, Tochter, er geruht,
 
 
zur Braut dich zu erwählen.
 
 
Melia
 
 
Glaub ich’s? Kann der Gott
 
 
denn Melia auch lieben?
 
 
Apollo
 
 
Glaube mir, sogar
 
 
Gott Jupiter freit öfter um ein Menschenweib.
 
 
Zu lieben ist der Götter Werk, doch eures ist’s,
 
 
die Liebe zu erwidern.
 
 
Melia
 
 
Gott, sieh deine Magd,
 
 
die dir ihr Herz an Statt des Vaters willig schenkt.
 
 
Oebalus
 
 
Hier, diese Braut ist sterblich. Wenn sie dir gefällt,
 
 
Apollo, nimm sie hin. Des Vaters Hand führt sie
 
 
dir zu. Und bleibe immerdar in meinem Reich.
 
 
Hyacinthus starb. Ein neuer Hyacinthus wirst
 
 
du nun mir sein und durch mein Kind mein Schwiegersohn,
 
 
wenn dir’s beliebt in unsern Grenzen.
 
 
Apollo
 
 
Oebalus,
 
 
mit Freuden nehm ich Melias Hand, die sie mir reicht
 
 
stets werd ich dir und deinem Reich gewogen sein.
 
 
Melia
 
 
So strahlt aus dir die göttliche Gerechtigkeit.
 
 
Oebalus
 
 
So wird die Unschuld nicht um ihren Lohn gebracht.
 
 
Apollo
 
 
Und deine Güte ist der Nachwelt noch ein Lied.
 
 
Apollo
 
 
Endlich nach wütenden,
 
 
wetternden,
 
 
blitzenden
 
 
Donnern des Jupiter
 
 
grünt endlich der Friede und blüht und gedeiht.
 
 
Melia
 
 
Nach schmerzlichen Banden …
 
 
Oebalus
 
 
Nach rasendem Toben …
 
 
Apollo
 
 
Nach grässlichen Schrecken …
 
 
Oebalus, Apollo, Melia
 
 
Vereint euch|uns der Liebe entzückendes Pfand.
 
 
Nun kam das …
 
 
Apollo
 
 
Erhoffte,
 
 
Melia
 
 
Ersehnte,
 
 
Oebalus
 
 
Erflehte.
 
 
 
 
Oebalus
 
 
Nun kränzt euch die Hochzeit und hebt mir den Mut.
 
 
Apollo, Melia
 
 
Nun kränz’ uns die Hochzeit und mache dich froh.
 
 
 
 
V. AKT
 
 
Der König wird zwar durch Hystaspes milder gestimmt, aber von Pharnaspes und Datis in neu angefachter Glut zum Zorn fortgerissen, und beschließt für die Schwester und den Sohn, endlich selbst für Adrast den Tod; er wird aber von Megabasus über den Betrug des Pharnaspes genau unterrichtet und nimmt Adrast mit Schwester und Sohn von Neuem in Gnaden auf.
 
 

AUTOR DES MUSIKALISCHEN WERKES

Der edle Herr Wolfgang Mozart, elfjähriger Sohn des edlen und gestrengen Herrn Kapellmeisters Leopold Mozart.
 
 

PERSONEN IN DER MUSIK

Oebalus, König von Lacedämonien Der ausgezeichnete und hochgelehrte Herr Matthias Stadler, Hörer der Moraltheologie und der Rechte
Melia, Tochter des Oebalus Felix Fuchs, Kapellknabe, aus der Grammatikklasse
Hyacinthus, Sohn des Oebalus Christian Enzinger, Kapellknabe, aus der Rudimentenklasse
Apollo, von Oebalus als Gastfreund aufgenommen Johann Ernst, Kapellknabe
Zephyrus, Vertrauter des Hyacinthus Joseph Vonterthon, aus der Syntaxklasse
Erster Oberpriester Apollos Joseph Bründl, aus der Poesieklasse
Erster Oberpriester Apollos Jakob Moser, aus der Syntaxklasse

 
 

PERSONEN IN DER HANDLUNG

Croesus, König von Lydien Anton Pampichler
Atys, Sohn des Croesus Johann Krüger
Adrastus, Sohn des Midas, am Hofe des Croesus Edler Augustin Breitenbach
Olynthus, Sohn des Adrastus Edler Matthias Ranftl
Mandana, Schwester des Adrastus und Braut des Atys Franz Pichler
Megabasus Joseph Forschner |
Hystaspes Anton Hartmair | Vornehme
Pharnaspes Bernhard Eder |
Datis Joseph Müller | Heerführer
Clitander Franz Prugger |
Philinto, Opferdiener Matthäus Flatscher
Dimnus, Edelknabe des Croesus Judas Thaddäus Mösl

 
 
Damit in allem Gott verherrlicht werde