Kritische Edition des Librettos Prag 1773       Diplomatische Übertragung des Librettos Prag 1773 
Dritter Aufzug
 
Dritter Aufzug.
Der Schauplatz stellt wieder den Tempel vor.
 
(Der Schauplatz stellt wieder den Tempel vor.)
Erster Auftritt
 
Erster Auftritt.
Thamos. Pheron.
 
Thamos. Pheron.
Thamos
 
Thamos.
Hier in dem Tempel, wo uns niemand hört, vor Ägyptens Gottheit, schließt Thamos seinem Freunde sein Herz auf. – Man will Misstrauen in dich bei mir erwecken. Du – sollst der Anstifter der Unruhen sein; deinen Fuß sollst du auf die Staffeln des Thrones gesetzt haben, um mich herunterzustürzen. – Erschrick nicht, Pheron! Keinen Augenblick schlich sich Argwohn in diese Brust ein. Thamos liebt dich wie allzeit. Vielleicht ein unbedachtsamer Schritt, dem Feindschaft oder Übermaß des Eifers eine ungleiche Ausdeutung gab!
 
Hier in dem Tempel, wo uns nie=
mand hört, vor Egyptens Gottheit, schließt
Thamos seinem Freunde sein Herz auf. – Man
will Mißtrauen in dich bey mir erwecken. Du
– sollst der Anstifter der Unruhen seyn; Dei=
nen Fuß sollst du auf die Staffeln des Thrones
gesetzt haben, um mich herunter zu stürzen. –
Erschrick nicht, Pheron! keinen Augenblick schlich
sich Argwohn in diese Brust ein. Thamos liebt
Fdich, wie allzeit. Vielleicht ein unbedachtsamer
Schritt, dem Feindschaft oder Uebermaaß des Ei=
fers eine ungleiche Ausdeutung gab!
Pheron
 
Pheron.
O hätten diese Feinde lieber geradezu ihren Hass in meinem Blute gekühlt! – Pheron in Gefahr, vor deinen Augen als ein Treuloser zu erscheinen! Gedanke, unerträglicher als der Tod! Herr! gewähre noch die Bitte, welche ich diesen Morgen tat! Versichere dich meiner Person!
 
O hätten diese Feinde lieber gerade=
zu ihren Haß in meinem Blute gekühlt! –
Pheron in Gefahr, vor deinen Augen als ein
Treuloser zu erscheinen! Gedanke, unerträgli=
cher als der Todt! Herr! gewähre noch die Bitte,
welche ich diesen Morgen that! Versichere Dich
meiner Person!
Thamos
 
Thamos.
Sie komme nicht mehr in deinen Mund! – Thamos sollte einen Argwohn, den er verabscheuet, eine Furcht, die er nie empfand, dem ganzen Reiche zu erkennen geben? – Höre, Pheron! Hielte ich dich für untreu, so würde ich dich nicht fürchten, nein! – verachten. Das Herz des Verräters zittert. Bei jedem Schritte sieht er zurück, glaubt, es strecke die Strafe schon ihre Hand nach ihm aus. Und dieser Elende könnte Schrecken einjagen?
 
Sie komme nicht mehr in deinen
Mund! – Thamos sollte einen Argwohn, den
er verabscheuet, eine Furcht, die er nie empfand,
dem ganzen Reiche zu erkennen geben? – Hö=
re, Pheron? Hielte ich dich für untreu, so wür=
de ich dich nicht fürchten, nein! – verachten.
Das Herz des Verräthers zittert. Bey jedem
Schritte sieht er zurück, glaubt, es strecke die
Strafe schon ihre Hand nach ihm aus. Und
dieser Elende könnte Schrecken einjagen?
Pheron
 
Pheron.
Aber, Herr! werden nicht diejenigen, die meinen Untergang geschworen haben, neue Beschuldigungen erdichten, falsche Beweise dazu schmieden – und endlich ihr Ziel erreichen?
 
Aber, Herr! werden nicht diejeni=
gen, die meinen Untergang geschworen haben,
neue Beschuldigungen erdichten, falsche Bewei=
se dazu schmieden, – und endlich ihr Ziel errei=
chen?
Thamos
 
Thamos.
Das werden sie nicht, wenn du unschuldig bist. Thamos wird dich hören.
 
Das werden sie nicht, wenn Du
unschuldig bist. Thamos wird dich hören.
Pheron
 
FPheron.
(streckt die Hand gegen das Sonnenbildnis aus)
 
(streckt die Hand gegen das Sonnen=
bildniß aus)
Herr! bin ich untreu, so strafe Ägyptens –
 
Herr! bin ich untreu, so strafe
Egyptens –
Thamos
 
Thamos.
(unterbricht ihn)
 
(unterbricht ihn)
Halt ein! – Glaubte ich nicht deinen Worten, so würde ich ebenso wenig deinen Schwüren trauen. Wer das Verbrechen nicht scheut, den schreckt auch kein Zorn der Götter. – Nichts mehr davon! Unser Gespräch lenke sich auf angenehme Gegenstände. – Liebst du, Pheron?
 
Halt ein! –
Glaubte ich nicht deinen Worten, so würde ich
eben so wenig deinen Schwüren trauen. Wer
das Verbrechen nicht scheut, den schreckt auch
kein Zorn der Götter. – Nichts mehr davon!
Unser Gespräch lenke sich auf angenehme Gegen=
stände. – Liebst du, Pheron?
Pheron
 
Pheron.
(betroffen)
 
(betroffen)
Ob ich liebe?
 
Ob ich liebe?
Thamos
 
Thamos.
Beantworte meine Frage!
 
Beantworte meine Frage!
Pheron
 
Pheron.
Was soll ich dir sagen?
 
Was soll ich dir sagen?
Thamos
 
Thamos.
Das, was Mirza weiß und du mir verbirgst.
 
Das, was Mirza weiß, und Du
mir verbirgst.
Pheron
 
Pheron.
Mirza! – der ich nichts entdeckte?
 
Mirza! – der ich nichts entdeckte?
Thamos
 
Thamos.
Konnte sie es nicht selbst wahrnehmen? – Du siehst mit mir die edlen Töchter Ägyptens. Hat keine auf Pherons Herz einen Eindruck gemacht?
 
Konnte sie es nicht selbst wahr=
nehmen? – Du siehst mit mir die edlen Töchter
Egyptens. Hat keine auf Pherons Herz einen
Eindruck gemacht?
Pheron
 
Pheron.
Des Knechts Auge erkühnt sich nicht, dorthin verwegene Blicke zu werfen, wo er seines Herrn Wahl erwartet. Doch wenn Pheron sich nicht irrt, so ist sie schon getroffen. Die glückliche Myris –
 
Des Knechts Auge erkühnt sich
nicht, dorthin verwegene Blicke zu werfen, wo
er seines Herrn Wahl erwartet. Doch, wenn
Pheron sich nicht irrt, so ist sie schon getroffen.
Die glückliche Myris –
Thamos
 
Thamos.
(fällt ihm in die Rede)
 
(fällt ihm in die Rede)
Ich verstehe dich. Wenn ich also die Myris wählte, so würdest du mich um die Sais bitten?
 
Ich verstehe
Fdich. Wenn ich also die Myris wählte, so wür=
dest Du mich um die Sais bitten?
Pheron
 
Pheron.
Ich sagte schon, dass mein Auge –
 
Ich sagte schon, daß mein Auge –
Thamos
 
Thamos.
Genug! – Glaubst du, von der Sais geliebt zu sein?
 
Genug! – Glaubst Du von der
Sais geliebt zu seyn?
Pheron
 
Pheron.
Wenn ich nie mit ihr von Liebe sprach!
 
Wenn ich nie mit ihr von Liebe
sprach!
Thamos
 
Thamos.
Höre, Pheron! wenn sie dich liebt, so soll sie dir zuteilwerden.
 
Höre, Pheron! wenn sie dich liebt,
so soll sie dir zu Theil werden.
Pheron
 
Pheron.
(verwirrt)
 
(verwirrt)
Herr! – wie kann ich –
 
Herr! – Wie kann
ich –
Thamos
 
Thamos.
(reicht ihm die Hand)
 
(reicht ihm die Hand)
Keine Danksagung! Thamos ist dein Freund. Er hält dich für seinen. – Hast du schon alle Anstalten zur Erhaltung der Ruhe getroffen?
 
Keine Dank=
sagung! Thamos ist dein Freund. Er hält dich
für seinen. – Hast Du schon alle Anstalten
zur Erhaltung der Ruhe getroffen?
Pheron
 
Pheron.
Ja, Herr! Die Wachten unter den Toren sind verstärket. Auf den Plätzen versammeln sich die Scharen des Kriegsvolks.
 
Ja, Herr! Die Wachten unter den
Thoren sind verstärket. Auf den Plätzen ver=
sammeln sich die Schaaren des Kriegsvolks.
Thamos
 
Thamos.
Welcher kränkende Schmerz! An dem Tage, wo Thamos sich ganz Ägyptens Wohl weihet, empören Ägyptier sich gegen ihn!
 
Welcher kränkende Schmerz! An
dem Tage, wo Thamos sich ganz Egyptens Wohl
weihet, empören Egyptier sich gegen ihn!
Pheron
 
Pheron.
Die Undankbaren werden in sich gehen oder dieser Arm wird sie bestrafen.
 
Die Undankbaren werden in sich
gehen, oder dieser Arm wird sie bestrafen.
Thamos
 
Thamos.
Ihr Götter! eher einem andern Ägyptens Szepter, als dass ihn in meiner Hand Bürgerblut bespritze!
 
Ihr Götter! eher einem andern
Egyptens Scepter, als daß ihn in meiner Hand
Bürgerblut bespritze!
(geht in den Palast zurück)
 
(geht in den Pallast zurück.)
Zweiter Auftritt
 
FZweyter Auftritt.
Pheron allein.
 
Pheron allein.
 
 
 
Schwacher! wie wenig kennst du den Wert des Herrschens! – Thron, durch Schwert erkämpft oder von den Händen des Volks aufgebauet, bleibt immer Thron. (nach einer Pause) Jetzt wage ich bei dem Sethos einen Versuch. – Vorher mit der Mirza. –
 
Schwacher! wie wenig kennst Du den Werth
des Herrschens! – Thron, durch Schwerdt
erkämpft, oder von den Händen des Volks auf=
gebauet, bleibt immer Thron. (nach einer Pause)
Jetzt wage ich bey dem Sethos einen Versuch.
– Vorher mit der Mirza. –
 
 
 
 
 
 
(Er will gegen die Türe zugehen, die in das Haus der Sonnenjungfrauen führt, wird aber den Sethos gewahr und bleibt.)
 
(Er will gegen die Thüre zugehen, die in das
Haus der Sonnenjungfrauen führt, wird
aber den Sethos gewahr und bleibt.)
 
 
 
Dritter Auftritt
 
Dritter Auftritt.
Pheron. Sethos von hinten hervor, wo der Eingang zu den Wohnungen der Priester ist.
 
Pheron. Sethos von hinten hervor, wo
der Eingang zu den Wohnungen der Prie=
ster ist.
Sethos
 
Sethos.
Du allein, Pheron? Man sagte mir, auch der König sei da.
 
Du allein, Pheron? Man sagte
mir, auch der König sey da.
Pheron
 
Pheron.
Eben ist er in den Palast zurückgegangen. Ich blieb, um dir etwas zu entdecken.
 
Eben ist er in den Pallast zurück
gegangen. Ich blieb, um dir etwas zu ent=
decken.
Sethos
 
Sethos.
Was?
 
Was?
Pheron
 
Pheron.
Ein Geheimnis, dass dich in Verwunderung setzen und entzücken wird. – Du warst stets ein Verehrer des Menes.
 
Ein Geheimniß, daß dich in Ver=
wunderung setzen und entzücken wird. – Du
warst stets ein Verehrer des Menes.
Sethos
 
FSethos.
Sein Andenken konnte von mir nicht vergessen werden.
 
Sein Andenken konnte von mir
nicht vergessen werden.
Pheron
 
Pheron.
Tharsis, seine einzige Tochter, wird auch für tot gehalten.
 
Tharsis, seine einzige Tochter, wird
auch für todt gehalten.
Sethos
 
Sethos.
In der Nacht, als Ramesses durch Verräterei die Sonnenstadt einnahm, ward sie wütenden Flammen zur Beute.
 
In der Nacht, als Ramesses durch
Verrätherey die Sonnenstadt einnahm, ward
sie wütenden Flammen zur Beute.
Pheron
 
Pheron.
Wenn sie gerettet worden wäre?
 
Wenn sie gerettet worden wäre?
Sethos
 
Sethos.
Glaubst du den Ausstreuungen der Aufrührer?
 
Glaubst Du den Ausstreuungen der
Aufrührer?
Pheron
 
Pheron.
Keine Ausstreuungen. Wahrheit.
 
Keine Ausstreuungen. Wahrheit.
Sethos
 
Sethos.
(mit Empfindung)
 
(mit Empfindung)
Wie! Tharsis lebte? Menes hätte noch eine Tochter? – Du träumest, Pheron! Oder du bist selbst der Erfinder des Gerüchts.
 
Wie! Tharsis lebte?
Menes hätte noch eine Tochter? – Du träu=
mest, Pheron! oder Du bist selbst der Erfinder
des Gerüchts.
Pheron
 
Pheron.
Nicht der Erfinder einer falschen Zeitung, aber derjenige, der die Tochter des Menes auf den väterlichen Thron setzen will. – Tharsis lebt. Diese Mauern schließen sie ein.
 
Nicht der Erfinder einer falschen
Zeitung; aber derjenige, der die Tochter des
Menes auf den väterlichen Thron setzen will. –
Tharsis lebt. Diese Mauern schließen sie ein.
(auf das Haus der Sonnenjungfrauen zeigend)
 
(auf das Haus der Sonnenjungfrauen zeigend.)
Sethos
 
Sethos.
(freudig)
 
(freudig)
Diese Mauern? Das Haus der heiligen Jungfrauen? – Ach, Pheron! nenne, zeige sie mir!
 
Diese Mauern? Das
Haus der heiligen Jungfrauen? – Ach, Phe=
ron! nenne, zeige sie mir!
 
 
 
Pheron
 
Pheron.
Sais.
 
Sais.
Sethos
 
Sethos.
Was sagst du, Sais? (nachdenkend) Sais! – Ja, sie ist es. Längst empfand ich eine geheime Ahndung. Längst bemerkte ich bei ihr Züge, die mich rührten; Züge der göttlichen Nikoris. Aber, Pheron! noch kann ich der Freude mich nicht überlassen. Wie ist's möglich? Wer entriss sie den Flammen?
 
Was sagst Du, Sais? (nachdenkend)
Sais! – Ja sie ist es. Längst empfand ich ei=
Fne geheime Ahndung. Längst bemerkte ich bey
ihr Züge, die mich rührten; Züge der göttlichen
Nikoris. Aber, Pheron! noch kann ich der Freu=
de mich nicht überlassen. Wie ists möglich?
Wer entriß sie den Flammen?
 
 
 
 
 
 
Pheron
 
Pheron.
Als das Feuer überhandnahm, stürzte sich die Wärterin der Prinzessin mit dem Kinde hinab in den Garten. Sie selbst bezahlte ihre Treue mit dem Leben, aber Tharsis ward erhalten. Ein feindlicher Soldat empfing das Kind von der Sterbenden und brachte es dem Ramesses. Ramesses befahl dem Soldaten zu schweigen und ließ ihn bald darauf umbringen. Die Prinzessin übergab er der Mirza. Unter dem Namen der Tochter eines Kriegsobersten wurde Tharsis bei den Sonnenjungfrauen erzogen. Ramesses hatte sie für den Thamos bestimmt. Er starb aber, ehe er seinen Vorsatz ausführen konnte. – Forderst du Beweise? Mirza hat sie in Händen, auch das Kleinod, das Tharsis bei ihrer Rettung am Halse trug.
 
Als das Feuer überhand nahm,
stürzte sich die Wärterin der Prinzeßin mit dem Kinde hinab in den Garten. Sie selbst bezahlte
ihre Treue mit dem Leben, aber Tharsis ward
erhalten. Ein feindlicher Soldat empfieng das
Kind von der Sterbenden und brachte es dem
Ramesses. Ramesses befahl dem Soldaten zu
schweigen, und ließ ihn bald darauf umbringen.
Die Prinzeßin übergab er der Mirza. Unter
dem Namen der Tochter eines Kriegsobersten,
wurde Tharsis bey den Sonnenjungfrauen er=
zogen. Ramesses hatte sie für den Thamos be=
stimmt. Er starb aber, ehe er seinen Vorsatz
ausführen konnte. – Forderst Du Beweise? Mirza hat sie in Händen, auch das Kleinod, das
Tharsis bey ihrer Rettung am Halse trug.
Sethos
 
Sethos.
(voll freudiger Empfindung)
 
(voll freudiger Empfindung)
Ihr Götter! so ist es Wahrheit! So werden diese Augen sie noch sehen, die Tochter der Nikoris sehen! – Ach, Pheron! mit welcher Wonne erfüllst du mein Herz!
 
Ihr
Götter! so ist es Wahrheit! so werden diese Au=
gen sie noch sehen, die Tochter der Nikoris se=
hen! – Ach, Pheron! mit welcher Wonne er=
füllst Du mein Herz!
Pheron
 
Pheron.
Sagte ich nicht, dass die Nachricht dich entzücken würde? Ich kannte deinen Eifer für das Haus des Menes.
 
Sagte ich nicht, daß die Nachricht
Fdich entzücken würde? Ich kannte deinen Eifer
für das Haus des Menes.
Sethos
 
Sethos.
(sucht wegen der Betrachtungen, die sich ihm darstellen, den Ausbruch seiner Freude zu mäßigen)
 
(sucht wegen der Betrachtungen, die
sich ihm darstellen, den Ausbruch seiner Freude zu
mäßigen)
Wann hat dir Mirza die Geburt der Sais entdeckt?
 
Wann hat dir Mirza die Geburt der
Sais entdeckt?
Pheron
 
Pheron.
Erst vor sechs oder sieben Monden, als unser Heer gegen die Nubier zu Felde zog.
 
Erst vor sechs oder sieben Monden;
als unser Heer gegen die Nubier zu Felde zog.
Sethos
 
Sethos.
Und Sais! Weiß auch sie schon, wer sie ist?
 
Und Sais! weiß auch sie schon,
wer sie ist?
Pheron
 
Pheron.
Nein, aber bald wird sie es erfahren. – Jetzt, Sethos! enthüllt sich deinen Augen das Geheimnis der angeschlagenen Zettel und der Bewegungen in den Provinzen. Noch heute wird die Tochter des Menes auf den Thron ihrer Väter steigen. Du, Sethos! sollst dazu helfen. Wirst du es tun?
 
Nein, aber bald wird sie es erfah=
ren. – Jetzt, Sethos! enthüllt sich deinen
Augen das Geheimniß der angeschlagenen Zet=
tel, und der Bewegungen in den Provinzen.
Noch heute wird die Tochter des Menes auf den
Thron ihrer Väter steigen. Du, Sethos!
sollst dazu helfen. Wirst Du es thun?
Sethos
 
Sethos.
Ja, Pheron! Tharsis soll Ägyptens Königin werden. – Doch warum offenbartest du mir die Sache nicht früher! War es Misstrauen?
 
Ja, Pheron! Tharsis soll Egyptens
Königin werden. – Doch warum offenbartest
Du mir die Sache nicht früher! War es Miß=
trauen?
Pheron
 
Pheron.
Nicht in dich. Deine Freundschaft mit dem Phanes hielt mich zurück. Dieser durfte vor der Zeit nichts erfahren. Jetzt ist er, ist Thamos selbst zu schwach, das Unternehmen zu hindern. Doch besser ist's, dass ihnen die Sache bis auf den Augenblick der Ausführung verborgen bleibe. – Wenn dann diesen Abend Sais als Tharsis erscheint, wenn du, Mirza und ich bekräftigen, dass sie die Tochter des Menes sei, so werden beide, vom Erstaunen betäubt, an keinen Widerstand denken; und wagten sie es, sich umringt in unsrer Gewalt sehen.
 
Nicht in dich. Deine Freundschaft
mit dem Phanes hielt mich zurück. Dieser
durfte vor der Zeit nichts erfahren. Jetzt ist er,
ist Thamos selbst, zu schwach, das Unternehmen zu
hindern. Doch besser ists, daß ihnen die Sa=
Fche bis auf den Augenblick der Ausführung ver=
borgen bleibe. – Wenn dann diesen Abend Sais
als Tharsis erscheint; wenn Du, Mirza und ich,
bekräftigen, daß sie die Tochter des Menes sey;
so werden beyde, vom Erstaunen betäubt, an kei=
nen Widerstand denken; und wagten sie es, sich
umringt in unsrer Gewalt sehen.
Sethos
 
Sethos.
Misstrauen in den Phanes! – Du weißt doch, wie eifrig er dem Menes anhing; dass er nicht eher als nach erschollener Zeitung von seinem Tode sich dem Ramesses unterwarf; dass er stets ein öffentlicher Verehrer des Menes blieb!
 
Mißtrauen in den Phanes! –
Du weißt doch, wie eifrig er dem Menes an=
hieng; daß er nicht eher, als nach erschollener
Zeitung von seinem Todte sich dem Ramesses un=
terwarf; daß er stets ein öffentli=
cher Verehrer des Menes blieb!
Pheron
 
Pheron.
Dies alles weiß ich, doch Phanes ist nicht mein Freund.
 
Dies alles weiß ich, doch Phanes
ist nicht mein Freund.
Sethos
 
Sethos.
Wird er darum weniger die Tochter des Menes beschützen?
 
Wird er darum weniger die Toch=
ter des Menes beschützen?
Pheron
 
Pheron.
(schnell)
 
(schnell)
Sich aber ihrer Verbindung mit mir widersetzen.
 
Sich aber ihrer Verbin=
dung mit mir widersetzen.
Sethos
 
Sethos.
Liebt dich Sais?
 
Liebt dich Sais?
Pheron
 
Pheron.
Wenn auch ihr Herz nichts empfände, so kann doch Pheron alles von der Dankbarkeit hoffen. – Du siehst, Sethos! das Vertrauen, das Mirza und ich in dich setzen. Sie wartet hier in dem Gange. Auf ein Zeichen von mir erscheint sie.
 
Wenn auch ihr Herz nichts empfän=
de, so kann doch Pheron alles von der Dankbar=
keit hoffen. – Du siehst, Sethos! das Ver=
trauen, das Mirza und ich in dich setzen. Sie
wartet hier in dem Gange. Auf ein Zeichen
von mir erscheint sie.
(Pheron geht auf der Seite ab, wo das Haus der Sonnenjungfrauen ist.)
 
(Pheron geht auf der Seite ab, wo das Haus
der Sonnenjungfrauen ist.)
Vierter Auftritt
 
FVierter Auftritt.
Sethos allein.
 
Sethos allein.
Welcher Tag! – für mich, für Ägypten! – Euren Beistand, ihr Götter! – Eher verliere Menes zum zweiten Mal seine Tochter, als dass ein Treuloser durch sie herrsche!
 
Welcher Tag! – für mich, für Egypten!
– Euren Beystand, ihr Götter! – Eher ver=
liere Menes zum zweytenmal seine Tochter, als
daß ein Treuloser durch sie herrsche!
Fünfter Auftritt
 
Fünfter Auftritt.
Sethos. Pheron. Mirza.
 
Sethos. Pheron. Mirza.
Mirza
 
Mirza.
(hat ein zusammengerolltes Pergament, Briefe und ein Halskleinod in den Händen)
 
(hat ein zusammengerolltes Pergament,
Briefe und ein Halskleinod in den Händen)
Hier sind die Beweise, von denen du gehört hast! das goldene Bildnis der Göttin Isis, das Tharsis bei ihrer Rettung am Halse trug! die Aussage des Soldaten, der das Kind von der sterbenden Wärterin empfing, durch einen Geheimschreiber des Ramesses aufgezeichnet und von dem Ramesses selbst bekräftiget! Befehle des Ramesses, an mich erlassen.
 
Hier
sind die Beweise, von denen Du gehört hast!
das goldene Bildniß der Göttin Isis, das Thar=
sis bey ihrer Rettung am Halse trug! die Aus=
sage des Soldaten, der das Kind von der ster=
benden Wärterin empfieng, durch einen Ge=
heimschreiber des Ramesses aufgezeichnet, und
von dem Ramesses selbst bekräftiget! Befehle
des Ramesses, an mich erlassen.
Sethos
 
Sethos.
(greift begierig nach dem Kleinod und küsst es)
 
(greift begierig nach dem Kleinod und
küßt es)
Ja! ich kenne das Kleinod, die heiligen Zeichen, die Nikoris, (seufzend) der Königinnen frömmste! darauf stechen ließ. (Er entrollt das Pergament, hernach einige der Briefe.) Auch das Übrige so, wie du sagst. – Kein Zweifel! Sais ist die Prinzessin. Ich selbst will es vor dem Volke bestätigen.
 
Ja! Ich kenne das Kleinod, die heili=
gen Zeichen, die Nikoris, (seufzend) der Köni=
ginnen frömmste! darauf stechen ließ. (er entrollt
Fdas Pergament, hernach einige der Briefe)
Auch
das Uebrige so, wie Du sagst. – Kein Zweifel!
Sais ist die Prinzeßinn. Ich selbst will es vor
dem Volke bestätigen.
Mirza
 
Mirza.
Dürfen wir dem Freunde des Thamos trauen?
 
Dürfen wir dem Freunde des Tha=
mos trauen?
Sethos
 
Sethos.
Weicht nicht Thamos selbst der Tochter des Menes, so ist er meiner Freundschaft unwürdig.
 
Weicht nicht Thamos selbst der
Tochter des Menes, so ist er meiner Freund=
schaft unwürdig.
Pheron
 
Pheron.
Aber meine Absichten!
 
Aber meine Absichten!
Sethos
 
Sethos.
Ägyptens Gesetze binden die Wahl der Königinnen an einen der Fürsten ihres Stamms. Du bist ein Sprosse unsrer Könige. Reicht Tharsis dir die Hand, so beugt sich alles zu deinen Füßen.
 
Egyptens Gesetze binden die Wahl
der Königinnen an einen der Fürsten ihres
Stamms. Du bist ein Sprosse unsrer Köni=
ge. Reicht Tharsis dir die Hand, so beugt sich
alles zu deinen Füssen.
Pheron
 
Pheron.
Wer mir widersteht, der zittere! Das Kriegsheer ist auf meiner Seite. Keine Gegend Ägyptens, wo nicht meine Anhänger sich bereit halten. Die Hauptstadt gibt das Zeichen, und alles greift zu den Waffen.
 
Wer mir widersteht, der zittere!
Das Kriegsheer ist auf meiner Seite. Kei=
ne Gegend Egyptens, wo nicht meine Anhän=
ger sich bereit halten. Die Hauptstadt giebt das
Zeichen, und alles greift zu den Waffen.
Sethos
 
Sethos.
Die Tochter des Menes bedarf ihrer nicht. Ich gehe jetzt, um die Vertrautesten meiner Priester zu der großen Begebenheit vorzubereiten.
 
Die Tochter des Menes bedarf ih=
rer nicht. Ich gehe jetzt, um die Vertrautesten
meiner Priester zu der großen Begebenheit vor=
zubereiten.
Mirza
 
Mirza.
Wir verlassen uns auf dich, Sethos! Bleibst du getreu, so fordere alle Belohnungen, die du willst.
 
Wir verlassen uns auf dich, Sethos!
Bleibst Du getreu, so fordere alle Belohnun=
gen, die Du willst.
Pheron
 
FPheron.
Wirst du zum Verräter, so zittere für dich und für deine Freunde!
 
Wirst Du zum Verräther, so zit=
tere für dich und für deine Freunde!
Sethos
 
Sethos.
Sethos fürchtet keine Drohungen. Er erfüllt aber, was er verspricht.
 
Sethos fürchtet keine Drohungen.
Er erfüllt aber, was er verspricht.
Sechster Auftritt
 
Sechster Auftritt.
Pheron. Mirza.
 
Pheron. Mirza.
Mirza
 
Mirza.
Wir können ihm trauen. Der eifrigste Anhänger des Menes! Zwar auch des Thamos und des Phanes Freund. Doch um sie nicht in Gefahr zu setzen, wird er schweigen.
 
Wir können ihm trauen. Der eifrig=
ste Anhänger des Menes! Zwar auch des Tha=
mos und des Phanes Freund. Doch, um sie
nicht in Gefahr zu setzen, wird er schweigen.
Pheron
 
Pheron.
Vergebliche Vorsicht! Beide, er selbst, werden Opfer meiner Sicherheit.
 
Vergebliche Vorsicht! Beyde, er
selbst, werden Opfer meiner Sicherheit.
Mirza
 
Mirza.
Des Sethos schone! Das Volk verehret ihn. Es glaubt, die Götter reden durch seinen Mund. Aber Phanes und Thamos müssen aus dem Wege. – Thamos ist dein Nebenbuhler.
 
Des Sethos schone! Das Volk ver=
ehret ihn. Es glaubt, die Götter reden durch
seinen Mund. Aber Phanes und Thamos müs=
sen aus dem Wege. – Thamos ist dein Ne=
benbuhler.
Pheron
 
Pheron.
Er, welcher glaubt, mich liebe Sais?
 
Er, welcher glaubt, mich liebe Sais?
Mirza
 
Mirza.
Dieser Wahn ist eine Wirkung meiner List. Zwar geradezu sagte ich es ihm nicht. Nur als eine Vermutung brachte ich die Sache vor. Er trug mir auf, der Sais Gesinnungen zu erforschen.
 
Dieser Wahn ist eine Wirkung mei=
ner List. Zwar geradezu sagte ich es ihm nicht.
Nur als eine Vermuthung brachte ich die Sa=
che vor. Er trug mir auf, der Sais Gesinnun=
gen zu erforschen.
Pheron
 
Pheron.
Kennst du sie?
 
Kennst Du sie?
Mirza
 
FMirza.
Sais liebt den Thamos.
 
Sais liebt den Thamos.
Pheron
 
Pheron.
Entsetzlicher Streich!
 
Entsetzlicher Streich!
Mirza
 
Mirza.
Beruhige dich. Sais empfand bloß Gegenneigung, weil sie den Thamos für ihren Anbeter hielte. Vielleicht blendete sie auch der Schimmer des Diadems! – Jetzt, da man sie beredet hat, des Thamos Wahl sei auf eine andere, auf ihre Freundin Myris, gefallen, wird sich ihre Liebe bald in Hass verwandeln, die Abneigung, die ich ihr gegen des Ramesses Haus einflößte, wieder erwachen.
 
Beruhige dich. Sais empfand
blos Gegenneigung, weil sie den Thamos für
ihren Anbeter hielte. Vielleicht blendete sie
auch der Schimmer des Diadems! – Jetzt,
da man sie beredet hat, des Thamos Wahl sey
auf eine andere, auf ihre Freundin Myris, ge=
fallen, wird sich ihre Liebe bald in Haß verwan=
deln, die Abneigung, die ich ihr gegen des Ra=
messes Haus einflößte, wieder erwachen.
Pheron
 
Pheron.
Bestärke sie darinne, ich beschwöre dich. Entdecke ihr ihre Geburt, kein Augenblick werde versäumt!
 
Bestärke sie darinne, ich beschwöre
dich. Entdecke ihr ihre Geburt, kein Augen=
blick werde versäumt!
Mirza
 
Mirza.
Sie erwartet meiner an der innern Türe. Ich rufe sie hieher. Verbirg dich. (Pheron tut es und Mirza ruft der Sais.) Sais!
 
Sie erwartet meiner an der innern
Thüre. Ich rufe sie hieher. Verbirg dich.
(Pheron thut es, und Mirza ruft der Sais.)
Sais!
 
 
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
Mirza. Sais.
 
Mirza. Sais.
Sais
 
Sais.
Was befiehlt Mirza?
 
Was befiehlt Mirza?
Mirza
 
Mirza.
Ich habe mit dir von großen Dingen zu sprechen. Der heutige Tag entscheidet dein und unser aller Schicksal. Du weißt, Sais! dass ich dir stets geneigt war und dass ich dich allen deinen Gespielinnen vorzog. Jetzt wirst du die Ursache vernehmen.
 
Ich habe mit dir von großen Din=
gen zu sprechen. Der heutige Tag entscheidet
dein und unser aller Schicksal. Du weißt,
FSais! daß ich dir stets geneigt war, und daß
ich dich allen deinen Gespielinnen vorzog. Jetzt
wirst Du die Ursache vernehmen.
Sais
 
Sais.
Welche es immer sei, deine Gesinnungen wurden von mir durch gleiche vergolten.
 
Welche es immer sey, deine Gesin=
nungen wurden von mir durch gleiche vergolten.
Mirza
 
Mirza.
(betrachtet sie)
 
(betrachtet sie)
Wie kann Thamos Vorzüge verkennen, die beim ersten Anblicke dich zum Throne bestimmen!
 
Wie kann Thamos
Vorzüge verkennen, die beym ersten Anblicke
dich zum Throne bestimmen!
Sais
 
Sais.
(sucht ihre Verwirrung zu verbergen)
 
(sucht ihre Verwirrung zu verbergen)
Sais, wenn sie auch alle die Vorzüge besäße, womit deine Freundschaft ihr schmeichelt, würde nie ihre Augen so hoch erheben.
 
Sais, wenn sie auch alle die Vorzüge besäße,
womit deine Freundschaft ihr schmeichelt, würde
nie ihre Augen so hoch erheben.
Mirza
 
Mirza.
Lange Zeit hat er mich betrogen. Seine Aufmerksamkeit schien ganz auf dich gerichtet, sein Herz von dir gefesselt zu sein. Du selbst, ist es nicht wahr? urteiltest ebenso. – Und jetzt wählt er die Myris!
 
Lange Zeit hat er mich betrogen. Sei=
ne Aufmerksamkeit schien ganz auf dich gerichtet,
sein Herz von dir gefesselt zu seyn. Du selbst,
ist es nicht wahr? urtheiltest eben so. – Und
jetzt wählt er die Myris!
Sais
 
Sais.
Meine Freundin ist des Thrones würdig.
 
Meine Freundin ist des Thrones
würdig.
Mirza
 
Mirza.
Auch für dich hat Thamos gewählt.
 
Auch für dich hat Thamos gewählt.
Sais
 
Sais.
Für mich?
 
Für mich?
Mirza
 
Mirza.
Er will dich dem Pheron geben.
 
Er will dich dem Pheron geben.
Sais
 
Sais.
(schnell)
 
(schnell)
Sag ihm, ich begehre von ihm nichts anders, als dass er mir meine Freiheit lasse.
 
Sag ihm, ich begehre von
ihm nichts anders, als daß er mir meine Freyheit
lasse.
Mirza
 
Mirza.
So gering wird Pheron von dir geschätzt?
 
So gering wird Pheron von dir ge=
schätzt?
Sais
 
FSais.
Nein! ich verehre den Neffen der Mirza.
 
Nein! ich verehre den Neffen der
Mirza.
Mirza
 
Mirza.
Höre mich, Sais! Vernimm ein Geheimnis, an dessen Bewahrung Ägyptens Wohl hängt und das nur ich, Pheron und Sethos wissen. Zwar diesen Abend wird alles kund werden: aber bis dahin verschließe es in deiner Brust. Dich selbst geht die Sache an. Schwöre bei der Sonne, dass du es nicht entdecken willst.
 
Höre mich, Sais! Vernimm ein
Geheimniß, an dessen Bewahrung Egyptens
Wohl hängt, und das nur ich, Pheron und Se=
thos wissen. Zwar diesen Abend wird alles
kund werden: aber bis dahin verschliesse es in
deiner Brust. Dich selbst geht die Sache an.
Schwöre bey der Sonne, daß Du es nicht ent=
decken willst.
Sais
 
Sais.
(die Hand ausstreckend)
 
(die Hand ausstreckend)
Für Ägyptens Wohl schwöre ich.
 
Für Egyptens
Wohl schwöre ich.
Mirza
 
Mirza.
Gut, Sais! Bald wirst du von mir einen andern Namen empfangen. – Das Andenken unsers großen Menes war dir allzeit wert?
 
Gut, Sais! bald wirst Du von mir
einen andern Namen empfangen. – Das Anden=
ken unsers großen Menes war dir allzeit werth?
Sais
 
Sais.
(mit Empfindung)
 
(mit Empfindung)
Teuer, verehrungswürdig, gleich der Erinnerung an eine wohltätige Gottheit! Hätte ich auch nicht das Lob des besten Königs jeden Tag aus deinem Munde gehört, so würde ganz Ägypten mir es entgegengetönt haben. Nie erscholl in meinen Ohren der Name Menes, wo er mir nicht in die Seele drang, wo ich nicht Regungen empfand, deren Ursache ich selbst nicht begreife.
 
Theuer, vereh=
rungswürdig, gleich der Erinnerung an eine
wohlthätige Gottheit! Hätte ich auch nicht das
Lob des besten Königs jeden Tag aus deinem
Munde gehört, so würde ganz Egypten mir es
entgegengetönt haben. Nie erscholl in meinen
Ohren der Name Menes, wo er mir nicht in
die Seele drang, wo ich nicht Regungen em=
pfand, deren Ursache ich selbst nicht begreife.
Mirza
 
Mirza.
Jetzt wird sie sich dir aufklären. Du weißt, dass auch Tharsis, des Menes Tochter, für tot gehalten wird.
 
Jetzt wird sie sich dir aufklären. Du
weißt, daß auch Tharsis, des Menes Tochter,
für todt gehalten wird.
Sais
 
FSais.
Sie kam in den Flammen um.
 
Sie kam in den Flammen um.
Mirza
 
Mirza.
Nein, die Götter haben sie erhalten. Tharsis, Ägyptens rechtmäßige Königin, lebt noch.
 
Nein, die Götter haben sie erhalten.
Tharsis, Egyptens rechtmäßige Königin, lebt
noch.
Sais
 
Sais.
(lebhaft)
 
(lebhaft)
Was sagst du? Wo ist sie?
 
Was sagst Du? Wo ist sie?
Mirza
 
Mirza.
Hier vor meinen Augen; du!
 
Hier vor meinen Augen; Du!
Sais
 
Sais.
(äußerst erstaunt)
 
(äußerst erstaunt)
Ich! – die Tochter des Menes!
 
Ich! – Die Toch=
ter des Menes!
Mirza
 
Mirza.
Ja, du bist es! Noch heute wird dich Ägypten dafür erkennen.
 
Ja, Du bist es! Noch heute wird
dich Egypten dafür erkennen.
Sais
 
Sais.
Unglaublich, unmöglich! – Wo sind die Beweise meiner Geburt, meiner Erhaltung?
 
Unglaublich, unmöglich! – Wo
sind die Beweise meiner Geburt, meiner Er=
haltung?
Mirza
 
Mirza.
Man wird sie diesen Abend den Fürsten und dem Volke vorlegen. Sethos, der Oberpriester, wird alles bekräftigen.
 
Man wird sie diesen Abend den Für=
sten und dem Volke vorlegen. Sethos, der
Oberpriester, wird alles bekräftigen.
Sais
 
Sais.
Auch er kannte mich! – Ich bin außer mir. – O Menes! göttlicher Menes! den ich den Unsterblichen gleich verehrte, du mein Vater!
 
Auch er kannte mich! – Ich bin
außer mir. – O Menes! göttlicher Menes!
den ich den Unsterblichen gleich verehrte, Du
mein Vater!
Mirza
 
Mirza.
Zweifle nicht. Du wirst seinen Thron besteigen, Pheron erhebt dich darauf.
 
Zweifle nicht. Du wirst seinen
Thron besteigen, Pheron erhebt dich darauf.
(Pheron tritt hervor.)
 
(Pheron tritt hervor.)
Achter Auftritt
 
FAchter Auftritt.
Die Vorigen. Pheron.
 
Die Vorigen. Pheron.
Pheron
 
Pheron.
Ja, Sais! Pheron tut es. Er wagte viel, er wagte sein Leben. Doch jetzt hat er nichts mehr zu fürchten. Thamos ist in seiner Gewalt, sobald er will.
 
Ja, Sais! Pheron thut es. Er
wagte viel, er wagte sein Leben. Doch jetzt hat
er nichts mehr zu fürchten. Thamos ist in sei=
ner Gewalt, so bald er will.
 
 
 
 
Sais
 
Sais.
Unglücklicher Thamos!
 
Unglücklicher Thamos!
Mirza
 
Mirza.
Du bedauerst den Feind deines Hauses?
 
Du bedauerst den Feind deines Hau=
ses?
Sais
 
Sais.
Sein Vater war es, er nie.
 
Sein Vater war es, er nie.
Mirza
 
Mirza.
Könntest du wohl gar ihm deine Hand reichen? Noch heute wird das Volk von dir einen Gemahl fordern.
 
Könntest Du wohl gar ihm deine
Hand reichen? Noch heute wird das Volk von
dir einen Gemahl fordern.
Sais
 
Sais.
Nein, Mirza! Wer die Sais nicht als Sais wählte, den wählt auch sie als Tharsis nicht.
 
Nein, Mirza! Wer die Sais nicht
als Sais wählte, den wählt auch sie als Thar=
sis nicht.
Pheron
 
Pheron.
Darf also Pheron hoffen?
 
Darf also Pheron hoffen?
Mirza
 
Mirza.
Ja, er darf. – Ich antworte für die Tochter des Menes. Dem, der alles für sie tut, sollte sie einen andern vorziehen?
 
Ja, er darf. – Ich antworte für
die Tochter des Menes. Dem, der alles für
sie thut, sollte sie einen andern vorziehen.
Sais
 
Sais.
Ich erkenne, Pheron! was ich dir schuldig bin. Doch du siehst meine Verwirrung. Vor einigen Augenblicken noch Sais; jetzt Tharsis, die Erbin des Reichs! Lass mich zu mir selbst kommen!
 
Ich erkenne, Pheron! was ich dir
schuldig bin. Doch Du siehst meine Verwir=
rung. Vor einigen Augenblicken noch Sais;
jetzt Tharsis, die Erbin des Reichs! Laß mich
zu mir selbst kommen!
Mirza
 
FMirza.
Deine Wahl ist auf einen unsrer Fürsten beschränkt. Auf wen sonst kann sie fallen?
 
Deine Wahl ist auf einen unsrer
Fürsten beschränkt. Auf wen sonst kann sie
fallen?
Pheron
 
Pheron.
Was hält dich noch zurück?
 
Was hält dich noch zurück?
Sais
 
Sais.
Lasset mir einige Zeit!
 
Lasset mir einige Zeit!
Mirza
 
Mirza.
Du musst dich jetzt erklären.
 
Du mußt dich jetzt erklären.
Sais
 
Sais.
Ihr dringt zu stark in mich.
 
Ihr dringt zu stark in mich.
Mirza
 
Mirza.
Wir müssen deinen Entschluss wissen.
 
Wir müssen deinen Entschluß wissen.
Sais
 
Sais.
(mit Würde)
 
(mit Würde)
Bin ich, wie ihr sagt, Tharsis, bin ich eure Königin, so erwartet ihn.
 
Bin ich, wie ihr sagt,
Tharsis, bin ich eure Königin, so erwartet ihn.
(geht zurück)
 
(geht zurück.)
Neunter Auftritt
 
Neunter Auftritt.
Pheron. Mirza.
 
Pheron. Mirza.
(beide betroffen, schweigen einige Augenblicke)
 
(Beyde betroffen, schweigen einige Augenblicke.)
Mirza
 
Mirza.
Schon gebeut sie!
 
Schon gebeut sie!
Pheron
 
Pheron.
Du warst zu heftig. Wenn sie jetzt den Thamos vorzöge!
 
Du warst zu heftig. Wenn sie
jetzt den Thamos vorzöge!
Mirza
 
Mirza.
Nein, das lässt ihr Stolz nicht zu. Ihn, der eine andere liebt?
 
Nein, das läßt ihr Stolz nicht zu.
Ihn, der eine andere liebt?
Pheron
 
Pheron.
Der Betrug kann entdeckt werden.
 
Der Betrug kann entdeckt werden.
Mirza
 
Mirza.
In so kurzer Zeit? Sei unbesorgt!
 
In so kurzer Zeit? Sey unbesorgt!
Pheron
 
Pheron.
Thamos trug dir auf, der Sais Gesinnungen zu erforschen. Er wird kommen, Nachricht einzuholen. Was wirst du ihm sagen?
 
Thamos trug dir auf, der Sais
Gesinnungen zu erforschen. Er wird kommen,
Nachricht einzuholen. Was wirst Du ihm sagen?
Mirza
 
FMirza.
Dass Sais für dich eingenommen ist.
 
Daß Sais für dich eingenommen
ist.
Pheron
 
Pheron.
Wenn er aber sie selbst befragt?
 
Wenn er aber sie selbst befragt?
Mirza
 
Mirza.
Er tut es nicht. Das Wort "Liebe" kömmt gegen sie nicht mehr aus seinem Mund.
 
Er thut es nicht. Das Wort:
Liebe kömmt gegen sie nicht mehr aus seinem
Mund.
Pheron
 
Pheron.
Sais kann ihm ihre Geburt entdecken.
 
Sais kann ihm ihre Geburt ent=
decken.
Mirza
 
Mirza.
Oh! sie fürchtet zu sehr die Götter. Sie bricht ihren Schwur nicht.
 
O! sie fürchtet zu sehr die Götter.
Sie bricht ihren Schwur nicht.
Pheron
 
Pheron.
Pheron ist auf alles bereit. Führen ihn nicht Hochzeitfackeln zum Throne, so soll ihm das Schwert den Weg bahnen.
 
Pheron ist auf alles bereit. Füh=
ren ihn nicht Hochzeitfackeln zum Throne, so soll
ihm das Schwerdt den Weg bahnen.
(Mirza gibt durch Reichung der Hand zu verstehen, dass sie ebenso denkt. Beide gehen ab: Mirza in das Haus der Sonnenjungfrauen, Pheron gegen die königliche Burg.)
 
(Mirza giebt durch Reichung der Hand zu ver=
stehen, daß sie eben so denkt. Beyde ge=
hen ab: Mirza in das Haus der Sonnen=
jungfrauen, Pheron gegen die Königliche Burg.)
Ende des dritten Aufzugs
 
Ende des dritten Aufzugs.