Kritische Edition des deutschen Libretto-Drucks Augsburg [1780]       Diplomatische Übertragung des deutschen Libretto-Drucks Augsburg [1780] 
Vierter Auftritt
 
F
Vierter Auftritt
Serpetta, hernach Nardo.
 
Serpetta hernach Nardo.
Serpetta
 
Serp.
In der Tat ich bedaure ihn, dass er einer so bösartigen Kreatur in die Hände gefallen ist.
 
In der That ich bedaure ihn, daß er einer
so bös artigen Kreatur in die Hände gefallen ist.
Nardo
 
Nardo.
Meine Prinzessin, verzeih! wenn ich dir schon wieder überlästig bin. Schöne Mädchen haben sonst gemeiniglich gute Herzen.
 
Meine Prinzessinn verzeih! wenn ich dir
schon wieder überlästig bin. Schöne Mädchen haben
sonst gemeiniglich gute Herzen.
Serpetta
 
Serp.
Schön oder häßlich – gut oder nicht! Genug, ich mag dich nicht.
 
Schön oder häßlich, – gut oder nicht!
genug ich mag dich nicht.
Nardo
 
Nardo.
Du willst also meinen Tod? Wenn ich sterbe – –
 
Du willst also meinen Tod? wenn ich
sterbe – –
Serpetta
 
Serp.
so werde ich nicht um dich weinen.
 
So werde ich nicht um dich weinen.
Nardo
 
Nardo.
Barbarin! jetzt eile ich, mir das Leben zu rauben.
 
Barbarinn! jetzt eile ich, mir das Leben
zu rauben.
Serpetta
 
Serp.
Glückliche Reise!
 
Glückliche Reiße!
Nardo
 
Nardo.
O du marmorsteinernes Herz! (Er zieht ein Messer aus der Tasche.) Jetzt will ich meinem Elende ein Ende machen – Wie, du reißt mir nicht den Dolch aus der Hand?
 
O du Marmorsteinernes Herz! (er zieht
ein Meßer aus der Tasche)
Jetzt will ich mei=
nem Elende ein Ende machen – wie du reist mir
nicht den Dolch aus der Hand?
Serpetta
 
Serp.
Stoß nur zu!
 
Stos nur zu!
Nardo
 
Nardo
In deiner Gegenwart? Nein, ich fürchte, du kannst kein Blut sehen. Du würdest zu sehr erschrecken.
 
In deiner Gegenwart? nein, ich fürchte
du kannst kein Blut sehen. Du würdest zu sehr er=
schreken.
Serpetta
 
Serp.
Ganz und gar nicht, ich sehe so was gern.
 
Ganz und gar nicht ich sehe so was gern.
Nardo
 
Nardo.
Stelle dich so grausam als du willst, du wirst mich doch nicht abschrecken, dich zu lieben. Deine Gleichgültigkeit reizt mich nur desto mehr.
 
Stelle dich so grausam als du willst, du
wirst mich doch nicht abschreken dich zu lieben. Deine
Gleichgültigkeit reitzt mich nur desto mehr.
Serpetta
 
Serp.
 
(für sich)
(Ich muss ihn nur vollends närrisch machen.) (zu Nardo) Nach und nach fängst du an, mir zu gefallen.
 
Ich muß ihn nur vollends
närrisch machen. (zu Nardo) Nach und nach fängst
du an mir zu gefallen.
Nardo
 
Nardo.
Was sagst du? Ernst oder Spaß? O mein Schäzchen! ich weiß nicht, wo ich vor Freuden bin! Potz Stern und Glücke! so ein Wort macht mich wie neu geboren.
 
Was sagst du? Ernst oder Spas? O
mein Schäzchen! ich weis nicht wo ich vor Freuden bin!
poz Stern und Glücke! so ein Wort macht mich wie neu
gebohren.
Serpetta
 
Serp.
Nun so höre! Ich will mich deiner erbarmen. Aber du musst mir immer mit einer schmachtenden Miene begegnen, die rechte Hand ehrerbietig aufs Herze legen, wenn du mich siehst.
 
Nun so höre! ich will mich deiner erbar=
men. Aber du must mir immer mit einer schmachten=
den Mine begegnen, die rechte Hand ehrerbietig aufs
FHerze legen, wenn du mich siehst.
 
Nardo
 
Nardo.
Alles, was du willst.
 
Alles was du willst.
Serpetta
 
Serp.
Nu lustig! lass sehen! mache die Miene! – Gut! Den Reverenz – Nicht so steif! schön gerade, hurtig und flink!
 
Nu lustig! laß sehen! mache die Mine! –
gut! den Reverenz. – nicht so steif! schön gerade,
hurtig und flink!
Nardo
 
Nardo.
(Der kleine Teufel macht aus mir, was sie will.)
 
Der kleine Teufel macht aus mir was
sie will.
 
    Nach der welschen Art und Weise
 
    Nach der welschen Art und Weise,
spricht man so: Ah! quel visetto
 
Spricht man so: Ah quel visetto
m'ha infiammato il cuor in petto,
 
m'ha infiammato il cuor in petto!
che languire ognor mi fa.
 
Che languire ogn'or mi fa.
(Serpetta deutet, dass ihr dies nicht gefalle.)
 
Serpetta (deutet daß ihr dieß nicht gefalle)
 
Nardo.
    Bist du nicht damit zufrieden?
 
Bist du nicht damit zu frieden?
Nun so hör ein Kompliment auf gut Französisch:
 
Nun so hör ein Kompliment
Auf gut Französisch!
 
Ah madame, votre serviteur
 
Ah Madame votre Serviteur
de tout mon coeur!
 
De tout mon Coeur!
(Serpetta wie oben)
 
Serp. (wie oben)
    Und auch dies gefällt dir nicht?
 
Und auch dieß gefält dir nicht?
Nun laßt uns auf Englisch sehen:
 
Nun laßt uns auf Englisch sehen.
Ah my life, pray you, say yes!
 
Ah my Life pray you Say yes
(Serpetta wie vor)
 
Serp. (wie vor)
    Ei das ist ja zum Krepieren!
 
Ey das ist ja zum Krepieren!
Ich muss die Geduld verlieren:
 
Ich muß die Geduld verlieren,
Weder Englisch noch Französisch,
 
Weder Englisch noch Französisch!
weder Teutsch noch Italienisch,
 
Weder Teutsch noch Italienisch,
gar nichts, gar nichts steht ihr an!
 
Gar nichts steht ihr an!
O des eigensinnigen Mädchens!
 
O des eigensinnigen Mädchens!
Gar nichts ist ihr recht getan.
 
Gar nichts ist ihr recht gethan. (geht ab)
(geht ab)
 
Serpetta
 
Serp.
Der Spaß gefällt mir! Aber wie! wenn es bei mir Ernst würde? – Doch nein! Das wird nimmer mehr geschehen. Es ist schon genug, dass er Sandrinchens Vetter ist.
 
Der Spas gefällt mir! aber wie! wenn,
es bey mir Ernst würde? – doch nein! das wird nim=
mer mehr geschehen. Es ist schon genug das er San=
drinchens Vetter ist.
(geht ab)
 


Garten.
 
Fünfter Auftritt
 
Fünfter Auftritt.
 
Garten
Sandrina, hernach Belfior und der Amtshauptmann.
 
Sandrina, hernach Belfior und der Amts=
hauptmann.
Sandrina
 
Sand.
Welch ein betrübter Zufall! Ich finde meinen Geliebten, den ich suche, und finde ihn nur, um ihn durch Arminden auf immer zu verlieren. – Ich will ihn fliehen, den Undankbaren, den Grausamen, der mir schon einmal fast das Leben raubte. Musst' ich ihn denn auch noch untreu finden? Doch nein, das ist er nicht. Er hält mich ja für tot. Ach ich fühle, dass ich ihn noch zu heftig liebe. Was soll ich tun, seine Heirat zu hintertreiben? Mich ihm entdecken? Noch ist es nicht Zeit. Er kömmt! O wie heftig schlägt mir mein Herz bei seinem Anblicke.
 
Welch ein betrübter Zufall. Ich finde
meinen Geliebten den ich suche, und finde ihn nur um ihn
durch Arminden auf immer zu verlieren. – Ich will
ihn fliehen den Undankbaren, den Grausamen, der
mir schon einmal fast das leben raubte. Mußt ich
ihn denn auch noch untreu finden? doch nein das ist er
nicht. Er hält mich ja für Todt. Ach ich fühle, das
ich ihn noch zu heftig liebe. Was soll ich thun seine
Heyrath zu hintertreiben? mich ihm entdecken? noch ist
es nicht Zeit. Er kömmt! o wie heftig schlägt mir
mein Herz bey seinem Anblicke.
Belfiore
 
Belf.
Violante! unglückliche Geliebte, die ich so misshandelte, können Sie mir vergeben?
 
Violante! unglückliche Geliebte, die ich so
mishandelte, können sie mir vergeben?
Sandrina
 
Sand.
Was sagen Sie, mein Herr?
 
Was sagen sie mein Herr?
Belfiore
 
Belf.
Ja, du bist das himmlische Bild meiner Geliebten. Diese Reize, diese Blicke! Mein eignes Herz sagt mir, dass ich dich gefunden habe, dich nun wieder sehe – –
 
Ja du bist das himmlische Bild meiner Gelieb=
ten. Diese Reitze diese Blike, mein eignes Herz sagt
mir! daß ich dich gefunden habe, dich nun wieder sehe,
– –
Sandrina
 
Sand.
Und dein Blick, Grausamer! Verräter! dass ich denjenigen gefunden habe, denjenigen – –
 
Und dein Blick Grausamer! Verrä=
ther! daß ich denjenigen gefunden habe, denjenigen – –
Belfiore
 
Belf.
So irrte ich mich denn nicht? So bist du es?
 
So irrte ich mich denn nicht? so bist du es?
Sandrina
 
Sand.
Erinnerst du dich nicht mehr meiner Tränen – meines Flehens? Unmenschlicher Verräter! wie oft schwurst du mir Liebe mit tränendem Auge und seufzendem Herzen?
 
Erinnerst du dich nicht mehr meiner Thrä=
nen – meines Flehens? unmenschlicher Verräther!
wie oft schwurst du mir Liebe, mit thränendem Auge
und seufzendem Herzen?
Belfiore
 
Belf.
Ach! es ist die Wahrheit, aber jener verfluchte –
 
Ach! es ist die Wahrheit, aber jener ver=
fluchte –
Sandrina
 
Sand.
Sprich, Barbar! Ungeheuer! was hatte ich verbrochen? Ohne Ursach, ohne mich zu hören, stößest du mir den Dolch in die Brust, tötest mich unschuldigerweise und lässt mich ohne Hülfe in meinem Blut liegen.
 
Sprich Barbar! Ungeheuer! was hatte
ich verbrochen? ohne Ursach, ohne mich zu hören stossest
du mir den Dolch in die Brust, tödtest mich unschul=
diger Weiße, und läßt mich ohne Hülfe in meinem
Blut liegen.
 
Belfiore
 
Belf.
Mir zittern alle Glieder. Weh mir! – Doch ein großes Glücke, dass du noch lebest, liebvoller Engel! Aber sage mir: Wie kömmst du in diese Kleidung?
 
Mir zittern alle Glieder. Weh mir! –
Fdoch ein großes Stücke, daß du noch lebest, liebvoller
Engel! aber sage mir wie kömmst du in diese Kleidung?
Sandrina
 
Sand.
So sprach Violante, als sie mit dem Tot rang. Das waren ihre letzten Worte, als sie starb.
 
So sprach Violante, als sie mit dem Todt.
rang. Das waren ihre letzten Worte, als sie starb
 
Belfiore
 
Belf.
Was sagst du, sie wäre also doch tot?
 
Was sagst du sie wäre also doch Todt?
Sandrina
 
Sand.
Das werden Sie am besten wissen.
 
Das werden sie am besten wissen.
Belfiore
 
Belf
 
(für sich)
(Diese Gestalt, diese Gebärden, diese ganze Bildung zeigt mir Violanten, und ich wollte mein Leben wetten, dass sie es wäre.)
 
Diese Gestalt, diese Geberden,
diese ganze Bildung, zeigt mir Violanten, und ich
wollte mein Leben wetten, daß sie es wäre.
Sandrina
 
Sand.
Was verweilen Sie noch hier! Arminda –
 
Was verweilen sie noch hier! Arminda –
Belfiore
 
Belf.
(erschrocken)
 
(erschroken)
Wo ist sie?
 
Wo ist sie?
Sandrina
 
Sand.
Wenn sie uns hier trifft, so sind wir verloren.
 
Wenn sie uns hier trifft, so sind wir ver
lohren.
Belfiore
 
Belf.
 
Ich gehe schon – Doch ich kann nicht, eine geheime Macht hält mich zurücke. Vergönne mir doch nur einen deiner reizenden Blicke.
 
Ich gehe schon – doch ich kann nicht,
eine geheime Macht hält mich zurücke. Vergönne mir
doch nur einen deiner reizenden Blicke.
Sandrina
 
Sand.
Sprechen Sie mit mir?
 
Sprechen sie mit mir?
Belfiore
 
Belf.
Mit dir, du Wonne meines Lebens! Deine Verstellung betrügt mich nicht! Du bist Violante, meine zweite Seele.
 
Mit dir du Wonne meines Lebens! deine
Verstellung betrügt mich nicht! du bist Violante mei=
ne zweyte Seele.
    Lass mich die Reize sehen,
 
    Laß mich die Reize sehen,
die mir dein Aug entzieht!
 
Die mir dein Aug entzieht!
Ach lass mich nicht vergehen,
 
Ach laß mich nicht vergehen,
dein Blick nur kann mich trösten.
 
Dein Blik nur kann mich trösten.
 
Ich geh, doch nur nicht zörne;
 
Ich geh, doch nur nicht Zörne.
wie hart ist dein Gebot!
 
Wie hart ist dein Geboth!
    Doch, eh ich mich entferne,
 
Doch, eh ich mich entferne,
lass mich das Glück genießen,
 
Laß mich das Glück geniessen,
die schöne Hand zu küssen,
 
Die schöne Hand zu küßen,
dann geh ich in den Tod.
 
Dann geh ich in den Todt.
    Ach welche Lust empfinde ich!
 
Ach welche Lust empfinde ich?
Englische Hand! ich küsse dich,
 
Englische Hand! ich küße dich,
der Venus wahres Ebenbild.
 
Der Venus wahres Ebenbild.
(zum Amtshauptmann)
 
(zum Amts.)
Mein Herr, mich freut, Sie hier zu sehn,
 
Mein Herr mich freut sie hier zu sehn
befinden Sie sich wohl?
 
Befinden sie sich wohl?
 
(für sich)
(So muss mir dieser Streich geschehn!
 
So muß mir dieser Streich geschehn!
Dass ihn der Teufel hol!)
 
Daß ihn der Teufel hol!
(geht ab)
 
Der Amtshauptmann kömmt schon zu Anfang von Belfiorens Arie; er beobachtet beide eine Weil. Sandrina, die den Amtshauptmann erblickt, deutet dem Belfiore, sich zu entfernen. Der Amtshauptmann tritt näher, befiehlt der Sandrina, sich zu entfernen, und tritt an ihre Stelle! Und da Belfior Sandrinen die Hand küssen will, erwischt er die des Amtshauptmanns und läuft zum Schluss der Arie davon.
 
FDer Amtshauptmann kömmt schon zu An=
fang Belfiorens Arie; er beobachtet bey=
de eine Weil. Sandrina die den Amts=
hauptmann erblickt, deutet dem Belfior
sich zu entfernen. Der Amtshauptmann
tritt näher, befiehlt der Sandrina sich
zu entfernen, und tritt an ihre Stelle!
und da Belfior Sandrinen die Hand
küßen will, erwischt er die des Amts=
hauptmanns, und läuft zum Schluß
der Arie davon.
Sechster Auftritt
 
Sechster Auftritt.
Amtshauptmann, Sandrina.
 
Amtshauptmann, Sandrina.
Amtshauptmann
 
Amts.
 
Warte nur, heilloser Graf! Du sollst mir – (zu Sandrina) Und du, Unverschämte! meinst du, das soll dir hingehen?
 
Warte nur heilloser Graf! du sollst mir –
(zu Sand) und du Unverschämte! meinst du, das
soll dir hingehen?
Sandrina
 
Sand.
Ach mein Herr! ich verdiene Ihren Zorn nicht. Sie haben Unrecht, mir Vorwürfe zu machen.
 
Ach mein Herr! ich verdiene ihren Zorn
nicht. sie haben Unrecht, mir Vorwürfe zu machen.
Amtshauptmann
 
Amts.
Unrecht? Hab ich nicht mit eignen Augen gesehen –
 
Unrecht? hab ich nicht mit eignen Augen
gesehen –
Sandrina
 
Sand.
Sie haben Unrecht gesehen.
 
Sie haben Unrecht gesehen.
Amtshauptmann
 
Amt.
Zum Teufel! wollte er mir nicht die Hand küssen?
 
Zum Teufel! wollte er mir nicht die Hand
küßen?
Sandrina
 
Sand.
Ach!
 
Ach!
Amtshauptmann
 
Amt.
Nun! warum seufzest du?
 
Nun! warum seufzest du?
Sandrina
 
Sand.
 
Bester Herr! wenn Sie wüssten, wie unglücklich ich bin! Sie würden Mitleid mit mir haben.
 
bester Herr! wenn sie wüßten, wie unglück=
lich ich bin! sie würden Mitleid mit mir haben.
Amtshauptmann
 
Amt.
Nu, mein klein Kätzchen! das habe ich auch. Komm – (Ich kann es nicht länger aushalten.) Du bist das centrum aller meiner verliebten Seufzer! mein Herz – meine Flamme – Kurz, ich kann dir nicht beschreiben, was in mir vorgeht. Komm, ich will dich so glücklich machen, als du es verdienst.
 
Nu mein klein Kätzchen! das habe ich auch.
Komm ich kann es nicht länger aushalten. Du bist das
Centrum aller meiner verliebten Seufzer! mein Herz –
meine Flamme – kurz ich kann dir nicht beschreiben
was in mir vorgeht Komm, ich will dich so glücklich
machen, als du es verdienst.
Sandrina
 
FSand.
Verzeihen Sie: Ich kann und darf nicht.
 
Verzeihen sie: ich kann und darf nicht.
Amtshauptmann
 
Amts.
Wieso? Warum?
 
Wie so? Warum?
Sandrina
 
Sand.
 
Weil für mich kein Glücke mehr grünt, und – weil ich – endlich –
 
Weil für mich kein Glücke mehr grünt,
und – weil ich – endlich –
Amtshauptmann
 
Amts.
Endlich und endlich – und endlich bist du ein armes Mädchen, das ich zur gnädigen Frau machen will.
 
Endlich und endlich – und endlich bist du
ein armes Mädchen, daß ich zur gnädigen Frau
machen will.
Sandrina
 
Sand.
Ich bin dieser Ehre nicht wert! Und – ich verlange sie auch nicht.
 
Ich bin dieser Ehre nicht werth! und –
ich verlange sie auch nicht.
Amtshauptmann
 
Amts.
Unverschämte! du verlangst sie nicht? Ich weiß besser, was dich zurückhält. Der Graf – Aber du machst die Rechnung ohne Wirth.
 
Unverschämte! du verlangst sie nicht? ich
weiß besser, was dich zurück hält. Der Graf –
aber du machst die Rechnung ohne Wirth.
Sandrina
 
Sand.
 
Was für Rechte haben Sie denn, mir Vorwürfe zu machen? Sie schelten mich, Sie drohen mir, und Sie sollten doch mit einer Unglücklichen Mitleid haben, die keinen Beschützer sonst als Sie auf dieser Welt hat.
 
Was für Rechte haben sie denn mir Vor=
würfe zu machen? sie schelten mich, sie drohen mir;
und sie sollten doch mit einer Unglücklichen Mitleid ha=
ben, die keinen Beschützer sonst, als sie, auf dieser
Welt hat.
    Es ertönt und spricht ganz leise,
 
    Es ertönt, und spricht ganz leise,
hier im Herzen eine Stimme:
 
Hier im Herzen eine Stimme:
(zärtlich)
 
"Dein Geliebter, wirst du finden,
 
Dein Geliebter wirst du finden,
 
(zärtlich)
ist ganz Großmut, Lieb und Huld."
 
Ist ganz Großmuth, Lieb und Huld.
    Scheint auch schon sein Blick voll Grimme,
 
Scheint auch schon sein Blick voll Grimme,
o so hegt er doch Beweise
 
O so hegt er doch Beweiße
sanften Mitleids und Geduld.
 
Sanften Mitleids und Geduld.
    Ach! er flieht, will mich nicht hören.
 
Ach er flieht will mich nicht hören
Holde Mädchen, habt Erbarmen!
 
Holde Mädchen habt Erbarmen!
Und wenn euch mein Unglück rühret,
 
Und wenn euch mein Unglück rühret,
und ihr reges Mitleid spüret,
 
Und ihr reges Mitleid spüret,
so gewähret doch mir Armen
 
So gewähret doch mir Armen
euren Trost, mich zu erfreuen.
 
Euren Trost mich zu erfreuen.
(geht ab)
 
Siebenter Auftritt
 
Siebenter Auftritt.
Der Amtshauptmann, hernach Arminda und dann Ramiro.
 
Der Amtshauptmann, hernach Arminda und
dann Ramiro.
Amtshauptmann
 
Amts.
Heus bardum! – ich Dummkopf! Das gute Kind ist die Ehrbarkeit selbst, und ich glaubte, wenn ich nicht Amtshauptmann wäre, ich hätte mit ihr geweint. Das arme Täubchen! Ich muss ihr nach und sie wieder zu besänftigen suchen.
 
Heus bardum! – ich Dummkopf! das
gute Kind ist die Ehrbarkeit selbst, und ich glaube,
wenn ich nicht Amtshauptmann wäre ich hätte mit ihr
Fgeweint. Das arme Täubchen! ich muß ihr nach,
und sie wieder zu besänftigen suchen.
Arminda
 
Arm.
Herr Oheim! der Graf hat sein Verbrechen bereuet. Wir sind wieder versöhnt! Nun lassen Sie uns unsre Vermählung nicht länger verschieben. Ich will ihm noch diese Stunde meine Hand reichen.
 
Herr Oheim! der Graf hat sein Verbrechen
bereuet Wir sind wieder versöhnt! nun lassen sie uns unsre
Vermählung nicht länger verschieben Ich will ihm
noch diese Stunde meine Hand reichen.
Ramiro
 
Ram.
(ganz eilend)
 
(ganz eilend)
Herr Amtshauptmann, eben erhalte ich aus Mailand eine Depesche von meinem Vetter, in welchem dieser Verhaftsbefehl eingeschlossen war. Die Regierung befiehlt Ihnen, denselben als Amtshauptmann zu befolgen und den Grafen Belfior wegen einer Mordtat in Verhaft zu nehmen.
 
Herr Amtshauptmann
eben erhalte ich aus Mayland eine Depesche von mei=
nem Vetter, in welchem dieser Verhaftsbefehl eingeschlosen
war Die Regierung befiehlt ihnen, denselben als
Amtshauptmann zu befolgen, und den Grafen Belfior
wegen einer Mordthat in Verhaft zu nehmen.
Amtshauptmann
 
Amt
Proh superi! den Grafen Belfiore?
 
Proh superi! den Grafen Belfiore?
Ramiro
 
Ram.
(gibt ihm das Blatt)
 
Hier lesen Sie selbst.
 
Hier lesen sie selbst.
 
(giebt ihm das Blatt)
Arminda
 
Arm.
Ritter! sie träumen!
 
Ritter! sie träumen!
Ramiro
 
Ram.
Es ist nur allzuwahr, mein schönes Fräulein, ich bedaure Sie. (Die schönste Gelegenheit, mich zu rächen.)
 
Es ist nur allzuwahr mein schönes Fräulein
ich bedaure sie die schönste Gelegenheit mich zu rächen.
Amtshauptmann
 
Amts.
Die Instanz behauptet, dass der Graf der Mörder einer gewissen Gräfin Onesti –
 
Die Instanz behauptet, daß der Graf
der Mörder einer gewißen Gräfinn Onesti –
Arminda
 
Arm.
Glauben Sie doch das nicht.
 
Glauben sie doch das nicht.
Amtshauptmann
 
Amts.
(zu Arminda)
 
Silentium! wenn die Obrigkeit spricht. (zu Ramiro) Aber mein Herr, wo sind die Beweise, wenn man den Grafen einer Mordtat beschuldigen will? (Hic Rhodus, hic salta – mein Kopf soll ihm schon heraushelfen.)
 
Silentium! wenn die Obrigkeit spricht. (zu
Ram)
aber mein Herr; wo sind die Beweiße,
wenn man den Grafen einer Mordthat beschuldigen
will (für sich)Hic Rodus hic salta – mein Kopf
soll ihm schon heraus helfen.
Ramiro
 
Ram.
Herr Amtshauptmann! Sie wissen Ihre Pflicht. Ich hoffe nicht, dass Sie der Gerechtigkeit einen Sprung erlauben werden. Sie befolgen den Befehl der Instanz.
 
Herr Amtshauptmann! sie wissen ihre Pflicht.
ich hoffe nicht, daß sie der Gerechtigkeit einen Sprung
erlauben werden. Sie befolgen den Befehl der Instanz.
(will fort)
 
(will fort)
Amtshauptmann
 
Amtsh.
Patientia! man muss –
 
Patientia! man muß –
Arminda
 
Arm.
Ei halten Sie doch den Ritter nicht auf, er mag gehen.
 
Ey halten sie doch den Ritter nicht auf, er
mag gehen.
Ramiro
 
Ram.
Das werde ich auch. Aber vergessen Sie nicht, dass die Regierung die strengste Rechenschaft von Ihnen fodren wird.
 
Das werde ich auch, Aber vergessen sie nicht,
daß die Regierung die strengste Rechenschaft von ihnen
fodren wird.
Amtshauptmann
 
FAmt.
Gut! ich werde den Grafen vernehmen. Die Vermählung bleibt bis Austrag der Sache verschoben. Ich will der Gerechtigkeit keinen Sprung erlauben, und ist der Graf der Mordtat schuldig, proh superi! so kann ich nicht zugeben, dass ein Verbrecher, ein Mörder der Gemahl meiner Nichte werde.
 
Gut! ich werde den Grafen vernehmen. Die
Vermählung bleibt bis Austrag der Sache verschoben.
Ich will der Gerechtigkeit keinen Sprung erlauben, und
ist der Graf der Mordthat schuldig; proh superi! so kann
ich nicht zugeben, daß ein Verbrecher, ein Mörder, der
Gemahl meiner Nichte werde.
 
(Er geht ab.)
 
(Er geht ab.)
Achter Auftritt
 
Achter Auftritt
Arminda, Ramiro.
 
Arminda, Ramiro.
Ramiro
 
Ram.
Liebste Arminda! hören Sie mich!
 
Liebste Arminda! hören sie mich!
Arminda
 
Arm
Schweigen Sie, schändlicher Lügner.
 
Schweigen sie, schändlicher Lügner.
Ramiro
 
Ram
Ich habe die Sache nicht erdichtet. Ich bin –
 
Ich habe die Sache nicht erdichtet. Ich bin –
Arminda
 
Arm.
Sie sind mir verhasst.
 
Sie sind mir verhaßt.
Ramiro
 
Ram.
Ist denn alles Mitleid, alle Liebe aus dem Herzen verschwunden?
 
Ist denn alles Mitleid, alle Liebe aus dem Her=
zen verschwunden?
Arminda
 
Arm.
Sie verdienen weder Mitleid noch Liebe.
 
Sie verdienen weder Mitleid, noch Liebe.
Ramiro
 
Ram
Bedenken Sie –
 
Bedenken sie –
Arminda
 
Arm.
Nichts.
 
Nichts –
Ramiro
 
Ram.
Hören Sie nur ein Wort!
 
Hören sie nur ein Wort!
Arminda
 
Arm.
Ich bin vor Wut außer mir!
 
Ich bin vor Wuth außer mir!
(geht ab)
 
(geht ab.)
Neunter Auftritt
 
Nenunter Auftritt.
Ramiro.
 
Ramiro.
Welch ein unerbittliches Herz! Und doch gibt mir der Zufall wieder einige Hoffnung. Süße Hoffnung! hintergehe mich nicht! Von dir allein hängt itzt meine Ruhe und meine Glückseligkeit ab.
 
Welch ein unerbittliches Herz! und doch giebt mir der
Zufall wieder einige Hoffnung. Süße Hoffnung!
hintergehe mich nicht! von dir allein hängt itzt mei=
ne Ruhe, und meine Glückseligkeit ab.
    Ach! schmeichelhafte Hoffnung!
 
    Ach! schmeichelhafte Hoffnung!
Gefährtin treuer Liebe!
 
Gefährtinn treuer Liebe!
Du stärkest meine Triebe
 
Du stärckest meine Triebe,
und tröstest mich allein.
 
Und tröstest mich allein.
    Dir bin ich ganz ergeben,
 
Dir bin ich ganz ergeben.
dir danke ich mein Leben,
 
Dir danke ich mein Leben.
nur du kannst die Belohnung
 
Nur du kannst die Belohnung
itzt meiner Treue sein.
 
Itzt, meiner Treue seyn.
(geht ab)
 


Saal.
 
Zehnter Auftritt
 
F
Zehnter Auftritt.
 
Saal.
Der Amtshauptmann, Arminda, Serpetta, hernach Belfiore.
 
Der Amtshauptmann, Arminda, Serpet=
ta, hernach Belfiore.
Amtshauptmann
 
Amt.
Liebe Nichte! ich bin ganz außer mir! Was ist anzufangen, wenn der Graf der Mordtat schuldig ist?
 
Liebe Nichte! ich bin ganz außer mir! Was ist
anzufangen, wenn der Graf der Mordthat schuldig ist?
Arminda
 
Arm
O lieber Herr Oheim! Sie werden ihm schon herauszuhelfen wissen.
 
O lieber Herr Oheim! sie werden ihm schon
herauszuhelfen wissen.
Amtshauptmann
 
Amt.
Ganz wohl! Wenn aber der Ritter – Es ist ein homicidium – ein delictum enorme. (Er setzt sich zum Schreiben.) Ich richte mich zum Verhör. Sie meine Nichte und du Serpetta müsst indessen abtreten, denn das Verhör muss absque testibus geschehen.
 
Ganz wohl! wenn aber der Ritter – es ist
ein homicidium – ein delictum enorme.
(er setzt sich zum Schreiben) ich richte mich
zum Verhör. Sie meine Nichte, und du Serpetta
müßt indessen abtreten, denn das Verhör muß absque
testibus
geschehen.
Arminda
 
Arm.
O liebster Oheim, ich bitte, ich beschwöre Sie, erlauben Sie uns zu bleiben. – Ich fürchte, der Graf – Ich möchte ihn gern unterstützen.
 
O liebster Oheim, ich bitte, ich beschwöre sie,
erlauben sie uns zu bleiben – ich fürchte der Graf
– ich möchte ihn gern unterstützen.
Serpetta
 
Serp.
Ja, ich will ihm einreden, trotz einem Advokaten. Damit er sich in seinen Reden nicht verfange.
 
Ja ich will ihm einreden trotz einem Ad=
vokaten. Damit er sich in seinen Reden nicht verfange.
Amtshauptmann
 
Amts.
So? Verstehst du denn quid iuris? Ha, der Graf kömmt!
 
So? Verstehst du denn Quid juris? Ha
der Graf kömmt!
 
Belfiore
 
Belf.
 
 
Unvergleichliche Arminda –
 
Unvergleichliche Arminda –
Amtshauptmann
 
Amts.
 
Geduld, Herr Graf! Enthalten Sie sich jetzt dieser verliebten Ausdrücke in Gegenwart eines strengen Richters, vor dem Sie jetzt stehen, und Red und Antwort geben sollen.
 
Geduld Herr Graf! enthalten sie sich jetzt
dieser verliebten Ausdrücke in Gegenwart eines stren=
gen Richters, vor dem sie jetzt Stehen, und Red und
Antwort geben sollen. (er schreibt)
(Er schreibt.)
 
Belfiore
 
Belf.
(erstaunt)
 
(erstaunt)
Was soll das?
 
Was soll das?
Amtshauptmann
 
Amts.
Silentium!
 
Silentium!
Belfiore
 
Belf.
Herr Amtshauptmann! –
 
Herr Amtshauptmann! –
Amtshauptmann
 
Amts
Silentium!
 
Silentium!
Belfiore
 
Belf.
(zu Arminda)
 
(zu Arminda)
Arminda –
 
Arminda –
Arminda
 
Arm.
So schweigen Sie doch. –
 
So schweigen sie doch. –
Belfiore
 
Belf.
Serpetta –
 
Serpetta –
Serpetta
 
Serp.
Silentium!
 
Silentium!
Amtshauptmann
 
Amts
(der indessen geschrieben)
 
(der indessen geschrieben)
Herr Graf, Sie werden eines grausamen Verbrechens beschuldiget! (Belfiore zittert.) Eine hochweise und hochgebietende Regierung trägt mir auf und befiehlt mir, Sie einzuziehen und darüber zu vernehmen. Ich wollte Ihnen aber vorläufig allen öffentlichen Schimpf ersparen, sonst hätte ich Sie mit bewaffneter Hand müssen hieher bringen lassen, um das forum deprehensionis formaliter zu befolgen. Belieben Sie mir also diejenige Punkten, so ich Ihnen vorlegen und secundum ius civile et criminale eidlich vernehmen muss, sine mora et absque ambagibus zu beantworten. Um in forma legali zu prozedieren, hab ich hier die erforderlichen Fragpunkten: Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur, quomodo, quando? eingeteilt und aufgesetzt. Also zur ersten Frage. Quis! Wer sind Sie? Wie heißen Sie?
 
Herr Graf
Sie werden eines grausamen Verbrechens beschuldiget!
F(Belf zittert) Eine hochweise und hochgebiethende
Regierung trägt mir auf, und befiehlt mir sie einzu=
ziehen, und darüber zu vernehmen. Ich wollte ihnen
aber vorläufig allen öffentlichen Schimpf ersparen, sonst
hätte ich sie mit bewaffneter Hand müssen hieher bringen
lassen; um das forum deprehensionis formaliter zu be=
folgen. Belieben sie mir also diejenige Punkten, so
ich ihnen vorlegen und secundum jus Civile & Cri=
minale
, eidlich vernehmen muß, sine mora, & abs-
que ambaginus
zu beantworten. Um in forma legali zu
procediren hab ich hier die erforderliche Fragpunkten:
Quis, quid, ubi, quibus auxiliis, cur quomodo quan-
do?
eingetheilt, und aufgesetzt. Also zur ersten Frage.
Quis! wer sind sie? Wie heißen sie?
Belfiore
 
Belf.
Das wissen Sie ja ohnehin.
 
Das wissen sie ja ohne hin.
Amtshauptmann
 
Amt.
Ich muss es aus Ihrem Mund hören.
 
Ich muß es aus ihrem Mund hören.
Belfiore
 
Belf
 
Ich bin Graf Belfiore, welcher – die Ehre haben –
 
Ich bin Graf Belfiore, – welcher – die
Ehre haben –
Amtshauptmann
 
Amt.
Sufficit!(schreibt)Quid! Sie sollen an einer gewissen Gräfin Onesti – Ubi! – zu Mailand eine Mordtat sive homicidium voluntarium atque violentum ausgeübt haben. Reden Sie! haben Sie diese Gräfin gekannt?
 
Sufficit!(schreibt)quid! Sie sol=
len an einer gewißen Gräfinn Onesti – Ubi! zu May=
land eine Mordthat, sive homicidium voluntarium
atque violentum
ausgeübt haben. Reden sie! haben
sie diese Gräfinn gekannt?
Belfiore
 
Belf.
O Himmel! was soll ich sagen?
 
O Himmel! was soll ich sagen?
Arminda
 
Arm.
(leise zu Belfiore)
 
Sagen Sie nein.
 
Sagen sie nein:
Belfiore
 
Belf.
Nein! ich habe sie nicht gekannt.
 
Nein! ich habe sie nicht gekannt.
Amtshauptmann
 
Amt.
(schreibt)
 
(schreibt)
Negatur. – Lebt sie noch?
 
negatur. – Lebt sie noch?
Belfiore
 
Belf.
Nein, mein Herr!
 
Nein mein Herr!
Serpetta
 
Serp.
(leise zu Belfiore)
 
(leise zu Belf)
Was reden Sie denn? sagen Sie ja!
 
was reden sie denn?
sagen sie ja!
Amtshauptmann
 
Amt.
Sie ist also tot?
 
Sie ist also tod?
Belfiore
 
Belf.
Ja, ja!
 
Ja, ja!
Arminda
 
Arm.
(leise zu Belfiore)
 
Leugnen Sie alles.
 
Läugneu sie alles (leise zu Belf)
Amtshauptmann
 
Amt.
Man behauptet, dass sie ermordet worden! Sollte das wahr sein?
 
Man behauptet daß sie ermordet worden!
sollte das wahr seyn?
Belfiore
 
Belf.
Ja! – Nein!
 
Ja! – nein!
Serpetta
 
FSerp.
(leise zu Belfiore)
 
(leise zu Belf)
Verfangen Sie sich nur nicht!
 
Verfangen sie sich nur
nicht!
Arminda
 
Arm.
(leise zu Belfiore)
 
Geben Sie acht, was Sie reden.
 
Geben sie acht was sie reden. (leise zu
Belf)
Amtshauptmann
 
Amt.
Trepidat! (zu Belfiore) Sollten Sie, Herr Graf, nicht notitiam davon haben? ihren Mörder nicht kennen?
 
trepidat! (zu Belf) Sollten sie Herr
Graf nicht notitiam davon haben? ihren Mörder nicht
kennen?
Belfiore
 
Belf.
O ja, sehr gut!
 
O ja sehr gut!
Amtshauptmann
 
Amt
(schreibt)
 
(schreibt)
Cur! Warum ist Sie ermordet worden?
 
cur! Warum ist sie ermordet
worden?
Belfiore
 
Belf.
Die Liebe – die Eifersucht – ein Zufall.
 
Die Liebe – die Eifersucht – ein Zufall.
Amtshauptmann
 
Amt.
Turbatur! Seine Verwirrung verrät ihn. Reus est!
 
turbatur! Seine Verwirrung verräth ihn.
reus est!
Arminda
 
Arm.
(Der Dummkopf.)
 
Der Dummkopf.
Amtshauptmann
 
Amt.
(zu Belfiore)
 
(zu Belf)
Ich sehe, Graf – denken Sie auf Ihre Sicherheit! Memento tui! Man legt Ihnen dies Verbrechen zur Last, und es wäre ein leichtes, Sie zu überweisen. Ich wünschte, Sie wären unschuldig und könnten sich verteidigen.
 
Ich sehe Graf – denken sie
auf ihre Sicherheit! Memento tui! Man legt ihnen
dieß Verbrechen zur Last, und es wäre ein leichtes sie
zu überweisen. Ich wünschte sie wären unschuldig,
und könnten sich vertheidigen.
Eilfter Auftritt
 
Eilfter Auftritt.
Vorige, Sandrina, die schon lange im Grund gelauret hat.
 
Vorige, Sandrina die schon lange im
Grund gelauret hat.
Sandrina
 
Sandrina.
Er ist es – Ich kann und will ihn verteidigen.
 
Er ist es – ich kann und will ihn
vertheidigen.
Belfiore
 
Belf.
O Glücke!
 
O Glücke!
Amtshauptmann
 
Amt.
O schön!
 
O schöa.
Serpetta
 
Serp.
Allerliebst! mir war schon Angst um sein junges Leben.
 
Allerliebst! mir war schon angst um sein
junges Leben.
Amtshauptmann
 
Amt.
Vermutlich kann dies Mädchen –
 
Vermuthlich kann dieß Mädchen –
Serpetta
 
Serp.
einige Nachricht geben –
 
Einige Nachricht geben –
Amtshauptmann
 
Amt.
und ihn retten. (Er schreibt.)Pendente lite, intervenit etc. (zu Sandrina) Was kannst du zu seiner Verteidigung sagen?
 
Und ihn retten. Er schreibtPendente Li-
te, intervenit &c.
 (zu Sand) Was kannst du zu
seiner Vertheidigung sagen?
Arminda
 
FArm.
Rede, liebes Mädchen!
 
Rede liebes Mädchen!
Serpetta
 
Serp.
Sprich, gutes Sandrinchen!
 
Sprich Gutes Sandrinchen!
Sandrina
 
Sand.
Was bürdet man dem Grafen für ein Verbrechen auf?
 
Was bürdet man dem Grafen für ein Ver=
brechen auf?
Amtshauptmann
 
Amt.
Eine Mordtat, die er an der Gräfin Onesti zu Mailand ausgeübt.
 
Eine Mordthat, die er an der Gräfinn Vio=
lante Onesti zu Mayland ausgeübt.
Sandrina
 
Sand.
Das ist Verleumdung. Verwundet ward die Gräfin von ihm, aber nicht getötet. Sie lebt und steht hier! Ich bin die Gräfin Violante Onesti – und vergebe ihm.
 
Das ist verläumdung. Verwundet ward
die Gräfinn von ihm, aber nicht getödtet. Sie lebt,
und steht hier! ich bin die Gräfinn Violante Onesti –
und vergebe ihm.
 
Amtshauptmann
 
Amts.
Du Violante Onesti?
 
Du Violante Onesti?
Belfiore
 
Belf.
(außer sich)
 
(außer sich)
O meine Geliebte! – mein Herz sagte mir es wohl.
 
O meine Geliebte! – mein
Herz sagte mir es wohl.
Arminda
 
Arm
(höhnisch)
 
(hönisch)
Die schöne Gräfin!
 
Die schöne Gräfinn!
Serpetta
 
Serp.
(höhnisch)
 
(höhnisch)
Die vortreffliche Dame.
 
Die Vortreffliche Dame.
Amtshauptmann
 
Amt
Glaubst du vielleicht, dass du mit dieser Erdichtung –
 
Glaubst du vielleicht, daß du mit dieser
Erdichtung –
 
Sandrina
 
Samd.
Sagen Sie, was Sie wollen: Sie sollen in kurzem unwiderlegliche Beweise haben, dass ich Gräfin Violante Onesti bin.
 
Sagen sie, was sie wollen: sie sollen
in kurzem unwiderlegliche Beweiße haben, Daß
ich Gräfinn Violante Ouesti bin.
Belfiore
 
Belf.
Glauben Sie ihr! Sie spricht wahr! Mein Herz bekräftiget ihre Worte.
 
Glauben sie ihr! sie spricht Wahr! mein
Herz bekräftiget ihre Worte.
Amtshauptmann
 
Amts
Casus suspensivus! Es bedarf Bedacht und Untersuchung – (Beim Teufel! Wenn ich Sandrinen verliere, so hole euch alle der Guguck.)
 
Casus Suspensivus! Es bedarf Bedacht, und
Untersuchung – (für sich) beym Teufel! wenn ich
Sandrinen verliere, so hole euch alle der Guguck.
(geht ab)
(geht ab)
 
Arminda
 
Arm.
Mir scheint die Sache sehr zweideutig. (Aber es mag nun Sandrina oder Violante Onesti sein, so will ich meine Maßreglen nehmen.)
 
Mir scheint die Sache sehr zweydeutig
(für sich) aber es mag nun Sandrina oder Violante
Onesti seyn, so will ich meine Maaßreglen nehmen.)
(sie geht ab)
(Sie geht ab.)
 
Serpetta
 
Serp.
Ich gehe ebenfalls! (Aber es mag nun kommen wie es will, so werde ich dazu lachen.)
 
Ich gehe ebenfalls! aber es mag nun kom=
men wie es will, so werde ich dazu lachen. (sie geht
ab)
(Sie geht ab.)
 
Belfiore
 
Belf.
(zu Sandrina)
 
(zu Sand)
Liebstes Leben! angebetete Seele! ich bin vor Freuden außer mir. Erlaube, dass ich diese schöne Hand –
 
Liebstes Leben! angebethete
Seele! ich bin vor Freuden außer mir. Erlaube, daß
ich diese schöne Hand –
 
Sandrina
 
FSand.
(stößt ihn zurück)
 
(stößt ihn zurück)
Zurücke! Ich habe mich nur für die Gräfin ausgegeben, um Ihnen das Leben zu retten. Meine Ähnlichkeit, die ich, wie Sie sagen, mit ihr habe, soll Sie auch künftig vor allem Unglücke schützen.
 
Zurücke ich habe mich
nur für die Gräfin ausgegeben, um ihnen das Leben zu
retten. Meine Aehnlichkeit, die ich, wie sie sagen mit
ihr habe, soll sie auch künftig vor allem Unglücke schützen.
(sie geht ab)
(Sie geht ab.)
 
Belfiore
 
Belf.
Wie war das? – – Mir steht der Angstschweiß am ganzen Leibe. Ich verliere den Verstand.
 
Wie war das? – – mir steht der Angst=
schweiß am ganzen Leibe. Ich verliere den Verstand.
(geht ab)
 
 
(geht ab)
 
Zwölfter Auftritt
 
Zwölfter Auftrit
Nardo, hernach Ramiro und der Amtshauptmann, zuletzt Serpetta.
 
Nardo, hernach Ramiro und der Amts=
hauptmann zu letzt Serpetta.
Nardo
 
Nardo.
O ich armer Tropf! was soll ich anfangen? Ich kann meine Gebieterin nirgends finden. Mir wird angst und bange – – Wer weiß! – Doch vielleicht hat sie sich dem Grafen entdeckt – Aber nein! das kann auch nicht sein! Weil sie mir ausdrücklich verboten hat, mich ihm zu erkennen zu geben. Still! ich sehe Leute kommen – Ich will sie behorchen, vielleicht bekomme ich leicht –
 
O ich armer Tropf! was soll ich anfangen?
ich kann meine Gebietherinn nirgends finden. Mir wird
angst und bange – – wer weiß! – doch vielleicht hat sie
sich dem Grafen entdeckt – Aber nein! daß kann auch nicht
seyn! weil sie mir ausdrücklich verbothen hat, mich ihm
zu erkennen zu geben. Still! ich sehe Leute kommen
– ich will sie behorchen, vielleicht bekomme ich leicht
(er verbirgt sich im Grund)
(Er verbirgt sich im Grund.)
 
Ramiro
 
Ram.
Sie muss authentisch beweisen, dass sie Violante sei –
 
Sie muß authentisch beweisen, daß sie Vio=
lante sey –
Amtshauptmann
 
Amts.
 
Das versteht sich! aber sie sprach so zuverlässig, dass ich fast wetten wollte –
 
Das versteht sich! aber sie sprach so zuver=
lässig, daß ich fast wetten wollte –
Ramiro
 
Ram.
Nur die Beweise! und ich bin zufrieden.
 
Nur die Beweise! und ich bin zu frieden.
Serpetta
 
Serp.
(mit verstellter Angst)
 
(mit verstellter Angst)
O Himmel, welch ein Unglück! Sandrina hat die Flucht genommen.
 
O Himmel
welch ein Unglück! Sandrina hat die Flucht genom=
men.
Amtshauptmann
 
Amts.
Proh dolor! weh mir! was sagst du?
 
Proh Dolor! weh mir! was sagst du?
Nardo
 
Nardo.
(versteckt)
 
(versteckt)
Die Flucht?
 
Die Flucht?
Ramiro
 
Ram.
Das begreife ich nicht.
 
Das begreiffe ich nicht.
Amtshauptmann
 
Amts.
Haud mora! ihr nachgeeilt!
 
Haud mora! ihr nachgeeilt!
Serpetta
 
Serp.
Aber es fängt schon an, Nacht zu werden.
 
Aber es fängt schon an nacht zu werden.
Amtshauptmann
 
Amts.
Quid ad rem! Nacht hin, Nacht her! nehmt Licht, nehmt Facklen. Man muss ihr auf allen Straßen nachschicken. Kommen Sie, Ritter! wir wollen selbst mit. Sequere me!
 
Quid ad rem! Nacht hin Nacht her! nehmt
FLicht, nehmt Facklen. Man muß ihr auf allen Stras=
sen nachschicken. Kommen sie Ritter! wir wollen selbst
mit. Sequere me!
(Beide gehen ab.)
 
(beyde gehen ab)
Dreizehnter Auftritt
 
Dreyzehenter Auftritt.
Serpetta, Nardo versteckt.
 
Serpetta, Nardo versteckt.
Serpetta
 
Serp.
Lauft nur, lauft nur! diesmal seid ihr gefoppt! – Das dumme Gartnermensch! sich für eine Gräfin auszugeben! Arminda hat sie aber für diese Verwegenheit, für ihren Stolz schon gezüchtigt. Sie hat sie mit Gewalt in den nächsten Wald stecken lassen – Dort kann sie unter den Wölfen die Dame spielen.
 
Lauft nur, lauft nur! diesmal seyd ihr
gefoppt! – Das dumme Gartner Mensch! sich für eine
Gräfinn auszugeben! Arminda hat sie aber für diese
Verwegenheit, für ihren Stolz schon gezüchtigt. Sie
hat sie mit Gewalt in den nächsten Wald stecken lassen –
dort kann sie unter den Wölfen die Dame spielen.
Nardo
 
Nardo.
(Himmel! was hab ich gehört! Geschwind zum Grafen.)
 
Himmel! was hab ich gehört! geschwind
zum Grafen. (Er läuft geschwind ab)
(Er läuft geschwind ab.)
 
Serpetta
 
Serp.
Ich möchte den Amtshauptmann zerreißen, dass er mir das alberne Frazeng'sicht vorzieht, und vor Galle bersten; und doch darf ich mich nichts merken lassen, ich muss meinen Zorn in mich beißen, sonst würde man mich nur auslachen und mit meiner Liebe gegen ihn aufziehen. Geduld! Ein Mädchen muss zurückhaltend, fein und schlau sein, und wenn sie auch Cupido bis auf das Blut getroffen hat, so muss sie es doch nicht gestehn.
 
Ich möchte den Amtshauptmann zerreißen,
daß er mir das alberne Frazeng'sicht vorzieht, und vor Galle
bersten; Und doch darf ich mich nichts merken lassen, ich muß
meinen Zorn in mich beisen; sonst würde man mich nur
auslachen, und mit meiner Liebe gegen ihn aufziehen.
Gedult! Ein Mädchen muß zurückhaltend, fein und
schlau seyn, und wenn sie auch Kupido bis auf das
Blut getroffen hat, so muß sie es doch nicht gestehn
    Wer will die Welt genießen,
 
    Wer will die Welt geniessen,
der schweig zu allem still.
 
Der schweig zu allem still.
Er lass sich nichts vedrießen,
 
Er laß sich nichts vedriessen,
es komme, wie es will.
 
Es komme wie es will.
    Die Mädchen sollten redlich
 
Die Mädchen sollten redlich,
und gute Herzen haben,
 
Und gute Herzen haben.
aufrichtig sein und ehrlich.
 
Aufrichtig seyn und Ehrlich.
Doch nützen diese Gaben
 
Doch nüzen diese Gaben
bei Männern nun nicht mehr.
 
Bey Männern nun nicht mehr.
    Itzt muss man sein verschlagen,
 
Jtzt muß man seyn verschlagen.
gleichgültig alles tragen,
 
Gleichgültig alles tragen.
sich dumm und sittsam stellen,
 
Sich Dumm und Sittsam stellen!
die Narren wacker prellen,
 
Die Narren wacker prellen,
sie foppen hin und her.
 
FSie foppen hin und her.
    Von allen diesen Pflichten
 
Von allen diesen Pflichten
muss man sich unterrichten
 
Muß man sich unterrichten.
und nützen jede Lehr.
 
Und nüzen jede Lehr.
(geht ab)
 


Es ist Nacht. Ein finsterer Wald mit Felsen und Höhlen.
 
Vierzehnter Auftritt
 
Vierzehenter Auftritt.
 
Es ist Nacht
Ein finsterer Wald mit Felsen und Höhlen
Sandrina. Man sieht etliche Baurenkerl von ihr laufen.
 
Sandrina.
Man sieht etliche Baurenkerl von ihr laufen.
Wo führt ihr mich hin? Wollt ihr mich töten? O Himmel, sie entfliehen! Gott! muss ich denn so äußerst unglücklich sein? Ach! sie sind fort! und ich hier in der finstern Nacht, in dieser schrecklichen Wildnis allein. Vielleicht ein Raub der wilden Tieren – Weh mir! wer wird mir helfen und mich retten?
 
Wo führt ihr mich hin? wollt ihr mich tödten? o Him=
mel sie entfliehen Gott! muß ich denn so äußerst un=
glücklich seyn? ach! sie sind fort! und ich hier in der
finstern Nacht, in dieser schrecklichen Wildniß allein.
Vielleicht ein Raub der wilden Thieren. Weh mir!
wer wird mir helfen und mich retten?
    Ach vor Tränen, Schluchzen, Seufzen,
 
    Ach vor Thränen, schluchzen, seufzen,
kann ich kaum mehr Atem faßen.
 
Kann ich kaum mehr Athem faßen.
Sprach und Stimme mich verlassen!
 
Sprach und Stimme mich verlassen!
und es schwindet alle Kraft.
 
Und es schwindet alle Kraft.
Doch es hört mich hier keine Seele.
 
Doch es hört mich hier keine Seele.
Ich bebe, es wird mir bange.
 
Ich bebe es wird mir bange.
Die Kräften schwinden. O Himmel,
 
Die Kräften schwinden.
Oh Himmel
welch ein Geräusch!
 
welch ein Geräusch!
Es ist, als
 
Es ist als
säh ich im Gebüsche
 
säh ich im Gebüsche
die abscheulichste Schlange,
 
Die abscheulichste Schlange,
die mit ihrem Gezische – O Gott! wo verberg ich mich?
 
Die mit ihrem Gezische –
O Gott! wo verberg ich mich?
Wohin fliehe ich? Was soll ich tun? Hier! nein, dort!
 
Wohin fliehe ich?
Was soll ich thun? hier! nein dort!
Ach ich betrüg mich nicht! – eine Höhle:
 
Ach ich betrüg mich nicht! – eine Höhle
Dies sei der Schutzort
 
Dies sey der Schutzort
meiner elenden Tage;
 
Meiner elenden Tage
dahinein will ich mich begeben.
 
Dahinein will ich mich begeben.
Und du, gütiger Himmel, schütze mein armes Leben.
 
FUnd du gütiger Himmel
Schütze mein Armes Leben. (geht in die Höhle)
(geht in die Höhle)
 
Fünfzehnter Auftritt
 
Fünfzehenter Auftritt.
Belfior, Nardo, nach und nach kommen Sandrina, Arminda, der Amtshauptmann, Serpetta und letztlich Ramiro mit Leuten, welche Facklen tragen.
 
Belfior, Nardo, nach und nach kommen
Sandrina, Arminda. der Amtshaupt=
mann, Serpetta! und letztlich Ramiro
mit Leuten, welche Facklen tragen.
Belfiore
 
Belfior.
    Hier in diesen Finsternissen,
 
hier in diesen Finsternissen,
in den Felsen, ach, ich bitte,
 
In den Felsen, ach ich bitte,
Nardo, leite meine Schritte,
 
Nardo leite meine Schritte.
ich weiß nicht wo aus, wo an.
 
Ich weiß nicht wo aus, wo an.
Nardo
 
Nardo.
    O wie schrecklich ist die Wildnis!
 
O wie schrecklich ist die Wildniß
Nun so lasst uns sachte gehen:
 
Nun so laßt uns sachte gehen.
Hier ist wohl der Ort zu sehen,
 
Hier ist wohl der Ort zu sehen,
wo man sie noch finden kann.
 
Wo man sie noch finden kann.
Sandrina
 
Sand.
    In der Näh dünkt mich, zu hören
 
In der Näh dünkt mich zu hören
ein Geräusch, das mich erschrecket,
 
Ein Geräusch, das mich erschrecket,
das mir Angst und Furcht erwecket.
 
Das mir Angst und Furcht erwecket
Himmel, ach, erhör mein Flehen!
 
Himmel ach! erhör mein flehen.
Arminda
 
Arm.
    Hier in diesen finstern Walde
 
Hier in diesen finstern Walde
ist gewiss mein Graf gekommen,
 
Ist gewiß mein Graf gekommen!
von Verzweiflung eingenommen,
 
Von Verzweiflung eingenommen,
seiner Göttin nachzugehen.
 
Seiner Göttinn nach zu gehen.
 
Belfiore
 
Belf.
    Welch Geräusch will mich betören?
 
Welch Geräusch will mich bethören?
Sandrina
 
Sand.
Nein, ich will von hier nicht weichen.
 
Nein ich will von hier nicht weichen.
Arminda
 
Arm.
Mich gedünkt, hier Leut zu hören.
 
Mich gedünkt hier Leut zu hören.
Nardo
 
Nardo.
Ich will näher hin mich schleichen.
 
Ich will näher hin mich schleichen.
Alle vier
 
Alle vier.
Lasst uns sehen, was hier geschieht.
 
Laßt uns sehen was hier geschieht.
Amtshauptmann
 
Amts.
    Hier in diesen Finsternissen
 
Hier in diesen Finsternissen
muss ich Schritt vor Schritte gehen
 
Muß ich Schritt vor Schritte gehen
und die Straße nicht versehen,
 
Und die Straße nicht versehen,
sonst brech ich mir Hals und Bein.
 
Sonst brech ich mir Hals und Bein.
Serpetta
 
Serp.
    Heimlich hab ich mich beflissen,
 
Heimlich hab ich mich beflissen
in der Stille herzuschleichen,
 
In der stille herzuschleichen,
meine Absicht zu erreichen
 
FMeine Absicht zu erreichen,
und auf meiner Hut zu sein.
 
Und auf meiner Hut zu seyn.
Belfiore
 
Belf.
    Wer ist da?
 
Wer ist da?
Sandrina
 
Sand.
O welch ein Unglück!
 
O welch ein Unglück!
Amtshauptmann
 
Amts.
Geht hier jemand?
 
Geht hier jemand?
Serpetta
 
Serp.
Verdammter Zufall!
 
Verdamter Zufall!
Nardo
 
Nardo.
Geht nicht weiter!
 
Geht nicht weiter!
Arminda
 
Arm.
O welcher Schrecken!
 
O welcher Schrecken!
 
Alle.
Welch Getöse, welcher Lärmen,
 
Welch Getöse welcher Lermen
wär ich doch nur weit von hier.
 
Wär ich doch nur weit von hier.
Amtshauptmann
 
Amts.
(zu Arminda)
 
(z: Ar:)
    Bist es du, mein liebes Sandrinchen?
 
Bist es du mein liebes Sandrinchen?
Arminda
 
Arm.
(zum Amtshauptmann)
 
Ja, die bin ich. (Das ist der Graf.)
 
Ja die bin ich. (für sich) das ist der Graf.
Belfiore
 
Belf.
(zu Serpetta)
 
(zu Serp)
Mein englische Sandrina?
 
Mein englische Sandrina?
Serpetta
 
Serp.
(zu Belfiore)
 
Ja, die bin ich. (Das ist der Amtmann.)
 
Ja die bin ich. (f: si:) Das ist der Amtmann.
Nardo
 
Nardo.
(zu Sandrina)
 
(z: Sa:)
    Sind Sie nicht meine gnädige Gräfin?
 
Sind sie nicht meine gnädige
Gräfinn?
Sandrina
 
Sand.
 
(für sich)
(Dies ist Nardo, ich bin ruhig.)
 
Dies ist Nardo; ich bin ruhig!
 
Alle.
Welche Freude, welch Entzücken!
 
Welche Freude, welch entzücken!
Was ich suchte, ist nun mein.
 
Was ich suchte, ist nun mein.
 
 
 
 
Ramiro
 
Ram.
(zu allen)
 
    Holla, Freunde, lasst euch sehen,
 
Holla Freunde laßt euch sehen,
kommt geschwind und hurtig her.
 
Kommt geschwind und hurtig her
Ich erfreu mich des Vergnügens,
 
(zu allen) Ich erfreu mich des Vergnügens,
so das Glücke euch hat beschert.
 
So das glücke euch hat beschert.
 
Belfiore
 
Belf.
    Du, Serpetta?
 
Du Serpetta?
Serpetta
 
Serp.
Sie, der Graf?
 
Sie der Graf?
Amtshauptmann
 
Amts.
Meine Nichte?
 
Meine Nichte!
Arminda
 
Arm.
Sie sind der Amtmann?
 
Sie sind der Amtmann?
Alle
 
Alle
O verwünschtes Überraschen!
 
O verwünschtes Ueberraschen!
Alle stehen wir hier beschämt.
 
Alle stehen wir hier beschämt.
Arminda
 
Arm.
(zum Amtshauptmann)
 
    Hier ist ein Irrtum, dort ist die Schöne.
 
Hier ist ein Irrthum, dort ist die schöne.
Sandrina
 
Sand.
(zu Nardo)
 
Ach wie Sie scherzen, ich bin nicht jene.
 
Ach wie sie scherzen, ich bin nicht jene.
Serpetta
 
Serp.
(zu Belfiore)
 
Ha, wie Sie irren! dort ist die Närrin.
 
Ha wie sie irren! dort ist die Närrinn.
Belfiore, Amtshauptmann, Nardo
 
Amts./Belf./Nardo.
Da sind wir alle schön angeloffen!
 
Da sind wir alle schön angeloffen!
Was ist zu machen? 's ist einmal so!
 
Was ist zu machen? 's ist einmal so!
Arminda
 
FArm.
(zu Belfiore
 
(z: B:)
    Falscher Verräter! mich zu betrügen!
 
Falscher Verräther! mich zu betrügen!
Giftige Rache sollst du fühlen.
 
Giftige Rache sollst dn fühlen
Amtshauptmann
 
Amt
(zu Sandrina)
 
(z: Sa:)
Warte, Nichtswürdige! ich will dich kriegen:
 
Warte nichtswürdige! ich will
Ja, du sollst meinen Zorn empfinden.
 
dich kriegen: Ja du sollst meinen Zorn empfinden.
Sandrina
 
Sand.
O weh, ich wanke, der Kopf mir schwindelt,
 
O weh ich wanke der Kopf mir schwindelt.
unter den Füßen die Erde weicht.
 
Unter den Füßen die Erde weicht.
Nardo
 
Nardo.
(zu Serpetta)
 
(zu Serp)
    Alles dein Schmeichlen ist nun vergebens.
 
alles dein Schmeichlen ist
nun vergebens.
Serpetta
 
Serp.
(zu Nardo)
 
(z: Na:)
Das soll dich Esel wenig besorgen.
 
Das soll dich Esel wenig besorgen.
Ramiro
 
Ram.
(zu Arminda)
 
(z: Ar:)
Ach deine Strenge kann ich nicht fassen.
 
Ach deine Strenge kann ich
nicht fassen.
Arminda
 
Arm.
(zu Ramiro)
 
(z: Ra:)
Dich werd ich fliehen und ewig hassen.
 
Dich werd ich fliehen, und ewig hassen.
Sandrina, Belfiore
 
Sand./Belf.
    Wie stürmt der Himmel, welch schwarze Wolken,
 
Wie stürmt der Himmel, welch schwarze Wolken
mich schaudert, ich zittere erstarre und bebe.
 
mich schaudert, ich zittere erstarre, und bebe.
Jetzt schon ergreift mich ein toller Wahn.
 
Jetzt schon ergreift mich ein toller Wahn.
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
Arm./Ram./Amts./Serp./Nar.
Ach der Verdruss macht mich fast rasend,
 
Ach der Verdruß
Macht mich fast rasend.
mein Herz fängt zu schwellen an.
 
Mein Herz fängt zu schwellen an.
Sandrina
 
Sand.
    Hörst du nicht, mein Thirsis, von ferne ertönen
 
Hörst du nicht mein Thirsis von ferne erthönen
die Zaubergesänge der holden Sirenen?
 
Die Zaubergesänge der holden Sirenen
Sie laden uns ein zu erquickender Ruh.
 
Sie laden uns ein! zu erquikender Ruh.
Belfiore
 
Belf.
    Hör, Chloris! die Leier des Orpheus erklingen,
 
Hör Kloris! die Leyer des Orpheus erklingen!
die Felsen beweget und Bestien bezwinget.
 
Die Felsen bewget, und Bestien bezwinget.
Der Schiffer im Weltmeer hält still und hört zu.
 
Der Schiffer im Weltmeer hält still, und hört zu.
Beide
 
Beyde
O sanftes Entzücken! O himmlische Lust!
 
O Sanftes Entzücken! O himmlische Lust;
Amtshauptmann
 
Amts.
(zu Belfiore)
 
(z: B:)
    Herr, mit Ihnen hab ich zu sprechen:
 
Herr mit ihnen hab ich zu sprechen
Ich muss diese Unbild rächen,
 
Ich muß diese Unbild rächen
auf Pistolen lad ich Sie.
 
Auf Pistolen lad ich sie.
Ramiro
 
Ram.
(zu Belfiore)
 
(z: B:)
    Nur geschwind, mein Herr, wir gehen,
 
Nur geschwind mein Herr wir gehen
warum bleiben Sie noch stehen?
 
Warum bleiben sie noch stehen?
Unsre Klingen messen wir.
 
Unsre Klingen messen wir.
Arminda
 
FArm.
    Wo wollt ihr hin? Verbleibt doch hier!
 
wo wollt ihr hin? verbleibt doch hier!
 
Nardo, Serpetta
 
Serp./Nardo.
Was soll denn dieser Lärmen noch?
 
Was soll denn dieser Lermen noch.
Ramiro, Amtshauptmann
 
Ram./Amts.
Kaum kann ich mich enthalten
 
Kaum kann ich mich enthalten
vor Wut und Raserei.
 
vor Wuth und Raserey.
Sandrina
 
Sand.
 
    Ich bin Medusa, kennt ihr mich?
 
Ich bin Medusa, kennt ihr mich?
Belfiore
 
Belfior.
 
Ich bin Alzides, packe dich!
 
Ich bin Alzides, pake dich.
Beide
 
Beyde.
Herzige Nymphen, kommet doch
 
Herzige Nymphen kommmet doch
und flieht die Tyrannei.
 
Und flieht die Tyranney.
Arminda
 
Arm.
    Ich glaube gar, sie schwärmen.
 
Ich glaube gar sie schwärmen
Amtshauptmann
 
Amts.
Ja, ja, mich dünkt, sie schwärmen.
 
Ja ja mich dünkt sie schwärmen.
Ramiro, Nardo
 
Ram./Nardo
Sagt doch, was dies bedeute.
 
Sagt doch was dieß bedeute.
Sandrina
 
Sand.
Nur nicht so nah, ihr Leute!
 
nur nicht so nah ihr Leute!
Belfiore
 
Belf.
Holla, kein solches Lärmen,
 
Holla, kein solches Lärmen,
Beide
 
Beyde.
wollt ihr uns sehen weinen?
 
Wollt ihr uns sehen weinen?
Seid doch so grausam nicht!
 
Seyd doch so grausam nicht!
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Nardo, Serpetta
 
Serp./Arm./Ram./Amts./Nardo.
    Für wahr, sie sind von Sinnen,
 
Für wahr sie sind von Sinnen,
wahnsüchtig und ganz toll.
 
Wahnsüchtig, und ganz toll.
Ramiro
 
Ram.
(zu Arminda)
 
(z: Ar:)
Zu so großem Unglücke
 
Zu so großem Unglücke,
hast du den Grund gelegt.
 
hast du den Grund gelegt.
Sandrina, Belfiore
 
Sand./Belf.
Ach ist denn niemand, den meine Pein bewegt?
 
Ach ist denn Niemand? den meine Pein bewegt?
O Gott! ist niemand?
 
O Gott! ist niemand?
 
Arminda, Ramiro, Amtshauptmann, Serpetta
 
Arm./Serp./Ram./Amts.
    Welch seltner Zufall!
 
Welch seltner Zufall!
Welch trauriges Schicksal!
 
Welch trauriges Schicksal!
Der Wahnwitz, die Tollheit,
 
Der Wahnwitz, die Tollheit,
ergreifen sie ganz.
 
Ergreiffen sie ganz.
Sandrina, Belfiore
 
Sand./Belf.
 
    O lachende Freuden!
 
O lachende Freuden!
man wird uns beneiden,
 
Man wird uns beneiden,
die lustigste Musik
 
Die lustigste Musik
uns locket zum Tanz.
 
Uns locket zum Tanz.
 
Ende des zweiten Aufzugs.
 
Ende des zweyten Aufzugs.